123 - mit Liebe gemacht - MI. 9.5.1571

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Es ist Mittwoch Morgen, und ich habe kaum geschlafen. Irgendwann heute Nachmittag wird Hannes hier mit Gefolge auftauchen als neuer Lehnsherr. Der Knecht Hannes. Der Mann, dessen Untertan ich noch immer bin - und der Mann, den ich liebe. Ich habe keine Vorstellung, wie ich diesen Tag herumbringen soll, und ich mache lauter Unsinn, so nervös bin ich. Die Kinder wundern sich über meine Ungeduld, und ich bin nicht gerecht heute. Also schicke ich schließlich Jakob und Susanna zu den Crügers und bitte sie, auf dem Wege das Peterle nebenan bei Irmel abzugeben. Ich muss einfach ein bisschen allein sein und den Kopf frei bekommen.

Kurz entschlossen spaziere ich in den nahen Wald unterhalb des Mühlenhügels. Wie von selbst bleibe ich stehen bei dem großen Findling, auf dem ich neulich mit Hannes und den beiden Schatullen gesessen habe, und lasse mich im Schatten der alten Bäume nieder.

Ob er wohl schon Nachricht von Vater hat? Aber das kann doch noch gar nicht sein. Wie er sich wohl wird anreden lassen? Wie der Knecht? Wie der Herr? Wie soll er Gerechtigkeit zwischen den Dörfern schaffen, wenn er hier Ausnahmen macht? Ach, ich weiß es einfach nicht! Guter Gott! Schenk mir Geduld, dass ich abwarten und mich einfach darauf freuen kann!

Gedankenverloren schlendere ich weiter und lande schließlich in den Rhuma-Auen an der Straße zur Grenze. Also beschließe ich, über die Grenzstraße nach Hause zu gehen. Als ich grade an der Kreuzung im Wald ankomme, sehe ich - Hannes und seine Begleiter auf den Wald zu reiten.
Also muss es schon gegen Mittag sein. Ich habe gar nicht gemerkt, dass ich so lange auf diesem Stein gesessen habe.
Ich warte noch ab, bis die Reiter und eine Kutsche mich eingeholt haben. In der Kutsche sitzt der alte Albrecht Bader, der ja Übergangsverwalter ist. Neben Hannes reiten zwei junge Männer, die sich ähnlich sehen.

Hannes hält an, um mich zu grüßen. Er zwinkert mir zu.
„Guten Tag, Anna. Wir sind auf dem Weg nach Wollershusen. Ich bin gespannt, denn da war ich ja noch nie. Wir werden in etwa drei Stunden dann nach Lütgenhusen kommen. Bis nachher."
Er tippt sich an den Hut zum Abschied und treibt Hurtig wieder an. Reiter und Kutsche biegen nach rechts nach Westen ab, während ich mich zu Fuß wieder nach Osten, nach Hause wende. Ich beeile mich nun, damit ich Irmel meinen kleinen Sohn wieder abnehmen kann.

Als ich am Hof der Krumms ankomme und eintrete, lächelt mir Irmel entgegen und hält ihren Finger an den Mund. Sie flüstert ganz leise.
„Peter schläft schon. Er hat sich tüchtig im Stall ausgetobt und war ganz müde."
„Und wahrscheinlich auch tüchtig eingesaut, richtig?"
Ich lächele zurück und setze mich an den Tisch.
„Natürlich, so leicht kommst du mir nicht davon. ... Geht es dir gut, Anna? Jakob meinte, du wärst heute zu grantig, sie würden jetzt auswandern."
Wir müssen beide lachen und halten uns dann schnell die Münder zu, damit wir Peter nicht wecken.
„Ja, Irmel. Es geht mir gut. Aber Jakob hat schon recht. Ich hab sie ja selbst weggeschickt, weil ich so neben mir gestanden habe. Heut kommt doch 'unser neuer Lehnsherr', um sich vorzustellen. Und ich kann mir das einfach nicht vorstellen Es ist alles so seltsam."
Irmel nickt verständnisvoll.
„Aber der Spaziergang im Wald hat mir gut getan. Einfach mal den Kopf lüften."

„Sind Jakob und Susanna bei Cristoph und Evchen?"
„Ja, da stecken sie ja eigentlich immer. Aber ich will sie jetzt einsammeln gehen. Ich muss mich wirklich bei ihnen entschuldigen, dass ich heute Morgen so grantig war."
Ich stehe auf und wende mich zur Tür.
„Dank dir, Irmel, dass du mir immer einfach so hilfst."
Ich spaziere die Dorfstraße entlang, grüße rechts und links die Nachbarn und springe noch schnell in das Haus vom Vogt, um ihm Hannes anzukündigen. Der kriegt blitzende Augen und schickt gleich den Siegfried rum.
„Sag allen, dass wir am Nachmittag Tische und Bänke am Dorfbrunnen aufbauen. Wir wollen doch unseren 'Knecht' und seine Männer mit einem gemütlichen kleinen Schmaus empfangen."

„Ich sag gleich auch im Pfarrhaus Bescheid!"
Ich gehe an der Kirche vorbei zu Crügers und betrete Birgittas Küche. Da sitzen meine beiden Großen neben ihren Spielkameraden und löffeln eifrig eine dicke Suppe. Birgitta steht gleich auf, holt einen weiteren Napf und Löffel und heißt mich neben ihr Platz nehmen. Sie schmunzelt.
„Und? Hast du deine Flatternerven wieder eingefangen?"
Ich schaue etwas beschämt zu meinen beiden Kindern.
„Ich habe einen langen Spaziergang gemacht. Gottes schöne Natur beruhigt meine Nerven noch immer am besten."
Ich danke im Stillen für das Mahl und genieße dann auch die gute Suppe.

„Der Drebber lässt ausrichten, dass wir alle am Nachmittag um den Dorfbrunnen Tische und Bänke aufstellen sollen, damit wir den 'neuen Lehnsherrn' gebührend empfangen können. Jeder bringt, was er hat."
Pastor Crüger beteiligt sich nun auch am Gespräch.
„Oh, das ist eine sehr gute Idee. Denn er wird sicher den neuen Verwalter dabeihaben, vielleicht schon einen neuen Steuereintreiber. Die sollen uns hier doch gleich von unserer besten Seite kennen lernen. Und so wird es auch für uns alle leichter."
Vor allem für Klaas und für mich. Wobei Klaas ja sehr ungezwungen damit umgeht. Aber ich ... Ich weiß einfach überhaupt nicht, wie ich mich benehmen soll. Ich werde abwarten müssen, was Hannes macht. Wie er sich vorstellt. Ich mache ihm dann einfach alles nach.

Nach dem Essen greife ich nach meinen beiden Kindern.
„Kommt, wir wollen Blumen pflücken am Wegrand. Wenn nachher die Tische aufgebaut sind, können wir die Blumen daraufstellen und es für Hannes so richtig schön machen."
Wir spazieren an den Feldern beim Dorf entlang und pflücken, was der Frühling uns entgegenstreckt. Dann gehen wir nach Hause, nehmen Becher und Krüge und stellen die Blumen in kleinen Sträußen da rein.

Schnell nehme ich die beiden noch auf meinen Schoß.
„So, ihr beiden. Und nun muss ich mich recht doll bei euch entschuldigen, dass ich heute Morgen so ungeduldig und grummelig war. Sonst wandert ihr mir wirklich noch aus."
„Weißt du, Mutter, wir wollen ja gar nicht auswandern. Aber manchmal ist es wirklich nicht zum Aushalten mit dir."

Mit toternster Miene höre ich dem empörten Jakob zu und nicke verständnisvoll. Wenn er versucht, wie ein Erwachsener zu sein, ist er einfach zu komisch.
„Also entschuldigt bitte, das war nicht recht. Bleibt ihr jetzt bei mir?"
Schnell haben mich vier zarte Kinderarme umfangen und drücken mich fest.
„Dann lasst uns losgehen mit unserer Blumenpracht."

Am Dorfbrunnen beginnt nun Geschäftigkeit. Der Schmied ist mit seinen Männern schon dabei, Tische und Bänke aus der Schenke zu tragen. Manch Hausfrau kommt mit bunten Tüchern, um die Tische abzudecken. Und meine Kinder stellen auf jeden Tisch ein Glas mit Blumen. Jakob legt den Kopf schief und schaut sich die Tische an. Es rattert sichtbar hinter seiner Stirn. Dann macht er auf dem Absatz kehrt, geht an der Kirche vorbei zur Allmende und fängt an, sich zu bücken. Als er dann wieder zurück kommt, sehe ich, dass er in seinem Kittel lauter kleine Steine gesammelt hat. Damit stapft er zum Brunnen, zieht mit all seiner Kraft einen Eimer voll Wasser hoch und schmeißt die Steine dort hinein.
Will er die jetzt waschen???
Dann ruft er Susanna und den Cristoph, der grade aus dem Pfarrhaus geflitzt kommt. Evchen kommt hinterdrein, und zu viert legen die Kinder nun nach Jakobs Anweisungen ganz sorgfältig kleine Kringel aus Steinchen um jedes Blumenglas.

Da die Steine nicht reichen, ziehen sie zu viert wieder los und kommen mit prall gefüllten Kitteln und Schürzen wieder. Auch diese Steine werden gewaschen. Und da es jetzt viel zu viele sind, legen sie auf jeden Tisch eine lange Reihe mit dem jeweiligen Blumenglas in der Mitte. Sehr zufrieden betrachten sie nun ihr Werk. Ich stelle mich dazu und staune mit ihnen.
„Das habt ihr einfach wunderschön gemacht. Hannes wird sich riesig darüber freuen. Aber jetzt möchte ich euch bitten, den Brunneneimer wieder von dem Schlamm zu befreien. Holt euch kleinere Eimer oder Krüge, und dann tragt ihr das Wasser einfach zu den Blumen an den Wegrändern. Solange, bis der Brunneneimer wieder ganz klares Wasser hat."

Da es noch ein bis zwei Stunden dauern wird, bis Hannes kommt, ist das die beste Möglichkeit, gleichzeitig Verantwortung zu üben und die Zeit zu vertreiben. Die vier spritzen los und fragen die Schmiedin, ob sie ein paar Krüge haben dürfen. Erst müssen sie wohl erklären, wofür sie die brauchen. Und dann schütten sie eifrig Wasser in Krüge und Wasser auf Blumen. Dreimal holen sie den schweren Eimer von neuem hoch, bis das Wasser darin wieder ganz sauber ist. Die Kinder sind dafür jetzt staubig, pitschenass, eindeutig nicht mehr vorzeigbar und wunschlos glücklich. Da wir sie aber sowieso jetzt niemals in ein Haus bekämen vor lauter Aufregung, lassen wir sie so, wie sie sind, zum Dorfrand ziehen, wo sie zwischen den Hecken und Büschen spielen. In der Sonne trocknen die Kleider sicher am schnellsten.

Ich gehe derweil noch einmal nach Hause, koche Tee, räume auf und sehe nach den Ziegen. Unser neues Zicklein macht sich ganz prächtig. Die Kinder haben darauf bestanden, es Zuck zu nennen, damit der Name zu den Eltern passt. Warum auch nicht? Susanna liebt all unsere neuen Jungtiere, schleppt sie dauernd mit sich herum und knuddelt sie durch, bis sie ihr davonlaufen.

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4.5.2020

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