Kapitel 10.1 - Des Schneiders alte Kleider

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gewidmet Bergprediger ,

weil ich so engagierte Leser wie Dich absolut bewundere! Dankeschön! :D
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43. Tas'Saru 2146 n.n.O.

Als ich am nächsten Morgen aufwachte, fühlte ich mich schlechter, als nach meiner letzten Seeigel-Wein-Erfahrung. Meine Haut spannte und fühlte sich trocken wie ein ausgedorrter Acker im Sommer an. Ich prüfte nicht, ob sich diese Theorie im Spiegel bestätigte – ich bekam die Augen eh kaum auf.

Stattdessen schloss ich fröstelnd mein Fenster, denn die letzte Nacht war überraschend kalt gewesen. Ich hatte Ewigkeiten wach gelegen und durch das Glas die Sterne angestarrt. Doch Schlaf hatte ich erst gefunden, als ich das Fenster geöffnet und auf den Wind gelauscht hatte, der durch die Bäume strich. Wenn ich die Augen zugemacht hatte, hatte ich mir vorstellen können, dass es die Strömung sei, die über das Seegras fließt, immer dem Meer entgegen.

Müde kramte ich nach einer Bürste, kämmte meine Haare und flocht sie halb blind zu einem unordentlichen Fischgrätenzopf. So zurecht gemacht fühlte ich mich mehr schlecht als recht für den Morgen gewappnet, für meinen Verlobten.

Bei dem Gedanken verließ es mich und ich fiel zurück aufs Bett.

Dabei hätte ich durchaus zufrieden sein können. Ich hatte eine Tasse mit heißem Früchtetee bekommen. Und ein Bad. Ein Richtiges, mit warmen Wasser, nach Lavendel duftender Seife und einem flauschigen, am Ofen vorgewärmten Handtuch. Danach hatte ich Hannah und Papa eine gute Nacht gewünscht und war in ein weiches Bett mit dicken, prallen Federkissen gefallen.

So lange hatte ich all diese Dinge herbeigesehnt. Doch jetzt, wo ich sie endlich hatte, schmeckte es, wie ein Mund voll Asche. Erschöpft schloss ich die Augen. Ganz kurz wollte ich Kraft sammeln, für einen neuen Tag, einen neuen Losgehversuch.

Es klopfte.

Innerlich betete ich, dass ich mir das nur eingebildet hatte. Oder es ein Irrtum war. Oder-

Es klopfte wieder.

Jetzt musste ich aufstehen.

Mich meinem Schicksal ergebend ging ich zur Tür und öffnete sie.

„Guten Morgen, Senga."

Ich war nicht einmal überrascht.

Trotzdem fühlte ich mich beim Anblick der haselnussbraunen Augen in die Zeit zurück versetzt, in der mir diese allmorgendliche Begrüßung einen Schauer über den Rücken gejagd hatte. Damals, wo ich unfähig war, etwas zu sagen oder auch nur den Blick zu heben. Doch das war ich nicht mehr. Wollte es nicht mehr sein.

„Guten Morgen, Trell. Was kann ich für dich tun?"

Ein unbestimmtes Lächeln zupfte an den Mundwinkeln des jungen Mannes. „Ich wollte dich zum Frühstück abholen."

Während er sprach, trat ich mit geradem Rücken und erhobenen Kopf an ihm vorbei und schloss die Tür hinter mir. „Vielen Dank. Aber ich hätte den Weg auch allein gefunden."

Gerade noch rechtzeitig zwang ich ein Lächeln auf meine Lippen, um meinen Worten die Schärfe zu nehmen. Immerhin war das mein Verlobter.

Aber ich würde mich nicht mehr von ihm einschüchtern lassen.


Wenig später saß ich beim Frühstück und genoss jeden Bissen meines warmen Rühreis. Ich hatte schon fast vergessen, wie das war. Warmes Essen. Im Fluss gab es das einfach nicht. Währenddessen war mir Papas forschender Blick überdeutlich bewusst. Doch im Moment fühlte ich mich nicht in der Lage für ein weiteres Gespräch, nachdem ich gestern detailliert von all meinen Erlebnissen berichtet hatte.

Trotzdem horchte ich auf, als Papa sich plötzlich räusperte. „Nun gut. Ich habe für heute Nachmittag ein Gespräch mit dem hiesigen Lore-Priester organisiert. Er wird euch einander zusprechen und dann könnt ihr schon einmal nach Hause gehen."

Ich blinzelte und mein eben gegessenes Rührei war lag mir plötzlich wie scharfkantige Steine im Magen. Ich sollte heiraten. Heute. Natürlich war mir das bewusst gewesen. Ich hatte es ja selbst so gewollt. Aber so schnell? Mit einem mal satt, legte ich meine Gabel bei Seite, als eine Bewegung mir gegenüber meine Aufmerksamkeit auf sich zog.

Es war Trell, der ebenfalls sein Brot auf den Teller legte, sich nach hinten lehnte und erst mich und dann meinen Vater direkt ansah. „Entschuldige Markus, aber so kann ich unserer Abmachung nicht zustimmen."

Welche Abmachung?

Papa erwiderte Trells Blick stur. „Umso schneller Senga vor diesen Monstern sicher ist, desto besser. Wenn nicht diese Beerdigung gewesen wäre, hätte ich euch schon heute morgen zum Priester gebracht."

Wer war gestorben?

„Und ich hätte abgelehnt", antwortete Trell ebenso nüchtern, wie Papa rigoros war, während sein Blick wieder zu mir wanderte und seine Gesichtszüge ganz kurz weicher wurden, freundlicher. Fast sah ich wieder dieses kleine Lächeln in seinem Mundwinkel. Dieses Lächeln hatte ich schon einmal gesehen. Damals, vor so vielen Zyklen am Frühlingsquell. Kurz, bevor er mir einen Kuss aufgezwungen hatte. Einmal mehr war ich mir nicht sicher, ob ich wirklich die richtige Entscheidung traf.

Doch ich grübelte nicht lange, denn Papas Antwort klang zu laut und zu resolut neben mir. Ich hatte ihn fast nie so reden hören. „Ich will nicht, dass Senga länger als nötig hier bleibt. Ihr heiratet und dann geht ihr nach Hause."

Wollte er nicht mitkommen?

Doch noch ehe ich meine Fragen tatsächlich formulieren konnte, schüttelte Trell ebenfalls energisch den Kopf. „Nein Markus. Ich weiß, dass die Umstände schwierig sind. Aber man heiratet nicht jeden Tag und ich möchte, dass es trotzdem schön ist."

Während er das sagte, sah er mich wieder mit diesem halben Lächeln an. Trotz aller Ängste, die es in mir auslöste, konnte ich nicht umhin, als es zaghaft zu erwidern. Er diskutierte hier für mich, während ich mich ausschwieg. Dieser Gedanke stieß mir sauer auf. Ohne weiter nachzudenken, räusperte ich mich leise. Sofort spürte ich die Blicke von Trell, Papa und Hannah auf mir. „Ich denke, Trell hat recht. Eine traditionelle Hochzeit ist nicht nur schöner, sondern auch absolut rechtssicher und kann hinterher von niemandem angezweifelt werden."

Hannah fing Papas Blick ein und nickte mit einem müden Lächeln.

Papa seufzte geschlagen und ich entspannte mich ein wenig. Anscheinend hatte ihn mein Argument überzeugt – oder Hannah. Schließlich blickte er wieder zu Trell. „Was schätzt du: Wie lange brauchen die Vorbereitungen?"

Mein Verlobter zuckte mit den Schultern. „Zwei, vielleicht drei Tage?"

„Du hast zwei Tage. Ich möchte Senga nach Hause bringen. Noch bevor unsere Lieferung kommt."

Die Lieferung. Sofort hatte ich wieder einen Knoten im Magen. Gestern hieß es noch, dass sie in fünf Tagen käme. Aber was war es? Wollte er meinem Schwarm damit schaden? Aber ich war doch jetzt hier. Konnte er nicht einfach aufhören?

Meine Gedanken drehten sich noch immer im Kreis, während Trells Worte fast schon bedeutungslos über mich hinwegglitten. „Danke, Markus. Ich werde mich um alles kümmern."


Trotzdem schien das den Abschluss unseres Frühstücks einzuleiten. Trell und Papa falteten ihre Servietten ordentlich zusammen und standen auf.

„Senga", wandte Trell sich nun direkt an mich. „Würdest du mich gleich zur Schneiderei begleiten? Vielleicht haben sie ein passendes Kleid für-" er zögerte. „Für den Anlass."

Ich nickte und schaffte es diesmal jedoch nicht zu lächeln. Doch Trell schien das nicht zu stören, denn er wandte sich ab und ging zügig zur Treppe, um noch ein paar Dinge aus seinem Zimmer zu holen. Wenigstens einer mit einem Plan.

Oder zwei. Mein Blick glitt zu Papa. Auch er war aufgestanden. Intuitiv griff ich nach seiner Hand, um seine Gedanken aufzufangen. Doch da war nichts und niemand. Nur ich. Es war noch immer ungewohnt. Dafür sah ich in seinem Gesicht eine Mischung aus Sorge und Freude, als er meinem Blick begegnete. Emotionale Gesichter hatte ich fast so sehr vermisst wie weiche Betten. „Was hast du jetzt vor?", fragte ich leise. „Was ist das eigentlich für eine Lieferung, die ihr immer wieder erwähnt?"

Bei meiner Frage versteinerte sich sein Gesicht für einen Moment. „Mach dir keine Sorgen, Schatz. Ein letzter Abschiedsgruß, weiter nichts."

Also war es wirklich was, das gegen den Schwarm eingesetzt werden sollte.

Jetzt machte ich mir Sorgen.


Wenig später war ich mit Hannah allein, während ich auf Trell wartete. Papa war los gegangen, um ‚noch etwas zu organisieren'. Ich ahnte Schlimmes. Warum konnten sie es nicht einfach sein lassen?

Mein Gesicht musste Bände gesprochen haben, denn Hannah sah mich mit einem besorgten Stirnrunzeln an. Dadurch sah sie um so vieles älter aus, als ich sie in Erinnerung hatte. „Was ist los, Senga?", fragte sie schließlich und strich mir sanft über den Arm, wie sie es früher immer getan hatte.

„Er kann nicht aufhören oder?", flüsterte ich leise. „Ich bin doch wieder da. Warum lässt er es nicht auf sich beruhen?"

Hannah zögerte. Dann nickte sie knapp, stand auf und begann, das Geschirr zusammenzuräumen. „Dein Vater war die letzten Zyklen sehr besorgt um dich", begann sie langsam, während sie ihre Worte sorgsam abzuwägen schien. „All sein Denken und Handeln fixierte sich darauf, dich zu finden. Er wollte und konnte dich nicht verlieren. Versteht du das? Er wäre daran zerbrochen."

Wie sie das sagte, schnürte es mir die Kehle zusammen.

„Dann hatte er dich gefunden. So knapp. So nah. Und dann kam Zac."

Und dann kam Zac. Nun war ich diejenige, die stumm nickte.

Hannah schüttelte langsam den Kopf. „Ich habe noch nie einen Menschen so leidenschaftlich hassen gesehen, wie Markus die Flussmenschen. Und es ist ansteckend. Wie ein Waldbrand hat seine Wut hier Fuß gefasst. Die Leute befeuern seine Ideen, unterstützen ihn mit allen, was sie können. Ich glaube nicht, dass sie einfach aufhören können. Selbst wenn Markus jetzt gehen würde."

Einen Moment lang fragte ich mich, wo Hannah bei all dem stand. Aber diese Frage verschob ich auf später. Jetzt schien mir eine andere wichtiger: „Trotzdem: Ist das nicht Wahnsinn? Da sind so viele, die haben nichts damit zu tun! Was ist denn überhaupt der Plan? Was bereitet Papa da vor?"

Hannah schwieg. Sie rang mit sich. Das konnte ich sehen. Doch schließlich kniff sie die Lippen zu einer dünnen Linie zusammen und schüttelte den Kopf. „Das darf ich dir nicht sagen, Schatz. Markus hat mich gebeten, es nicht zu tun."

„Aber-"

„Senga?", rief Trells Stimme plötzlich von dem oberen Treppenabsatz herab. „Bist du fertig? Können wir los?"

Ich schluckte all meine Gedanken und Gefühle hinunter, während ich Hannah einen letzten, langen Blick zuwarf. Dann ging ich zur Treppe. „Ja. Lass uns gehen."


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Lichtis Quatschecke:

Ich weiß - ich weiß... es ist lange her, dass hier was gekommen ist... aber nun hoffe ich, dass ich die regelmäßigen Updates wieder auf die Reihe kriege.... soooo viel ist es ja eigentlich auch gar nciht mehr. ^^''

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