020 - Hofnarr - DO. 7.12.1570

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Zunächst ist nichts weiter zu planen. Weil alle neugierig sind auf Hurtig, bringt Klaas die Lene nach Hause, derweil Hannes schon sein Pferd holt. Dem Pastor ist auf einen Blick klar, dass er viiieeeeel lieber in des Drebbers Kutsche reist, und verabschiedet sich. Der Bauer Ferz schleicht sich über die Gasse nach Hause, ich hole mir bei der Drebberin mein Peterle, Hannes schwingt sich übermütig auf Hurtigs Rücken und prescht in die Dunkelheit. Jorge, Jasper, Klaas und ich folgen ihm leise zu Fuß. Es riecht nach Schnee. Am Waldrand bekommt Klaas das Pferd. Jorge bringt den Jasper nach Hause, und Hannes und ich verschwinden ganz schnell und leise wieder in meiner kleinen Kate.

„Bald wird mir das Schleichen und Mogeln zur zweiten Natur, aber ich kann Euch gar nicht sagen, Frau Adam, wie sehr ich mich darauf freue, einfach so an diesem Tisch sitzen, durchs Dorf gehen oder mit Euren Kindern spielen zu können, ohne mich verstecken zu müssen."
Ich fühle sehr mit Hannes mit, und ich freue mich so sehr darauf, bald meine Kinder wieder bei mir zu haben. Ich scheuche Hannes mit einem Gruß zur guten Nacht die Leiter hinauf, nähre noch einmal das Peterle und krieche endlich im Dunklen auf meine Strohpritsche. Bis Montag ist noch einiges zu planen, und es sind auch nicht alle Fragen gelöst. Aber mit des Pastors Hilfe wird es nun vorwärts gehen. Erschöpft vom vielen Denken schlafe ich ein.

Plötzlich schrecke ich hoch, von einem ängstlichen Ruf, der vom Dachboden schallt. Hastig steige ich die Leiter hoch. Hannes hockt auf seinem Strohlager und rauft sich die Haare. Sein Gesicht ist von Angst gezeichnet, seine Augen blicken ins Leere.
„Hannes, was ist?"
Er stöhnt, reibt sich die Augen, rubbelt sich die Haare, atmet tief durch.
„Habt ihr wieder geträumt, Hannes?"
Ganz allmählich kommt Hannes wieder auf dem Dachboden an, sein Blick wandert zu mir. Er nickt.
„Erzählt es mir!"

„Es... es war nicht viel. Es war wie beim allerersten mal. Es war alles dunkel, ich war gefesselt und habe nur eine Stimme gehört. 'Hannes, komm heim, ich brauche dich! Ich weiß nicht, wo noch wie ich suchen soll, Hannes. Komm heim!' Es war Ludos Stimme. Aber ... ich weiß doch nicht, wo zu Hause ist!"
Hannes klingt so verloren und verzweifelt. Er steckt den Kopf zwischen die Knie und verharrt so in seiner Angst.

Ich bin nun etwas ratlos. Sollen wir weiter darüber reden? Oder es ruhen lassen?
„Könntet ... Frau Adam, könntet Ihr mich ablenken?"
Einen Moment denke ich nach.
„Gut, gerne! Lasst uns über die Verwandlung vom Dachboden-Hannes in den Knecht Hannes reden. Ihr habt die Tage angedeutet, dass Ihr Euch einen anderen Gang zulegen wollt. Ihr habt acht Tage Zeit, bis Ihr mit Pastor Crüger von der Reise zurückkehrt. Lasst uns überlegen, was zu Eurer Verwandlung beitragen kann."

Hannes nickt und lenkt seinen Geist in diese neue Richtung.
„Veränderbar sind Gang, Haltung, Sprache, Stimme, Haare, Bart und Kleidung. Ich muss aus Eures Gatten Kleidern raus, die kennt hier jeder im Dorf. Das Krummlaufen habe ich schon angefangen zu üben, und ich könnte schlurfen. Die Sprache ist schon schwieriger, denn ohne Wissen über meine Vorgeschichte kann ich nur reden, wie mir der Schnabel gewachsen ist."
Ich muss lächeln. Die Ablenkung hat funktioniert.

„Aber Ihr werdet ein paar Tage im Eichsfeld zubringen. Versucht nicht, vollständig diesen Dialekt nachzusprechen. Aber Ihr solltet euch ein paar sehr typische Worte oder Wendungen aneignen. Ihr werdet euch auf dem Markt und bei Händlern aufhalten, in einer Herberge wohnen, einkehren. Schaut den Leuten aufs Maul! Achtet aber darauf, dass Ihr euch nichts von Ortsfremden aneignet. Pastor Crüger wird als gebürtiger Duderstädter wissen, was passend ist. Redet gleich ab Beginn der Reise so, dann habt Ihr miteinander Zeit, um zu üben."

Hannes steht auf und konzentriert sich auf etwas. Ich warte einfach ab. Dann begreife ich. Er achtet auf seine Haltung und verstärkt einfach das, was schon da ist, ein wenig. Er muss schon krumm stehen, und er hält wegen des Verbandes seine Schulter etwas schief. Nun übertreibt er beides ein wenig und schlurft hin und her. Es sieht so natürlich aus, dass ich lachen muss.
Er wendet sich zu mir. „Was lacht Ihr, Frau Adam?"
Ich lache ihn an. „Niemand, wirklich niemand könnte hinter diesem gelangweilt schlurfenden, krummen Wesen den vor lauter Nichtstun ganz kribbeligen, klugen jungen Mann erkennen, den ich hier zu Gast habe. Dieser Schleicher ist so harmlos wie nur irgendeiner. Wenn Ihr dann auch noch so schleppend sprecht, wird der Steuereintreiber vor Langeweile bei Eurem Anblick einschlafen!"

Hannes grinst und beginnt, seine Worte wie zähen Matsch aus seinem Mund zu drücken. Er wirkt dabei so dumm, dass man weglaufen möchte.     Gott seis gedankt! Er hat seinen Humor wieder gefunden!
„Aber nicht übertreiben! Ihr müsst das Langsame in Sprache und Bewegung auch müde, in der Überraschung und gegenüber jedem durchhalten können."
Nun ist Hannes nicht mehr zu bremsen. Er tut so, als sei er grade erst aufgewacht und knödelt die Worte gähnend aus seinem Mund. Dann wischt er sich mit der Hand übers Gesicht. Zum Vorschein kommt ein schiefes Gesicht, und mit deutlichem Schwips in der Stimme lallt er dummes Wirtshausgewäsch. Inzwischen lache ich lauthals über seine Possen.
Noch einmal verändert er sein Gesicht, legt fragend den Kopf schief, schaut mich mit riesigen Augen an und fragt:"Ach. Ich sollte nicht die Brücke mit Wasser abschrubben, damit der Steuereintreiber bei Frost heile und sauberen Fußes rüberkommt? DAS tut mir aber leid!"
Inzwischen lachen wir so laut, dass ich mir erschrocken die Hand vor den Mund halte. Sooo dicht ist mein Dach nicht, dass man das nicht auch draußen hören kann. Andererseits - Hannes so vergnügt zu sehen, ist das Risiko wert.

„Es tut mir leid!"
Hannes flüstert nur. Aber seine frech blitzenden Augen erzählen etwas anderes.
„Einen noch?"
Fragend sieht er mich an, mit Augen so weich und glücklich, dass ich nicht nein sagen kann. Wieder setzt er das Dummbatzengesicht auf.
„Herr Förster, soll ich den Baum linksrum oder rechtsrum umhauen. Wie geht's schneller?"
Wieder halten wir uns beide den Mund zu.
„Hannes, an Euch ist ein wahrer Kommödiant verloren gegangen!"
Plötzlich wird er ernst.
„Naja, wenns mit dem Waldarbeiter auch nicht klappt, werd ich halt Hofnarr beim Herzog."

Fragend schaue ich ihn an.
„Ich weiß wohl, dass ein Baumstamm von rechts genauso dick ist wie von links und es also egal ist, von wo ich ihn fälle. Aber ansonsten verstehe ich vom Wald grade so viel wie vom Acker. Nämlich nichts."
Verlegen kratzt er sich am Kopf. Dann grinst er wieder.
„Vielleicht braucht Pastor Crüger ja für seinen plötzlichen gesellschaftlichen Aufstieg einen Hofnarr. Oder einen Stallburschen. Immerhin wird er sich in ein paar Tagen ein edles Pferd kaufen, auf dem er nie auch nur einen Hufen reiten wird."
Aus seinen leuchtenden Augen springt der Schalk.

Verblüfft starre ich Hannes an.
„Das ist es!"
Nun ist es Hannes, der fragend schaut.
„Hannes, Ihr habt gesagt, dass Hurtig niemand außer Euch auf seinen Rücken lässt. Habt Ihr Hurtig auch selbst zugeritten?"
Er nickt, ohne darüber nachzudenken, versteht aber noch nicht, worauf ich hinaus will.
„Dann habt Ihr als Kind und junger Bursche bestimmt viele Stunden im Stall verbracht, wart vielleicht mit einem Stallburschen gut und habt eine Menge darüber gelernt. Nach dem, was ich am Abend erlebt habe, glaube ich, dass Pastor Crüger gerne die Posse mitspielt. Er soll einfach so tun, als habe ihn die Erbschaft überheblich gemacht. Immerhin stammen er und seine Frau aus Verhältnissen weit über ihrem Leben jetzt. Danach kann man sich schon sehnen, wenn man dann so ärmlich auf einer Dorfpfarrei sitzt."

Hannes beginnt zu begreifen.
„Er kommt nach Duderstadt, sehnt sich nach dem alten Leben und kauft sich darum ein teures Pferd. Dann stellt er fest, dass er es nicht reiten kann, und bringt den Stallburschen gleich mit, damit der ihm das Tier pflegt und zureitet. In der freien Zeit stellt er euch den Mann für die grobe Arbeit zur Verfügung. ... Aber ... beim Klaas wär genug Platz zum Schlafen. Wenn schon der Gaul dort ist ..."
Bedauern schwingt in seiner Stimme mit. Und leise spüre ich, dass er aus diesem Haus nicht fort will. Aber er schaut mich nicht mehr an. Er klappt zu wie mein Kasten, wenn ich den Deckel fallen lasse. Urplötzlich wünscht er mir eine gute Nacht und wendet sich seinem Strohlager zu.

Einen Moment noch starre ich verwirrt seinen Rücken an, dann steige ich die Leiter wieder herunter und gehe auch ins Bett.     Wie seltsam. Und wie wunderbar. Es ist die helle Freude, so mit ihm zu scherzen und zu lachen. Aber seine Stimmungswechsel kann ich manchmal überhaupt nicht verstehen.     Allerdings bin ich inzwischen sooo müde, dass ich ganz schnell einschlafe.

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20.1.2020

So stelle ich mir Hurtig vor,

wenn er einfach frei rennen darf.

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