21 - Gott hat kein A

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Do. 11.1. a.d. 1571

Die Wintertage sind kurz und gleichförmig. Das Dorf liegt wie im Schlummer. Der Steuersamstag kommt und geht. Der sonntägliche Gottesdienst kommt und geht. Die neue Woche kommt und geht. Es ist schon wieder Donnerstag. Dann endlich wird das Wetter milder. Vorsichtshalber geht Hannes nun doch zur Lene und lässt sich die Haare und den Bart heller bleichen. Die Haare sind inzwischen so lang, dass er sie bald im Zopf tragen kann, und sein Bart ist dicht und kraus.
Hannes geht es nicht gut. Wir alle können das spüren. Aber wenigstens verschließt er sich nicht mehr vor mir. Er hat nun wieder öfter Träume, und jetzt sind es immer diese drei Jungen. Mal sind sie älter, mal jünger. Mal lernen sie, sie spielen, toben durch einen Park, reiten zu dritt aus, klettern auf Bäume und werden von irgendjemand schimpfend wieder da runtergeholt. Mal krabbeln sie durch einen engen, dunklen Gang. Sie gehen sehr vertraut miteinander um, und irgendwann suchen Hannes und Ludo nach dem Dritten. Und Ludo ruft immerzu 'Karl'. Als Hannes mir davon berichtet, wirkt er gradezu erleichtert und erlöst. Das Gesicht hat einen Namen. Der bedeutet ihm zwar noch nichts, der Name löst keine weitere Erinnerung aus. Aber es tröstet ihn doch.
Dass wir nicht wissen, wann der Steuereintreiber denn kommt, macht uns zusätzlich nervös. Auch die Kinder des Dorfes spüren diese Unruhe und werden selbst ganz kribbelig dabei.

Es ist Nachmittag. Hannes sitzt auf der Bank am Tisch, hat die verträumt vor sich hin summende Susanna auf dem Schoss und liest im Gebetbuch. Jakob steht vor dem Tisch und beobachtet Hannes. Dann rutscht Jakob neben ihm auf die Bank, zeigt in das Buch und fragt nach den Zeichen.
„Hannes, was sind das für Striche dort? Ich sehe immer, wie deine Augen durch das Buch sausen. Hin und her. Wie ein Vogel, der sich nicht entscheiden kann, wohin er fliegen will. Und manchmal sprichst du das laut, oder die Mutter spricht das. Was macht ihr beide mit diesen Strichen, dass das Wörter werden?"
Erstaunt sehen wir beide den Jungen an. Wie genau er beobachtet!
„Was ich hier mache, nennt man lesen. Ich erkenne die einzelnen Striche, ich weiß, wie sie klingen, und setze sie in meinem Kopf zu Wörtern zusammen. Wenn ich das Wort erkannt habe, dann kann ich es aussprechen. Und wenn ich viele Wörter hintereinander ausgesprochen habe, dann werden sie zu Gebeten, Geschichten, Gedichten oder Liedern. Aus Wörtern kannst du machen, was du willst. Wörter können freundlich sein oder gemein. Wörter können helfen oder quälen. Und wenn man weiß, wie man diese Striche aufzeichnen muss, dann kann man die Wörter auch auf so einem Papier an jemand anderen schicken, und der bekommt dadurch eine Botschaft. Dann muss man selber gar nicht dort sein und kann doch mit demjenigen reden. Das nennt man dann 'einen Brief schreiben'."

Jakob hört ganz still und konzentriert zu, und seine Augen werden dabei immer größer. Andächtig fährt er mit seinen Fingern einen großen Buchstaben am Anfang eines Gebetes nach.
„Was ist das für eine Strichelei?"
Wir müssen lächeln. Ich lasse Hannes einfach weiter machen.
„Diese Stricheleien nennt man Buchstaben. Manche sind rund, andere eckig oder beides zusammen. Und dieser Buchstabe ist ein 'G'. Zusammen mit dem Kringel und den kleinen Stricheleien dahinter steht da das Wort 'Gott'. Siehst du? Hier. G-O-T-T. Zusammen heißen diese Buchstaben 'Gott'."
Jakob versinkt mit seiner Nase fast in dem kleinen Buch und starrt die Buchstaben an.
„Die hier sehen gleich aus!"
Wir sehen uns an.
Sollten wir ...
"Wir sollten mit dem Pastor reden!"
Ich nicke.
„Jakob, magst du mit mir zum Pastor gehen? Er weiß noch viel, viel mehr als ich über diese Stricheleien."
Sofort springt Jakob von der Bank und läuft zu den Mänteln neben der Haustür.
„Au jaaa! Und - Hannes? Die Stricheleien heißen Buchstaben!"

Ich verkneife mir nur mühsam das Lachen. Hannes setzt mir Susanna auf den Schoß, und dann sehe ich staunend zu, wie der große Mann mit dem kleinen Jungen an der Hand hinaus in den Schnee geht.
Will er jetzt tatsächlich dem Jakob das Lesen beibringen?
Erst, als die Dämmerung schon weit fortgeschritten ist und es Zeit fürs Nachtmahl wird, kommen Hannes und Jakob zurück. Jakob hüpft den ganzen Weg und kann auch hierinnen gar nicht still halten. Er hüpft von einem Bein aufs andere, immer hin und her.
„G-O-T-T. J-A-K-O-B. S-U-S-A-N-N-A. Mutter, weißt du schon, dass dein Name in dem Namen von Susanna drinnen versteckt ist?"
Mir fällt die Kinnlade runter.
„Hannes! Was hast du mit dem Kind angestellt? Hat er etwa die ganze Zeit nichts anderes gemacht, als Buchstaben zu lernen?"
Hannes zieht die Schultern ein und schaut gespielt schuldbewusst.
„Ja? Ist das schlimm? Er wollte immer weiter. Wir konnten ihn nicht abhalten. Wir mussten alle unsere Namen aufschreiben und ihm dann die Buchstaben nennen. Dann hat er angefangen, zu vergleichen und einzelne wiederzuerkennen. Und schließlich hat er Euch entdeckt."

Immer weiter hüpft Jakob durch meine Diele.
„H-A-N-N-E-S. A-N-N-A. Mutter, das A sieht aus wie unser Haus. Also - wie das Dach von unserem Haus. Und wir alle haben ein A. Oder zwei. Nur Gott, der hat kein A. Aber dafür hat er ja die ganze Welt mit allem anderen drin. Also hat er eigentlich auch ganz viele A's. ... Oder?"
Das Gehüpfe hat plötzlich aufgehört, und Jakob sieht sehr nachdenklich aus.
„Ach, und wenn nicht. Dann schreibe ich ihm eins in den Schnee, das kann er dann vom Himmel aus sehen. Gott sieht das doch, oder? Wenn ich ihm ein A in den Schnee schreibe?"
Hannes und mir fallen bald die Augen aus dem Kopf. Nur mühsam kann ich mich aufrappeln und für meine kleine Familie ein Abendbrot herrichten, denn die ganze Zeit flitzt Jakob wie eine überdrehte Spieluhr um mich drumrum, murmelt Wörter, lauscht auf seinen eigenen Klang und verkündet laut, wenn er ein A darin entdeckt zu haben glaubt.

„Huhn. Nein! ... Gans. Ja! ... Stall. Ja, da auch!"
Mir wird schwindelig. Vom Zusehen und von seinem scharfen Verstand.
„Zick. Zack. ... Mutter, das ist ungerecht. Zack hat sein eigenes A, aber Zick hat keins."
Hannes fasst sich als erster wieder.
„Weißt du, Jakob, die beiden gehören zusammen. Die teilen sich das A. Und wer weiß. Die beiden sind so verfressen. Vielleicht würden sie das zweite A einfach auffressen, wenn sie eins hätten."
Nur mit Mühe bekommen wir den völlig überdrehten Jakob an den Tisch zum Essen. Aber dann setzt doch die Müdigkeit ein.

„Mutter, darf ich morgen wieder zum Pastor und lesen?"
Ich seufze.
Was haben wir da nur angefangen? Es ist wundervoll, dass er so wissbegierig ist und eine so schnelle Auffassungsgabe besitzt. Aber ist es auch gut, wenn ein unfreier Kätner, der er einmal sein wird, besser lesen kann als sein Lehnsherr und dessen Verwalter?
„Nur, wenn du jetzt aufhörst, deinen Kopf mit Buchstaben vollzustopfen, stattdessen deinen Bauch mit dem Essen vollstopfst und dann sofort ins Bett gehst!"
Stille.
Es rattert sichtbar hinter seiner Stirne.
„In Bett ist kein A."

Kurz darauf schlafen alle Kinder unter ihren warmen Decken, und Hannes und ich können den Abend ausklingen lassen. Wir haben uns inzwischen angewöhnt, dazu auf den Dachboden zu steigen. Dort können wir Licht haben und reden, ohne die Kinder zu stören. Wir trinken noch gemeinsam einen Tee, ich habe inzwischen angefangen, auf einem der schönen Stoffe aus Duderstadt an einem Schmucktuch für mich zu sticken. Und Hannes schreibt oft seine Gedanken auf.
Manchmal reden wir über seine Träume. Er erzählt mir, dass ihm in Gieboldehusen bei unserem Ausflug an Heilig Abend wirklich nichts in der Stadt irgendwie bekannt vorgekommen ist. Er ist sich sicher, dass er noch nie dort war. Das würde heißen, dass er zwar hier in der Gegend unterwegs war, aber offensichtlich nicht nach Norden hat reiten wollen. Höchstens, dass er durch den ihm unbekannten Ort hindurch und dann weiterreisen wollte irgendwo anders hin.

„Ich habe schon überlegt, ob ich mal an der Grenze entlang nach Westen reiten und an den verschiedenen Übergängen fragen soll, ob ich an einem der fraglichen Tage dort vom Süden her durch den Zoll gegangen bin. Vielleicht erkennt mich ja einer. Aber dann wieder fürchte ich mich, weil wir ja nicht wissen, woher die Angreifer kamen. Wenn sie mir eine Weile gefolgt waren und dann dort im Wald die passende Stelle für den Überfall gefunden haben - dann laufe ich ihnen vielleicht direkt in die Arme! Aber Klaas oder jemand anderen aus dem Dorf mitnehmen - dann würde ich denjenigen vielleicht in Gefahr bringen."
Ungeduldig knurrt Hannes.
„Arg - es ist zum Haareraufen. Ich weiß einfach nicht, wie ich weiterkommen soll!"
Kurz rauft er sich die inzwischen blonden Locken. Lene hat ihm mit Hilfe eines Pflanzensaftes aus dem Braun eine viel hellere Farbe gezaubert. Der Bart ist nicht ganz so hell geworden. Der wächst so schnell, dass man schon nach zwei Tagen die Kante sehen würde, und es soll ja nicht auffallen. Ich vermisse seine braunen Locken ...

Tauwetter - Fr. 12.1. a.d.1571

Am Freitag Morgen wird es noch wärmer. Der Himmel ist klar, und stete Tropfen fallen von den Eiszapfen an unseren Dachtraufen. Alles glitzert draußen. Kaum ist die Sonne über den Horizont, steht Klaas in unserer Tür.
„Hannes, woll'n wir? Ik denk, heut könn'n wir alles schaffen."
Hannes zögert nicht lange. Er zieht sich sehr warm an, greift alle Decken und Mäntel, knuddelt alle drei Kinder und verabschiedet sich von mir.
„Frau Adam, wünscht uns Glück. Wir wollen zusehen, dass wir heute Abend wieder hier sind. Wenn nicht, dann sind wir beim Wirt in Gieboldehusen oder bei dem Bauern in Rhumaspring eingekehrt. Macht Euch bitte keine Sorgen."
Und schon ist er mit Klaas zur Tür hinaus.

Die beiden haben vor ein paar Tagen verabredet, dass sie doch endlich den Schlitten gegen die Kutsche und die beiden Pferde zurücktauschen wollen. Der Schlitten muss zurückbewegt werden, solange Schnee liegt. Die Besitzer sollen ihre Habseligkeiten zurückhaben. Außerdem ist es sicher sinnvoll, wieder alles am richtigen Platz zu haben, wenn der Steuereintreiber demnächst kommen wird. Sonst müssten der Wirt in Gieboldehusen, der Bauer in Rhumaspring und unser Vogt Drebber bei uns eine ganze Menge erklären. Und das, ohne sich absprechen zu können. Klaas hat Recht - das Wetter ist ideal. Sorgen mache ich mir trotzdem. Also koche ich noch einen Tee und packe etwas zu essen ein. Freudestrahlend flitzt Jakob damit zu Klaas und kann den beiden Männern auf dem Schlitten dann noch hinterherwinken.

Müde und unruhig schleppe ich mich durch den Tag. Als die Dämmerung hereinbricht, halte ich es kaum noch aus. Aber bevor ich vor lauter Ungeduld verrückt werden kann, poltert es an der Hintertür, und ein durchgefrorener, aber breit grinsender Hannes steht im Stallgang.
„Der Schneemann ist zurück, Frau Adam. Gibt es hier was Warmes zu trinken, damit er wieder auftauen kann?"
Ich hindere mich daran, Hannes entgegenzueilen. Aber ich bin unendlich froh, ihn sicher wieder hier zu wissen.
„Hannes! Wie schön, dass du wieder heil hier bist! Tee und Suppe stehen schon lange bereit. Ich habe ein paar Steine angewärmt. Kommt, wärmt Euch auf!"
Auweia - immernoch möchte ich ihn am liebsten ehrerbietig ansprechen. Aber vor den Kindern und dem Dorf muss ich ihn duzen, und das gibt eigentlich dauernd ein richtiges Durcheinander.

Auch die Kinder begrüßen ihn strahlend. Zum Glück haben sie wohl nicht darauf geachtet, dass mir eben die falsche Anrede rausgerutscht ist. Bald schon sitzen wir gemeinsam um unseren Tisch, löffeln die heiße Suppe und kauen das frische Brot, das Hannes aus Gieboldehusen mitgebracht hat. Als alle satt sind, bestürmen die Kinder ihn, von dem Ausflug zu erzählen. Schnell nimmt Hannes noch einmal einen großen Schluck von dem heißen Kräutertee, zieht Susanna und Jakob auf seinen Schoß und berichtet dann sehr launig, fröhlich und zufrieden von seinem Ausflug mit Klaas.

„Die Hinfahrt ging ganz, ganz schnell. Der Friese war ausgeruht und hatte Lust auf Bewegung, der Schnee auf den Wegen war fest. Und so waren wir schon sehr bald in Rhumaspring. Da haben wir als erstes bei dem freundlichen Bauern angehalten. Als er den Hufschlag in seinem Hof hörte, kam er gleich aus der Türe. Und ich konnte an seinem Gesicht sehen, dass er erleichtert war. Wir haben ihn doch eine ganze Weile warten lassen. Aber das erste, was er sagte, war:'Ihr habt das Höllenwetter überlebt. Was bin ich froh! Und wie geht es der Bäuerin und den Kindern?' Auch seine Frau kam raus und fragte gleich nach euch. Beide waren sehr erschrocken, als ich ihnen erzählt habe, wie krank du warst, Susanna. Und sie haben sich sehr, sehr gefreut, dass du wieder ganz gesund bist. Und dann hat der Bauer gemeint, dass wir ruhig noch den Friesen nutzen sollen für den Kutschentausch. Wir sollten dann auf dem Rückweg erst die Pferde tauschen. Und so sind wir gleich weiter gezogen nach Gieboldehusen."

„Gieboldehusen hat kein A."
Hannes sieht Jakob mit großen Augen an, und ich lache mich schief über sein Gesicht.
„Du ahnst es nicht, Hannes. Das ging heute den ganzen Tag so. Jedes Wort, das irgendjemand sagt, wird sofort auf seinen Gehalt an A's untersucht. Jakob ist grade wie ein sprechender Vogel und zwitschert dauernd A's in die Gegend."
„Und Vogel hat auch kein A."
Wir lachen uns kringelig.
„Aber, Mutter. Warum haben so viele Wörter kein A? Das ist doch ungerecht!"
Hannes schüttelt breit grinsend den Kopf.
„Jetzt stell dir doch mal vor, alle Wörter hätten ein A. Dann wäre Hase dasselbe wie Hose, weil die plötzlich auch Hase wäre. Dann wüsste niemand mehr, wovon die Rede ist. Hast du schonmal versucht, einen Hasen anzuziehen?"
Susanna kichert, und Jakob schaut so irritiert aus der Wäsche, dass wir schon wieder loslachen müssen.

„Jakob, mein Sohn. Ich glaube, dass alle Buchstaben gleich wichtig sind, damit man alle Wörter bilden kann. Ohne O gäb es keine Hosen, und wir würden furchtbar frieren. Und ohne O wärst du ein Jakb. Oder ein Jakab. Und das wäre nun wirklich komisch. Das kann man auch gar nicht aussprechen!"
Empört plustert er die Backen auf.
„Ich hab aber ein O. Und das gehört mir! Ich will nicht Jakb heißen."
Hannes wird nun albern vor lauter guter Laune.
„Na, auch der Frosch hat ein O. Aber er macht 'Quaaaaak' mit ganz vielen A's."
Jetzt endlich ist Jakob wieder in der Lage, Hannes weiter zuzuhören.

„Schon vor dem Mittag waren wir in Gieboldehusen. Wir sind erst in die Stadt gefahren, haben mehrere Säcke Heu und Stroh gekauft für Zick, Zack, Hurtig und Frech, denn der Esel muss ja sein Futter nun schon eine ganze Weile mit Hurtig teilen.
Dann haben wir Brot und Käse besorgt. Und schließlich habe ich eine Schiefertafel bekommen, damit Jakob fleißig schreiben üben kann. Mit diesen Worten zieht er aus seinem Bündel, das noch am Ende der Bank liegt, eine kleine Tafel heraus und einen Griffel, mit dem Jakob das Schreiben üben kann. Der will sich sofort drauf stürzen.
„Laaaangsam, junger Mann. Erst erzähle ich zu Ende. Dann darfst du A's und O's schreiben."
Glücklich strahlend presst Jakob die Tafel an sich.
„Einen Sack Heu habe ich übrigens für den Wirt gekauft. Der hat sich sehr gefreut, seinen Schlitten wieder zu sehen. Wir bekamen ein kräftiges Mittagsmahl und viele gute Wünsche für die Rückfahrt. Die Frau Wirtin lässt Euch schön grüßen, Frau Adam. Sie freut sich mit Euch, dass alles gut gegangen ist und Susanna wohlauf."
Wieder bin ich so sehr dankbar für die vielen herzensguten und vertrauensvollen Menschen, die unsere glückliche Heimkehr an Heilig Abend überhaupt möglich gemacht haben.
„Die Rückfahrt ging nicht ganz so flott wegen der Räder, aber der Friese hatte noch Kraft. Und der feste Schnee auf den Wegen war doch annehmbar für die Kutsche. Schließlich hat der brave Bauer in Rhumaspring seinen Friesen wiederbekommen, dazu als Dank auch einen Sack Heu. Und wir haben noch ein warmes Bier getrunken und uns etwas aufgewärmt, bevor wir mit dem ursprünglichen Gespann vom Drebber das letzte Stück des Weges bewältigt haben. Ach, und wir wissen jetzt endlich auch, wie unser Bauer heißt - das ist der Bauer Freese. Aber weiter geht's mit unserer Fahrt. Auch der Elias war ja nun ausgeruht, und die Kutsche war mit den paar Säcken Heu und Stroh nicht so schwer. Nun hat der Drebber für Elias frisches Heu, Ihr habt Heu für Zick und Zack und frisches Brot. Und Hurtig und Frech kauen jetzt bestimmt auch schon genüsslich an ihrem Heu."

Mein Blick fällt auf Susanna, die grade dabei ist, auf Hannes Schoß einzuschlafen.
„Und ihr werdet jetzt genüsslich ins Bett gehen!"
Jakob will noch nicht. Aber Susanna kriegt kaum noch mit, wie wir sie in ihre Decken wickeln und auf der Pritsche zur Ruhe bringen. Jakob muss also auch. Und nach einem Schlaflied wird dann auch er endlich ruhiger und kann bald einschlafen.
Hannes ist nun aufgewärmt und steigt schon mal auf seinen Boden, während ich das Peterchen nähre und zur Nacht wickele. Bald schläft auch er.

Ich steige also wieder die Leiter hinauf und geselle mich noch ein wenig zu Hannes. Der kann mir nun auch noch berichten, dass in der Herberge darüber geredet wurde, dass der Steuereintreiber Hauser morgen losziehen würde. Dort saßen ein paar der Knechte, die mitfahren sollen und die überhaupt keine Lust darauf hatten, einen ganzen Tag lang über die Dörfer zu fahren, die Steuern einzutreiben und sich dabei halb tot zu frieren.
„Hannes, das muss dann aber der Drebber sofort wissen!"
Hannes nickt.
„Das wird inzwischen der Klaas erledigt haben. Er wollte, dass ich gleich nach Haus gehe, damit Ihr nicht so lange auf Nachricht warten müsst. Und ich muss mich seelisch drauf einstellen, dass es morgen eine ziemliche Sauerei geben wird."
Der Schalk springt ihm aus den Augen. Dennoch wissen wir beide, dass die Lage durchaus ernst ist. Das bange Warten hat mich müde gemacht. Und da wir morgen all unsere Geistesgegenwart und Gelassenheit brauchen werden, um den Steuersturm zu überstehen, gehen auch wir bald danach schlafen.

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25.12.2021

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