Bassettenblüten-Rauch

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"Bassetten-Pflanzen lassen sich nur unter 
der korrekten Sternenkonstellation in alten Ruinen
pflücken, die seit mindestens fünf Jahren nicht betreten wurde. 
Sie sind medizinisch sehr potent und äußerst selten, 
also mach dir keinen Salat aus den Blättern,
egal 'wie schön blau' sie deine Zunge färben."

- eine von Moiras Notizen, Empfänger unbekannt.
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          Neyas Versteck war ein mehrstöckiges Haus im Wald, dass nur noch eventuell als Versteck durchging, weil es außen und innen von den Pflanzen des Waldes zurückerobert war. Das Dach bestand aus Moos, das selbst über die Fenster des zweiten Stocks darunter hing.
Farne, Schlingpflanzen und Gras wucherten über die Balkone und fanden sich selbst auf den flachen Treppenstufen, die zum Eingang führten.

Der herbe Geruch von Kräutern hing tief zwischen den Bäumen und ließ Yessi mehrfach niesen, als wir von unserem gestohlenen Wagen kletterten.
Ich wollte bei Henric und Neya bleiben, doch nachdem ich mit der Hand vor meinem offenen Mund gegen das Treppengeländer lief, beorderte Neya mich in ihr Arbeitszimmer, um mich dort auszuruhen, bis sie für mich ein Bett gefunden hatte.

Warmes Licht fiel durch eines der Dachfenster und erinnerte mich daran, dass ich die ganze Nacht kein Auge zugetan hatte. Wir waren so schnell gefahren, wie es Henrics Zustand zuließ. Schnell und schweigsam.
Meine Muskeln ächzten empfindlich von meinem letzten Heilungsversuch, als ich mich auf eine flache Bank niederlies und meinen Kopf gegen die kühle Scheibe drückte.

Durch das halbrunde Fenster konnte ich Yessi hinter dem Haus die Pferde tränken sehen. Spannung strahlte von seinem Rücken ab, die Schultern durchgedrückt, als befände er sich immer noch in einem Kampf. Als der Mond am höchsten gestanden hatte und nichts mehr die Nacht füllte, außer Neyas Schnarchen und der dumpfe Hufschlag der Pferde, hatte er mich gefragt, woher ich die Zeichnungen hatte.

Meine Erklärung war gebrochen von meinem schlechten Gewissen gewesen. Meine Entschuldigung hatte er lediglich abgenickt und dann wieder geradeaus gestarrt, als wäre er alleine auf dem Wagen. Mehr verletzt von der Tatsache, dass ich doch noch ein Geheimnis gefunden hatte, das er mir nicht so leicht verzeihen konnte.

Ein leises Flattern war alle Warnung, die ich bekam, ehe eine kleine Eule auf meinem Knie landete. Wäre ich nicht so müde gewesen, hätte ich vielleicht mehr als nur einen erstickten Schrecklaut von mir gegeben. Doch so wie die Sache stand, hatte Kaar mehr Glück als Verstand.

Instinktiv wollte ich erst zurückzucken und dann im nächsten Moment meine Finger nach seinem Gefieder ausstrecken. Erleichterung und ein kleines blubberndes Gefühl so warm in meinem Bauch, dass meine Stimme viel höher raus kam.
„Wo kommst du her?"

Kaar krähte.

Ich blinzelte. Eulen... krähten nicht. Ich zog meine Hand wieder zurück, die Brauen skeptisch zusammengeschoben.

Die Eule auf meinem Knie plusterte ihr Gefieder auf, drehte den Kopf von links nach rechts wie ein Opernsänger, der einen bestimmten Ton suchte und-... brachte wieder nur ein Krähen heraus.

Meine Augenbrauen schoben sich in Richtung Haaransatz. Die Erleichterung prompt von dem anderen Gefühl abgelöst, dass sich in meinen Handflächen sammelte.
„Wir haben beinahe Henric verloren und du hast eine neue Sprache gelernt?"

Missmutiges Krähen war meine Antwort. Er hüpfte von meinem Knie herunter und hinüber zu einem der Regale neben einem kleinen Schreibtisch. Es war gefüllt mit Pflanzen in Körben, Rauch in Gläsern und Flüssigkeiten in allen Farben, die in schmalen Phiolen warteten. Kaar flatterte auf das zweite Regalbrett von oben und wackelte besorgniserregend.

Ich kam sofort auf die Füße.
„Ich bin mir sogar sehr sicher, dass du dort nicht sein sollst- he! Vorsicht!"

Mein Ruf kam zu spät. Kaars Flügel, den er zur Balance weit abgewinkelt hatte, erwischte eines der Gläser und schoss es von dem Regalbrett. Empört flatterte er wieder hoch, doch nicht um das Gefäß zu retten.

Ich hechtete nach vorne und erwischte es gerade noch, bevor es am Parkettboden zerbrach. Mein Herz pumpte von der hektischen Bewegung und dem Schreck. In diesem kleinen Behälter konnte alles sein- von Nebel, der uns beide in Eulen verwandelte, bis hin zu starken Sedativen oder unersetzlichen Tinkturen.

Ärgerlich starrte ich die Eule an meinen Füßen an, die dort aufgeregt auf und ab hüpfte, die runden Augen groß und ausdrucksvoll. Demonstrativ hielt ich ihm die Flasche hin.
„Hat Moira dir noch kein Benehmen beigebracht? Willst du, dass man uns rauswirft?"

Mit einem leisen Pling hackte Kaar auf den Deckel.

Erst dachte ich, dass er meine Finger erwischen wollte. Dass ich vielleicht die ganze Zeit mit einer echten Eule sprach. Ich zog so ruckartig die Phiole weg, dass sich das Etikett löste und sanft zu Boden schwebte.

Kaar hackte auf das Stück Papier.

Ich warf ihm einen so ärgerlichen Blick zu, dass Moira stolz auf mich gewesen wäre. Finster fischte ich das Etikett vom Boden und wollte es gerade wieder an die Reste der Klebflüssigkeit pressen, als mir die kleine krakelige Schrift ins Auge fiel.

Moiras Schrift.

Mein Herz machte einen Stolperschritt und das Stirnrunzeln fiel in sich zusammen. Ich hatte nicht viele Andenken an meine alte Lehrerin, außer vielen detaillierten Erinnerungen und einigen Büchern, die ich Monsieur Boltier gestohlen hatte. Sie waren mit derselben krakeligen Schrift gefüllt, die allerlei Rezepte beschrieben, die ich nicht kochen konnte, weil Neya nicht mehr im Land gewesen war, um mir die Zutaten zu geben.

Der Rauch verbrannter Bassetten-Blüten war eines davon.

Ich schaute den bläulichen Rauch im Glas an. Dann schaute ich Kaar an.
„Wenn das schief geht, gebe ich dir allein die Schuld."

Er krähte wieder und hüpfte energisch vorwärts, die Flügel abgespreizt, als wolle er losfliegen.

Ich fixierte ihn mit einem letzten ärgerlichen Blick.
„Es ist mir egal, ob du ein Gott bist. Du weißt offensichtlich auch nicht alles." Aber ich drehte vorsichtig an dem Deckel, einen Daumen immer darauf gepresst, um nichts von dem kostbaren Rauch zu verschwenden.

Dann ging ich vor der Eule in die Knie und entließ den Inhalt direkt unter Kaars Schnabel. Der Rauch war innerhalb eines Herzschlages verschwunden, aber er hinterließ den wohlbekannten Lavendelduft, den die Auflösung von Flüchen und magischen Nebenwirkungen immer begleitete.

Für einige Sekunden fühlte ich mich in Moiras kleine Kammer zurückversetzt, in der sie ihre Patienten behandelt hatte und mir gleichzeitig von deren Dummheiten berichtete, die sie überhaupt erst in diese Situationen gebracht hatten. Mehr als nur einmal war Jac involviert gewesen.
Und eine Welle von Heimweh rollte über mich drüber, dass ich fast nicht sah, wie die Eule vor meinen Füßen erschreckend schnell ihre Größe erst verdoppelte und dann vervielfachte.

Federn rieselten zu Boden, krächzen wurde zu Husten und noch bevor ich ein zweites Mal geblinzelt hatte, kniete Kaar vor mir. Vollkommen nackt und von seinem Prusten vorneübergebeugt.

Ich warf schnell einen Blick aus dem Fenster, um sicherzugehen, dass Yessi immer noch bei den Pferden war. Und während Kaar versuchte, seine Lunge von dem Rauch zu befreien, eilte ich zu der Tür, an deren Haken Neyas Arbeitskittel hing.

Er war zu kurz für Kaar, offensichtlich für eine Kräuterfrau gemacht, die nur halb so groß war wie er. Aber es half, dass er zumindest großteilig bedeckt war, als er sich schließlich erhob und Staub von seinen Gliedmaßen klopfte.

Ich wartete mehrere Dehnübungen ab, während in meinem Bauch das anfängliche Gefühl zurückkehrte, das ich inzwischen als Ärger erkannte. Ich war froh ihn zu sehen, da bestand kein Zweifel. Aber ich konnte nicht verhindern, dass meine Frage beim zweiten Mal vorwurfsvoll klang.
„Wo warst du?"

Kaar stockte, einen Arm hinter seinen Rücken verrenkt und drehte sich zu mir um. Ich hatte vergessen, dass er sanft grün leuchtete. Dass seine Haare im Sonnenlicht rot schimmerten und dass er so offensichtlich nicht menschlich war, dass es Yessi aufgefallen sein musste.
„Ich", erklärte er mit einem stolzen Zug um den Mund, „... habe etwas in die Wege geleitet."

Ich teilte seine Zufriedenheit nicht. Das war keine Antwort. Keine richtige zumindest. Die Arme vor der Brust verschränkt, lehnte ich mich zurück auf meine Fersen.
„Du hast versprochen, dass du mir helfen würdest."

Kaar ließ seine Arme sinken, offensichtlich ebenfalls mein Missfallen registrierend, aber noch unsicher, was er getan hatte.
„Habe ich!"

Nein. Ich wusste nicht, ob er meine Gedanken hören konnte, aber anscheinend las er es auch so von meinem Gesicht ab. Er war einfach gegangen, ohne einen Ton zu sagen. Er hatte gott-Sachen gemacht, die er ebenfalls nicht mit mir teilte und jetzt war er einfach wieder da, als wäre nichts geschehen. Meine Finger gruben sich in meine Oberarme.
„Henric ist beinahe drauf gegangen."

Ich wusste nicht, wie er das in seiner Eulenform hätte verhindern sollen, aber aus irgendeinem Grund wollte ich, dass er wusste, was für eine beschissene Zeit ich gehabt hatte. Dass er wusste, wie müde und angestrengt ich war.

Aber Kaar verstand von all dem gar nichts. Verwirrt hob er die Arme, eine halbe Bewegung, die nur halbes Verständnis zeigte.
„Ich dachte, du magst den anderen lie-..."

„Wie lange weißt du schon vom Mann im See?", fiel ich ihm ins Wort, weil ich nicht über meine Gefühle reden wollte. Nicht mit ihm. Nicht mit Yessi, der auch nicht mit mir redete. Ich wollte Antworten. Antworten, die uns weiterbringen würden. Die all das hier beendeten.

Kaars Blick wanderte unsicher zur Seite und ich hatte den Verdacht, dass er Moira im Zimmer vermutete. Oder er nach einer Möglichkeit im Regal suchte, sich doch wieder in ein Waldtier zu verwandeln. Schließlich fielen seine Schultern ab, aber der Blick aus seinen grünen Augen wurde so viel erwachsener, als ich ihn jemals gesehen hatte.
„Seit er angefangen hat, Königinnen und Könige zu ermorden."

Der Mann im See hatte also recht gehabt. Kaar wusste schon so viel länger von dem Sterben der Leute. Und er hatte nichts gesagt. Meine Hände ballten sich zu Fäusten. Mein Kiefer wurde fest.
„Wie viele hat er schon ermordet?"

„Neunzehn."

Das Wort schlug mir die Luft aus der Lunge. Ich hatte keine Ahnung, was ich erwartet hatte, aber die Nummer war so viel größer, so viel höher... Eine kurze Bilderfolge von all dem Leid, das der Tod einer einzigen Person auslöste, ließ mich rückwärts auf die Bank sacken. Mein Ärger verpufft wie der Rauch der Bassetten-Blüten.
„Neunzehn?" Das Wort klang klein aus meinem Mund.

Es gab nicht einmal neunzehn Länder. Nicht einmal zehn. Was bedeuten musste, dass der Mann im See Generationen für seine Sache-.... geopfert hatte? Königinnen und Könige, deren Eltern er bereits niedergestreckt hatte und die dasselbe Schicksal traf.

Unwillkürlich wanderte mein Blick runter zu Yessi, der die Pferde inzwischen eingestallt hatte und von Neya eine Schüssel mit dampfender Suppe entgegen nahm. Er saß unter einer Kastanie auf einer Bank und starrte ins Leere. Alte Wunden so frisch, dass er immer wieder vergaß, wo er gerade war.

„Ich habe sie versucht zu schützen. Ich habe ihnen allen Magie gegeben", drang Kaars Stimme dumpf an mein Ohr heran.

Ich fuhr förmlich zu ihm herum. Bilder von Yessi in meinem Kopf, der die Trauerweiden blühen ließ. Eine Gabe, die er geheim hielt, weil er sie nicht verstand. Weil ihm niemand jemals geholfen hatte und laut seinem Wissen Magie ausgestorben sein sollte.
„Er kann seine kaum verwenden." Die Worte schmeckten bitter auf meiner Zunge. Kaar hatte ihm keine Hilfe gegeben, sondern einen Maker, ein leuchtendes Signal, dass-... oh nein.

Yessi, nicht Marus konnte Magie wirken. Was bedeutete-... Meine Augen wurden größer als ich wieder nach unten zu ihm starrte. Der Mann im See brauchte Königinnen und Könige. Und Marus war vielleicht der Erstgeborene... aber nicht der König.

Neben mir baute sich Kaar auf und zum ersten Mal, seitdem ich ihn persönlich kennengelernt hatte, glaubte ich sowas wie Ärger in seinen feinen Zügen zu sehen. Die Realisation, dass er wusste, dass ich recht hatte, aber nicht, wie er es hatte besser machen sollen.
„Du willst, dass ich ihn stärker mache? Bitte!"

Unten explodierte Yessis Schüssel unter seinem abwesenden Blick in seinen Händen. Mit einem Japsen sprang er auf und zurück, seine Hände von sich gestreckt. Er rief nach Neya, doch ich drehte mich weg, um Kaar wütend anzufunkeln.

Es brauchte mehrere tiefe Atemzüge, dass ich meine Stimme so weit im Griff hatte, um nicht zu schreien. Um sachlich über die Situation zu sprechen, ohne Anschuldigungen herumzuwerfen, die uns nirgendwohin brachten. Was nicht heißen sollte, dass ich es nicht wirklich wollte. Dass ich nicht meine innere Moira rauslassen und neue Flüche nur für ihn erfinden wollte, die selbst eine Gottheit noch nie gehört hatte.

Ein tiefer Atemzug.

Noch einer.

Und noch einer.

„Ich bin dir immer dankbar, dass du mir mein Leben zurückgegeben hast", das war ein guter Anfang, auch wenn ein Muskel in Kaars Kiefer zuckte, „Aber wenn du meine Hilfe in dieser Sache willst, spielen wir ab jetzt mit offenen Karten. Warum bringt der Mann im See all die Königinnen und Könige um?" Yessi, Jacs und Isabellas Leben stand auf dem Spiel und es gab nur einen Weg, sie zu schützen. Ich musste den Mann stoppen.

Kaars Blick schweifte wieder von mir ab. Verlor sich irgendwo zwischen dem Moos und den Schlingpflanzen, die auch hier die Wände herunter kletterten. Die von den Deckenbalken hingen und ihre Pollen in der Luft glitzern ließen. Erst als ich bereits an einer Antwort zweifelte, sagte er: „Ich vermute, dass er ein altes Ritual ist, um den alten Göttern ihre Kraft zurückzugeben."

Ich wurde stocksteif. Henrics Ausdruck, als Kaar das erste Mal von den alten Göttern gesprochen hatte, kehrte grau zu mir zurück. Die Panik in dem Gesicht eines Hauptmannes. Sein Griff zu dem Schwert, das ihm nichts bringen würde. Und die grässliche Narbe auf seinem Arm.

Aber warum wollte der Mann die alten Götter zurückhaben? Ich erinnerte mich an die Vision, in der er mit mir gesprochen hatte. Mich gewarnt hatte, was passieren würde, wenn ich nicht umkehrte. Und den Krieg, den er mir gezeigt hatte. Das brennende Haus und die-...
Ich hob den Kopf.
„Kaar... bist du die einzige Gottheit, die Leben zurückgeben kann?"

Kaar runzelte die Stirn, kurzzeitig von meinem Richtungswechsel aus dem Takt gebracht. Er öffnete gerade den Mund, um zu antworten, als hinter ihm die Tür aufging und sich die gedrungene Gestalt der Kräuterfrau herein schob.

War Neya überrascht einen fremden Kerl in ihrem Arbeitszimmer zu sehen, der nichts weiter als ihren Kittel trug, nahm sie es gleichgültig hin. Sie musterte ihn lediglich so kritisch, dass mein Herz stehenblieb und Kaar wieder den Mund zu klappte, ehe sie zu ihrem Regal hinüber schleifte.
„Du hast dir Zeit gelassen", verkündete sie an Kaar gewandt.

Sie suchte für mehrere Momente in ihrem Bestand nach einer bestimmten Phiole, ehe sie wieder zu mir zurückkehrte und mir den dunklen Trunk aus den Schlafkräutern in die Hand drückte.
„Moira will mit ihr sprechen." 

✧ 
"Da verschwindet man ein Mal und freut sich jemand, wenn man wieder zurückkommt? Nein." - Kaar, ist schwer beleidigt. 

Habt ihr auch diese Freunde, die bei dem ersten Tropfen Alkohol plötzlich spurlos verschwinden? 

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