Kapitel 36

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Wir kämpften gegen eisige Windböen. Ich hatte mir ein Tuch über Mund und Nase gewickelt, während meine Augen von der beißenden Kälte tränten. Zerklüftete Felsen ragten zu unserer Linken auf. Zu unserer Rechten hingegen fiel der Berg steil ab und nur ein falscher Schritt konnte in einem tödlich Sturz enden.

Farah trottete mühsam vorwärts. Sie hatte schwer mit dem Sturm zu kämpfen. Immer wieder hatte ich absteigen und sie führen müssen.

Das letzte Mal, als ich so etwas Ähnliches wie Berge durch- oder überquert hatte, war es glühend heiß gewesen und in der Ferne hatte die Schattenfeste auf mich gelauert.

Dieses Mal wartete auf mich ein ganzes Land, das uns feindlich gegenüberstand.

Der Boden war gefroren und mit jedem Schritt krachte es unheimlich unter Farahs Hufen.

Rosena und Wladi waren lange verstummt. Immer wieder drehte ich mich nach hinten, um mich zu vergewissern, dass sie noch nicht erfroren im Sattel hingen.

Wir alle trugen sämtliche Schichten Kleidung, die wir besaßen. Die Finger hatten wir mit dicken Lagen Stoff umwickelt, damit sie nicht erfroren und abfielen. Trotzdem war es klirrend kalt. In diesem Teil der Welt hatte der Frühling noch nicht Einzug gehalten. Stattdessen war das Kardgebirge noch im festen Griff eines unnachgiebigen Winters.

Ich wusste, dass wir ein paar Tagesreisen weiter westlich problemlos nach Acerum gelangen konnten. Dort waren die Berge nur noch äußere Ausläufer, nicht viel höher als große Hügel. Dort wäre es nicht so lebensfeindlich.

Aber es hätte uns Zeit gekostet. Zeit, die wir nicht hatten. Zudem wären wir mitten ins Kriegsgebiet gelangt.

So stemmten wir uns weiterhin gegen die eisigen Winde. Außer weiß und grau war in dieser kargen Landschaft nichts zu sehen. Allmählich glaubte ich, zu erblinden. Nach einer halben Woche inmitten von Schnee und Eis war Farbe nur eine traurige Erinnerung.

Ich wusste, dass unsere Pferde uns nicht mehr lange tragen würden können. Wir hatten zwar drei große Säcke Heu mitgeschleppt, die ich im Stall der Schenke aufgestöbert hatte, aber unser letzter Vorrat war uns zu Neige gegangen.

Pferde konnten Unmengen fressen.

Ich blickte wieder zu Rosena und Wladi. Die beiden waren zu einem einzigen dunklen Umriss verschmolzen, der sich vor dem weißen Hintergrund abhob. Nasse Flocken peitschten mir ins Gesicht und fanden ihren Weg durch die drei Lagen, die ich um mich gewickelt hatten. Es hatte keinen Sinn mit meinen Reisegefährten zu sprechen. Denn auch wenn hier oben sonst eine gespenstische Stille herrschte, so hätte nun der Sturm alle möglichen Geräusche mit seinem Toben übertönt.

Ein plötzlicher Ruck ließ mich absacken. Unter mir war Farah weggerutscht und kämpfte nun mühsam um ihr Gleichgewicht. Steif ließ ich mich von ihrem Rücken gleiten, stolperte beim Aufkommen und stürzte beinahe in den eisigen Schnee.

Farah fing sich wieder und starrte mich aus treuen Augen an. Flocken klebten an ihren langen Wimpern.

Ich ergriff ihre Zügel und stapfte vorwärts. Gehorsam folgte mir die Stute.

Ich hielt den Kopf gesenkt, um den wilden Luftströmen weniger Angriffsfläche zu bieten. In meinem Rücken konnte ich Farah spüren.

Was Rosena und Wladi taten, wusste ich hingegen nicht. Ich verließ mich einfach darauf, dass sie nicht den Anschluss verloren hatten.

Irgendwann bewegte ich mich nur noch mechanisch vorwärts. Ein Schritt nach dem anderen. Andere wären vielleicht längst zusammengebrochen, aber ich war gut im Überleben.

Der Sturm hatte nachgelassen und die Wolkendecke war aufgebrochen, um einige Sonnenstrahlen hindurchzulassen. Die Landschaft war in jungfräuliches Weiß getaucht und der Schnee glitzerte verführerisch.

Gefahr konnte sich verdammt gut verkleiden.

Die Sonne stand bereits tief. Bald würde sie hinter den Berggipfeln zu unserer Linken verschwinden.

Alles in mir drängte danach, eine kurze Pause zu machen, aber ich wusste, dass ich dann niemals wieder aufgestanden wäre. Noch musste ich weitermarschieren. Ich folgte der Karte in meinem Kopf. Niemand außer mir hätte vermutlich seinen Weg durch diesen Teil des Gebirges gefunden. Nicht zu dieser Jahreszeit und nicht ohne spezieller Ausrüstung. Aber ich wusste, wo wir nahezu gefahrlos laufen konnten, wo wir Rast machen mussten, wo wir unsere kargen Vorräte auffrischen konnten, ja gar welches Tempo wir anschlagen mussten, um diesen Gewaltmarsch zu überstehen.

Mit einem letzten Strahlen verabschiedete sich die Sonne und schlagartig wurde es schattig und düster. Der Schnee reflektierte jedoch das blasse Licht des Mondes, sodass wir noch ausreichend sehen konnten.

Endlich erspähte ich in der Ferne unser Ziel. Ein Felsvorsprung, unter dem sich ein schmaler Spalt auftat. Gerade breit genug für die Pferde.

Farah zögerte zuerst, dann folgte sie mir jedoch ins Innere. Laut hallten ihre Hufschläge zwischen den felsigen Wänden wider.

Zum ersten Mal seit langer Zeit, drehte ich mich um und sah zu meiner Erleichterung Isa und auf ihrem Rücken zwei zusammengesunkene Gestalten.

Vor mir öffnete sich der Gang zu einer kleinen Höhle. Sie bot gerade genug Platz für uns und die zwei Pferde.

Sofort nahm ich unser Gepäck von Farahs Rücken und sattelte sie ab. Die warme Decke, die davor nur den hinteren Teil ihres Rückens bedeckt hatte, zog ich nach vorne. Zufrieden schnaubte die Stute und ich tätschelte ihr den Hals.

Dann ging ich zu Rosena und Wladi, die sich nicht gerührt hatten. Zuerst half ich dem Jungen hinunter und wartete geduldig, bis er sein Gleichgewicht gefunden hatte, bevor ich mich Rosena zuwandte.

Die junge Frau fiel regelrecht in meine Arme. Ihre Beine drohten unter ihr nachzugeben. „M-mir ist so k-kalt", sagte sie schwach.

Ich führte sie zum Ende der Höhle. Dankbar ließ sie sich gegen die raue Wand sinken. Allmählich bereute ich es, Alyn nicht doch nachgegeben zu haben. Sie hätte uns begleiten sollen. Ihre Fähigkeit wäre von enormen Nutzen gewesen. Aber auch Mal, die es sicher geschafft hätte, irgendetwas zum Wachsen zu bringen, oder Sphen, der die eisige Luft von uns hätte fernhalten können, oder auch Lapislazuli, die den Schnee, zum Schmelzen hätte bringen können, da es sich bei ihm um nichts anderes als gefrorenes Wasser handelte. Jeder unserer Gefährten hätte uns enorm hilfreich sein können.
Aber ich sprach diesen Gedanken gegenüber Rosena nicht aus, denn ich wusste, dass sie sich dasselbe dachte. Ich wusste, dass sie sich nutzlos fühlte.

Ich kramte in den Säcken, holte die letzten Reste an Heu hervor und schmiss sie vor die Pferde, die gierig zu fressen begangen. Währenddessen sattelte ich Isa ab.

Ich holte ein paar weitere Decken hervor und wickelte sie um Rosena und Wladi. Die beiden kuschelten sich eng aneinander.

„Morgen passieren wir die höchste Stelle, danach geht es bergab. Im Laufe des Tages werden wir die Grenze erreichen." Ich sagte das nur, weil ich das Gefühl hatte, ihnen einen Lichtblick bieten zu müssen.

Beide nahmen meine Auskunft wortlos zu Kenntnis. Keiner von ihnen hatte Lust auf ein Gespräch.

Ich setzte mich neben sie an die Wand und lehnte den Kopf zurück. Hier in der Höhle war es dunkel. Trotzdem musste ich nichts erkennen können, um meine Umgebung zu betrachten. Ich wusste einfach, wie diese aussah. Es existierte ein Bild in meinem Kopf, welches alles lebensecht wirken ließ.

Diese Fähigkeit brachte uns jedoch keine Wärme und gab uns nichts zu essen.

„Gibt es hier eine... ruhige Ecke?"

Ich wandte mich Rosena zu, deren Wangen vor Verlegenheit gerötet waren. Auch jetzt hatte sie ihre Scham nicht abgelegt. Ich wies auf eine Weiterführung des schmalen Spalts.

„Weit geht er nicht mehr. Aber es wird für deine Zwecke wohl genügen."

Sie nickte und raffte eilig ihre Kleider. Immerhin trug sie darunter Hosen. Andernfalls wären ihre Beine längst erfroren.

Als Rosena zurückkam, mied sie meinen Blick. Dabei übersah sie jedoch meinen ausgestreckten Fuß und stolperte. Sie flog meinen Händen entgegen und mit meiner Hilfe fing sie sich wieder.

„Ro, ist alles in Ordnung?", fragte ich sie besorgt.

Sie nickte stumm, aber ihre Schultern bebten.

Sie rollte sich zusammen und wickelte sich tiefer in die Decken. Ihr Gesicht war von mir abgewandt.

„Bist du traurig?", fragte Wladi.

„Nein", kam es zurück. Doch ihre Stimme verriet sie.

Wladi warf mir einen hilflosen Blick zu. „Was ist los?"

„Nichts. I-ich bin nur müde."

Meine Gelenke knackten, als ich mich ungewohnt schwerfällig erhob und zu Rosena hinüberging. Vor ihren schmächtigen Körper kniete ich mich hin.

Ich zögerte, während Wladi sich an Rosena lehnte. „Du musst nicht traurig sein. Wir sind ja bei dir."

„Danke, Wladi. Aber ich kann einfach nicht mehr. Ich packe das alles nicht. Ich bin nicht so stark wie ihr."

Im Großen und Ganzen war es dasselbe Problem wie immer. Aber anstatt genervt davon zu sein, fühlte ich mich schlecht. Ich wusste, dass Rosena am meisten mit ihrem Schicksal haderte. Von uns allen, war sie mit Abstand am sensibelsten und nicht für dieses Leben geschaffen. Trotzdem hatte sie uns begleitet. Auch wenn sie sich damals vielleicht entschlossener gegeben hatte, als sie tatsächlich war.

Ich ahnte, dass sie vielleicht niemals ihre Selbstzweifel verlieren würde, aber ich schuldete es ihr, in diesen dunklen Stunden neben ihr zu sitzen und sie aufzubauen. Auch wenn ich nicht gut in derartigen Dingen war. Aber ich war der Grund, warum sie hier in einer klirrend kalten Höhle saß, irgendwo im eisigen Nirgendwo eines riesigen Gebirges.

„Es wird besser", sagte ich zu ihr. „Wladi und ich sind da. Wir werden dich nicht im Stich lassen."

Sie schluchzte. Ich dachte an Mika. Hoffentlich war mit dem Jungen alles in Ordnung. Rosena brauchte ihn ebenso sehr wie er sie. Ich würde alles unternehmen, damit er sie unversehrt in den Arm nehmen konnte.

„Deine Magie funktioniert", sagte Wladi. „Dank dir werde ich auf meine Familie kommen."

„Freu dich nicht zu früh", murmelte Rosena, aber ihre Stimme klang nicht mehr ganz so schwach.

Als ich sah, dass sie dennoch zitterte, wollte ich aufstehen, um ihr eine Decke zu holen, aber ihre Hand schoss hervor und umklammerte mich. „Bitte", sagte sie. „Bleib einfach hier."

„Du frierst", erwiderte ich.

„Bitte", wiederholte sie.

Schließlich rückte ich zögernd näher an sie heran, um sie mit meinem Körper zu wärmen. Auch mir war eiskalt, aber ich konnte damit umgehen. Es war nicht so schlimm. Nicht schlimmer als an den meisten Wintertagen.

Vermutlich waren die unzähligen Lagen Stoff, die sich zwischen uns befanden, für eine Wärmeübertragung nicht hilfreich, aber Rosena lächelte. „Danke", hauchte sie.

So saßen wir dann da, zu dritt eng aneinander gekuschelt, während draußen die Welt in tiefe Nacht getaucht wurde. Irgendwann verrieten mir Wladis leises Schnarchen und Rosenas regelmäßige Atemzüge, dass die beiden eingeschlafen waren. Vorsichtig löste ich mich aus Rosenas Umklammerung und stand auf.

Etwas weiter lag meine Decke. Ich hob sie auf und deckte die beiden damit zu. Dann trat ich zu den beiden Pferden. Farah stupste mich sanft und ich spielte tief in Gedanken mit ihrer Mähne. Aus irgendeinem Grund schien sie das besonders gern zu haben.

Ich holte eine Bürste und begann sanft ihren Hals zu massieren. Sie schnaubte leise, sodass Isa herangetrottet kam, um zu sehen, was ich tat.

Viel später legte ich mich ebenfalls schlafen. Ich konnte nur hoffen, dass uns die Götter hold waren, denn wenn wir morgen nicht gut vorankamen, würden wir erneut nichts zu essen haben. Normalerweise verhungerte ein Mensch nicht in so kurzer Zeit, aber durch die Kälte erschöpfte sich unsere Energie schneller und die Anstrengung bei diesen widrigen Bedingungen tat ihr übriges.

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