* Kapitel 20 *

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Lia trat an mit Schriftrollen gefüllte Einkerbungen in der Wand heran. Sie legte ihre Hand auf den Rand und hielt sich kurz daran fest. Die Muskeln ihres Oberarms zitterten leicht, ihre Augen verloren für einen Atemzug den Fokus, bis sich ihre Pupillen wieder zusammenzogen. Geübt drückte sie den Rücken durch. Begradigte die leicht gekrümmten Schultern und nahm Haltung an.

Ihre Nase trug sie dabei ein wenig zu hoch um natürlich zu wirken. Lia hatte Schmerzen und versuchte es nach Leibeskräften zu verstecken. Mit einem schwachen Leib dem nicht viele Kräfte geblieben waren dank der Ströme an Übernatürlichem, die unter ihrer Haut flossen. Die junge Frau sah sich um, ob jemand ihren Einbruch bemerkt hatte, doch die alten Hallen waren leer bis auf Vera, die sich redlich bemühte ihr den gebührenden Abstand zu schenken.

Sollte sie ihr die Hand auf die Schulter legen? Vera verspürte den Drang dieses Geschöpf, dass sich selbst so quälte und misshandelte zu beschützen. Sie trat näher. Die schlaue Lia erkannte ihre Intension und Wärme trat in ihren Blick. Ihre gelblichen Berglöwenaugen wurden weich.

„Aber wir sind nicht hier um uns über meine alten Wunden zu beklagen, sondern um die Verursacher deiner zu finden, richtig?"

„Ich habe keine alten Wunden." Lias Bemerkung fühlte sich falsch an. Die Prinzessin hob eine Augenbraue und sah betont auf Veras Schlüsselbein, über welches sich Narben von Krallenspuren zogen.

„Gut, solche schon." Ihr Körper war übersäht von Erinnerungen an zu knappe Gelegenheiten. Beide Frauen erkannten ihre Gleichheit und lächelten.

„Dann finden wir mal deine Urheber, Veralia", die Prinzessin betonte die zweite Silbe des Namens stärker als den Rest. Sie drehte auf ihren schmalen Absätzen um und nickte Vera zu ihr zu folgen. Leises Klacken von Lias Schritten belebte den Raum. Die hohen Decken schienen sich ihr lauschend entgegenzulehnen.

Am Ende des zweiten Raumes wechselten sie in einen Nebenraum auf der rechten Seite. Der Boden schien bereits porös gelaufen worden zu sein, von den vielen Füßen, die hier ständig rein und raus traten, um neue Informationen auf die unzähligen Schriftrollen in den Wänden zu ergänzen.

„Hier werden die Informationen der aktuell lebenden Bürger gesammelt." Lia ging in die Hocke und fuhr mit der Hand über die Lederrücken der Bücher und Rollen.

„Jeder Jahrgang hat seine eigene Reihe und erst, wenn ein Jahrgang gänzlich ausgestorben ist wird er in die Halle der Ahnen eingereiht." Ihr Kopf hob sich.

„Wann sagtest du nochmal war das Jahr deines Funds?"

„Im dreihundertvierundsechzigsten Jahr des Wassers. Ich wurde zwischen den Zeiten gefunden", entgegnete Vera abgelenkt von den Räumlichkeiten. Ihr Blick wanderte begeistert von Wand zu Wand und sie kam nicht umhin einen Schauer zu unterdrücken. Alle Informationen des Königreichs an einem Ort und sie stand mittendrin. Die Stimmen tausender Menschen schienen ihr ihre Geschichten entgegenzurufen.

Derweil krabbelte die Prinzessin auf allen Vieren an einer Reihe entlang. Das den Reihen immanente Ordnungssystem schien ihr bekannt, trotzdem dauerte es eine kleine Weile bis sie einen Buchrücken griff und hinauszog.

„Ha, Zura vor 21 Jahren." Aufregung Prickelte bei ihren Worten unter Veras Haut, so nah war sie den Antworten auf ihre alten Fragen noch nie gekommen. Angespannt setzte sie sich neben Lia auf den Boden und flog mit den Augen, so gut sie es konnte über die Seiten.

„Resh", murmelte Lia deren flinke Finger die Seiten durchblätterten und entlangwanderten. Eine seltsame Spannung voller Erwartung lag in der Luft. Vera wusste nicht was sie fühlen sollte, das alles hier ging ihr gleichzeitig zu schnell als auch zu langsam. Sie hatte immer angenommen, sie wäre allein, wenn sie fand was sie suchte. Nie hatte sie jemanden an ihrer Seite gehabt, dem es mehr um sie ging als um sich selbst, der sich für sie bemühte ohne persönlichen Nutzen. Es war nie störend gewesen, so funktionierte die Wildnis nun mal, alles und jeder musste einen Nutzen haben, sonst verschwendete man keine Zeit damit. Sie wusste nicht recht mit der jetzigen Situation umzugehen.

„Da." Mit einem vernehmbaren plock, traf die Fingerkuppe der Prinzessin auf den Namen Ristossorio.

„Da bist du. Veralia Ristossorio, dein Adoptivvater hat dich gemeldet, im ersten Mond nach deinem Fund. Alles rechtens", anerkennend nickte ihr Kopf, bis er verharrte.

„Was?"

Lia kratzte sich mit der freien Hand am Kinn und legte das Buch in ihrem Schoß ab.

„Normalerweise müsste, dort noch einmal deine Prophezeiung hinter deinem Namen stehen", sie deutete auf eine geschwungene Linie hinter der aufgeführt war: „Keine Prophezeiung bekannt".

„Ist das so ungewöhnlich. Ich meine viele der Steintafeln gehen verloren."

„Die Steintafeln schon, aber das Wissen darauf an und für sich nicht", grübelte Lia.

„Ich wurde halt ohne Prophezeiungstafel gefunden, na und?" Vera verstand das Problem, wollte jedoch davon ablenken.

„Das kommt schon vor, ja, aber wie gesagt, das Wissen darauf verschwindet eigentlich nicht. Die Doppelanfertigungen, Moment warte hier ich bin gleich zurück."

„Wo gehst du hin." Es kam ihr falsch vor von der Prinzessin an einem Ort den eine normale Dienerin ohnehin nicht betreten durfte allein gelassen zu werden, aber noch mehr störte es sie, dass die Prinzessin nicht wollte, dass Vera den Raum sah, den sie nun betreten würde.

„Ich muss in den Raum der Prophezeiungen, den dürfen eigentlich wirklich nur die Weisen betreten. Sie führen im Übrigen auch die Bücher. Es wundert mich, dass sie deine Prophezeiung nicht übertragen haben." Lia drückte ihr das aufgeschlagene Buch in die Hände und stand auf bevor Vera protestieren konnte. Wobei sie sich an ihren Knien abstützen und leicht an der Wand hochziehen musste. Wie es sich wohl anfühlte derartig schwächlich zu sein.

Hallend verschwanden die hastigen Schritte der Prinzessin und Vera blieb allein zurück. Die dunkle Schrift im Buch vor ihr schien sie zu verhöhnen. Ihr Name stach dunkel von den hellen Seiten hervor. In hastiger Schrift geschrieben, wie alle davorliegenden und darauffolgenden auch. Vermutlich alle zur selben Zeit, um Aufwand zu sparen. Nicht besonderes oder wertvolles. Einfach nur Namen, gesammelt und vergessen. Vera fuhr die leichten Einkerbungen der Tinte nach, die der Glasschreiber hinterlassen hatte. Im Schloss schrieb jeder mit einem länglichen Stab aus Glas mit leicht abgerundeter Spitze. Lias Schreiber war besonders edel und enthielt kleine Verzierungen und Schnörkel. Der, der obersten Zofe wies weitaus weniger Prestige auf.

Es war so still im großen Raum, in dem Vera saß, dass sie sich fast vorkam, wie der letzte Mensch im Schloss, als wären alle verschwunden und würden nicht knapp unterhalb der Erdoberfläche ihr Leben führen. Einsamkeit stach ihr ins Herz und ihr kam eine Idee. Heron war nur wenige Monde älter als sie und es wäre eine Wohltat einen vertrauten Menschen zu sehen, wenn auch nur als Tintenabdruck auf Leder. Wie Lia vor ihr suchte sie die Reihe in näherer Umgebung ihres Buches, welches sie behutsam neben sich ablegte, ab.

Sie konnte ihr Glück kaum fassen als es ihr tatsächlich in die Hände fiel.

Jahr des Wassers, Zeit des Nebels, prangte in großen Einkerbungen auf dem Einband darunter die Jahreszahl.

Heron war genau am mittigen Tag der Nebelzeit geboren, was Knut und seine Frau immer als gutes Omen gewertet hatten. Ein Kind mit ausgewogenen Talenten.

Und einem Hitzkopf, bei diesem Gedanken musste sie fast lächeln.

Auch Vera durchsuchte das Alphabet.

„Ro", ihr Finger glitt durch die Zeilen und verharrte.

Da war er. Immer schon dort gewesen, so nah.

Heron Ristossorio – Hüter der alten Könige.

Ihr Bruder hatte seine Prophezeiung nie verstanden und viele wurden auch nicht wahr. Die Prophezeiungen waren mehr ein Aufzeigen von Möglichkeiten als eine sichere Zukunft. Ein Vorschlag der Sternengeister falls bestimmte Wege sich eröffne würden. Da niemand im Dorf etwas mit dem Adel zu tun haben wollte hatte Heron seine Prophezeiung bald für nichtig erklärt und jeder hatte sie vergessen.

Aber da war sein Name, da war sein warmes Herz, seine schelmischen Streiche und seine flinken Fäuste im Kampf. Vera drückte das Buch an sich als hätte es auch seinen Herzschlag.

„Ich vermisse dich", wisperte sie ihm zu, auch wenn der Klang ihrer Stimme ihn nie erreichen würde. Auch die Wände hatten keine Antwort für sie. Ein leichter Luftzug fuhr um ihre Nase und sie wischte sich die leicht neblige Sicht wieder klarer als Lia zurückkam.

Sie blieb im Rahmen des Eingangs stehen und Vera schlug ertappt das Buch zu. Herons Geruch verschwand aus ihrer Nase.

„Was tust du da?"

Vera blinzelte, Wortverloren.

„Mein Bruder."

Das Misstrauen wisch aus Lias Stimme und schwang in erkennen über.

„Ich verstehe."

Das Geborgenheitsgefühl beim Wiederfinden eines Familienmitglieds verschwand erneut aus Veras Körper und die vorherige Anspannung kehrte zurück.

„Was hast du gefunden?", doch die Prinzessin fuhr sich nur durch die Haare und sammelte die beiden Bände aus Veras Händen und vom Boden wieder ein.

Erst als sie sie zurück an ihre Stelle geschoben hatte sah sie sich zu Vera um.

„ich weiß nicht ganz was ich davon halten soll."

„Wovon?"

„Da war nichts."

„Wie?", ihre Prophezeiung war ihr ähnlich wie Herons egal, aber sie konnte doch nicht nicht existieren.

„Es ist wirklich seltsam. Jedes geborene Kind muss spätestens innerhalb der ersten Nacht des schwarzen Mondes beim Rundgang der Wächter gemeldet werden. Eigentlich bereits von den Weisen, die die Eintragungen der Prophezeiungen machen und diese an den Palast weiterleiten, aber dir fehlt beides. Die erste Erwähnung findest du tatsächlich als Knut Ristossorio dich gemeldet hat."

„Davor nichts?"

„Nichts", bestätigte Lia noch sichtlich verwirrt.

„Als wärst du aus dem Äther aufgetaucht."

Vera lief ein Schauer über den Rücken. Sie hatte nie genau gewusst, wie alt sie war, als den Tag ihrer Geburt hatte die Familie Ristossorio den Tag ihres Funds im Eis gewählt. In diesem Moment jedoch, indem ihr der Mangel eines Anfangs bewusst wurde fühlte sie sich uralt.

Lias Augen blitzten.

„Woher kommst du Dienerin des Eises?"

Wer bin ich? Vera schluckte und senkte den Kopf.

„Und wer hat mich so gehasst, dass er meine gesamte Existenz verschweigen wollte?", murmelte sie leise vor sich hin.

Lia, die sich bereits wieder einer neuen Schriftrolle zugewandt hatte fuhr herum.

„Ich würde die Frage anders stellen." Vera runzelte die Stirn.

„Und wie?"

„Wer hat dich so gefürchtet, dass du bereits als Kind eine zu große Bedrohung warst." Es war keine Frage. Etwas klickte in Vera an seinen Platz, wie es nur Puzzleteile taten, wenn sie korrekt aneinander gerieten. Wahrheit troff aus den Worten der Prinzessin, auch, wenn sie keinen Sinn ergab und mehr Fragen aufwarf als sie beantwortete.

„Der größte Motivator ist immer Angst. Mich meiden die Leute nicht aus Ehrfurcht oder Abneigung. Neid spielt mit hinein, aber es ist nicht der Hauptgrund. Sie haben Angst vor mir. Ich spüre das."

„Du spürst zu viel, Prinzessin", doch diese zuckte nur eine Schulter.

„Ich weißund ich spüre auch, dass mit dir und deiner Geschichte etwas nicht stimmt und ichwerde herausfinden was."

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