Kapitel 37

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Anfangs schien es tatsächlich, als wäre meine Bitte erhört worden. Die Sonne schien, auch wenn wir uns überwiegend im Schatten bewegten, da die Berggipfel zu unserer Rechten ihren Strahlen noch den Weg versperrten. Es war ungewohnt windstill. Kein Lüftchen regte sich. Die Pferde waren ausgeruht und dank der guten Sichtverhältnisse riskierte ich es sogar, mich temporär von Farah tragen zu lassen. Der Pfad war zwar von Schnee bedeckt, aber er war weich und darunter befand sich kein Eis.

Die Luft war immer noch schneidend kalt und je höher wir gelangten, desto dünner wurde sie. Schließlich saß ich von Farah ab, da die Stute mit unserem Gepäck genug zu schleppen hatte. Rosena und Wladi, beide bedeutend leichter als ich, wechselten sich ab, vor Isa zu marschieren.

Der Marsch war anstrengend und ich schwitzte. Trotzdem hatten Wladi und Rosena deutlich härter zu kämpfen.

Rosena hatte sich den Schal vom geröteten Gesicht gelöst. Schweißtropfen waren ihr auf der Stirn gefroren und sie taumelte mehr, als dass sie ging.

Wladi hingegen hing halb bewusstlos auf Isa. Der Junge war zäh, keine Frage. Jedoch war er ein gewöhnlicher Sklave gewesen. Er hatte nicht das Trainingsprogramm absolviert, dem ich unterworfen worden war. Nun näherte sich seine Gesichtsfarbe einem gespenstischen Weiß, während er heftig nach Luft schnappte.

Ich blieb stehen und Rosena tat es mir dankbar nach. Sie ließ sich einfach in den Schnee fallen. „Wie weit ist es noch?", japste sie.

Ich sparte mir eine Antwort, weil ich wusste, dass ihr damit nicht geholfen wäre. Stattdessen ließ ich Farah einfach stehen und marschierte zu ihr. Ich drehte ihr den Rücken zu und kniete mich hin. „Ich trage dich."

Weil sie sich hinter mir befand, konnte ich ihr Gesicht nicht sehen, aber ihre Stimme klang etwas schärfer. „Was? – Nein."

„Rosena, ich möchte jetzt nicht mit dir diskutieren. Steig auf."

„Ich kann gehen."

Ich sparte mir die Mühe, meinen Kopf in ihre Richtung zu drehen. „Nein kannst du nicht. Du hast keine Kraft mehr. Wickel dir den Schal wieder ums Gesicht, ehe dir deine Nase erfriert und dann steig auf. Ich sage es nicht noch einmal."

Schneestaub spritzte gegen meinen Rücken, als sie sich mühsam aufrichtete. Ich fühlte ihren weichen Körper und als sie ihre Hände um meinen Hals schlang, ergriff ich ihre Beine und erhob mich mühsam. Dann packte ich Isas Zügel und band sie an Farahs Sattel fest.

Kurz schoss mir ein Bild aus meinen schlimmsten Albträumen durch den Kopf. Isa, wie sie stolperte und Wladi auf ihrem Rücken, sowie Farah mit sich in die Tiefe riss. Aber es musste sein. Ich war mir zwar ziemlich sicher, dass die Stute uns auch so folgen würde, aber ich wollte nichts riskieren.

Ich steckte meinen Arm durch die Schlaufe von Farahs Zügel, sodass ich beide Hände frei hatte, um Rosena zu tragen.

Der größte Teil des westlichen Kardgebirges lag in Seyl, ehe es sich als Karfgebirge in den Osten fortzog. Grund für die Namensänderung war eine einfache Lautverschiebung. Ich schüttelte den Kopf über dieses unsinnige Wissen, das mir gerade durch den Kopf ging. Es machte nicht satt. Rosena drehte sich leicht, als sie meine Bewegung spürte, aber sie blieb stumm.

Der Weg ging kontinuierlich bergauf. Ich genehmigte mir und den Pferden nur dann eine Pause, wenn ich kurz zu Isa zurückstapfte, um zu kontrollieren, ob Wladi noch atmete. Der Junge war in eine tiefe Bewusstlosigkeit gefallen und ich machte mir insgeheim Vorwürfe, denn diese Überquerung war allein meine Idee gewesen. Ich hatte sämtliche Decken um ihn gewickelt und ihn an Isa festgebunden, damit er nicht aus dem Sattel rutschte. Auch wenn er nicht hart fallen würde.

Rosena war auf meinem Rücken eingeschlafen. Nur ab und an schreckte sie auf, schien aber die Umgebung nicht richtig wahrzunehmen.

Die Pferde schwitzten ebenfalls, aber keine der Stuten schien bereit aufzugeben. Jetzt zeigte sich die unermüdliche Ausdauer der Skara, die sie zu den edelsten Pferden überhaupt machte, sowie die Zähigkeit und Sturheit eines gewöhnlichen Kleinpferds, das trotz aller fehlenden hochgezüchteten Gene nicht hinter seiner adeligen Artgenossin zurückbleiben wollte.

Für ein kurzes Stück ging es wieder bergab, aber ich wusste, dass es zu früh war, sich Hoffnungen zu machen. Solche Passagen hatten wir bereits zu Genüge hinter uns gelassen. Zu unserer Rechten, hinter einigen anderen Bergspitzen, befand sich der Weißkopf, der allgemein als der höchste Berg des Kardgebirges galt. Wie auch seine Nachbarn, verlor er nicht einmal im Hochsommer seine Schneedecke.

Als die Sonne hoch am Himmel stand, hatten wir es geschafft. Ich befand mich zwar noch lange nicht auf dem Berggipfel, aber wir hatten den höchsten Punkt unseres Weges erreicht. Von jetzt an würde es überwiegend bergab gehen.

Ich setzte Rosena für einen Moment ab und gönnte mir eine kurze Pause. Da wir schon lange kein Trinkwasser mehr hatten, aß ich den Schnee. Obwohl meine Mundhöhle zu gefrieren drohte, schmolz er auf meiner Zunge zu wohltuender Flüssigkeit. Ich flößte auch Wladi etwas davon ein und weckte Rosena.

Verwirrt schaute sie auf. Ich wies sie an, ihren Durst zu stillen. Zuerst zögerte sie, aber dann tat sie, worum ich sie bat. „Wo sind wir?", fragte sie schließlich.

„Das ist wortwörtlich der Höhepunkt unserer Reise. Von jetzt an wird es abwärts gehen."

Sie erhob sich zittrig und trat an die Kante. Unter ihr ging es mehrere tausend Scal in die Tiefe. „Das ist ja fantastisch!", rief sie aus.

Sie breitete die Arme aus und streckte den Kopf in die Sonne. „Diese Aussicht. Das ist ja fantastisch."

Ich musste bei ihrer Begeisterung lächeln. Leise stellte ich mich neben sie, starrte die felsige Umgebung an und betrachtete die schartigen und rauen Ungetüme, die sich dem Himmel entgegen reckten. In dieser so kargen Umgebung herrschte eine urtümliche Wildheit.

Der Schnee glänzte und glitzerte, während die Berge wilde Schatten warfen, wie Monster, die sich auf die unberührte Natur stürzten.

Rosena starrte auf die Gipfel in die Ferne, dann drehte sie sich und legte den Kopf in den Nacken. „Dort oben muss die Aussicht noch viel besser sein."

Wortlos ahmte ich ihre Haltung nach. Obwohl wir bereits sehr weit oben waren, konnte man den Gipfel nicht erkennen. Er verlor sich in der Höhe.

Dann marschierte ich zurück zu Farah und Isa. Rosena folgte mir eilig. In dieser Stille klang das Rascheln ihrer Kleider geradezu laut und ihr Atem war deutlich hörbar.

„Wir müssen weiter", sagte ich.

Sie nickte. Die kurze Pause schien ihre Lebensgeister geweckt zu haben. „Ich kann selbst gehen", erklärte sie unaufgefordert.

Ich ergriff Farahs Zügel und schweigend machten wir uns an den Abstieg. Der Weg, als den ich ihn bezeichnete, war eigentlich nicht mehr als ein schmaler Trampelpfad, der uns im Zickzack nach unten führte.

Rosena folgte meiner Spur. „Wie kannst du dir eigentlich so sicher sein, dass wir nicht in ein Loch stolpern? Ich sehe hier nur eine unberührte Schneedecke."

„Ich kenne den Weg. Vor Jahrhunderten legten unsere Vorfahren einen Pfad mitten durch das Kardgebirge an. Sie rangen ihn den Bergen regelrecht ab. Acerum und Seyl waren nicht immer verfeindet gewesen. Einst gab es sogar Nomaden hier in den Bergen. Sie haben Unsummen damit verdient, Waren von Acerum nach Seyl und in die entgegengesetzte Richtung zu transportieren."

„Was ist mit ihnen passiert?"

Ich zuckte mit den Schultern. „Geld und Nomadendasein funktionieren nicht so gut miteinander und nach und nach wurden sie sesshaft und ohne ihren Erwerb durch den Transport verarmten sie schließlich. Die meisten Menschen in der Umgebung des Kardgebirges stammen von ihnen ab."

Geistesgegenwärtig blieb ich stehen. Loser Schnee brökelte und stürzte dann in einer kleinen Lawine nach unten. Kurz starrte ich ihm hinterher. Dann führte ich Farah um die Spalte herum.

Rosena folgte mir verbissen. Sie schien beweisen zu wollen, dass sie kein Schwächling war, obwohl ich sie nie dafür gehalten hatte.

„Du musst nicht extra wegen mir langsamer gehen", sagte sie schließlich irgendwann.

Ich ging wieder schneller. Hier war kein Platz für falschen Stolz, trotzdem nahm ich sie beim Wort.

Die Sonne verschwand irgendwann zu unserer Linken hinter den Bergen und die Schatten erhoben sich drohend.

Dieses Mal marschierten wir bis weit in die Nacht hinein. Der Schnee, der den Mondschein reflektierte, spendete uns genügend Licht. Manchmal setzten sich die Schneemassen unter uns in Bewegung und wir rutschten ein Stück des Abhangs hinunter. Als ich schließlich bemerkte, dass ich Farah inzwischen hinter mir her zog, hielt ich inne. Rosena war zurückgefallen, aber sie setzte stetig einen Schritt vor den anderen. Wladi hingegen hing immer noch reglos auf Isa.

Wir hatten mehrere kurze Halte eingelegt, in denen ich ihn mit Schnee gefüttert hatte.

„K-können wir... bitte... eine Pause machen?", fragte mich Rosena keuchend, als sie endlich aufgeschlossen hatte.

„Nur noch ein kurzes Stück", gab ich zur Antwort.

Ich marschierte weiter und die Pferde folgten mir gehorsam. Ich hielt mein Versprechen. Etwas später ließ ich mich in den Schnee sinken und wühlte mich etwas tiefer. Als ich unter der weißen Schicht auf niedergedrücktes Wildgras stieß, atmete ich erleichtert aus. Mir war nicht bewusst gewesen, wie angespannt ich darauf gehofft hatte, unser Ziel zu erreichen. Ich tätschelte Farah und sie senkte den Kopf und begann gierig das Wenige, was der karge Boden hergab, aufzufressen. Isa tat es ihr nach. Rosena lag heftig atmend im Schnee. Erschöpft hatte sie sich eine Hand über das Gesicht geschlagen.

Ich umrundete sie und hob Wladi von Isa. Dann legte ich den Jungen neben Rosena. „Versuch ihn aufzuwecken. Es ist nicht gut, wenn er noch länger bewusstlos bleibt. Er ist schon viel zu lange weggetreten."

Rosena schien dankbar für die Aufgabe. Ich begann indes eine Wand aus Schnee zu schichten. Hier unten war er von festerer Konsistenz, aber es war trotzdem ein mühseliges Unterfangen. Am Ende hatte ich eine kleine Höhle gebaut. Gerade groß genug für zwei kleinere Personen. „Dort drinnen ist es wärmer", erklärte ich Rosena, die mein Konstrukt stirnrunzelnd betrachtete.

Ich trug Wladi zum niedrigen Eingang, mehr Loch als Öffnung. Ich konnte gerade so hineinkrabbeln. Anschließend zog ich Wladi hinter mir her und bettete ihn auf Decken. Dann verließ ich meine Schneehöhle wieder. „Kümmere dich um ihn. Ich bleibe hier draußen bei den Pferden." Ich lehnte mich an die natürliche Felswand und beobachtete die beiden Stuten, die kein einziges Mal aufblickten. Wenigstens sie konnten ihren Hunger stillen.

Trotz leerem Magen fühlte ich mich jedoch erstaunlich gut. Vielleicht etwas erschöpft, aber um meine beiden Gefährten stand es deutlich schlechter.

Allerdings konnte ich nichts tun als warten. Ich schloss die Augen und öffnete sie erst wieder, als mich eine Stimme aufschrecken ließ. „Senn, Senn!" Rosena lächelte. „Er ist aufgewacht."

Ein Stein fiel mir vom Herzen. „Wie geht's ihm?"

„Er ist ziemlich schwach, aber sein Gesicht hat etwas Farbe zurückgewonnen."

Verlegen wippte sie von einem Fuß auf den anderen.

„Was ist los?", fragte ich, als sie nicht wieder ins Innere der Höhle verschwand.

„Danke, dass du mich getragen hast. Es – es muss sehr anstrengend für dich gewesen sein."

„Ich glaube, es war für mich weniger anstrengend, als es dieser Marsch für dich war. Also sollte ich mich bei dir bedanken, weil du nicht umgekehrt bist, als es noch ging und weil du mir so klaglos folgst, auch wenn ich nicht immer die klügsten Entscheidungen treffe."

Sie wandte den Kopf, starrte in den weißen Schnee. „Schlussendlich haben diese Entscheidungen dazu geführt, dass du fünf Edelsteine um dich versammelt hast."

Ich nickte langsam. Da Rosena immer noch keine Anstalten machte, zu gehen, sah ich auf. „Du solltest schlafen. Wir haben noch ein gutes Stück vor uns. Morgen werden wir die seylsche Grenze passieren."

„Bevor du auf einmal aufgetaucht bist, war ich noch nicht einmal außerhalb Merins. Jetzt habe ich bald vier weitere Länder bereist, eines davon als eine der Ersten seit sehr langer Zeit."

Sie schien keine Antwort zu erwarten, denn sie drehte sich um und kroch ins Innere der Höhle.

Nachdenklich schaute ich ihr hinterher.

Am nächsten Tag ließen wir endlich die Schneefallgrenze hinter uns. Inzwischen war es um uns herum lebendiger geworden und wir hatten in den letzten Stunden bereits mehrere Baumgruppen passiert, die allerlei Getier eine Heimat boten.

Der Schrei eines Adlers ließ uns alle nach oben blicken. Der Raubvogel schoss im Sturzflug herab und verschwand hinter ein paar Tannen.

Ich schwang mich von Farah. „Ich besorge uns etwas zu essen", erklärte ich. Mit dem Bogen in der Hand und einigen Pfeilen im Köcher, machte ich mich auf den Weg zur Baumgruppe.

„Warte auf mich!", rief eine Stimme.

Ich hielt inne. „Es ist klüger, wenn du hierbleibst", sagte ich zu Wladi.

Der Junge verzog das Gesicht. „Aber ich bin guter Jäger."

Statt einer Antwort, drückte ich ihm einen Pfeil, sowie den Bogen in die Hand. „Wenn du dort vorne den Baumstamm triffst, dann darfst du mich begleiten."

Wladi schnaubte, weil ich den breitesten Stamm von allen ausgesucht habe. „Das ist Beleidigung."

Ich verschränkte die Arme und wartete ab. Neugierig gesellte sich Rosena zu uns.

Wladis Muskeln zitterten, als er den Bogen spannen wollte. Schweiß trat ihm auf die Stirn. Er biss die Zähne zusammen, kniff ein Auge zu und zielte. Die Pfeilspitze wackelte wie wild hin und her. Schließlich schoss er, aber der Pfeil bohrte sich nicht weit von uns entfernt in den Boden. Ich sammelte ihn ein, überprüfte die Spitze und steckte ihn schließlich wieder in den Köcher. Dann nahm ich Wladi den Bogen ab.

Der Junge starrte immer noch auf die Stelle, in die sich der Pfeil gebohrt hatte. Ohne näher darüber nachzudenken, klopfte ich ihm aufmunternd auf die Schulter. „Du bist geschwächt. Wenn du etwas zu Essen in deinem Magen hast, wirst du wieder besser treffen."

Bevor er etwas erwidern konnte, tauchte ich zwischen den Bäumen ein.

Das Kaninchen, das ich schlussendlich fing, sättigte uns alle mehr als genug. Auch wenn uns die Rast einiges an Zeit gekostet hatte, hatte sie uns allen gut getan.

Ich trat die letzten Flammengluten aus. Dann ging ich zu Farah, die in der Nähe graste. Sie blickte auf und ich tätschelte sie.

Nachdem ich mich auf ihren Rücken geschwungen hatte, wartete ich auf Wladi und Rosena.

„Wäre hier nicht ein guter Platz, um die Nacht zu verbringen?", meinte Rosena schließlich.

Ich schüttelte den Kopf. „Nein, wir müssen weiter."

„Aber die Pferde sind auch müde", warf nun Wladi ein.

Ich seufzte. Ich wusste, dass die beiden recht hatten. Allerdings wusste ich auch, dass uns die Zeit davonlief. Also trieb ich Farah an und die Stute gehorchte.

Es war nicht mehr weit bis zur acerianischen Grenze. Die Sonne stand zwar schon tief, aber mit Glück würden wir sie heute weit hinter uns lassen. Der Vollmond würde für ausreichend Licht sorgen. Während ich tief die kalte, aber längst nicht mehr eisige Luft einatmete, musste ich wieder einmal an Alyn denken. Sie fehlte mir.

Doch nun gab es wichtigere Dinge. Den Pferden schien die Pause gut getan zu haben und sie schienen das mildere Klima zu genießen. Kurz trieb ich Farah in den Galopp. Sie streckte sich unter mir und wir flogen dahin.

Isa folgte uns und ich hörte Wladis ausgelassenes Jauchzen. Für einen Moment waren alle Sorgen weit entfernt.

Vielleicht wäre all das in ein paar Jahren nur ferne Vergangenheit. Nichts anderes als ein böses Gespenst, das einzig dazu diente, uns an unsere einstigen Fehler zu erinnern.


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