Kapitel 15

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„... Herr wacht auf! Junger Herr." Timo blinzelte langsam. Für einen Moment begriff er nicht, wo er war, dann stürzten die Erinnerungen auf ihn ein. Er lehnte sich zur Seite und übergab sich. Er würgte und würgte, bis nur noch Galle aus seinem Mund kam.

Jemand reichte ihm einen Becher mit Wasser und er spülte seinen Mund aus. Dann sah er mit verschleierten Blick auf. Vor ihm standen die Nachbarin, eine resolute Frau mit verhärmten Gesicht und einer krummen Nase, sowie der Graf von Verdun.

„Ich..." Timos Stimme brach. „Wie habt Ihr mich gefunden?", fragte er, nachdem er sich mehrmals geräuspert hatte.

Alles fühlte sich so seltsam an. Er hörte das Rauschen seines Blutes in den Ohren, seinen regelmäßigen Herzschlag und wunderte sich, warum alles so normal war. Delia war...

Er zwang seine Aufmerksamkeit auf die Antwort des Grafen.

„Berta hat gesehen, wie du das Haus der jungen Frau betreten hast."

„Ich hab mich gewundert, was du da drin machst", brummte die Frau. „Hab gedacht, Delia sei los, ihrem Verlobten hinterher. Also bin ich raus und fand dich da und sie..." Ihr verhärmtes Gesicht verzog sich zu einer Grimasse. Ihre Augen wurden feucht und sie hob ein Ende ihrer fleckigen Schürze, um sich die Augen zu reiben.

„Nachdem Ihr nicht aufgetaucht seid, habe ich mich auf die Suche nach Euch gemacht", ergriff der Le'Hag das Wort. „Ich habe einige Leute angesprochen und sie haben mich in diese Richtung verwiesen. Es war reines Glück, dass ich dabei auf Berta gestoßen bin, die wie ein Gespenst durch die Straßen gewandelt ist. Wir kennen uns und sie hat mich zu dir geführt."

„Wo bin ich hier?", fragte Timo.

„In meinem Haus. Das ist mein Bett", erklärte Berta mit rauer Stimme.

Statt einer Matratze saß Timo auf einem Strohsack, die Decke war ein zerschlissenes Stück Stoff und das Kissen hart und unbequem. Trotzdem schwieg er. Er hatte momentan andere Dinge im Sinn. „Delia..."

„Es tut mir leid", sagte der Graf. „Deine Freundin ist tot und das schon seit längerer Zeit. Ich habe veranlasst, dass jemand ihren Leichnam begräbt und ihren Angehörigen eine Botschaft zukommen lässt."

„Aber wie..." Timo konnte nicht weinen. Es fiel ihm schwer, das Erlebte zu verarbeiten.

„Wie?", keifte Berta. „Das kann ich dir sagen. Deine Freunde waren das!"

„Ich... Was? Nein. Ich habe keine Freunde. Ich..."

„Du bist doch dieser angebliche Prinz, gell? Delia hat sich mir nämlich anvertraut. Du bist es, der sie getötet hat!"

Timo sprang auf. Diese ungeheuerlichen Vorwürfe kränkten ihn zutiefst. „Ich würde Delia niemals etwas antun." Als ihm bewusst wurde, was er da gerade gesagt hatte, verbesserte er sich betrübt. „Ich hätte ihr niemals etwas angetan."

„Tja, hast du aber. Hast wohl nicht richtig aufgepasst. Denkst du, ich hab nicht bemerkt, wie du vor ihrer Tür gelauert hast, ohne einzutreten? Du bist vielleicht wieder gegangen, aber die Männer, die dir gefolgt sind, nicht."

„Welche Männer?"

„Na, Le'Hag natürlich."

Timo starrte den Graf an, der den Kopf schüttelte. „Ich hatte damit nichts zu tun."

„Wie konntet Ihr damit nichts zu tun haben?" Timos Stimme wurde lauter und er konnte seinen Ärger und seine Frustration nicht unterdrücken. „Ihr seid der stellvertretende Kommandant der Le'Hag!"

Zu seiner Überraschung verteidigte Berta den Graf. „Der werte Herr würde sowas niemals machen. Er hilft uns. Deshalb ist er doch degradiert worden. Weil ihm die Oberen nicht mehr trauen. Deshalb haben sie ihn nicht eingeweiht. Weil er sowas niemals machen würde."

Es fiel Timo schwer, klar zu denken. Seine gesamte Welt war aus den Fugen geraten. Er glaubte, noch niemals so einen Schmerz empfunden zu haben wie jetzt. Seine Brust wurde regelrecht zerrissen und trotzdem schlug sein Herz immer noch. Aber er wusste, dass die Frau recht hatte.

„Außerdem hab ich den einen Mann erkannt. Es war dieser widerliche Bastard Torz."

„Warum habt Ihr sie dann nicht begraben? Warum habt Ihr sie da liegen gelassen?", rief Timo aus.

Berta wurde rot. Verlegen starrte sie zur Seite. „Ich wusste ja nicht, dass sie hinter Delia her waren. Sobald ich die weißen Uniformen gesehen hab, hab ich mich versteckt. Ich häng an meinem Leben. So erbärmlich es auch ist. Ich dachte Delia wär geflohen, als ich sie danach nicht mehr gesehen hab. Ich hab ja nicht gewusst, dass sie hinter ihr her waren. Dabei hätt ichs mir doch denken können." Von Gram überwältigt, barg die Frau ihr Gesicht in ihren Händen und begann zu schluchzen. Der Graf warf Timo einen leicht missbilligenden Blick zu und geleitete die Frau zu einem wackeligen Holzstuhl, der eindeutig schon bessere Tage gesehen hatte.

Berta ließ sich darauf sinken und wirkte jämmerlich.

„Ich kann das nicht glauben", murmelte Timo.

Alastair Verdun schüttelte den Kopf. „Am besten fragt Ihr den Oberen Kriegsminister. Aber wir müssen nun gehen. Es wird bereits dunkel und ich muss nach Hause zu meiner Familie."

Ein Lachen entfuhr Timo. Familie. Was war mit Delias Verlobten, der vielleicht niemals erfahren würde, dass sie tot war? Und was war mit ihm? Sein Großvater war verschwunden, seine Eltern tot und nur Orik war ihm geblieben. Orik, der möglicherweise hinter all dem steckte.

Timo schüttelte den Kopf. Nein, sein Ziehvater würde so etwas niemals tun. Oder?

Der Le'Hag half Timo auf sein Pferd und brachte ihn zum Palast zurück. Die Wachen vor dem Tor hatten inzwischen gewechselt. Sie ließen Timo ohne Umstände passieren.

Der Graf wendete sein Pferd und verschwand in die aufziehende Dunkelheit. Timo wäre am liebsten zusammengebrochen. Es kostete ihn seine gesamte Kraft einen Fuß vor den anderen zu setzen. Der Weg zu Oriks Arbeitszimmer kam ihm unendlich weit vor.

Die Diener, die sich vor ihm verbeugten bemerkte er kaum. Er fühlte sich wie entrückt.

Orik war nicht in seinem Arbeitszimmer. Die Tür war abgeschlossen und ließ sich nicht öffnen. Fast wäre Timo in seine Gemächer gegangen. Er fühlte sich so müde wie schon lange nicht mehr. Eigentlich wollte er sich nur hinlegen und nie wieder aufstehen. All seine Energie war verloren und zum ersten Mal glaubte er zu begreifen, wie sich ein alter Mensch fühlen musste.

Aber diese Angelegenheit ließ ihm keine Ruhe, sodass er sich am Ende vor den Privatgemächern des Oberen Kriegsminister wiederfand. Zwei Wachen standen vor der Tür, aber sie ließen Timo eintreten.

Orik hatte sich in einen weichen Morgenrock gehüllt und verspeiste gerade ein Stück Torte. Als er Timo sah, richtete er sich auf. „Du siehst aus wie der wandelnde Tod", stellte er fest.

„Hast du Delia getötet?" Timos Stimme war leise, er ballte die Fäuste und seine Augen brannten.

„Wen?" Der Obere Kriegsminister wirkte ehrlich verwirrt. Der Name sagte ihm rein gar nichts und Timo wollte sich etwas entspannen, als Verstehen sich in der Miene seines Ziehvaters ausbreitete. „Ach so", sagte er. „Du sprichst von dieser armseligen Frau aus dem vierten Bezirk."

„Warum hast du das getan?" Timo zitterte vor Entrüstung und Entsetzen.

„Sie war eine bekannte Aufwieglerin. Hat alle Leute gegen uns aufgestachelt."
„Sie wurde abgeschlachtet!" Timo wurde lauter.

„Reiß dich zusammen. Ich weiß, dass du aus irgendeinem Grund einen Narren an der Frau gefressen hast. Du solltest froh sein, dass ich mich darum gekümmert habe. Sie hätte dir nur Flausen in den Kopf gepflanzt. Zudem ist so eine geringere Persönlichkeit kein Umgang für dich. Du bist der Kronprinz von Seyl, du solltest deine Zeit nicht damit verbringen, einer läuseverseuchten Hure nachzustellen, sondern lieber Politik und Kampf studieren, damit du eines Tages das Reich führen kannst."
„Sie ist keine läuseverseuchte Hure!" Zorn überkam Timo. Wie konnte sein Ziehvater nur so über Delia sprechen?

„Das war sie und wärst du nicht so verliebt in sie gewesen, hättest du das auch bemerkt. Du magst nun vielleicht wütend sein, aber schon bald wirst du begreifen, dass ich dir mit ihrem Tod einen Gefallen getan habe." Orik nahm einen Bissen und kaute. Er runzelte die Stirn über Timo, der immer noch an derselben Stelle stand und inzwischen kalkweiß geworden war. „Was machst du noch hier? Du solltest schlafen gehen. Morgen wird ein anstrengender Tag für dich."

„Ja, Vater." Timo wandte sich ab. Zum ersten Mal in seinem Leben waren ihm diese Worte kaum über die Lippen gekommen.

Wie hatte er nur so blind sein können? Der Obere Kriegsminister war genau das Monster, das alle in ihm sahen. Nicht alle anderen hatten falsch gelegen, sondern er.

Timo betrat seine Gemächer und ließ sich auf sein weiches Bett fallen. Er hatte kein Licht gemacht und starrte nun in die Schwärze. Vor seinem inneren Auge tauchte Delias halb verwester Leib auf. Er sah die Maden und ihm wurde schlecht. Durch das Fenster fiel genug Mondlicht, sodass er ohne Probleme den Nachttopf fand, in welchen er sich prompt übergab.

Es dauerte lange, bis er in einen unruhigen Schlaf voller Albträume fiel.

Am nächsten Morgen fasste er einen Entschluss.

Er kleidete sich an und obwohl sein Magen leer war, verspürte er keinerlei Hunger. Nachlässig spritzte er sich kaltes Wasser aus der Waschschüssel ins Gesicht.

Dann verließ er seine Gemächer und ließ den privaten Trakt des Palastes hinter sich.

Vor einer einfachen Tür blieb er stehen und wartete.

Die Zeit verging, aber er übte sich in Geduld. Diener eilten an ihm vorbei. Es gab immer etwas zu putzen, entstauben oder waschen. Sie alle warfen ihm einen flüchtigen Blick zu, doch niemand sprach ihn an.

Bis diejenige Person auftauchte, auf die er gewartet hatte.

„Der junge Herr?"

„Ehrenwerter Graf, wir müssen reden."


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