Kapitel 10.1 - Markttag

Màu nền
Font chữ
Font size
Chiều cao dòng

(Bild: Varon - by KareiKite)


03. Tas'Saru 2146 n.n.O.

Als ich aufwachte, war ich allein. Unzufrieden verzog ich das Gesicht. Ich hatte wieder nicht mitbekommen, wie Zac weggeschwommen war. Dabei hätte ich ihn gern noch verabschiedet, bevor er zur Arbeit aufbrach. Doch seit ich bei ihm schlief, war ich, einmal eingeschlafen, nicht mehr wach zu kriegen. Wenn ich mich Abends an ihn anschmiegte, entspannte ich mich augenblicklich mit einem Gefühl sicherer Geborgenheit, wie ich es seit Jahren nicht mehr gekannt hatte.

Zufrieden streckte ich mich aus und blickte mich in der geräumigen Schlafkuhle um, die ich seit dem Unfall mit Zac teilte. Es war eigentlich noch gar nicht so lange. Aber es fühlte sich lange an, vertraut, selbstverständlich... zu Hause. Ich blinzelte und schob diesen Gedanken rasch beiseite. Doch während ich mich fertig machte, kam er immer wieder. In sieben Tagen würde die nächste Schwarmversammlung sein. Wenn Zac den Schwarm wirklich überzeugte, mich als vollwertiges Mitglied zu akzeptieren, könnte ich allein an Land gehen und hätte alle Freiheiten, die jeder andere hier auch hatte.

Und dann?

Dann könnte ich Papa endlich einen Brief schicken.

Doch was ich da hineinschreiben wollte, wusste ich nicht. Darüber würde ich mir wohl Gedanken machen müssen, wenn es soweit war.


Als ich beim Frühstück eintrudelte, begann ich gewohnheitsmäßig das Buffet zu überprüfen: Musste etwas nachgefüllt werden? Saßen die Deckel richtig? Gab es Essensreste, die beseitigt werden mussten, ehe sich lästige Fischschwärme zusammenrotteten, um darum zu kämpfen? Tatsächlich gab es Letzteres, was ich rasch einsammelte, um es diskret beiseite zu schaffen, ehe ich mir selbst Frühstück nahm. Aber ich kam gar nicht dazu, mich irgendwo gemütlich niederzulassen.

>>Senga!<<

Überrascht blickte ich mich nach Lisas Stimme um und tatsächlich sah ich sie in einigem Abstand direkt auf mich zuschwimmen. Beunruhigt sah ich der Flussbraut entgegen. Außerhalb meiner Arbeit sprach ich nur selten mit ihr, obwohl ich nichts gegen sie hatte. Im Gegenteil, ich hatte großen Respekt vor ihr, doch wir waren einfach zu unterschiedlich, um etwas miteinander anfangen zu können. Was war so wichtig, dass es nicht bis Arbeitsbeginn warten konnte?

>>Guten Morgen, Senga!<<, grüßte sie mich schließlich, nachdem sie mir eine Hand auf den Unterarm gelegt hatte.

>>Guten Morgen.<<

>>Hast du gehört, dass heute Markt ist?<<

>>Äh-<< Ich hatte natürlich davon gehört, dass es in jedem der umliegenden Dörfer regelmäßig einen Mark gab, aber ich begriff nicht, was das mit mir zu tun hatte. War ja nicht so, dass ich an Land spazieren und einkaufen gehen könnte. Zumindest noch nicht. Wenn ich wirklich bei der nächsten Schwarmversammlung als vollwertiges Mitglied initiiert wurde, könnte sich das ändern. Bei dem Gedanken bekam ich ein Gefühl, als würde ein Schwarm nervöser kleiner Fische durch meinen Bauch schwimmen.

>>Sina, Achs und Varon werden da sein, um für uns ein paar Dinge zu kaufen und zu verkaufen. Ich brauche auch ein paar Sachen für die Schneiderei. Aber ich möchte keine Laien damit beauftragen. Deshalb dachte ich, dass du vielleicht gehen könntest? Du hast ein gutes Auge für Details und ich hab keine Zeit, es selbst zu machen.<<

Ich sah Lisa ungläubig an. Dann lächelte ich. >>Sehr gern!<<

Ich war schon ewig nicht mehr auf einem Markt gewesen. Ich wurde rot, als mir ein anderer Gedanke kam, konnte mir die Frage aber nicht verkneifen: >>Glaubst du, ich könnte Zac in seiner Mittagspause besuchen?<<

Sie lächelte mich an, was für sie, die sie fast so unbewegliche Züge hatte, wie die Flussmenschen, eine echte Seltenheit war. >>Bestimmt.<<


Nachdem mir Lisa gesagt hatte, was sie brauchte, dauerte es nicht mehr lange, ehe wir aufbrachen. Ich konnte gerade so noch mein Frühstück herunterschlingen, ehe Sina und Varon zu uns stießen und wir uns auf den Weg machten.

Obwohl es ein ganzes Stück Arbeit war, die verschiedenen Waren zusammen zu suchen, zum Dorf zu bringen und letztendlich unseren Stand vorzubereiten, waren wir für den ersten, vormittäglichen Kundenschwung doch noch nicht zu spät dran. Als wir fertig waren, musterte ich die ausgestellten Waren. Neben wassertauglicher Kleidung für Fischer und Schwimmer, lagen auch Perlen oder extra fischig-exotische Schmuckstücke und Dolche zum Verkauf aus. (Letztere hatte ich so nie bei einem der Kämpfer gesehen, sie sahen zwar schick aus, aber schienen dennoch nicht gerade handlich.)

"Bringt es wirklich was, das alles zu verkaufen?", fragte ich neugierig und musste etwas lächeln, als ich einen Badeanzug erspähte, den ich erst vor Kurzem fertig gestellt hatte.

Sina wiegte nachdenklich den Kopf. "Wir brauchen die Menschen nicht wirklich. Und die Menschen brauchen uns nicht. Aber wir leben in direkter Nachbarschaft, also warum nicht einen Vorteil daraus ziehen?"

Achs nickte bestätigend. "Handel ist ein guter Weg für ein friedliches Miteinander. Außerdem sind manche Dinge, die wir nicht selbst herstellen können wirklich nützlich. Davon abgesehen ist es immer gut, etwas Bargeld in der Hinterhand zu haben. So Sina – wollen wir? Wir haben noch viel zu erledigen."

Lächelnd verabschiedete ich die beiden und blickte ihnen hinterher, wie sie in der Menge verschwanden, während ich die hiesigen Handelsbeziehungen unter „Politik und Diplomatenbeziehungen" verbuchte. Doch im Gegensatz zu Achs zweifelte ich stark an deren Wirksamkeit. Insbesondere, wenn ich an das dachte, was mir Zac erzählt hatte oder wenn ich die Blicke der umstehenden Menschen sah, die viel zu oft, viel zu unfreundlich in unsere Richtung glitten.


Ein paar Minuten lang arbeiteten Varon und ich schweigend nebeneinander, noch immer damit beschäftigt, unsere Standauslagen abschließend zu ordnen. Und warum auch nicht? Wir hatten Zeit. Schließlich war mit Achs und Sina vereinbart, dass immer zwei am Stand blieben, während die anderen zwei sich umsehen und ihre Besorgungen machen konnten.

Als letztendlich alles erledigt war, begann ich, unsere ausgestellten Waren noch einmal genauer zu inspizieren. Vor allem der Schmuck hatten es mir angetan. Da war zum Beispiel eine Kette, auf der neben Perlen und schön geschliffenen Steinen auch ein paar Haifischzähne mit verarbeitet waren, aber um einiges kunstvoller als der, der an der schlichten Kette hing, die Zac stets um den Hals trug. Ich blinzelte irritiert. Wenn ich darüber nachdachte, war Zac eigentlich gar kein Mann, der Schmuck trug. Genau genommen trug er im Wasser nicht einmal Kleidung – sie engte ihn zu sehr ein, wie er mir mal erklärt hatte.

„Du Varon?", fragte ich leise. „Was hat es eigentlich mit Zacs Halskette auf sich?"

Wenn es einer wusste, dann sein Cousin.

„Oh das", setzte er mit einem Schmunzeln an, obwohl es irgendwie steif wirkt. „Eine unrühmliche Geschichte – wir mussten dafür ewig Pakete durch den See schleppen..."

„Aha?"

Varon nickte und betrachtete die Menschenmenge, die über den Markt schlenderte. „Wir waren jung, konnten uns noch nicht einmal in Menschen verwandeln und eines Tages war uns sooooo langweilig. Also beschlossen wir, auszuprobieren, wer weiter raus schwimmen konnte – also raus ins Meer."

Ich schnaubte abfällig. Das klang schon nur beim Zuhören dumm. Meerwasser war nicht gut für die Gesundheit von Flussmenschen, in großen Massen sogar gefährlich. Ich glaubte Varon sofort, dass die zwei das unbedingt wissen wollten. Aber ich schwieg trotzdem, immerhin wollte ich eine Antwort auf meine Geschichte.

„Zu der Zeit war die Meermündung nicht bewacht und es war kein Problem, einfach hinauszuschwimmen. Dumm war es natürlich trotzdem. Noch dümmer war es, dass wir dann auch vor den tieferen Gefilden keinen Halt machten. Dort, wo auch Haie problemlos schwimmen können."

Ich zog scharf die Luft ein und Varon seufzte schwer, als würde er sich nicht allzu gern daran erinnern. „Du weißt ja: Haie sind die Hunde der Meermenschen, reine Monster, genau wie ihre Herren." Wie immer wenn jemand die „Nachbarschaft" erwähnte, die in den Weiten des Ozeans hinter der Mündung lebte, schwang auch bei Varon blanke Verachtung mit und einmal mehr fragte ich mich, woher dieser Hass kam. „Monster ist übrigens tatsächlich die passende Bezeichnung für dieses riesige Vieh, das uns angegriffen hat", erzählte er weiter. „Ich weiß bis heute nicht, wie wir da lebend rauskamen. Knapp genug war es. Jedenfalls haben wir uns beide einen Zahn von diesem – diesem Ding herausgeschlagen und dann das Weite gesucht." Einen Moment lang glitt Varons Blick ins Leere und ein dunkler Schatten huschte über sein Gesicht hinweg. Dann lächelte er mich an, doch irgendwie überzeugte es mich nicht. „Und das war 's. Natürlich hat Mama uns auf dem Rückweg erwischt. Als Strafe haben wir viele Zyklen lang die Postzustellung machen müssen."

Wieder musterte ich Vaon scharf. Als Flussmensch konnte er ja seine Geheimnisse besser hüten, als ein Grab – aber offenbar nicht als Mensch. Irgendwas wollte er nicht erzählen und am liebsten hätte ich weiter nachgebohrt, doch da kam eine Kundin zu unserem Stand und Varon wuselte zu ihr herüber, anscheinend froh, dem Gespräch entkommen zu können.


Gegen Ende unserer Standwache, wurde es voller. Vielleicht waren die Leute zu dem Schluss gekommen, dass, wenn wir uns bisher nicht in fleischfressende Fledermäuse verwandelt hatten, es demnächst auch nicht tun würden. Jedenfalls kamen sie, vor allem wegen unserer Bademode. Es war schließlich Sommer. Lächelnd beriet ich die jungen Damen und präsentierte ihnen, was ihnen meiner Meinung nach gut stehen würde. Und es machte mir Spaß. Vor allem, wenn ich ein freundliches Wort zurück bekam oder das Gespräch doch Mal in ein oder zwei persönlichere Sätze abschweifte.

Ich war so vertieft, dass ich erschrocken zusammenzuckte, als Zac mich plötzlich von hinten umarmte. Doch ich entspannter mich wieder, als ich seinen Geist in der Gedankenverbindung spürte. "Zaaac", beschwerte ich mich, mit einem entschuldigenden Blick zu meiner Kundin. "Ich arbeite gerade."

Und obwohl mein Gesicht absolut ernst war, konnte er mein Lächeln in unseren Gedanken spüren – und ich das seine. Er freute sich wirklich, mich zu sehen. Manchmal war diese Gedankenverbindung wirklich nicht schlecht.

"Dann mach Pause", flüsterte er mir leise ins Ohr und wieder rieselte dieses sanfte, verheißungsvolle Kribbeln durch meinen Körper. Ich blinzelte und schüttelte ihn ab.

"Gleich", murmelte ich rigoros und wandte mich wieder dem Mädchen zu, das nur wenig jünger war als ich und uns beide mit großen Augen anstarrte. Bei ihrem Blick errötete ich. "Entschuldige", murmelte ich leise und warf Zac einen vernichtenden Seitenblick zu, den er mit einem Augenzwinkern quittierte, ehe er zu Varon herüber schlenderte.

"Ich wollte dir noch das Model hier zeigen", fuhr ich fort und zog besagten Badeanzug aus dem Stapel, während ihre Blicke zwischen mir und Zac immer wieder hin und her glitten. Schließlich beugte sie sich mit glühendem Gesicht zu mir vor. "Bist du – bist du seine Flussbraut?", flüsterte sie und sah so bedeutungsschwer zu Zac, dass ich mir ein Lächeln nicht verkneifen konnte.

Doch ihre Frage war berechtigt und obwohl die Antwort klar sein sollte, musste ich einen Moment lang darüber nachdenken. Dann schüttelte ich zu meiner eigenen Überraschung den Kopf. "Nein. Er ist mein Flussmann."

Bạn đang đọc truyện trên: Truyen2U.Pro