04 - der Bote

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↠ ♟  - 𝔐𝔦. 22.11. 𝔞.𝔡.1570  - ♟↞

So geht es ein paar Tage weiter. Das Wetter wird milder, der Regen fällt nicht mehr pausenlos. Die Kinder sind bei der Lene, bei Irmel oder beim Müller, das Pferd ist gut versteckt bei Klaas, meine Ziegen füttert das ganze Dorf. Klaas repariert meinen Karren und meine Tür, weshalb es nicht auffällt, dass er mehrfach hier auftaucht, die Kinder laufen hin und her, weshalb keiner merkt, dass ich ab und zu Kräuter von der Lene bekomme.
Der Fremde fiebert, redet wirr im Schlaf, die Wunden heilen gut, er trinkt und schluckt, wach werden will er jedoch nicht. Darum bleiben die Umstände seiner Reise und sein Name weiter ein Rätsel für uns. Und allmählich macht das uns alle ziemlich nervös. Auf Dauer wird seine Anwesenheit sich nämlich doch nicht verbergen lassen.
Ich versorge meinen Haushalt, sticke am Hemd für den Verwalter Brudenhusen und lausche in der Stille meiner Kate nach oben, wenn er sich regt oder im Schlaf redet. Ob er vielleicht sogar endlich wach werden will? Vergebens.

Der Vogt taucht bei mir auf, bringt einen Leib Brot mit Grüßen von der Frau Drebberin. Dabei haben wir Gelegenheit, miteinander zu reden.
„Anna Adam, ik bin ehrlich. Ik denk, ik werd mir den Fremd'n nich ankiek'n, bevor wir nich'n paar Frag'n beantwortet hab'n. So kann ik jederzeit segg'n:'Ik hab niemand geseh'n.' Ik weet nur, dat die Faustbüchse 'ne feine Arbeit is. Die lässt man nich zurück, wenn man nich muss. Und da is schon die nächste Frage: Warum haben die Angreifer sich diese Waffe nich geschnappt? Ik hab sie gereinigt und geschmiert. Sie ist vollkomm'n in Ordnung! Sie hat im Matsch auf der Kreuzung geleg'n, aber ik würde jedenfalls danach such'n!"

Ich stelle mir einen Moment lang die Situation vor.
„Ich habe noch nie einen Kampf gesehen, Herr Drebber. Aber wenn ich bedenke, dass sie den Reisenden unbedingt schnappen wollten – sie hatten im Getümmel, im Regen und im Dunklen einfach keine Zeit, danach zu suchen. Den Fliehenden möglichst doch noch einzuholen, war mit Sicherheit wichtiger für diese Männer."
Der Vogt denkt nach und nickt.
„Nachdem sie dat gesamte Dorp aufgescheucht hatt'n, wollt'n sie wohl schnell weiter, um innen andern Dörpen zu such'n. Im Stockdunkl'n nach so'nem Gegenstand zu tast'n, is schon ziemlich mühsam. Ja, dat kann ik mir auch denk'n."

Mir fällt der Gürtel ein.
Vielleicht ...
„Wartet einen Moment, Joseph Drebber."
Ich klettere schnell nach oben und bringe den Gürtel runter. Ich halte ihm die seltsame Lederschlaufe hin.
„Seht mal. Habt Ihr eine Vorstellung, wozu diese Schlaufe gut sein könnte? Ich kenne so etwas nicht."
Er muss nicht lange überlegen.
„Dat wird wohl die Halterung für die Faustbüchse sien. War da auch ein Büddel mit Kugeln?"
Ich bestätige das.
„Dann gehört die Büchse ihm, un er hat sie im Kampf verlor'n. Vielleicht, als er getroff'n wurd. Ik behalt se bei mir. Dat is sicherer. Un so is uns wenigstens eine Frage beantwortet."
Ich bin nicht böse darum, ich möchte keine Waffe im Hause haben! Nicht auszudenken, wenn Jakob die finden und neugierig daran herumspielen sollte. Aber irgendwas irritiert mich doch.
„Es ist seltsam, Herr Drebber. Der Mann hat zwei Wunden. Die große an der Schulter ist bestimmt von einem Degen, denn es ist ein Einstich, der so auch in Hemd und Wams zu finden ist. Aber die kleinere Wunde am Arm ist flach, ein bisschen ausgefranzt, und der Ärmel hat auch ein gefranztes Loch an der Stelle. Ich dachte, es könnte eine Schusswunde sein. Aber wenn es seine eigene Waffe ist ... Wer schießt sich schon selbst in den Arm?"
Dazu weiß der Vogt auch keine Erklärung.

Wir sind schon wieder ratlos. Aber eines muss ich doch nun noch wissen.
„Wie viel weiß die Frau Drebberin?"
Der Vogt antwortet gelassen.
„Meine Frau weiß einiges, aber nich alles. Wir hab'n uns geeinigt, dat dat besser für sie is. Aber sie weiß genug, um uns den Rück'n frei halt'n zu könn'n."
Mit einem Gruß und Dank für das Brot an die Frau Drebberin schicke ich ihn wieder heim. Dann bringe ich gleich den Gürtel wieder auf den Boden zu den anderen Sachen meines seltsamen Gastes. Wir werden all diese Fragen nicht beantworten können, bevor der Mann nicht aufwacht.

Am Nachmittag reitet ein Bote in Uniform ins Dorf, die Mühlenmagd auf dem Weg zum Brunnen zeigt auf das Haus vom Vogt. Auf ihrem Rückweg kann sie es nicht lassen, schnell an jede Tür zu klopfen und die Sensation zu verbreiten. Neugierige Nasen strecken sich aus vielen Häusern. Wir hören nicht oft schnellen Hufschlag hier im Dorf an der Grenze. Ein jeder will wissen, wer der Fremde ist, der da in des Drebbers Tür verschwindet, nachdem er mit herrischem Klopfen Einlass verlangt hat.
Mir ist gar nicht wohl dabei. Denn falls der Bote herumgeschickt worden ist, um nun von höchster Stelle offiziell die Suche nach einem Schwerverletzten fortzusetzen, dann könnte es uns ganz gewaltig an den Kragen gehen. Ich kann nur inständig hoffen und bitten, dass dieser Herold aus einem anderen Grunde hier ist. Dass er nicht nach dem Kranken sucht.
Der Drebber bringt ihn anschließend selbst zur Tür, verbeugt sich höflich, ein Knecht bringt ihm sein Pferd, mit stummem Gruß verschwindet der Mann wieder im Wald, auf dem Weg zum nächsten Dorf, nach Wollershusen. Der Vogt schaut streng in die Runde zu den spaltbreit geöffneten Haustüren, die sich daraufhin alle schnell schließen. Auch ich verschwinde sogleich wieder im Haus. Vogt Drebber wird uns beizeiten berichten, was es damit auf sich hat. Eine so wichtige Botschaft geht im Zweifelsfalle doch alle an.

Zum Glück muss ich nicht all zu lange im Ungewissen ausharren. Kurz darauf kommt nämlich schon der Älteste der Drebbers bei mir angehüpft.
„Der Vadder schickt mich, Frau Adam. Es soll nach der Kirch heut eine Versammlung geb'n, un heut soll'n alle komm'n. Er hat was zu vermeld'n, von dem Bot'n, der vorhin beim Vadder war."
Ich lächele ihn an.
„Dank dir, Siegfried, für die Botschaft. Ich werde es einrichten. Hast du allen anderen auch schon Meldung gemacht?
Er grinst.
„Noch nicht. Die Mudder hat mir'nen Appel gegeb'n, dat ich zu all'n Tür'n im Dorp lauf. Nu muss ich noch rauf zum Müller. Un dann die andere Straß'nseite wedder runter."
An seinem Grinsen erkenne ich, dass ihm dieser Botengang wie immer Spaß macht. Und ich weiß auch warum. Er bekommt an fast jeder Türe etwas zugesteckt für seinen Dienst, und das gefällt ihm natürlich sehr. Pfeifend zieht er weiter und flitzt dabei geschickt um die Schlaglöcher und tiefen Pfützen auf der Dorfstraße herum. Schon ist er abgebogen und steigt nun auf den Mühlenhügel.

Ich dagegen steige nachdenklich auf meinen Dachboden, hocke mich neben den Fremden, kontrolliere das Fieber und die Wunden. Eigentlich geht es ihm fast gut, er ist ziemlich sicher über den Berg, wird sicher seine Zeit zur Genesung brauchen, schwebt aber nicht mehr in Lebensgefahr. Nur wach werden will er einfach nicht. Ich sinne mal wieder nach, ob wir irgendwas übersehen haben. Ich habe einen schwer verletzten Mann hier liegen, der mitten in der Nacht herumreitet und überfallen wird. Der Mann ist wohlhabend, wenn nicht von Adel. Und nun kommt ein uniformierter Bote und überbringt eine Nachricht an die Bevölkerung.
Sollte dieser Fremde hier zum Hofe des Herzogs gehören?
Es ist wie ein Rätselspiel. Wir haben ganz viele Informationen, ganz viele Ideen – und doch passt noch nichts davon zusammen mit all dem anderen. Wieder drehe und wende ich seine Habseligkeiten und suche nach weiteren Hinweisen, nach irgendwelchen noch so kleinen Antworten. Es hilft nichts. Ich kann nur abwarten, was der Vogt uns nachher berichten wird, was der Bote wohl gewollt oder verkündet hat. Seufzend krabbele ich meine Leiter wieder runter, nähre das Peterchen, kaue dabei genussvoll ein Stück Brot von der Drebberin und mache mich dann auf den Weg zur Kirche in der Dorfmitte. Es ist Buß- und Bettagsgottesdienst.

Vor meiner Türe begegne ich der Müllersfamilie, gleich danach stoßen Irmel und Jorge dazu, dann der kleine Jasper mit dem blinden Jasper. Nach und nach kommen weitere Nachbarn dazu, denn den Kirchgang lässt hier keiner aus. Und heute schon gar nicht, denn jeder wartet voller Spannung und Neugierde auf die anschließende Versammlung. Das lässt sich sicher niemand entgehen.
Ich tauche ein in die gewohnten Abläufe des Dorfes, und laufe einfach mit. Alle reden von dem Boten und der Ankündigung des Vogtes, aber auch von Alltäglichem in Haus und Hof, vom Wetter, vom Vieh, von den Kindern. Müller Mathes erzählt mir, wie gut und anstellig sich mein Jakob bei ihm macht, wie viel Freude es macht, dem Jungen dabei zuzusehen, wie er eifrig lernt und gerne hilft. Auch seine Frau Britt stimmt in das Loblied mit ein. Sie ist so angetan, wie gut sich der Fünfjährige schon auszudrücken weiß, wie höflich und freundlich er immer ist.
Ich bin glücklich und ein bisschen stolz, dass der Junge sich so gut im Leben zurecht finden kann und so gemocht wird. Das wird er später sehr brauchen, wenn er – kaum erwachsen – das Erbe seines Vaters in dieser winzigen, ärmlichen Kate antreten wird. Er erbt eine Stiefmutter, zwei unversorgte Geschwister, eine Bruchbude und haufenweise Schulden. Da braucht es Kraft, Mut und Besonnenheit, um dieses Leben zu meistern. Bei unseren Gesprächen kann ich dann endlich meine fruchtlosen, ständig um den Fremden kreisenden Fragen nach hinten drängen und komme mal wieder auf andere Gedanken. Und bald sind wir schon an der Kirche angelangt.
Jakob sitzt heute zwischen Mathis und Laurenz, der Tragekasten mit dem schlafenden Peter lehnt neben mir an der Bank und meine Susanna darf wieder auf meinem Schoß kuscheln. Ich muss kurz schmunzeln und streiche ihr über den schmächtigen Rücken. Was hab ich mein verträumtes Mädchen so lieb!
Wenn sie mal groß ist, wird sie die Kirche lieben, weil es sie an die kuscheligsten Momente mit ihrer Mutter erinnert.
Innig steigen unsere Gesänge zur hölzernen Decke unserer kleinen Dorfkirche, mahnend sind die Worte des Pfarrers während der ernsten Predigt, lang sind die Bekenntnisse während der anschließenden Fürbitte. Und doch ist es wie immer eine Befreiung für mich zu wissen, dass Christus meine Sünden mit ans Kreuz genommen hat, dass ich mein Bestes gegeben habe und gebe, dass Gott das genügt, um mir zu vergeben.

Als der Gottesdienst rum ist, wollen schon alle aufstehen und sich in den Versammlungssaal begeben, da geht der Vogt mit zügigen Schritten nach vorn. Der Pfarrer scheint das schon gewusst zu haben, denn er macht bereitwillig Platz vor dem Altar. Der Drebbersche räuspert sich und schaut mit ernstem Blick einmal durch die Bänke voller abgehärmter, aber sehr neugieriger Männer, Frauen und Kinder. Ganz kurz bleibt er bei mir hängen, aber keine Miene verzieht sich, als er mir in die Augen schaut. Es ist wie eine Warnung, einfach stille zu halten.

„Ihr alle habt den Bot'n heut durchs Dorf reit'n seh'n. Er brachte nich so frohe Kunde von der Held'nburg in Salzderheld'n, aus dem Hause unseres edl'n Fürst'n. Vor einer Woche verstarb unser geliebter Herzog Johann II. im gesegnet'n Alter von 53 Jahr'n. Sein älterer Sohn wird ihm als Johann III. auf dem Thron folg'n. Wir werd'n aufgefordert, für das Seel'nheil unseres dahingeschieden'n Fürst'n zu bet'n, was wir sicherlich gleich gemeinsam mit dem Pastor tun werd'n."
Unruhe macht sich breit, Gemurmel kommt in der Kirche auf. Ein neuer Herrscher bedeutet immer Neuerungen, aber nicht immer gute. Jeder verfolgt seine eigenen Interessen, demonstriert seine Macht, feiert teure Feste auf unserem Rücken, das Volk muss immer brav mit.
Wieder liegt der Blick des Vogtes ganz kurz auf mir, bevor er mit einer großen Geste wieder für Ruhe in der Kirche sorgt.
„Die Botschaft kam allerdings nich vom neu'n Herzog Johann III. sondern von sein'm Bruder Ludwig. Johann III. sei kurz vorm Tod des Vaters auf Reis'n in den Nord'n gegang'n un nich so schnell erreichbar, darum würde mit der Beisetzung des alt'n und der Krönungszeremonie des neu'n Herzogs bis Weihnacht'n gewartet. Er, Ludwig, werde so lange die Regierungsgeschäfte mit größter Sorgfalt und Treue im Nam'n seines Bruders verseh'n."
Diesmal ist es schwerer, den Tumult in der Kirche zu beenden, der Vogt muss seine Stimme erheben. Ich vermeide den Blick zu Jorge und Irmel, Klaas und Lene, dem Vogt und seiner Frau. Aber ich sehe mich dennoch in der Kirche um und finde nur Sorge und Verunsicherung in den Gesichtern. Wenn es ganz schlimm kommt, bedeutet das Uneinigkeit, Betrug und Mord im Herzogenschloss, und die Folgen fürs Volk sind fast immer verheerend.
Gott, guter Vater - lass es nicht so weit kommen!
„Ik bin sicher, dat der Prinz Ludwig seiner Aufgabe mit Geschick und ganz im Sinne seines Bruders, des neu'n Herzogs, gerecht werd'n wird. Er hat ein'n Ruf als sehr aufrichtiger, besonn'ner und kluger Mann, der sein'm älteren Bruder immer zugetan is. Dat Volk is also aufgeruf'n, sich vertrauensvoll unter seine Führung zu begeb'n und Ruhe zu bewahr'n."

Ein strenger Blick des Vogtes bringt nun endlich alle zum Schweigen. Er strebt dem Ende der Versammlung zu, um dem Gerede ein Ende zu bereiten.
„Es is nich unsere Aufgabe, das Handeln unserer Fürst'n zu hinterfrag'n. Wir leb'n in Fried'n un tun treu unser'n Dienst. Den Rest wird Gott dazutun. Lasst uns nun für das Seel'nheil unseres heimgegangen'n Fürst'n bet'n."
Mit diesen Worten schaut der Drebber den Pastor auffordernd an, der nun wiederum an den Altar tritt. Stille kehrt in der Kirche ein, als er zu beten beginnt. Zum Abschluss stimmt er Luthers alten Choral an.

„Verleih uns Frieden gnädiglich,
Herr Gott, zu unsern Zeiten.
Es ist doch ja kein andrer nicht,
der für uns könnte streiten,
denn du, unser Gott, alleine."

Schweigend verlassen wir alle die Kirche. Aufs Neue kreisen meine Gedanken um den Fremden auf meinem Dachboden. Ich bringe das Peterchen ins Bett, verriegele meine Türen, versorge die Ziegen und das Federvieh, setze mich ans Licht des spärlichen Herdfeuers zum Sticken – aber meine Gedanken sind auf dem Dachboden.

Und das scheint nicht nur mir so zu gehen, denn kaum haben sich die Dunkelheit und Stille der Nacht über unser Dorf gesenkt, scharrt es an meiner Tür. Der Jungbauer Klaas Rand, mein Nachbar Jorge und Vogt Drebber stehen davor und bitten um Einlass. Schweigend stehen die drei Männer nun um mein kleines Herdfeuer, wir sehen uns an, keiner wagt einen Anfang. Schließlich atmet der Vogt tief durch.
„Anna, soll'n wir denn doch auf dein'n Bod'n steig'n?"
Eifrig ums Helfen bemüht, legt Klaas die Leiter an der Bodenluke an, steigt mit einem kleinen Licht vorweg, gefolgt vom Vogt und Jorge. Ich vergewissere mich, dass das Peterchen fest schläft, und steige hinterher. Im Licht der Öllampe sitzen wir um den schlafenden Verwundeten. Und ich entschließe mich, dem Vogt nun die ganze Wahrheit zu beichten. Ich berichte von dem Pferd, das bei Klaas steht, von der vornehmen Kleidung, dem vollen Beutel mit Geld. Der Drebber hört schweigend und konzentriert zu, begutachtet all die Dinge des Fremden, schweigt noch immer.
Er reibt sich müde über die Augen und seufzt.
„Ik weiß allmählich nich mehr, wat ik glaub'n, noch, wat ik mach'n soll. Dieser Mann is sehr wohlhabend. Vermutlich von Adel. Ein Moment lang hab ik vermutet, ..."
Er verstummt und überlässt es unserer Vorstellungskraft, was er wohl vermutet hat.
„Ik bin mir jedenfalls sehr sicher, dat der Bote nur die halbe Wahrheit durchs Land trägt. Er wirkte nich, als ob er um sein'n Herrscher trauert, sondern wie ... völlig verunsichert? In Sorge? Un auch die Botschaft ... dat nu der Bruder ran muss ... Es is seltsam, dat diese beid'n Ereignisse so aufenanner fall'n, un ik versteh dat alles nich. Aber dat kann ja doch nich sein. Warum sollte der Bote lügen? Der neue Herzog ist vielleicht in Braunschweig in politisch'n Angeleg'nheit'n. Dann wird ihn die Nachricht vom Tode seines Vadders sicher bald erreich'n."
Ich halte die Luft an.

Er meint doch nicht etwa ...
Mein Blick fällt auf den Kranken.

WER bist du? Es gibt mit Sicherheit mehrere Menschen, die nach dir suchen – dein Diener. Und dein Mörder. Und vielleicht dein – Bruder. Wach auf!

Ich schenke meine Aufmerksamkeit wieder dem Vogt.
„Ik wüsst aber beim besten Will'n nich, wohin ik mich mit meiner Verwirrung wend'n soll. Zum Brudenhus'n jed'nfalls ganz gewiss nich! Obwohl ik dat eigentlich müsst. Un obendrein sind dat alles nur grobe Vermutung'n, die so abwegig kling'n, dat ik selbst mich dafür einsperr'n würde, käm ik mit so einer verworren'n Geschichte daher."
Klaas Rand findet als erster die Sprache wieder.
„Vogt Drebber, ik denk, uns bleibt nischt anners übrig, als noch weiter abzuwart'n, bis der Mann aufwacht. Nur er weiß, wat ihm gescheh'n is. Alles annere is ein Sumpf, in dem wir nur ersauf'n könn'n."

Still betrachte ich das entspannte Gesicht meines vielleicht sehr vornehmen Gastes. Wie er da so liegt, scheint ihn nichts zu quälen, nichts zu verfolgen. Ich bin unglaublich dankbar, dass ich von Anfang an verschwiegen war, nur wenige eingeweiht habe und dabei an die Richtigen geraten bin. Nicht auszudenken, wenn sich im Lehen herumsprechen würde, dass er hier ist!
„Gemeinsam müssen wir unter allen Umständen dieses Geheimnis wahren, wenn wir ihn nicht nochmals in Gefahr bringen wollen. Ich wundere mich auch, ob nicht der Auftraggeber dieser Meuchelmörder einen Beweis seines Todes haben wollte. Dass die Männer ihn gesucht haben, beweist doch, dass sie ihn am Leben glaubten. Oder hofften, dass er gestorben ist, und nun nach seiner Leiche suchten. Die Gefahr, dass er irgendwann am falschen Ort gesund zur Tür herein spaziert, können sie sicher nicht haben wollen."
In diesem Punkt sind wir uns einig, und so verabreden wir weiteres Stillschweigen, um nicht irgendjemand aus dem Dorf in Gefahr zu bringen. Dann verlassen wir wieder den Dachboden, und einer nach dem anderen schleichen die Männer durch die Dunkelheit nach Hause. Meine Lage behagt mir nicht.

In der Haut des Vogtes möchte ich jetzt aber auch nicht stecken. 

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26.11.2021

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