Kapitel 13.1 - Vaskis' Grüße

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47. Tas' Saru 2146 n.n.O.

Sobald Phia festen Boden unter den Füßen hatte, ließ ich sie los. Innerlich atmete ich auf. Endlich hatte ich meinen Geist wieder für mich. Phias Wand war so brüchig gewesen, dass ich mehr von ihren Gedanken und Gefühlen mitbekommen hatte, als mir lieb war.

„Gut. Na dann... bis dann, Phia", murmelte ich leise und wollte mich abwenden. Wenn ich mich jetzt beeilte, würde ich vielleicht noch rechtzeitig bei den anderen sein, um – irgendetwas tun zu können.

Doch Phia stand wie apathisch da – das Wasser wortwörtlich bis zum Hals – und nickte mir ruckartig zu, ehe sie sich mit ausdruckslosem Gesicht wieder dem Ufer zuwandte.„Bis dann, Senga."

Zögernd ging sie ein paar Schritte in Richtung Land.

Ich musste mich nur umdrehen und Phia im stärker werdenden Nieselregen zurücklassen. Phia stolperte und verzog das Gesicht, während der auffrischende Wind ihr einen Sprühregen aus Wassertropfen ins Gesicht bließ. Entschlossen tauchte ich ab. Dabei fiel mein Blick auf den Boden. Hier am Grund lagen viele Steine. Phias Weg zum Strand würde eine Tortur werden. Ich schlug mit meinen Froschpaddelfüßen und gewann Abstand. Dann drehte ich mich doch noch einmal um – ich konnte nicht anders.

Phias Beine staksten tastend und zögerlich weiter.

Innerlich seufzte ich. Verflucht.

Keine zwei Atemzüge später war ich wieder bei der Flussfrau und tauchte neben ihr auf. „Komm. Hol mich aus dem Wasser und ich helf' dir beim Anziehen. Dann bring ich dich zu den Häusern. Lisa, Bars und Nehls sind bestimmt auch da."

Ich formulierte keine Frage. Es war eine Aufforderung. Und zu meiner eigenen Überraschung kam Phia dem ohne zu zögern nach. Vielleicht hätte ich früher anfangen sollen, gezieltere Forderungen zu stellen.


Die Verwandlung war beschwerlich wie immer.

Der Weg zu den Hütten auch. Nicht nur, dass uns jetzt handfester Regen begleitete, der sich langsam zu einem Sommergewitter aufschwang, Phia musste auch immer wieder stehen bleiben, um vereinzelte Wehen zu verarbeiten. Vorsichtshalber stand ich immer bei ihr, um sie im Zweifelsfall sofort stützen zu können. Zwei mal war das auch gut so gewesen, da sie sich sonst nicht mehr auf den Beinen hätte halten können. Trotzdem kamen diese Schmerzwellen wesentlich unregelmäßiger als ich erwartet hätte. Ob das gut war? Aber ich wollte mich nicht beschweren. Umso weniger, desto besser.

So arbeiteten wir uns Stück für Stück zu den Hütten vor bis wir es nach einer gefühlten Ewigkeit endlich geschafft hatten. Endlich. Erschöpft hob ich meine Hand und klopfte.

Nichts.

Die Luft um uns herum schien sich noch weiter abzukühlen.

War das deren scheiß ernst? War heute wirklich niemand überhaupt irgendwo?!

Innerlich schrie ich frustriert auf. Anscheinend zu laut, denn plötzlich spürte ich, wie Phias Hand zögerlich meinen Arm tätschelte, den ich unter ihre Schulter geschoben hatte, um sie im Zweifel stützen zu können.

>>Entschuldige<<, murmelte ich leise.

Doch von Phia spürte ich nur ein gedankliches Achselzucken. >>Alles gut. Heute ist auch nicht gerade mein bester Tag.<<

Das rang mir ein Lächeln ab und ich hämmerte noch einmal mit der geballten Faust dröhnend gegen diese verdammte Tür. Wenn das jetzt niemand hörte, war niemand da. Dann würde ich zusehen, dass ich die Tür irgendwie anders aufbekam. Und wenn ich dazu ein Fenster einschlagen musste, um irgendwie hinein zu kommen.

Doch wenigstens das war nicht nötig. kurz schloss ich dankbar die Augen, als ich von Innen ein Schaben hörte, das den Schlüssel umdrehte.

„Phia!" Lisas Stimme war eine Mischung aus Besorgnis und Erleichterung. Ohne Weiteres, fasste sie die nicht mehr lange Schwangere am Arm und begann, uns beide in das innere der Hütte zu lotsen. „Bei Lore! Wo bist du gewesen?"

Phia neben mir seufzte und ich spürte ihre Frustration, diese ganze, unangenehme Situation wieder erklären zu müssen. Ich hatte kein Mitleid. Wer sich sinnlos verhielt, brauchte sich nicht über unangenehme Fragen zu wundern. „Ich dachte, ich hätte mehr Zeit und wollte noch den Kaske-Talismann von meiner Mutter holen."

Mittlerweile waren auch Bars und Nehls dazugekommen und musterten uns interessiert, wobei die Stirn von Lisas Partner zunehmend mehr Falten schlug. „Du dachtest, du hättest mehr Zeit? Heißt das, dass-", ich konnte ihm regelrecht ansehen, wie er nach diplomatischen Worten suchte. „Es ist soweit?"

Phia antwortete nicht. Stattdessen nickte ich mit vielsagendem Blick. Alle schwiegen.

Dann straffte sich Lisa, bereit, dass Zepter in die Hand zu nehmen. „Gut. Nehls. Wir brauchen einen Heiler. Geh und such jemanden. Vielleicht Varona, wenn du sie findest. Wir kümmern uns solange um Phia."

Ich atmete erleichtert aus. Endlich fühlte sich jemand anderes verantwortlich. Als ich in die Runde blickte, nickte Nehls. Anscheinend dankbar, dass er etwas Nützliches tun konnte, das ihn weit weg von hier brachte. Doch als er sich schon an uns vorbeischieben wollte, räusperte ich mich, um so seine Aufmerksamkeit auf mich zu ziehen. „Hast du es mitbekommen? Die meisten sind in die Teche evakuiert worden." Ich zögerte und warf einen kurzen Blick auf Zacs Schwester. „Und wenn du jemanden gefunden hast, der Phia helfen kann, kannst du dann bitte auch nach Koral suchen? Phia braucht ihn hier."

Nehls nickte knapp und verschwand dann mit einen sanften Wangenstrich für seine Frau und seine Tochter aus der Hütte.

>>Danke, Senga.<<, hörte ich Phias Stimme leise wispern und ich schüttelte den Kopf.

>>Nicht dafür.<<

Plötzlich klatschte Lisa resolut in die Hände und zog so alle Aufmerksamkeit auf sich. „So ihr Lieben. Wir kriegen das hin bis wer mit Ahnung da ist."

Ich lächelte matt. Wenigstens eine mit einem vorläufigen Plan.


Lisas Plan war recht simpel:

Phia so bequem wie möglich hinlegen, bekümmern und hoffen, dass das Kleine in ihrem Bauch solange warten würde, bis Verstärkung da war. Während Lisa also bei Phia blieb, verschwanden Bars und ich in die Küche, um Tee und Suppe zu kochen.

„Es wird bestimmt ein starkes Kind. Schau, wie der Sturm draußen tobt", hörte ich Lisa leise durch die offene Tür. Trotz der ganzen Situation lächelte sie. Ich konnte ihr Lächeln in ihrer Stimme hören – und es war ansteckend. Mit diesem positiven Gedanken trug ich die ersten Teetassen zu den beiden Frauen.

„Glaubt ihr wirklich an Vaskis' Grüße?", warf ich fasziniert ein. Ich selbst hatte mir das nie vorstellen können, dass Vaskis ein bestimmtes Wetterphänomen sandte, um den künftigen Charakter eines Kindes zu prophezeien oder zu beeinflussen. Als hätte so ein Gott nichts Besseres zu tun.

Lisa schmunzelte. „Während Bars' Geburt schien jedenfalls die Sonne – mit Graupelschauern. Ich finde das bist heute sehr passend."

Mama!", schallte es vorwurfsvoll aus der Küche und Lisa grinste verschwörerisch, ging aber nicht weiter auf das Thema ein.

„Meine Mutter meinte mal, dass meine Geburt ein wunderschöner, milder, sonniger Tag gewesen ist",fügte Phia an, die sich langsam für das Thema zu erwärmen schien.

Mir jedoch blieb nichts als ein trockenes Schnauben. „Bin mir nicht sicher, ob das passt."

Phia warf mir einen kurzen Blick aus schmalen Augen zu, der mich verstörend an Zac erinnert. Trotzdem sah ich nicht weg. Stur-sein konnte ich auch.

Ein spitzer Schrei aus der Küche riss uns aus unseren unvermittelten Starr-Wettbewerb. Lisa war als Erstes auf den Füßen. „Schatz?", rief sie beunruhigt in Richtung Küche.

„Nichts, nichts – ich hab mich nur erschrocken...."

Bars Murmeln klang noch immer ziemlich verstört, sodass auch ich aufstand und Lisa in die Küche folgte. Phia würde schon klar kommen. Als ich den angrenzenden Raum betrat klopfte es gegen die Scheibe – anscheinend zum wiederholten Mal.

„Ich glaub, das ist Suriki", sagte Bars gerade und öffnete das Fenster.

Sofort wehte uns ein nasskalter Wind entgegen und ein paar Regentropfen landeten zusammen mit dem kleinen, weißen Drachen auf der Fensterbank. Er blickte uns kurz an, nickte uns allen zu und schlängelte sich dann weiter ins Wohnzimmer. Perplex sah ich ihm hinterher. „Nehls hat wohl Varona gefunden."

„Auf ihn ist eben Verlass", antwortete Lisa mit einem feinen Lächeln, da irgendwo zwischen Stolz und Erleichterung hing, ehe sie sich mit einem aufmunternden Nicken zu ihrer Tochter hin abwandte und dem Drachen zurück ins Wohnzimmer folgte.

Während Bars ihrer Mutter noch hinterher blickte, ging ich an ihr vorbei und schloss das Fenster wieder, ehe alles nass wurde.

Eher aus den Augenwinkel heraus, sah ich Bars Kopfschütteln. „So gern ich Varona habe. Manchmal ist sie und Suriki mir unheimlich."

Einen Moment lang dachte ich an das noch immer frische Bild, wie dieser sonst so süße kleine Drache, plötzlich so groß wie zwei Pferde war und zwischen den fremden Gästen meiner Hochzeitsgesellschaft hindurch preschte. „Ja", murmelte ich zaghaft. „Er kann schon unheimlich sein."

Bars sah mich wieder von der Seite her an, als überlege sie, ob sie dieses Gespräch wirklich fortsetzen wollte. Doch anscheinend war ihre Neugierde größer, als ihre Sorge vor mir. „Ich wüsste gern, in welcher Verbindung er zu Varona steht."

Ich seufzte. „Das wüsste ich auch gern. Wobei ich mir fast sicher bin, dass Varona mit Surikis Sinnen wahrnehmen kann. Er ist sicher schon hier, damit sie ein Bild von der Lage hat, bevor sie ankommt und schon einmal planen kann, was zu tun ist."

Die junge Frau nickte. „Ja. Das klingt irgendwie logisch. Aber weißt du – das hat mir Tante Selw erzählt", Bars beugte sich ein kleines Stückchen vor, die Stimme verschwörerisch gesenkt und die Augen leuchtend über dieses spannende Thema. „Sie glaubt, dass Varona nicht nur die Sinne mit Suriki teilt, sondern auch die Emotionen. Hast du schon mal gesehen, wie aufgebracht Suriki bei sensiblen Themen aussieht, auch wenn Varona die Ruhe selbst scheint?"

Aufgebracht - Ich zog die Augenbrauen hoch, als ich an den Hai dachte, der zwischen die Schwarmversammlung gerauscht war und alle in Panik versetzt hatte. Nun, so konnte man es auch nennen. Aber Bars war ja nicht dabei gewesen. Und als ich ihr jetzt davon erzählte, schien sie es auch nicht zu bedauern. Doch immerhin bestätigte die Geschichte unsere Vermutung und vor allem überbrückte das die Zeit, ehe Varona tatsächlich bei uns eintraf.

Lange dauerte es nicht. Und als Varona schließlich ihren ersten Blick auf Phia warf, wirkte sie alles andere als überrascht. Trotzdem wollte sie die werdende Mutter noch einmal untersuchen und noch einmal alle Details unseres kleinen Ausfluges hören. Doch noch während ich Phia ihren Leidensweg noch einmal erzählte, klopfte es an der Tür.

Also - es klopfte nicht. Es hämmerte, als würde der Donner von draußen plötzlich personifiziert vor unserer Hütte stehen.

„Na wird ja auch mal Zeit", grummelte Varona, doch das Lächeln, das um ihre Mundwinkel zuckte, war deutlich zu sehen. Spätestens jetzt ahnte ich, wer das war.

Wieder donnert es gegen die Tür.

„Ja-ja", rief Lisa und eilte in Richtung Eingang. „Wenn du die Tür einschlägst, wird es kalt hier drin!"

Noch während die Schneidermeisterin die Tür öffnete, wurde sie von Koral bei Seite gedrängt, der an ihr vorbei direkt auf Phia zustürmte. Splitternackt und tropfend nass vom Fluss und vom Regen, zog er sie stumm in seine Arme, so plötzlich, dass die Flussfrau ein leises Keuchen ausstieß.

Außer ein undeutliches Murmeln ihrer Stimmen, konnte ich nichts hören, doch die Art wie Phia sich an ihn anschmiegte, machte deutlich, dass zumindest sie glaubte, dass jetzt alles gut werden würde. Ich hoffte es.

Mit vielsagenden Blick wandte ich mich in Richtung von Bars. „Komm. Holen wir erst mal die Suppe."

Ich war bestimmt nicht die Einzige, die etwas zu Essen bitter nötig hatte.

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