Kein Popplet-Kraut

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"[...] eine Nevanam ist stets Naturgebunden. 
Hier erhält sie Kraft für ihre Fähigkeiten. 
Speicher für ihre Magie und Lupen für ihren Fokus. [...]
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          Wenn es in Tacia regnete kam Farbe vom Himmel wie flüssiger Frühling. Ich hörte ihr Eintreffen auf dem Dach der alten Scheune. Hörte die dicken Tropfen auf dem Kiesweg vor der Tür, in den Kelchen der Nachtblüher. Sie lullten mich in einen unruhigen Schlaf, aus dem ich immer wieder hochschreckte und sofort wieder von dem Schmerz in meinem Bauch eingeholt wurde.

Ich hatte nicht nachgesehen, wie tief die Wunde war. Ich konnte nicht einmal mehr genau sagen, ob es Henrics Schwert oder Morems Dolch gewesen war. Ich erinnerte mich lediglich an den beißenden Schmerz und die kurze Klarheit, die mit ihm gekommen war. Wenn es wirklich tief wäre, ginge es mir bestimmt schon schlechter. Richtig?

Was das anging, wurden meine Gedanken ein wenig schwammig. Oder alles wurde schwammig.
In der hinteren Ecke des Stalls bereiteten Koch und Henric Andrew für seinen Transport auf. Aber ich hörte nie was sie sprachen, außer, dass sie erst nach Yessi und mir die Scheune verlassen würden. Dass sie einen Wagen brauchten und jemand das Haupttor öffnen musste.

Aber ich vergaß gleich wieder wer. Ließ den Regen die Erinnerungen mit dem Schmerz fortwaschen und wachte erst wieder auf, als Yessi mich an der Schulter berührte. Meine Hand rutschte mit einem Zucken von meinem Bauch, die Handfläche nass und rot. Ich wischte sie hastig an dem Schemel ab, bevor Yessi es bemerkte.

Im Zwielicht sah er älter aus, als er eigentlich war. Schatten sammelten sich unter seinen Augen und ich packte meine Wunde ein klein wenig fester. Versteckte sie unter einer Tasche, die Henric mir aus einem der Regale gebracht hatte. Ich würde Moira nach einem Blutstiller fragen, der auch hier wuchs. Das war ein guter Plan.

Die kurze Verabschiedung zwischen Yessi und Koch drang nur dumpf an meine Ohren. Ich war so damit beschäftigt, mich aufrecht zu halten, dass ich nie zu Henric sah, sondern wie eine Puppe an Fäden Yessi aus der Tür folgte.

Die Nacht draußen war eisig auf meiner Haut, getränkt von dem Duft dutzender Pflanzen, die ihr sanftes Leuchten an den Hof abgaben. Sie blendeten mich und wenn Yessi nicht so bestimmt weitergegangen wäre, hätten meine Füße nie den Pfad zwischen den bunten Flecken hindurch gefunden.

Ich zitterte.

Versuchte es zu unterbinden und klapperte stattdessen mit den Zähnen. Das musste am Regen liegen. Er spülte das Blut von meiner Haut. Zumindest hoffte ich, dass das der Regen war.

Yessi warf mir über die Schulter einen kritischen Blick zu, doch entfernte Stimmen unbekannter Männer, holte seine Aufmerksamkeit sofort wieder zurück. Sanft nahm er meine Hand und zog mich weiter. Schneller, als ich mir noch zutraute zu laufen.

Ich wusste innerhalb von Sekunden nicht mehr wo ich war, der vertraute Garten ein Gemisch, das immer wieder seine Form fand und in Farben zerlief. Erst als Yessi meine Hand losließ und ein wohl bekanntes Quietschen ertönte, wusste ich, dass wir meinen Garten erreicht hatten.

Aber die Geräusche waren weit entfernt. Und ich fühlte mich müde. So müde.

Irgendwo weit hinten in meinem Verstand wusste ich, dass wir nach Popplet-Kraut suchen sollten. Dass das der Grund für unseren nächtlichen Spaziergang war. Aber in einem göttlich klaren Moment sah ich den wohlbekannten alten Stuhl, halb überwuchert von der Natur um ihn herum und ich ließ mich auf ihn plumpsen.

Er sackte sofort in den Regennassen Boden ein, aber ich war zu müde, um noch einmal die Augen zu öffnen. Schmerz pulsierte dumpf in meinem Bauch, aber ich hatte keine Kraft mehr, um darauf zu drücken. Und es fühlte sich eh gleichgültig an... wenn ich einfach nur kurz...

„Kaliee?", Yessis Stimme war so nah, dass ich ihn nicht ignorieren konnte. Ich spürte seine Gestalt in der Abwesenheit des Regens. In der Wärme, die er mit sich brachte.

Jemand seufzte zufrieden auf. Hoffentlich nicht ich. Das wäre peinlich.

Aber ich tat es definitiv, als ich Yessis große Hände auf meiner Haut spürte. Als er erst meinen Arm untersuchte und dann-... oh, nicht an den Bauch.

Sein Zucken war so physisch, dass sich sogar meine Augen öffneten. Er kniete vor mir, die nassen Haare in seinem Gesicht und beide Hände an meinem Bauch. Aber er hatte nicht bemerkt, dass ich ihn ansah, weil er das Loch in meinem Kleid anstarrte. Oder besser gesagt, was dahinter lag.

„Warum hast du nichts gesagt?", er sprach so leise, dass ich seine Worte mehr von seinen Lippen saß und in dem sanften Bogen, den der Regen um sie herum machte. Er sah schön aus. Das konnte ich zugeben.

Aber leider erwartete er auch eine Antwort. Und ich erinnerte mich wieder daran, warum wir hier draußen waren.
„Es...", reden war anstrengend und ich musste tief Luft holen, um meine Stimme zu einem verständlichen Laut zu bewegen, „Es ist nicht so schlimm, wie es aussieht. Nur ein kleiner Schnitt."

Ich wollte mich aufrappeln und endlich die Suche beginnen, aber Yessi ließ mich nicht aufstehen und ich hatte nicht mehr die Kraft, um mich zu wehren.
„Wie viel Blut hast du verloren?"

Eine neue Welle an Schmerz und Schwindel presste meine Antwort zurück in meinen Mund und ich schloss die Augen. Mein ganzer Körper fühlte sich schwer an. Schwer, kalt und nutzlos.

Ich könnte-...

„Kaliee! Wie viel Blut hast du verloren?", er schüttelte mich, bis ich die Augen wieder öffnete. Bis ich die feinen Linien der Panik in seinem Gesicht sah, die ihn vollkommen fremd aussehen ließen. Den Yessi, den ich kannte, war nie in Panik. Er fiel durch Löcher im Fußboden und stürzte sich als nächstes in eine Schlacht mit Flugeidechsen.

Aber dieser Yessi, der vor mir kniete und seine Hände auf meinen Bauch presste, dieser Yessi hatte große Augen und schnelle Bewegungen. Ein flehen auf seinen nassen Lippen und rasante Regentropfen auf seiner Haut.

„Ich...", sein Gesicht wurde wieder unscharf und der Garten um uns herum begann sich zu drehen. Ich schluckte, zwang meine Zunge in Bewegung, doch es war furchtbar anstrengend und ich verlor die Kraft bereits nach einem Wort, „Wir..."

Die Zeit um uns herum zog sich auseinander und meine Herzschläge mit ihnen. Um uns herum fielen die Tropfen langsamer, schwereloser. Aber ihr Aufprall war wie ein Kratereinschlag. Kälte sammelte sich überall unter meiner Kleidung, wo Yessi mich nicht berührte.

Ich wollte wieder die Augen schließen, doch Yessi nahm meine Hand und irgendwo in meinem Brustkorb flatterte etwas, das ich sonst eingesperrt hielt.
„Du musst dich selbst heilen", ein wenig fester als nötig presste er meine Hand auf die Wunde. Zu hektisch. Zu schnell. „Gib mir etwas von deinen Schmerzen."

Auf gar keinen Fall.
Aber der Regen nahm auch diesen Gedanken. Er nahm alles mit sich, bis nur noch die Kälte blieb.

Und eine Melodie, die in meinem Kopf ihre ersten Noten anklingen ließ.
Ich brauchte lange, bis ich das Lied erkannte, eines, das ich nie für den Wagenkönig gesungen hatte, sondern für meine Mutter, als sie im Sterben lag.

Die Erinnerung war so weit entfernt, so gut vergraben gewesen. Aber der Regen spülte sie frei und entlockte mir ein schwaches Summen. Es war rau in meinem Hals aber so viel leichter als Worte. Kratzig und schief, aber es gab mir ein klein wenig der Wärme zurück.

Note für Note erinnerte ich mich daran, wie mein Vater sie mir beingebracht hatte. Wie Jac sie für mich gesummt hatte, wenn wir gemeinsam in den Feldern gespielt hatten. Und sie nahm mir ein wenig meiner Schmerzen.

Genug, dass ich die Augen wieder öffnete. Ich hatte nie gemerkt, dass sie mir wieder zugefallen waren. Und ich war nicht mehr ganz so sicher, warum ich so müde gewesen war. Warum-...

Ich sah die Blüten zu meiner linken als erstes. Sie hatten ihre farbigen Köpfe in die Richtung meiner Hand gestreckt, doch ihr Leuchten dimmte sich. Ihre hauchzarten Blütenblätter streichelten meine Fingerspitzen und zerfielen unter ihnen zu Staub.

Ich riss meine Hand mit einem Ruck fort.

Das Moos auf meine Stuhl war trotz des Regens ausgetrocknet und das Gras darunter erinnerte mich an Tacia, wie es vor meiner Abreise gewesen war.
Neue Übelkeit sammelte sich in meinem Bauch, aber sie hatte nichts mit der Verletzung zutun.

Die schmerzte zwar noch, aber als ich meine Hand von ihr löste kam sie sauber und Regennass zurück. Ich hatte mich selbst geheilt. Aber der Preis war überall um mich herum in den Garten geschrieben.

Magie kann niemals Schaden anrichten. Was hatte ich also getan?

Als hätte er meine Gedanken gehört, lösten sich Yessis Augen von meinem Bauch und fanden meine. Er sah so müde aus, wie ich mich eben noch gefühlt hatte, doch anstatt einfach umzukippen, zog er mich nach vorne in eine Umarmung, die selbst den Regen verdrängte.
„Die Pflanzen ernähren sich seit Generationen von den Überresten meiner Familie. Sie geben dir gern etwas zurück."

Er sprach dicht an meinem Ohr, eine Hand in meinen Haaren. Durch sein nasses Hemd spürte ich seinen rapiden Herzschlag, als wäre er Meilen gerannt, nur um hier zu sein. Als hätte er eben noch gegen etwas gekämpft. Und auf eine andere Art und Weise nahm er mir die Kälte, bis er selbst zitterte.

Seine Bewegung entlockte mir einen dumpfen Schmerzenslaut, den ich gerne verschluckt hätte, denn schon im nächsten Augenblick ließ er mich los. Brachte mich auf Armeslänge Abstand, als hätte ich ihn verbrannt. Seine Berührung war federleicht, als er schließlich eine nasse dunkle Strähne aus meinem Gesicht wischte, als könne er es so besser lesen.
„Warum hast du nichts gesagt?"

Er klang verletzt und das Gefühl übertrug sich auf meinen Brustkorb. Furchtbarer, als die Wunde in meinem Bauch.
„Es ist nicht so schlimm-..."

„Lüg mich nicht an, Kaliee. Du hast eine medizinische Ausbildung. Du weißt, wie gefährlich so eine Wunde sein kann", fiel er mir ins Wort und dieses Mal hörte ich auch den Vorwurf. Die Angst, die ihn schneller sprechen ließ als sonst.

Regen fiel zwischen uns wie ein Vorhang. Klebte an meiner Kleidung und ließ mich schaudern.
„Ich hätte mir etwas einfallen lassen, aber ich wollte nicht noch länger brauchen. Was, wenn mein Bruder das nächste Opfer wird? Was, wenn es dein Bruder wird?", ich spürte wie die Vorstellung mir den Atem stahl. Es war nur ein Unfall gewesen. Wenn ich nur kurz Zeit gehabt hätte...

Aber Yessi schüttelte bereits den Kopf, dass die Regentropfen aus seinen Haaren fielen. In seinen grauen Augen sammelte sich der altbekannte Sturm.
„Ich möchte meinen Bruder retten, aber er hat sich selbst in diese Situation gebracht." Ärger und Sorge, in einem explosiven Gemisch, das sowas wie Schmetterlinge in meinem Bauch auslöste.

Ich erstickte sie sofort. Schob seine Hände von meinen Schultern und rutschte ein klein wenig nach vorne. Wie konnte er immer noch an andere denken? Irgendwo im Hintergrund waren die nassen Schritte fremder Soldaten in seinem Heim zu hören. All das, was er aufgegeben hatte für jemanden, die ihn immer nur angelogen hatte.
„Yessi, du hast so viel bereits verloren. Ich könnte unmöglich-..."

„Noch eine weitere Person von mir wegnehmen?" Seine Augen wurden dunkler und er lehnte sich noch ein Stück von mir weg. Ließ mehr von der Welt um uns herum zwischen uns kommen. Das dumpfe Licht der Blüten unter uns. Der Geruch von feuchter Erde und Gras.

Und sein Vorwurf. Er hatte recht. Ich hatte ihn schon wieder angelogen.

Sein Blick stahl mir meine Antwort und ich musste wegsehen, um meine Gedanken zu ordnen. Er hatte mich mit Absicht falsch verstanden. Zwang mich, auszusprechen, was ich seit dem Tag in den Zellen wusste. Schmerz pumpte durch meinen Bauch und ich knirschte mit den Zähnen.
„Warum musst du es mir so schwer machen? Ich rede von Personen, die dir wichtig sind. Personen, die du in deinem Leben brauchst."

Yessi antwortete nicht gleich. Stattdessen nahm er mein Gesicht in seine Hände, damit ich ihn ansehen musste. Ging im regennassen Gras auf die Knie, damit wir auf Augenhöhe waren.
„Du denkst, der Grund, warum ich dich nicht hier haben will, ist weil ich dich nicht brauche?" Seine Handabdrückte brannten sich auf meine Haut. Wir waren uns so nah, dass ich einen Muskel in seinem angespannten Unterkiefer zucken sah. „Ich habe dich sterben gesehen, Kaliee. Und ich weiß, dass du nicht darüber reden möchtest, aber irgendjemand muss es aussprechen: Egal was euer merkwürdiger Arzt behauptet, du warst tot." Seine Augen wanderten über mein Gesicht, aber ich fühlte, wie er mich innerlich aushöhlte. Mich rückwärts in das schwarze Loch der verbotenen Erinnerungen stieß und hinterher sprang. „Ich habe deinen toten Körper in dieser Nacht gehalten und es war der letzte Schlag, den mein eigenes Herz getan hat."

Zwischen einem Pulsschlag und dem nächsten wechselte der Garten um uns die Szene. Ich spürte noch den Regen auf meiner Haut, aber es blühten keine Blumen mehr. Es war kalt, es war nass, aber es war das Tacia vor meinem Tod. Und klarer als jemals zu vor sah ich den bewegungslosen Yessi, der mich in den Armen hielt wie eine Puppe.

„Ich bin in diesem Moment mit dir gestorben und wenn nur eine Sache seither logisch laufen würde, würden wir beide nebeneinander unter der Erde liegen." Er holte mich so leicht zu ihm zurück, wie blinzeln. Nur dass der Yessi vor mir genauso erschlagen aussah. „Ich habe dich nicht gerettet, ich habe deinen Körper nach Hause gebracht, weil ich nichts anderes mehr tun konnte. Und ich wusste, dass sie mich dafür aufknöpfen würden."

Weil er gedacht hatte, er hätte ihre Nevanam entführt und sterben lassen. Aber ich war keine Nevanam. Ich hatte ihn angelogen. Und ich verstand nicht, wieso er mich so verzweifelt ansah. Das war alles gewesen, bevor er die Wahrheit erfahren hatte. Bevor...

„Hast du auch nur eine Vorstellung, wie ich mich gefühlt habe, als sie sagten, dass du wieder lebst?", der stetige Regen wurde leise im Vergleich zu seinen Worten. Die Kälte stumpfte ab gegen den Schmerz und den Zorn, den sie in seinen Augen sah, „Ich will mich nie wieder so fühlen. Aber egal was ich tue, was ich versuche... es ist, als würdest du Gefahr und Tod magisch anziehen."

Weil ich es riskieren musste. Und irgendwas an ihm verlockte mich, es auch auszusprechen. All das Gewicht auf meinen Schultern vor seine Füße zu werfen, als habe er nicht schon genug eigene Probleme.
„Was, wenn ich sie verschwende? Wenn das meine zweite Chance war und ich-... ich lass sie einfach vorbeiziehen?"

Etwas sagte mir, dass ich ihm nicht von Kaar und seinem Auftrag erzählen sollte. Aber ich wollte, dass er mich trotzdem verstand wie Henric es nicht tat. Dass er sah, dass ich versuchte, das Richtige zu tun.

Yessis Blick fiel wieder auf meinen Bauch, seine Wimpern schwer von dem Regen.
„Du hättest sie beinahe weggegeben. Wie viel hättest du noch erreicht, wenn du auf diesem Stuhl gestorben wärst? Wie hättest du deinen Bruder geschützt?"

Er hatte recht. Aber das machte es nicht einfacher. Die Müdigkeit kehrte in Wellen zurück und ließ die Lichter um mich herum dumpf wirken. Ich hatte einen Fehler begangen. Hätte fast Kaars Geschenk weggegeben, weil ich den Kopf verloren hatte.

Als er dieses Mal mein Gesicht anfasste, war seine Berührung federleicht. Wie eine Frage nach einer Einladung, ehe er unendlich vorsichtig seine Stirn an meine legte.
„Dein Leben bestimmt den Wert meines Lebens. Deine zweite Chance ist auch meine zweite Chance, die deines Bruders und sogar die deines dämlichen Hauptmannes. Jedes andere Leben, das du berührt hast, wird ein Stück verlieren, wenn du gehst. Also nutze deine zweite Chance."

Es fühlte sich an wie Heimkehren. Wie ein warmes Bett nach einem langen Tag im Regen oder das Licht im Fenster der Küche.
Instinktiv ließ ich mich gegen ihn sacken und stellte mir für einen kostbaren Augenblick keine Fragen.

Dann hörte ich die Rufe.

Sie waren immer noch weit fort. Dumpf und nicht an uns gerichtet. Hufe klapperten auf dem Kiesboden und Holz ächzte.
Jemand öffnete das Tor.

Der Kräutergarten lag halb verborgen, aber mit Yessis Hilfe richteten wir uns beide auf und schlichen einige Schritte zu einem hohen Busch, der aber nicht die Sicht auf das Haupttor versperrte.
Das Haupttor, das gerade geöffnet wurde.

Die Silhouette eines einzelnen Reiters wurde durch die Blumenwiese im Moor erleuchtet. Doch bevor sein Reittier nur einen einzigen Schritt durch das Tor machen konnte, rumpelte eine Kutsche vom Stall auf ihn zu.

Sein Pferd scheute zur Seite und während er um die Kontrolle rang, preschte die Kutsche nach draußen und verschwand im nächsten Moment hinter der Mauer.

Ich hatte keine Ahnung gehabt, dass Koch so fahren konnte. Der Lärm ihrer Flucht ließ mehrere Lichter entlang des Haupthauses angehen und den Garten neu erstrahlen. Männer riefen durcheinander, Schwerter wurden gezogen und für einen atemlosen Moment fürchtete ich, dass sie die Verfolgung aufnehmen würden.

Doch nur eine einzige Armbewegung des Reiters und es wurde sofort wieder stumm um uns herum. Er zögerte. Sah der Kutsche hinterher, bewegungslos auf seinem Pferd. Aber schließlich wendete er es und ritt in den kreisrunden Innenhof. In das Licht der Fackeln.

„Marus." Yessi stand dich an mich gepresst, eine Hand immer noch schützend auf meine Schulter gelegt, als fürchte er, ich könne ebenfalls fliehen. Als er seinen Bruder erkannte, wurde der Druck schwerer.

Vorsichtig sah ich zu ihm auf.
„Willst du mit ihm reden?" Es würde schwierig werden, aber ich verstand den Impuls. Marus war nicht nur sein Bruder. Sie kannten sich schon ihr Leben lang. Und Yessi würde das niemals einfach aufgeben.

Aber sein Mundwinkel zuckte verdächtig, als er zu mir runter schaute.
„Nur mit einer Zellwand zwischen uns oder er in armdickem Seil eingepackt ist." Marus kam zweifelsohne von seiner erfolglosen Suche nach Cini zurück und die Erleichterung ließ ihn frech werden.

Eine ungute Vorahnung ließ mich die Augenbrauen zusammenschieben und meinen Bauch fester packen. „Du willst nicht wirklich mit ihm kämpfen?"

Sein Grinsen wurde breiter.
„Sorge um mich?"

Immer. Weil es irgendjemand tun musste. Yessi kümmerte sich um jeden anderen, nur nicht um sich selbst. Und wenn er der Meinung war, dass er mich schützen musste, würde ich alles daran setzen, es genauso für ihn zu tun.
Aber das würde ich natürlich nicht sagen.

Stattdessen sah ich wieder zu Marus hinüber und stelle mit einem winzigen Funken Zufriedenheit fest, dass ich neben Yessi keine Angst mehr vor der Erinnerung hatte.
„Ich könnte ihn mit meinen Schmerzen ausknocken."

Ich müsste dazu in Körpernähe kommen und es wäre sicher gefährli-...

‚Eine Nevanam setzt niemals ihre Fähigkeiten für Schmerzen ein.' Moiras Stimme erklang nicht in meiner Nähe sondern in meinem Ohr. So deutlich, dass ich zusammenzuckte und instinktiv wusste, dass Yessi sie nicht gehört hatte.

Eine violette Blüte, so klar als hätte man sie aus meinen Erinnerungen unterhalb der Trauerweiden gepflückt, leuchtete sacht auf. Pulsierend. Lebendig. Tadelnd?
‚Mach keine ruckartigen Bewegungen oder deine halbherzige Heilung wird wieder aufreißen. Schau lieber, wen er mitgebracht hat.'

Ich hatte die zweite Gestalt auf Marus Pferd nicht gesehen, bis er abstieg. Er hatte sie quer über sein Pferd vor sich gelegt und zwei Männer halfen ihm, sie herunter zu heben. Sie war gefesselt und stolperte, kaum da sie auf ihren eigenen Füßen stand.

„Das ist Neya." Der Name war von meinen Lippen, bevor ich mich im Griff hatte. Überraschung so stark, dass ich mir selbst kaum glaubte. Wozu brauchte der Mann im See-...

Neben mir reckte sich Yessi für eine bessere Sicht.
„Die Kräuterhexe?"

Ich hatte keine Ahnung, woher er Neya kannte, aber die Minderschätzung ihrer Arbeit von den Männern in Eslaryn reichte mir vollkommen. Er würde nicht so von ihr sprechen.
„Sie ist keine Hexe. Sie macht nur Tränke...", ich stöhnte innerlich, ehe ich den Satz zu Ende brachte, mich selbst leise verfluchend, „... und wohnt im Wald."

Überraschung hob Yessis Augenbrauen, als sein Blick von der Kräuterfrau und zu mir wechselte.
„Oh nein, sie hat definitiv magische Fähigkeiten. Ziemlich sicher, dass sie deinen Verlobten zurückverwandeln könnte."

Es war schon wieder die Art, wie er Verlobter sagte, die mich leicht die Augen verengen ließ.
„Eifersüchtig?"

Sein Grinsen war jede Stichwunde im Bauch wert. Aber antworten tat er nicht. Yessi hatte einen neuen Plan. 


"Voted, weil ich habe auch einen Plan, aber mich hört ja (fast) niemand." - Moira, genervt warum niemand hier mitdenkt. 

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