030 - Kontrollen - FR. 15.12.1570

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Schon vor einer Weile ist scharfer Wind aufgekommen. Wir sind alle drei völlig durchgefroren, müde und sehr nervös, als wir auf der Landstraße den Grenzposten auf der Thüringer Seite erreichen. Das überträgt sich leider auch auf die Pferde, denen ebenfalls der lange Tag voller Mühen in den Knochen steckt. Elias beginnt zu ermüden, und Hurtig tänzelt nervös. Wir haben Mühe, die Tiere zu beruhigen. 

Zudem ist es inzwischen fast völlig dunkel geworden, und der Mond versteckt sich hinter dicken Wolken. Erst, als wir schon fast da sind, können wir die funzelige Lampe am Grenzhäuschen sehen. Um uns gehorsam zu erweisen, verlangsamen wir unser Tempo, und Klaas ruft von weitem den Posten vor die Tür.
„Heda, Grenzer. Kundschaft!"

Wir halten vor dem Schlagbaum an und warten. Hurtig tänzelt wieder nervös. Es dauert ein paar Minuten, bevor die Tür des Zollhauses aufgeht und ein dick vermummelter und unwillig grummelnder Zöllner zum Vorschein kommt. Er hatte offensichtlich keine Lust mehr, heute nochmal vor die Tür zu müssen, und schiebt entsprechend schlechte Laune.     Keine guten Voraussetzungen ... Hoffentlich will er schnell wieder ins Warme und lässt uns entsprechend schnell ziehen.

Aber leider sieht es gar nicht danach aus. Vermutlich wurde er zu scharfen Kontrollen verdonnert, und darum schaut er uns genau an, stellt eintausend höchst wichtige Fragen, erinnert sich dann an Klaas und Pastor Crüger – und stutzt.
„Und wer ist der dritte Kerl? Der war am Montag noch nicht dabei!"
Pastor Crüger zeigt nun seinen Erbschein vor und erklärt geduldig und freundlich, dass er sich entschieden hat, einen seiner dortigen Knechte mitzunehmen. Der Zöllner kuckt sehr misstrauisch.

„Und der Gaul?"
Er tritt an Hurtig heran und beäugt das Pferd und mich genau. Hurtig weicht nervös zurück.
„Das ist ein edles Tier. Welcher dahergelaufene Knecht kann sich sowas leisten? Wo hat Er das Pferd her???"
Bei der Frage schaut er mich direkt an.     Nun gilt es.     Ich steige umständlich ab, verbeuge mich tief, trete verlegen von einem Fuß auf den anderen und fange an zu stottern.
Der Zöllner wird ungeduldig. „Kann Er nicht vernünftig sprechen? Ich will Antwort!"

Nun steigt auch der Pastor vom Kutschbock ab und mischt sich ein.
„Seid so gut und quält den Jungen nicht. Sein Vater war lange mein Stallwirt, aber der Pächter des Gutes will ihn nicht haben, weil er sich schwer tut mit dem Kapieren. Ihr verwirrt den Armen nur, wenn Ihr so harsch seid."
Ich mache schnell noch drei Bücklinge und verberge dabei mein Grinsen.     Jetzt bin ich also auch noch deppert im Kopf! Mir solls recht sein. Aber, mein lieber Johann Crüger – das bekommt ihr irgendwann zurück!
Murrend wendet sich der Zöllner von mir ab und dem Wagen zu.
„Der Wagen war am Montag nicht so beladen. Was habt Ihr zu verzollen?"

Wieder erklärt Pastor Crüger geduldig, dass er nicht nur seine Erbschaftsangelegenheiten geregelt sondern auch fleißig auf dem Markt eingekauft hat.
„Im Wesentlichen habe ich das Pferd gekauft, ein Schwein – ach, und einiges an Hausrat und Kleidung. Geschenke für meine Frau und meine Kinder. Wenn ihr versteht."
Der Zöllner schwingt sich auf die Kutsche.
„Na, dann wollen wir doch mal sehen."

Und schon fängt er an, die Verschnürungen zu lösen und die sorgsam verstaute Ladung auseinander zu nehmen. Dabei geht er nicht zimperlich mit den Dingen um. Mehrfach muss Klaas herzuspringen, damit nicht etwas vom Wagen fällt und etwa noch zerbricht. Das Schwein gerät in Panik und wäre fast vom Wagen gesprungen. Ich stehe derweil dümmlich daneben, halte Hurtig und möchte den Kerl am liebsten kopfüber in die nächste Schneewehe befördern. Sein ganzes Benehmen ist so unverschämt.     Wahrscheinlich wird er dann auch noch einen völlig überhöhten Zoll fordern ...

Und da fällt es mir auf. Wir haben völlig vergessen, dass den Zoll ja der Pastor entrichten sollte. Ich Dummkopf werde jedenfalls ganz bestimmt kein Geld anvertraut bekommen. Meine Gedanken fliegen auf der Suche nach einer Lösung. Schließlich gebe ich mir einen Ruck.
„Herr Pastor? Hab ich was falsch gemacht? Ich wollte nicht ..."
Johann Crüger wendet sich mir zu, während Klaas weiterhin versucht, unsere kostbaren Mitbringsel zu retten.
„Nein, Hannes. Es ist alles gut. Du hast nichts falsch gemacht."
Er will sich wieder abwenden, aber ich muss ihn irgendwie zu mir bekommen, damit ich ihm meinen Beutel geben kann.

„Muss ich jetzt hier bleiben? Darf ich nicht mit hinüber???"
Ich lege all mein Flehen in meine Stimme, und nun schaut er mir genauer ins Gesicht. Mit glühenden Augen versuche ich, ihm klar zu machen, dass... ja – was auch immer.     Er MUSS das jetzt einfach kapieren!     Jedenfalls kommt er nun ganz zu mir herüber, legt mir freundlich eine Hand auf die Schulter und beruhigt mich.
„Nein, Hannes. Du kommst mit mir. Ich habe Papiere für dich, du gehörst zu mir. Mach dir keine Sorgen."
Dabei steht er so vor mir, dass ich mit meiner freien Hand unter meinen dünnen Mantel fahren und den Beutel vom Gürtel lösen kann. Schnell halte ich ihm den hin, und seine Augen weiten sich vor Schreck, weil er sofort begreift. Beinahe wären wir in eine selbst gestellte Falle getappt! Der Beutel wandert sofort an seinen Gürtel, während ich noch ein bisschen jammere und er mit belanglosen Vertröstungen auf mich einredet.

Endlich ist der Zöllner fertig mit seinen Untersuchungen und springt vom Wagen ab. Klaas fängt an, die Ladung wieder ordentlich zu verstauen und zu sichern. Er "mauert" das Schwein wieder ein, schnürt die auseinandergeroppten Bündel wieder zu und zurrt die Spannseile wieder fest. Sein Gesicht ist dabei eine einzige Gewitterwolke, aber er beißt die Zähne zusammen und gibt keinen Laut von sich.

Der Zöllner tritt an den Pastor heran und nennt ihm die ungeheure Summe von zwölf Kreuzern als Zollgebühr. Wir zucken alle drei zusammen. Klaas, weil er vor diesem Ausflug noch nie auch nur einen Kreuzer zu Gesicht bekommen hatte. Ich, weil mir das Geld ja egal ist, aber ich schäume innerlich vor Wut über seine Dreistigkeit. Der Pastor, weil er sich nicht wohl fühlt dabei, mein Geld auszugeben.     Das ist wirklich eine wertvolle Wagenladung! Der Zoll nochmal so hoch wieder Kaufpreis! Unverschämter Halsabschneider!!!

Aber Pastor Crüger diskutiert nicht. Wir wollen nur heile rüber, und möglichst ohne, dass mein Gesicht zu sehr im Gedächtnis bleibt. Also tritt er an die Lampe am Zollhaus heran, öffnet den Beutel und fischt zwölf Kreuzer heraus. Dann schaut er den Zöllner herausfordernd an. Der will so gar nicht. Aber unter dem strengen Blick des Geistlichen geht er doch in sein Zollhaus und kommt mit einem kleinen Zettel wieder – dem Zollbeleg.     Uns des Schmuggels bezichtigen und selbst seine Obrigkeit besch... Halsabschneider!      Der Pastor kontrolliert die eingetragene Summe, nickt dem Zöllner zu und steigt wieder auf den Karren. Ich führe Hurtig an die Kutsche heran, klettere auf den Bock und von da aus ungeschickt auf das Pferd. Könnte Hurtig denken, schösse ihm jetzt wahrscheinlich ein irritiert-ironisches „Das konntest du aber schonmal besser, Hannes!" durch den Kopf. Der Zöllner öffnet umständlich die Schranke und lässt uns grußlos davon fahren.

Nur zweihundert Schritte weiter halten wir wieder an, denn nun müssen wir auch noch durch den Grubenhagener Zoll. Hier wiederholt sich dasselbe Spiel. Wir werden begutachtet, ich werde misstrauisch beäugt, der Wagen wird kontrolliert. Allerdings ist der Grubenhagener nicht halb so unfreundlich. Er hilft Klaas anschließend dabei, die Ladung wieder ordentlich zu sichern, und der verlangte Zoll ist angemessen.

Als wir vollständig im Wald eingetaucht und um drei Biegungen gefahren sind, halten wir kurz an.
„Danke, Hannes!"
Die Stimme des Pastors klingt sehr erleichtert, er reicht mir den Beutel zurück. Und ich weiß, dass er sich nicht nur für das klaglose Bezahlen dieses Wucherzolls bedankt, sondern vor allem dafür, dass ich rechtzeitig geschaltet und es möglich gemacht habe, dass er noch an den Beutel kommen konnte. Ich hänge den Beutel wieder an meinen Gürtel und konzentriere mich auf den dunklen Waldweg.

„Klaas, konntest Du alles wieder sichern? Oder brauchst du noch zwei mehr Hände, damit uns nicht auf den letzten paar Schritten noch die Ladung verrutscht und etwas zerbricht?"
Klaas knirscht hörbar mit den Zähnen.
„Danke, Hannes. Ich denke, ich hab es hingekriegt, und der Grubenhagener hat mir ja dann geholfen. Aber viel lieber hätte ich dem unverschämten Thüringer Hund den Hals umgedreht."

Den Rest des Weges schweigen wir, erschöpft von der Reise, der Kälte und der Aufregung. Umsichtig lenkt Klaas den Wagen über den holprigen Waldweg, und ich bin wieder unendlich dankbar, dass es diesen einfachen, wunderbaren Bauern und treuen Freund in meinem seltsamen, von meiner eigenen Vergangenheit losgelösten Leben gibt. Wir wären in diesen Tagen mehrfach gehörig aufgeschmissen gewesen, wenn Klaas nicht dabei gewesen wäre.     Wer auch immer ich bin – Freund Klaas werde ich nicht hergeben. Ich will ihm so treu sein, wie er es zu mir ist.

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30.1.2020

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