♥ 02 ~ Klassische Vorstellung ♥

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Am nächsten Morgen zog sich ein schleierhafter Nebel über die Straßen Londons und die ersten Sonnenstrahlen erstreckten sich über den Horizont, dabei kitzelten einige Lichtschimmer die rosaroten Wangen des jungen Mannes Kenneth, der sich gerade seinen Schlaf aus den Augen blinzelte. Kühler Morgenwind kam durch das geöffnete Fenster, welches seine Freundin wohl aufgemacht haben musste, als sie aufgestanden war. Scarlet war eine Frühaufsteherin im Gegensatz zu Kenneth, den so manch einer Langschläfer oder Morgenmuffel nannte. Vögel zwitscherten eine Melodie und bescherten ihm ein wohliges Kribbeln im Bauch.

Im nächsten Moment stand er auf und zog sich an. Er hatte vor auf ein Konzert zu gehen, das nicht offiziell angekündigt und in privaten Wänden aufgeführt wurde. Viele unbekannte Musiker versammelten sich dort, um deren Talente zu zeigen und mit etwas Glück Geld zu verdienen. Wenn Kenneth schon selbst nicht Musik machen konnte, dann wollte er sie wenigstens im Beisein von anderen musikinteressierten Menschen genießen. Daher wählte er seine Kleidung sorgfältig. Nichts Auffälliges, eher dezent und doch von besonderer Schönheit.

Als er sich in Schale geworfen hatte, kam Scarlet in den Raum, um ihm zu bitten, den Teppich im Flur auszurollen. Der Boden war dort sehr kühl, was zu Schimmel an den Wänden führen konnte. Das war eine Aufgabe von fünfzehn Minuten, dann war er fertig und konnte in die Küche gehen, um die Tageszeitung zu lesen.

Große, interessante Schlagzeilen schmückten die Titelseite unter anderem war darin von Spring Heeled Jack die Rede. Schon seit langem trieb er sein Unwesen in ganz England, aber bis jetzt konnte er nicht gefasst werden. Kenneth machte sich darüber nicht allzu große Sorgen, was man von Scarlet weniger erwarten konnte. Sie fürchtete sich nachts alleine aus dem Haus zu gehen und wollte ihren Freund an ihrer Seite, um das Schlimmste zu verhindern.

September 1837 in London wurde dieses Wesen, welches es als lustig empfand Leute zu erschrecken und zu verletzen, zum ersten Mal von einem Geschäftsmann in einer dunklen Gasse gesichtet. Zu dem Zeitpunkt waren Kenneth und Scarlet bereits 4 Jahre ein Paar. Sie wäre fast gestorben vor Sorge. Das war nur halb so schlimm, denn im Jahr 1845 wurde zum ersten Mal im Stadtteil Bermondsey von London jemand von diesem Wesen getötet.

In der Tageszeitung wurde ein Bericht veröffentlicht, dass ein weiteres Mal dieses Wesen gesichtet worden sei. Diesmal an der Südküste Englands Hampshire. Wie es aussah hatte Scarlet die Zeitung noch nicht gelesen, denn sie war gelassener denn je. Das ließ ihn den Gedanken fassen, ihr den Bericht zu verheimlichen und sie nur über das wichtigste zu informieren.

Scarlet stand am Herd und kochte zu Mittag. Kenneths Meinung nach konnte sie nicht sonderlich gut kochen, wollte es ihr aber nicht sagen, da er wusste wie sehr sie aus der Haut fahren konnte. Eher würde er sich einer Steinigung hingeben, als die Schreie und Wut seiner Freundin erleben zu müssen. Es roch nach saftigen Fleisch und Gemüse. Kenneth war sich ziemlich sicher, dass sie Kartoffeln als zweite Beilage machte. Das war die traditionelle Küche Englands.

Nach dem Essen traf sich Kenneth mit seinem besten Freund Edwin, um mit ihm zu dieser privaten Vorführung zu gehen, auf die er sich schon seit Tagen freute.

„Sei gegrüßt, mein Freund", sagte Edwin motiviert und umarmte ihn kräftig zur Begrüßung.

„Bist du bereit die Geigen streichen und das Klavier klimpern zu hören?", fragte Kenneth mit einem breiten Grinsen im Gesicht.

Edwin nickte und lief die Gasse entlang. Kenneth folgte ihm und beide brachen in Gelächter aus. Sie verstanden sich schon als sie noch Kinder waren prächtig und doch wussten sie noch längst nicht alles voneinander. Kenneth glaubte zu wissen, dass die Freundschaft in Brüche ginge, wenn er ihm seine gesamte Lebensgeschichte erzählen würde.

Schon bald konnten die Beiden ein großes Gebäude gen Himmel ragen sehen. Schnörkelige Verzierungen schmückten das Dach und die Fenster. Es gehörte zu einer Adelsfamilie, die soziale Zwecke unterstützte und für Aufführungen, wie diese, kein Geld verlangte. Der Vorraum war kleiner als er erwartet hatte, demnach befanden sich kaum Möbel darin. Eine Blumenvase stand auf einem langen Tisch, der an die Wand geschoben wurde; darüber hing ein Spiegel, der dieselben Verzierungen besaß, wie die Fenster und das Dach.

Beide staunten nicht schlecht über die Wandbemalung, die sich über die Decke zog. Engel flogen zwischen den Wolken hindurch und einige spielten Instrumente, die Kenneth nicht beim Namen nennen konnte. Die hellen Farben ließen den Raum fröhlich und einladend wirken.

Edwin konnte es schon nicht mehr erwarten und öffnete die großen Türen, die sie in einen größeren Raum leiteten. Ein heller, großer Kronleuchter hing von der Decke herab. Dieser war größer und viel prachtvoller, als der, den Kenneth zu Hause hatte. Einige Stühle waren reihenweise aufgestellt und davor standen ein riesiges Klavier und einige Notenständer aus Holz.

Nur wenige Menschen saßen bereits auf den Plätzen, andere standen in kleinen Kreisen, um sich besser unterhalten zu können.

„Wollen wir?", fragte Edwin und deutete auf die Stühle.

Kenneth nickte und folgte seinem besten Freund. Beide waren sie gespannt und aufgeregt über was sich in Kürze vor ihnen abspielen würde.

Die anderen begaben sich ebenfalls auf ihre Plätze und der Gastgeber das Nachmittages meldete sich zu Wort. Seine Rede war nicht allzu lang und er kam direkt auf den Punkt. Er stellte kurz die Musiker vor und schon ging der erste nach vor, um sein Stück zu spielen. Es war ein selbstkomponiertes Werk, welches den Namen Nachtigall hatte.

Für einen Moment herrschte Ruhe im Saal. Alle sahen den jungen Knaben gespannt an und Kenneth fiel auf, dass es sich um jemanden handelte, den er noch von früher kannte. Locke war sein Name. Locke Morris. Ihm wurde damals klar, was er für diesen Jungen empfand, aber mit diesem Wissen konnte er nicht viel anfangen, außer sich über die Konsequenzen Sorgen zu machen. Menschen wurden als krank angesehen, wenn sie nur ein Wort über die unnatürliche Sexualität verloren. Taten sie es trotzdem, wartete ein kalter Raum in der Psychiatrischen Anstalt auf die kranken Patienten. Für ihn war das zu riskant. Vor allem wollte er seine Eltern nicht enttäuschen. Das ist passiert, als er die Sache mit der Musik nicht geschafft hatte, und bei diesem einen Mal sollte es auch bleiben. Sein Vater stellte ihm Scarlet vor und sie war sofort in ihn verliebt. Er war es allerdingt nicht. Sein Herz schlug für Locke und das sollte keiner wissen.

Locke Morris legte seinen Bogen an die Violine und strich die erste Note. Der Raum füllte sich mit einer unfassbaren Aura, die Kenneth in Staunen versetzte. Immer weiter spielte er seine Melodie, die Kenneths Herz sanft berührte. Seine Hände begannen zu schwitzen, dabei fühlte er sein Herz immer höher schlagen.

Der Raum verwandelte sich in ein Bild, welches einer wunderschönen, grünen, saftigen Wiese im Frühling glich Bäume raschelten im Wind und die Blumen tanzten im Kreis. Zwei Menschen saßen angelehnt am Baum mit den schönsten rosafarbenen Blüten, verloren aber kein Wort. Sie schliefen tief und fest, genossen die angenehme Wärme der Sonne. Das Rauschen des Meeres von weiterer Entfernung deutete auf Wellen hin, die in unregelmäßigen Abständen gegen eine Klippe plätscherten.

Bewegend kam Locke zum Ende. Der Wind war noch einmal deutlich zu hören, darunter leises, sanftes Vogelgezwitscher. Mit einem letzten Strich über die Saiten ließ er den letzten Ton ausklingen und auf die begeisterten Zuhörer wirken.

Fast alle standen auf und klatschten laut um Beifall, unter anderem auch Kenneth und Edwin. Schon damals war Locke ein grandioser Violinist gewesen. Manchmal nahm er seine Geige mit in die Schule, dann spielte er in den Pausen so wunderschöne Stücke, dass Kenneth ihm neugierig zusah. Er wollte ihn sogar einmal fragen, ob Locke ihm helfen könnte, genauso gut zu spielen, denn sein Vater ärgerte sich sehr über seine Unfähigkeit, aber er hatte einfach nicht den Mut dazu.

Kenneth merkte nicht, dass die anderen bereits wieder Platz genommen hatten, bis Edwin ihn nach unten zog. Der nächste Musiker trat nach vor und spielte eine ebenfalls wunderschöne Melodie, aber Kenneth war in Gedanken versunken. Er musste Locke sprechen und sich endlich überwinden ihm seine Liebe zu gestehen. War das wirklich so eine gute Idee? Sein Magen verkrampfte sich, als er sich den Gedanken schnell wieder aus dem Kopf schüttelte. Er konnte doch nicht einfach zu ihm gehen und ihm sagen, dass er in ihn verliebt wäre...

Nach einigen Stunden hatten alle Künstler ihre Stücke vorgetragen und die ersten Besucher gingen schon nach Hause. Andere stießen mit einem alkoholischen Getränk an, um diesen Abend ausklingen zu lassen. Draußen wurde es bereits dunkel und die Straßenbeleuchtung erhellte die Stadt.

Kenneth war noch auf der Suche nach Locke, denn er wollte ihm wenigstens mitteilen, dass er sein Stück wundervoll gefunden hat. Gerade, als er ihn erblickte, atmete er für einen kurzen Moment bewusst tief ein und wieder aus. Dabei schloss er seine Augen. Mit einem Ruck ging er zielsicher und selbstbewusst auf Locke zu. In seinem Kopf übte er seinen Satz, den er ihm gleich sagen würde, damit er auch nichts falsch machte. Gleich war es so weit. Gleich stünde er vor Locke, dem Mann, bei dem tausend Schmetterlinge in seinem Bauch tobten. Nur noch wenige Meter war er von dem Violinisten entfernt, doch dann kam ihm ein euphorisches Mädchen in die Quere, welches mit Locke zu reden begann. Enttäuscht von sich, weil er zu langsam gewesen ist, wandte er sich um.

Edwin stand schon am Ausgang und wartete auf Kenneth, der geradewegs mit deprimierter Miene auf ihn zuging. Mit einem Atemzug versuchte er ein Lächeln in sein Gesicht zu zaubern, aber es wollte nicht klappen.

„Alles okay bei dir?", fragte Edwin seinen besten Freund.

„Ich benötige wohl nur etwas frische Luft...", seufzte er.

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