1. Teil: wie alles begann

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"Sind damit alle einverstanden?" Lukes sah fragend in die Runde und als niemand Einwende erhob, nickte er es ab. "Gut, damit hätte sich dann das heutige Meeting erledigt", entließ uns der groß gewachsene Alpha mit einer laschen Handbewegung, während er sich bereits wieder auf seine Unterlagen konzentrierte, auf denen er gerade eifrig etwas notierte.

"Lukes?", fragte ich den einschüchternden Mann und ging mit versucht erhabenem Schritt auf den Alpha zu. Dieser brummte nur zustimmend ohne aufzusehen und verunsicherte mich damit bereits wieder so weit, dass ich am liebsten umgedreht und gegangen wäre.
Aber mit diesem Verhalten wäre ich nicht zu der Position gekommen, in der ich heute war, deswegen ignorierte ich meinen inneren Trieb, biss die Zähne fest zusammen und straffte die Schultern. Niemand sollte mir meine Unsicherheit ansehen können.

"Es geht um das morgige Meeting", erklärte ich mit fester Stimme und zog den Stuhl direkt neben Lukes unter dem Tisch hervor und setzte mich. Damit fühlte ich mich nicht ganz so unwohl.

Als Omega war es eine natürliche Verhaltensweise, dass ich mich in eine niedrigere Stellung begab als ein Alpha. Es war unnormal und ging gegen mein Wesen, wenn ich neben ihm stand, während er saß.

"Sie benehmen sich wie ein Omega", grinste der dunkelhaarige Mann höhnisch und lachte dabei in meine Richtung als wäre es der beste Witz überhaupt.
Ich stieg selbstverständlich in sein Lachen ein. Immerhin war es nicht gerade kostengünstig extra Parfüm anfertigen zu lassen, damit niemand meinen wahren Rang riechen konnte.
Solange ich also meine Haltung bewahrte und immer reichlich Parfum trug, würde niemand erahnen können, dass ich ein Omega und somit ein Rangniedrigster war.

Sollte es jemals jemand erfahren, müsste ich mir ernsthaft Sorgen um meinen Arbeitsplatz machen. In meiner Branche gab es keine Omegas und das aus gutem Grund.
Omegas waren einfach nicht angesehen genug und ihnen wurde nachgesagt, dass sie den Druck nicht aushalten konnten.
Zwar war ich das perfekte Beispiel dafür, dass Omegas es sehr wohl zu etwas bringen konnten, dennoch wollte ich meinen wahren Rang nie preisgeben.

Ich überspielte seinen Kommentar und sprach das Thema an, weshalb ich auf ihn zugekommen war und klärte die wichtigsten Detail, ehe ich mit bis zum Hals klopfendem Herz den Besprechungsraum verließ und mich in mein Büro flüchtete. Das alles natürlich gespielt gelassen und mit gemächlichem Schritt, damit auch niemand etwas von meinen inneren Gefühlsregungen mitbekam.

Eilig hatte ich es nicht nur, weil das Gespräch mit dem Alpha anstrengend war, nein, auch mein Magen rebellierte in diesem Moment immens, sodass ich schnellstmöglich eine Toilette aufsuchen musste.

Seit Tagen plagte mich diese anstrengende Übelkeit, die ich trotz Ernährungsumstellung nicht los bekam.
Erst vor kurzem war ich auf eine fleischlosere Ernährung umgestiegen, die mein Körper jedoch nicht wirklich gut aufnahm. Anfänglich hatte ich mich damit sehr gut gefühlt, bis plötzlich diese Übelkeit aufgetreten war, die partout nicht mehr weggehen wollte und mir mein Leben teilweise wirklich schwer machte.
Deshalb hatte ich mir nach fast vier Wochen Leiden endlich einen Arzttermin vereinbart, weshalb ich zur Vorbesprechung zur morgigen Besprechung nicht anwesend sein konnte. Deswegen hatte ich meine wenigen Fragen noch mit Lukes besprochen, bevor ich zeitnah das Gebäude verlassen würde.

"Gehen Sie schon, Mathis?" Mein Vorgesetzter Russell kam mit einem zarten Lächeln aus seinem Büro und stellte sich neben mich an den Aufzug, der einen Augenblick später seine Türen öffnete.

"Ja, ich habe noch einen Termin", ließ ich ihn wissen, als wir gemeinsam in den engen Raum traten und er den Knopf für das Erdgeschoss betätigte.

Russell war ebenfalls ein Alpha und mit Mitte Vierzig noch immer matelos. Alphas fanden im Gegensatz zu Personen aus anderen Rängen immer ihren Gefährten und im Normalfall auch schon recht früh in ihrem Leben. Wenn nicht, dann war dieser schon vor dem ersten Aufeinandertreffen gestorben.

Russell war viel in der Welt unterwegs und gerade durch seine Position als Geschäftsführer hatte er die Möglichkeit, sich auch für einige Zeit etwas Auszeit zu nehmen, aber der Mittvierziger hatte sich wohl damit abgefunden keinen Mate zu haben, denn er hatte die Suche schon eingestellt, bevor ich überhaupt in die Firma gekommen war. Zumindest wurde mir das so erzählt.

Omega fanden im Normalfall ihren Gefährten auch relativ früh in ihrem Leben, da sie besonderen Schutz benötigten, weil sie nicht auf sich selbst aufpassen konnten, aber oft passierte es jedoch auch, dass sie nie ihren wahren Gefährten fanden. Dann suchten sie sich meistens einen ebenfalls matelosen Höherrangigen und gründeten mit diesem eine Familie.

Mit sechsunddreißig Jahren war ich mittlerweile schon zu alt um meinem Gefährten noch zu begegnen und kam langsam auch in das kritische Alter um noch gebären zu können.
Was ich jedoch nie schlimm fand, da ich mich so besser auf meine Karriere konzentrieren konnte und Kinder sowieso nie mein Fall waren.
Natürlich sehnte ich mich nach einer Bindung und jemandem an meiner Seite, das lag in der Natur der Omegas, aber gleichzeitig war ich froh, mich nach niemandem richten zu müssen und meine Ruhe zu haben.

Mein Blick fiel auf Russell, der einen Blick in die Mappe in seinen Händen warf und gedankenverloren wirkte.

Ob Russell sich auch manchmal jemanden an seiner Seite wünschte? Ob er sich alleine fühlte?

Russell war ein sehr anschaulicher Mann. Groß gewachsen mit breiten Schultern, wie es für einen Alpha üblich war. Seine Haare waren beinahe rabenschwarz, wurden jedoch mittlerweile von einem zarten grau geziert, welches ihn meiner Meinung nach nur noch anziehender machte. Er trug seinen Bart immer fein gestutzt, sodass ich schon öfter darüber nachgedacht hatte, wie er wohl mit einem Drei-Tage-Bart aussehen würde.
Außerdem war Russell immer ausschließlich in einen schwarzen Anzug mit weißen Hemd gekleidet, welches seine Autorität nur noch stärker untermalte und ihn noch besser aussehen ließ.

"Kommen Sie heute noch einmal in die Firma?" Russell hob fragend den Kopf und musste dabei auf jeden Fall bemerkt haben, dass ich ihn unverblümt angestarrt hatte. Augenblicklich schloss mir ungewollt die Röte ins Gesicht und nur schwer konnte ich meine Fassung bewahren.
Alles in mir schrie danach unterwürfig den Blick zu senken, wie es in dieser Situation mit direkten Blickkontakt angebracht wäre, stattdessen erwiderte ich Russells Blick in der gleichen Intensität.
Der Alpha hatte schöne, grasgrüne Augen, die zumeist sanft schimmerten und damit seinem harten Äußeren ziemlich widersprachen.

"Das wird sich zeigen", antwortete ich ehrlich und wunderte mich darüber, wie lange die Aufzugfahrt nun schon dauerte. So hoch war unser Firmengebäude dann auch wieder nicht.

"Geht es Ihnen nicht gut?", fragte Russell und klang dabei ehrlich besorgt, was mich leicht lächeln ließ.
Obwohl er durchaus ein harter Geschäftsmann war, kümmerte er sich gut um seine Untergebenen. Er interessierte sich für sie, fragte nach ihrem Wochenende und wohin sie im Urlaub fuhren. Er war wirklich nett, wenn er nicht gerade wütend auf einen gescheiterten Deal reagierte, denn dann sollte man ihm die nächsten Stunden lieber aus dem Weg gehen.

Gerade wegen seinem sonst sehr sonnigen Gemüt wunderte ich mich so, dass er sich keine Gefährtin suchte, denn als Alpha mit solchen positiven Charakterzügen liefen ihm die Frauen in Scharen hinterher. Doch Russell schenkte ihnen kaum Beachtung.

"Doch, alles in Ordnung. Lediglich mein Magen ist etwas verstimmt", antwortete ich, was ihn etwas schmunzeln ließ. Seine Mundwinkel zogen sich leicht nach oben, wodurch seine Lachfältchen sichtbar wurden und seinen Mund sinnlich umrahmten. Der Anblick war atemberaubend und nur mit aller Kraft konnte ich ein verliebtes Seufzen verkneifen.
"Liegt Ihnen der morgige Deal so im Magen?" Seine grünen Augen blitzen freudig.

"Wahrscheinlich", grinste ich und trat aus dem Aufzug, als wir im Erdgeschoss angekommen waren. "Wir sehen uns Russell", lächelte ich und spürte mein Herz augenblicklich schneller schlagen, als er mir ebenfalls zu lächelte.

"Gute Besserung, Mathis." Mittlerweile kannte ich Russell so gut, dass ich wusste, dass seine Genesungswünsche ehrlich gemeint waren und er sich wirklich um die Gesundheit seiner Mitarbeiter besorgt war.
"Danke", erwiderte ich mit spürbar heißen Wangen und wand mich sofort vom ihm ab, damit er das nicht sehen würde.

Als männlicher Omega war es nicht unüblich auf Männer mit starker Ausstrahlung so zu reagieren. Immerhin war der innerste Trieb eines Omegas sich fortzupflanzen und je stärker das männliche Pendant war, desto stärker wären auch die Welpen und desto besser konnte der Vater seine Familie beschützen.
Auf Russell reagierte ich schon immer stark, weshalb ich ihm oft aus dem Weg ging, da ich Angst hatte, dass meine Reaktionen meinen Rang offenbaren würden. Außerdem hatte ich Angst mich irgendwie zu blamieren. Ich hatte meinen Instinkt noch nie wirklich nachgegeben, wodurch ich keine Ahnung hatte, wie mein Wolf reagieren würde oder was er machten würde, wenn ich ihm die Oberhand ließ.

Neben Russell reagierte ich nur auf einen anderen Alpha Namens Quentin so. Dieser war stellvertretender Geschäftsführer einer unserer engsten Partnerfirmen und verbrachte durch die starke Zusammenarbeit viel Zeit in unserer Firma. In seiner Nähe musste ich mich umso mehr zusammenreißen, um ihn nicht einfach anzuspringen und darum zu betteln, mir, in Anwesenheit seiner und meiner Kollegen, auf dem Tisch das Hirn raus zu vögeln.

Russell würde mich dahingehend auch sehr ansprechen, aber da er eine bei weitem höhere Stellung hatte als Quentin, wusste mein Wolf, dass unsere Chancen sehr gering waren, was ihn jedoch nicht daran hinderte trotzdem auf Russell zu reagieren, wenn auch zum Glück nicht so stark.

Nach einer schnellen Dusche zuhause machte ich mich auf den Weg zu meinem Arzttermin.
Außer meiner Familie, die aus meinen Eltern und meinem großen Bruder bestand, und meinem Arzt wusste niemand meinen wahren Rang. Etwas, was vor allem meine Eltern verwerflich fanden und womit sie mir lange in den Ohren gehangen waren, bis ich einen Schlussstrich gezogen und den Kontakt abgebrochen hatte.
Lediglich mit meinem Bruder telefonierte ich ab und zu, aber selbst das hielt sich sehr in Grenzen, da auch er mit meinem Lebensstil nicht ganz umzugehen wusste.

"Guten Tag, Mathis", lächelte mein Doktor und reichte mir die Hand.

"Wie kann ich Ihnen helfen?" Professionell ließ er sich auf seinem Stuhl nieder und lauschte meinen Ausführungen, bis er mich bat, mich mit entblößten Oberkörper auf die Behandlungsliege zu legen, damit er meinen Bauch auf mögliche Verhärtungen abtasten konnte, ehe ich eine Urinprobe abgeben musste.

"Nehmen Sie bitte einen Moment im Wartezimmer Platz." Mein Arzt lächelte mir aufmunternd zu als ich das Behandlungszimmer verließ und mich seufzend auf einem der roten Plastikstühle niederließ. Dort spekulierte ich in der Zwischenzeit über das morgige Meeting und versuchte meine geistigen Notizzettel zu einem ordentlichen zusammenzufügen. Irgendwann hatte ich sogar mein Handy herausgeholt um ein paar wichtige Dinge zu notieren, ehe sie mir wieder entflohen.
Es dauerte eine geschlagene Stunde, bis er mich wieder zu sich holte und mich gleich wieder bat, mich auf die Liege zu legen.

"Die Tests sind eindeutig. Deswegen möchte ich einen Ultraschall machen", informierte er mich und ließ damit meinen Puls automatisch in die Höhe rasen.

"Ultraschall?", fragte ich mit leiser Stimme und schluckte nervös. "Was sagen die Tests?", fragte ich weiter und beobachtete, wie er Gel auf meinem Bauch verteilte, ehe er das Gerät zur Hand nahm.

"Sie sind schwanger, Mathis. Oder wie man im Fachjargon sagt, trächtig." Er lächelte, während er auf seinen Bildschirm sah und ihn mir im nächsten Moment zudrehte.
"Sehen Sie? Zwei Welpen." Er deutete auf zwei dunkle Flecken und drehte das Gerät auf meinem Bauch etwas um die Flecken noch aus einer anderen Perspektive zu zeigen.
"Sie sind schon sehr groß. Es ist nur noch eine Frage von wenigen Tagen bis man eine kleine Wölbung sehen wird. Noch ist Ihr Bauch ja noch sehr flach. Ich drucke es Ihnen aus. Ihr Partner wird sich sicher sehr freuen", lächelte er und wirkte dabei richtig glücklich.

Im Gegensatz zu mir, denn das waren alles andere als positive Neuigkeiten.

"Ich möchte eine Abtreibung", kam es mit fester Stimme von mir, ehe mein Gehirn die Information wirklich verarbeitet hatte. Mit einer Hand hatte ich schon nach den Nahe stehenden Papiertüchern gegriffen und wischte das Gel fahrig von meiner Haut.

Mit einer Schwangerschaft würde jedem gleich auffallen, dass ich ein Omega war. Mein Job stand damit auf dem Spiel.

Außerdem hatte ich keinen Partner oder auch nur eine Affäre. Den letzten Sex hatte ich mit einem fremden Beta auf einer Toilette in einem Club. Wir waren beide betrunken und ich weiß, dass er ein Kondom verwendet hatte, da ich es ihm selbst übergestülpt hatte. Eine Vorsichtsmaßnahme meinerseits um einem Fall wie diesem entgegenzuwirken. Ich konnte mich lediglich an seine schwarzen Haare erinnern. Ich hatte keinen Namen, keine Telefonnummer. Ich konnte auf Anhieb nicht einmal mehr sagen, in welchem Club wir damals waren.

Das Lächeln meines Arztes bröckelte langsam.
"Es tut mir leid Ihnen mitteilen zu müssen, dass es dafür schon zu spät ist, Mathis. Sie sind schon im vierten Monat. Ich kann das Geschlecht schon bestimmen, wenn Sie das wissen möchten."

Zu spät?
Nein, dass kann nicht sein! Ich hatte keinerlei Anzeichen. Nichts.

"Wie kann das sein?", fragte ich panisch und setzte mich auf. "Ich hatte keine Anzeichen", sprach ich meinen Gedanken aus und schüttelte angestrengt den Kopf. Damit ging alles, was ich mir schwerfällig aufgebaut hatte den Bach runter.

"Das ist manchmal so", antwortete der Arzt in ruhigem Tonfall. "Wobei Sie Ihre Übelkeit lange ungeachtet gelassen haben", tadelte er mich und augenblicklich schwang meine Panik in Wut gegen mich selber um.

Ich hätte nur viel früher zum Arzt gehen müssen, anstatt es versuchen auszukurieren. Das hatte ich jetzt davon.

Jetzt stand ich da.

Arbeitslos und alleinerziehend.

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