» Wie Urlaub. Im Bürgerkrieg «

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Kapitel 1

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           „Wunderbar", klatschte der General in die Hände und begann die beiden Gläser mit der blauen Flüssigkeit zu füllen, „Ich muss tatsächlich gestehen, Sie sind unsere letzte Hoffnung!" 

Er schob mir ein Glas hin und nickte mir kurz zu, bevor er sein eigenes kippte.

Seine bitte was? Ich warf dem Captain einen skeptischen Blick zu, der sich mit verschränkten Armen im Hintergrund hielt. Er sah erleichtert aus, in seinem eigenen eingeschränkt-stoischen Maß. Das war hoffentlich ein Scherz. Ich hatte zu nichts zugestimmt, außer, dass ich still sein würde.

Als ich keine Erwiderung hervorbrachte, kratzte Carstenson seinen Bart und fuhr ein wenig nüchterner fort, „Wie Sie sicher in den Nachrichten gehört haben, ist wieder einmal eine von Einsteins Rosenbrücken- Maschine erfunden worden. Jemand ist aus einer anderen Welt in unsere Zeit gesprungen. Direkt ins Hauptquartier! Zufälle gibt's, nicht wahr?"

Die Ironie war mir schon heute Morgen nicht entgangen. Die ‚Time- and Worldtravel Agency' hatte nicht sonderlich viele Anwendungsfelder. Sie verhinderten, dass Menschen aus fremden Universen in unseres kamen. Meistens zumindest. Dass ihnen der Pilot durch die Lappen gegangen war, sprach allerdings nicht für ihre Effizienz. Aber das sagte ich natürlich nicht laut.

„Unser Standard-Programm in solchen Fällen sieht normalerweise vor, dass wir die Reisenden festsetzen, ihre Ursprungswelt ermitteln und dort mittels eigener Zeitmaschine verhindern, dass ihre jemals erfunden wird. So etwas ist oft eng verbunden mit dem bisherigen Leben des Piloten. Keine Zeitkapsel, keine Invasion durch andere Lebensformen in unserem Wohnzimmer. Sie haben bestimmt schon von unserem Register gehört?"

Das hatte ich, auch wenn das Wort ‚Invasion' mich unruhig auf meinem Sitzplatz hin und her rutschen ließ.
„Es beinhaltet alle Welten, die der Erde in der technischen Forschung ähnlich oder voraus sind und damit die Gefahr stellen, bald selbst die Rosenbrücken- Theorie zu bestätigen und anzuwenden."
Kurzum: Mit Hilfe eines Computers hatte man sämtliche parallele Universen ermittelt, die ungefähr gleichzeitig mit unserem entstanden waren. In jedes hatte man Forscher geschickt, die mit detaillierten Chroniken über den historischen Verlauf der Welten zurückkamen. Diese nutzte man heute, um den Vorsprung unserer eigenen Welt auf den ganzen Rest auszubauen. Ein Kinderspiel eigentlich.

Ein anerkennendes Lächeln formte sich auf den schmalen Lippen des Major Generals.
„Natürlich wissen Sie das. Ihre Mutter...", mein Blick ließ die Worte auf seinen Lippen ersterben, „Ich bin mir sicher, Sie wären an einem Ausflug in die Archive interessiert."
Er seufzte und goss sich ein weiteres Glas ein.
„Leider sind die in diesem Fall nutzlos. Der Pilot ist entkommen und obwohl wir seinem Transportmittel Startjahr und -welt entnehmen konnten, kommen unsere Wissenschaftler mit leeren Händen aus den Katakomben zurück."

Eine ungute Vorahnung nistete sich in meinem Magen ein. Wenn die Archive nichts hergaben, dann nur weil die Welt unserer eigenen zeitlich gesehen nicht nahestand. Es war unwahrscheinlich... aber die einzige Erklärung-...
Ich biss mir auf die Unterlippe, um ein wehleidiges Stöhnen zu unterdrücken.
„Um welche Welt handelt es sich denn?"

Carstenson nippte an seinem zweiten Glas, als müsse er erst darüber nachdenken. „Pria."

Die ungute Vorahnung wurde zu einem harten Klotz Realität und schlug in meinen Magen ein. Ich kreuzte die Beine, um wenigstens irgendeine Reaktion zu zeigen, anstatt den Leiter der TWTA einfach nur stumm anzustarren, während in meinem Kopf neue blaue Puzzle-Stücke zu einem grünen Bild dazu kamen. Wie hoch waren die statistischen Chancen gewesen? Und doch hatte ich es gewusst. Weil ich immer so ein Glück hatte.
„Pria ist in der Entwicklung nicht einmal weiter als unsere Industrialisierung."

Der General nickte und sein weißer Schnauzer wippte. „Ergo unsere schlechte Hintergrundrecherche und die Notwendigkeit, Sie an Bord zu ziehen. Ohne Information können wir kein Team in diese altertümliche Welt schicken."

Jetzt starrte ich ihn doch stumpf an. Teilweise, weil er gerade mein Lebensprojekt als altertümlich bezeichnet hatte, aber hauptsächlich, weil ich nicht glauben konnte, warum er mich hier hergerufen hatte. Grey's Anatomy, verdammt noch mal!
„Bei allem Respekt, General. Ihnen ist bewusst, dass ich historische Sozialformen in Pria erforscht habe, und nicht einen detaillierten Zeitverlauf einer anderen Welt?" Ich hatte zwei Bücher darüber geschrieben, die er beide gerne zu Rate ziehen konnte, wenn er das wollte. Dazu brauchte er mich nicht.

Doch Carstenson verstand mich falsch: „Sicherlich. Wir erwarten auch nicht von Ihnen, dass Sie uns sagen können an welchem Punkt in Prias Geschichte die Einstein-Rosenbrücken-Maschine-... nennen wir sie Zeitkapsel, erfunden wurde. Wir brauchen jemanden, der unser Team durch die Welt führt, ohne, dass sie als Außenseiter auffallen oder versehentlich große historische Veränderungen auslösen."

Eine Armee Ameisen wanderte im Gleichschritt meine Wirbelsäule hoch.
Natürlich. Eine Exkursion in eine andere Welt. Warum nicht? Probehalber kniff ich mich einmal in den Arm, nur um die Möglichkeit eines schlechten Traums auszuschließen. Nop. Immer noch wach. Ich hatte keine Ahnung, wie ich dem begeisterten alten Mann am Deutlichsten sagen konnte, dass ich Historikerin war. Keine Abenteurerin. Die Idee nach Pria reisen zu können war... fantastisch, das gab ich zu. Großartig für meine Studien, für mein drittes Buch und bestimmt eine Gelegenheit, die sich niemals wieder bieten würde. Und darüber hinaus lebensmüde, gefährlich, unberechenbar und absolut nicht vergleichbar mit einem gemütlichen Serienabend. Zeit- und Weltreisen töteten Menschen. Ließen sie verschwinden, genau wie diesen... diesen... mir fiel der Name von dem einen Aktion-Helden nicht mehr ein, über den sie in der Zeitung geschrieben hatten.
„Von welcher Zeitperiode sprechen wir denn?", fragte ich stattdessen nach. Eine reine Höflichkeitsfloskel. Pria im 17. und beginnenden 18 Jahrhundert war friedlich, wenn auch krankheitsverseucht... und damit die beste Wahl.

„Der Name unseres Piloten ist Nathaniel Cub. Wir konnten seine Existenz auf das Ende des 19. Jahrhundert datieren", bestätigte der General stattdessen enthusiastisch meine schlimmste Befürchtung. Es missdeutete mein Interesse an den Details als Interesse an einer Selbstmordaktion.

Großartig. Einfach großartig. „Das ist kurz, bevor die Stadtrevolutionen beginnen! Niemand sollte sich dort aufhalten", erklärte ich dem Mann ein wenig zu energisch, ehe ich mich bremsen konnte. Ein Trip dahin, war wie in die Französische Revolution oder mitten in den Bürgerkrieg Amerikas. Sicherlich kein Ort, an dem sich eine Universitätsdozentin befinden sollte, ganz egal wie sehr sie ihr Fach liebte.
„Es tut mir leid, General, ich muss Sie enttäuschen." Ich richtete mich auf zum Gehen und Captain Forges, dessen Anwesenheit ich wieder vergessen hatte, öffnete mir die Tür.
„Wenn Sie oder Ihr Team Fragen bezüglich Pria im 19. Jahrhundert haben, werde ich Ihnen natürlich gerne Rede und Antwort stehen. Aber eine Reise in diese Welt übersteigt sogar meine Neugierde."
Um Welten!

„Miss Queens-..."
Mit einem freundlichen Nicken schnitt ich die Einwände des Generals ab und eilte förmlich aus der Tür und den Flur hinunter. Ich musste fort von den Gedanken. Fort von den Erinnerungen, die wie ein schwarzer See in meinem Hinterkopf dümpelten. Es war niemals eine gute Idee in dem Gewässer herum zu stochern. Die widerlichsten Bilder drangen an die Oberfläche.

Erst im Foyer kam ich schwer atmend zum Stehen. Pria war der Traum meiner Mutter gewesen, weit entfernt wie ein Stern am Himmel. Und ich hatte ein Ticket dahin ausgeschlagen. Ich hatte mich endlich davon gelöst.

Mit einem unartikulierten Laut ließ ich mich auf den Rand des Brunnens sinken und streckte die Beine aus. Über Jahre hatte ich diese Welt in Bildern und unvollständigen Forschungen studiert. TWTA hatte vor sechzig Jahren ein paar Wissenschaftler für drei Wochen dorthin geschickt. Meine Mutter war damals zu jung gewesen und nach dem Bericht des technologischen Standes gab es für die Regierung keinerlei Gründe noch einmal eine Brücke dahin zu schlagen.
Emilia Queensbury hatte bis zu ihrem Tod Bittschriften geschrieben und niemals eine Antwort bekommen.

„Darf ich mich dazu setzen?"

Captain Forges stand wie ein Turm im Licht einer Deckenlampe. Seine schwarz-weißen Haare ähnelten einem dunklen Heiligenschein und sein Versuch eines Lächelns hätten jedem den Rest gegeben. Es sah aus wie ein Schlaganfall.

Mit einem Schulterzucken rückte ich zur Seite. Erinnerungen, die ich lange verdrängt hatte, warfen ihre Bilder auf die hässliche Oberfläche des schwarzen Tümpels und alles, was jetzt noch helfen würde, war sie durch die Realität zu ignorieren.

„Sie sind verdammt jung, für eine Professorin", eröffnete Forges nach einem kurzen einvernehmlichen Schweigen das Gespräch, seinen Blick grüblerisch auf die wechselnde Projektion von Dem Blauen Reiter und Der Geburt der Venus an der gegenüberliegenden Wand gerichtet.

Ich zuckte mit den Schultern. Sicherlich hatte er meine Akte gelesen. Sie skizzierte ein deutliches Bild, wie es dazu gekommen war. Und warum ich nicht hier sein wollte.

„Carstenson verlangt viel", versuchte der Mann es erneut.

Es war die Untertreibung des Jahrhunderts, aber ich sah einmal davon ab, den Captain darauf hinzuweisen. Stattdessen zeigte ich auf eine winzige silberne Narbe an meiner Unterlippe.
„Ein Fahrrad-Unfall mit zwölf. Das bisher aufregendste Ereignis meines Lebens." Eine kleine Lüge, doch ich wollte gar nicht davon anfangen, in welchem Verhältnis die Entwicklungen der letzten Stunden dazu standen.

Forges erzielte ein amüsiertes Schmunzeln. „Ich habe meinen ältesten Sohn ebenfalls dazu gezwungen." Er kramte in seiner Hosentasche und brachte einen ledernen, ausgesessenen Geldbeutel zum Vorschein. Er war nicht unähnlich der Modelle der Jahrhundertwende, auch wenn er natürlich kein Fach für Kleingeld mehr bot. Stattdessen zog er einen elektrischen Bilderrahmen hervor, in dem sich gerade die Fotographie eines 14-jährigen Jungen materialisierte, dicht gefolgt von einem Familienbild mit seiner Frau und zwei weiteren Söhnen, die verdächtig nach Zwillingen aussahen.
„Nina nannte mich einen alten Narren, als ich ihm eines dieser Metall-Gestelle zum Geburtstag schenkte."
Ein wehmütiger Ausdruck huschte durch seine grauen Augen, als er mit seinem großen Daumen über das Display wischte.

Meine Mundwinkel hoben sich zu einem widerwilligen Lächeln. So eine Familie musste toll sein. Die Liebe strahlte regelrecht aus den Bildern heraus. Doch seit bald sieben Jahren war Anthony alles, was mich durch sämtliche Umzüge und scheiternden Beziehungen begleitete. Und ich bereute es nicht.

Meistens.

Forges bemerkte meinen Blick und hielt mir den kleinen Rahmen hin. „Sie sind der Grund, warum ich immer wieder hier her zurückkomme", mit einer ausholenden Geste deutete er auf das gesamte Gebäude, „Das hier ist alles, was zwischen unserem Frieden und einem potentiellen vierten Weltkrieg steht. Und ich werde alles Menschenmögliche daransetzen, um es aufrecht zu erhalten."

Die Fotografien unter meinen Finger flackerten zu einer verschwitzten Frau, die überglücklich ein Neugeborenes in den Armen hielt. So ein ähnliches Bild hatte ich auch zuhause, von meiner eigenen Mutter. Sie würde verstehen, wovon Forges sprach. Sie würde ihm zustimmen.

„Andere Welten können andere Waffen hierherbringen, andere Krankheiten, die uns in Scharen sterben lassen. Manchmal wache ich nachts keuchend auf, weil ich davon träume, wie ich meine Familie niemals wiedersehe." Forges schüttelte den Kopf, als versuche er die Bilder vor seinem inneren Auge zu vertreiben.

Daher also die tiefen Falten. Er hatte seine Kriege gesehen und erlebt. Aber anstatt sich auf seiner Veteranen-Pension auszuruhen, bekämpfte er seine Albträume mit neuen Albträumen. Nur, damit seine Familie sie nicht selbst erleben musste. Vielleicht sollte er es Mal mit Einsamkeit versuchen? Wer nichts hatte, konnte nichts-... ach wem machte ich etwas vor. Ich war neidisch.
Unwillig biss ich auf die Innenseite meine Wange und reichte ihm das Bild zurück. Es war verseucht und ansteckend... mit Gefühlen. Ein Schauder vertrieb sie leider nicht.
„Haben Sie keine Angst, dass die Veränderungen, die sie in einer anderen Welt zurücklassen, vielleicht auch Konsequenzen für die Leute hier haben könnten?"

Er neigte den Kopf in Zustimmung. „Nach jeder meiner Reisen kehre ich in die Archive zurück und vergleiche die Geschichte...", er musste den Satz nicht zu Ende bringen, „Mit Ihnen wäre das Risiko geringer."

Stöhnend fuhr ich mir mit beiden Händen übers Gesicht.
„Sicherlich gibt es qualifiziertere Fachmänner für Prias Geschichte." Da war doch noch dieser alte Kauz in Atlanta, der einmal eine hässliche Rezension meiner ersten Publikation geschrieben hatte. Wenn der in einem parallelen Universum verloren ginge, wäre es kein entscheidender Verlust.

Forges schüttelte den Kopf und stand auf. Für ihn war dieses Gespräch beendet. Er würde nicht weiter mit mir diskutieren.

Entgegen meiner vorherigen Behauptung würde ich keinen Trip in die Archive benötigen, um zu wissen, wenn jemand an der Geschichte von Pria geschraubt hatte. Meine wissenschaftlichen Arbeiten beruhten darauf. Ich könnte zurückkommen und keine korrekte Basis mehr für meine Studien haben. Oder noch schlimmer...
Geschlagen hob ich die Hände. Mein schlechtes Gewissen der eigentliche Sieger.
„Ich möchte weder jemanden töten müssen noch alleine gelassen werden. Können Sie mir das versprechen?"

Forges nickte. „So lange ich Leiter des Einsatzteams bin, müssen Sie sich keine Gedanken machen."

Das war eine schrecklich dumme Entscheidung. Nichts als Gefahr und Unglück lauerte hinter den weichen Kissen des Sofas.
Ich nickte ebenfalls. „Dann berichten Sie Major General Carstenson, dass Sie eine Historikerin für Ihren Einsatz gewonnen haben. Und bitte, lassen Sie mich nicht sterben."

Ich würde das alles sowas von bereuen.

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"Voted, weil ich ganz bestimmt nicht alleine nach Pria möchte! Ihr kommt mit!"- Queenie

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