Zwei Pricillas-Perlen

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          „Sie will, dass du ihn befreist", erklärte mir Kaar einige Stunden später, als er von seinem Ausritt mit meinem Bruder zurückgekehrt war. Er lief neben mir durch den Palastgarten, verfolgt durch eine seltsam verliebte Ente, die immer wieder quakend ihre Meinung kundtat.
Das abendliche Licht fiel durch die kleinen Blätter an den Bäumen und brach sich in Kaars bronzefarbenen Haar, „Ich glaube, sie hat Gefühle für ihn."

Das war sicherlich Teil des Problems. Sie hatte noch genug Gefühle für Yessi gehabt, um bei mehrfachem Mord mitzuhelfen. Sie hätte meinen Mord in Kauf genommen. Und trotzdem konnte ich die vielen kleinen Wunden auf ihren Händen und Armen nicht vergessen.

Die Luft um uns herum schmeckte dick, als wollten die einzelnen Wolken über uns jeden Moment aufbrechen und einen der seltenen Regenschauer über Eslaryn ergießen. Die meisten Palastbewohner waren kichernd und rufend ins Innere geflüchtet und warteten hinter den Fenstern auf das Schauspiel, während Kaar und ich die Einsamkeit genossen. Bis auf die Ente.
„Sie würden mich an seiner Stelle einsperren." 

"Du könntest zumindest nicht hier bleiben", nickte Kaar und fügte nach kurzer Überlegung noch hinzu, "... oder zurückkommen."
Einen verurteilten Verbrecher befreien und Krieg für meine Heimat riskieren? Da hätte selbst Jac keine Wahl vor dem Senat.

Mein Magen zog sich zusammen. Nicht von der Vorstellung die rollenden Wiesen und grünen Wälder hinter mir zu lassen. Ich sah zurück zum Palast, hinter dessen Wänden irgendwo Jac und Isabella waren. Vermutlich in irgendeiner Diskussion vertieft, die nur Sinn für die beiden machte. Oder wo Henric und Madame Acó vermutlich gerade auf der Suche nach mir waren. 

Über uns zogen sich die Wolken zusammen und stahlen das Licht. Die Ente quakte und plusterte ihr Gefieder auf, doch sie ließ uns nicht alleine. Stattdessen gewann sie Unterstützung in einem sandfarbenen Luchs, der sich zwar im Schatten der Bäume hielt, doch sich dort betont desinteressiert putzte.

Ich beobachtete ihn mehrere Herzschläge lang unter gerunzelten Augenbrauen und drehte mich spontan zu meinem Begleiter um.
„Glaubst du, sie hat Andrew und Cini wirklich befreit?" Es änderte nichts daran, dass ich Yessi befreien musste, aber wenn sie versucht hatte zu helfen.... Ich wusste nicht, warum ich so darauf hoffte.

Ein leichter Wind kam auf und zupfte an meinen Kleidern. Kaar hatte die Finger ausgestreckte und ließ sie von dem Luftstrom gleiten, spielte mit ihm. Er hatte nur mit einem halben Ohr zugehört, doch sein Nicken zögerte nicht. „Sie hat zu jeder Gottheit gebetet, dass Marus sie nicht erwischt." Sein Blick fiel auf seine Hand und er sah mich vielsagend an.

Es hatte nur keiner auf das Gebet geantwortet. Die Verzweiflung, die das beschrieb, sammelte sich wie ein Kloß in meinem Hals. Also war Marus auf der Jagd nach ihnen. Ich zog meine Unterlippe zwischen meine Zähne, gestresste Kreise im Gras vor Kaar drehend.
„Kannst du sehen, wo Andrew und Cini sich verstecken?"

Irgendwo im Gebüsch hinter uns knackte etwas und ich drehte mich um, nur um ein Kaninchen näher hoppeln zu sehen, die Ohren neugierig gespitzt. Was bei... ? Es war schwierig Kaar salopp in Sprichwörtern zu benutzen, wenn er neben einem stand.

Der verzog das Gesicht, als müsse er schwer nachdenken, ehe er schließlich den Kopf schüttelte.
„Beide nicht gläubig. Ganz, ganz schwaches Signal." Aber er versuchte es noch einmal, während sich drei weitere Kaninchen in grau und braun zu der Ente gesellten, die sie lautstark begrüßte. „Ich glaube, sie sind im... Moor? Wiese?"

Mit einem Seufzen fielen meine Schultern.
„Sie sind in Gican. Großartig." Ich wollte meinen Kopf in die Hände nehmen und zupressen, bis die vielen Einzelteile darin wieder ganz wurden und Sinn ergaben. Wir hatten eine tote Königin in meinem Bett- mehrere Wagenunfälle einschließlich dem von Yessis Eltern, die identisch abgelaufen waren und Marus, der Jagd auf Andrew und seine Schwester machte, weil... warum eigentlich?
Es machte genauso wenig Sinn wie sein Versuch, Yessi zu töten. Er wollte die Krone nicht. Er wollte Yessis Frau.

Um uns herum fielen die ersten Tropfen auf die Blätter und dann zu uns herab. Warm und dick. Kaar reckte ihnen sein Gesicht entgegen und ein feines, ehrliches Lächeln ließ ihn von innen heraus leuchten. Empört schüttelte die Ente ihr Gefieder aus und watschelte auf ihn zu, um sich auf seinem Fuß vor dem Regen zu schützen.

Für einen kurzen Augenblick verschwommen die Grüntöne seiner Kleidung mit der Welt um uns herum und erinnerten mich daran, dass er ein Gott der Erde und der Natur war. Mehrere Lieder, die seine Erschaffung beschrieben, kamen zu mir zurück. Ihre Melodie eine weit entfernte Erinnerung an vergangene Tage mit vollkommen anderen Problemen. Als die Welt noch nur aus Jac und mir bestanden hatte. 

„Ich kann dir helfen, deinen König aus den Zellen auszubrechen." Er hatte die Augen nie geöffnet, aber ich spürte seine Aufmerksamkeit auf mir, die weit tiefer ging, als mich nur anzusehen.

„Mit Magie?" Ich wischte mir nasse Haarsträhnen aus dem Gesicht und warf der Gruppe Rehe einen langen Blick zu, die für meinen Geschmack viel zu nahe gekommen waren. Wir hatten nicht einmal Rehe im Palastgarten! Sie beobachteten uns aus braunen Augen, als wüssten sie, wer da neben mir stand.

Ohne sein Gesicht aus dem Regen zu nehmen, linste Kaar auf mich herunter und sein zufriedenes Lächeln wurde ein wissendes Grinsen.
„Wenn ich es richtig mitbekommen habe, hat der Wagenkönig dir mehrfach seine Hilfe angeboten."

Ich zuckte derartig zusammen, dass die Kaninchen auf Abstand gingen. Anklagend hob ich einen Finger in seine Richtung. Er war also doch in meinem Kopf! Konnte er meine Gedanken lesen? Alle?
„Woher -...? Du warst hier- ich war alleine mit ihm."

Sein Grinsen erlosch, doch die Wärme blieb in seinen grünen Augen zurück. Obwohl Kaar in dieser Gestalt kaum älter als ich aussah, schaffte er es mitten im Regen so sanft auszusehen, wie ein Vater. Wie jemand, der mich schon jahrelang kannte und wusste, zu welchen Schlüssen ich kommen würde. „Dein Glaube ist ein wenig stärker als andere", erklärte er ruhig und fügte mit einem Zwinkern hinzu, „Merklich angestiegen, seitdem du mich sehen kannst."

Ich sah schnell woanders hin. Ich hatte immer gewusst, dass es ihn gab. Es war unmöglich, Moira zu kennen und nicht an die Wunder dieses merkwürdigen Gottes zu glauben. Ich hatte nur immer angenommen, dass er mich besonders leiden könnte. Und wenn ich ganz ehrlich war, war ich mir immer noch nicht ganz sicher. 

Aber um ihm das ins Gesicht zu sagen, fehlte mir hier draußen der Mut. Der Regen war angenehm, doch meine Kleidung wurde schwer von dem Wasser und so setzten wir den Weg zum Palast zurück, jeder in seine eigenen Gedanken versunken.

Nur noch zwei Tage. Ich hatte nur noch zwei Tage. Und egal wie viel dagegen sprach, egal wie schmerzhaft die Zukunft aussah, in der ich Jac vielleicht nie wieder sehen würde... ich konnte Yessi nicht sterben lassen. Vielleicht würde ich nach Eslaryn zurückkommen dürfen, wenn erst einmal Gras über die Sache gewachsen war. Oder ich fand einen Weg, mein Aussehen zu verändern...

„Wir könnten den Wagenkönig fragen, ob er die Schuld für die Befreiung auf sich nimmt", warf Kaar ganz nebensächlich ein, als wir beinahe das Haupthaus erreicht hatten. Die meisten Tiere hatten uns inzwischen wieder verlassen, bis auf- natürlich- die Ente.

Fast hätte wider meinen Sorgen gelacht.
"Wir können keinen Schwerverbrecher fragen, ob er einen Königsmörder aus den Zellen befreien kann." Selbst wenn er dazu in der Lage wäre, wäre der Preis etwas, was selbst ein Gott nicht stellen konnte. Und zum Thema Schuld übernehmen-... Willard Roussex konnte nicht sonderlich gläubig sein, wenn Kaar ihn so wenig kannte.

Neben mir rümpfte Kaar die Nase und sah für einen kurzen Augenblick beinahe beleidigt aus.
„Ich kann Magie nutzen." Und wie zu Demonstration schippte er mit den Fingern.

Nur das Trommeln des Regens antwortete.

Kaar runzelte die Stirn.

Ich sah mich um.

Nichts war passiert.

Sehr gut. So viel dazu.
Aber er wollte helfen. Und er war momentan der Einzige, der dieselben Puzzleteile hatte wie ich. Also legte ich ihm wie meinen älteren Patienten die Hand auf den Arm und zog ihn sanft weiter.
„Ich weiß, ich weiß. Es tut mir leid. Wenn wir runter in die Zellen wollen, werden wir zwei Soldaten ausknocken müssen, die vorne über die Schlüssel wachen." Ich konnte im Augenwinkel sehen, wie er das Gesicht verzog. Keine Gewalt war aber auch keine Lösung. Ich könnte Isabella nach Pricillas- Perlen fragen, aber das schrie förmlich ‚Ich habe Blödsinn vor'. Und Henric brauchte normalerweise nicht einmal so eindeutige Warnsignale, um zu wissen, dass ich etwas plante.
„Am besten haben wir bereits Fluchtpferde irgendwo warten. Und wir brauchen einen Grund, warum sie uns das Tor zur Stadt öffnen würden."

Ich wollte gar nicht überlegen, wie wir Yessi unerkannt aus dem Tor bekommen sollten. Oder was passieren würde, wenn wir erwischt werden würden. Nachts war verlockend, aber genauso verdächtig wie die Perlen. Außerdem hatte der halbe Palast Schlafstörungen, was ironischerweise durch die Perlen gemildert werden konnte, wenn man sie nur richtig zubereitete und dosierte. Aber ich wollte mich nicht darin festfahren.

„Wenn wir es Tagsüber machen- früh morgens- dann würden wir beide zumindest nicht auffallen." Wir nicht, aber Yessi. „Wenn wir einem der bewusstlosen Wachen die Rüstung stehlen, könnten wir Yessi so verstecken." Das war gar keine so schlechte Idee. Henric beschwerte sich jedes Mal, wenn ich ohne nötigen Schutz den Palast verließ. Ich könnte ja genau dieses eine Mal auf ihn hören.

Ein letztes Mal. Der Gedanke stahl mein kurzes Lächeln und wurde säuerlich in meinem Mund.
Ich sah auf und bemerkte, dass ich uns unbewusst zum Äußeren Eingang der Zellen geführt hatte. Die schwere dunkle Tür wartete auf uns wie ein Zeuge des wahnsinnigen Plans, den wir ausheckten.

Kaar sah mich von der Seite an, die Augenbrauen zusammengeschoben.
„Du kannst keine Männer bewusstlos schlagen."

Sein Blick fiel auf meine Oberarme und mein Mund klappte wortlos auf. Also wirklich...
„Hey- ich bin vielleicht nicht sonderlich kräftig, aber mit einem dicken Ast-..."

„Nevanam legen ein Gelübde ab, keine Gewalt zu verwenden", fiel er mir ins Wort und pflückte einen kleinen violetten Käfer von meinem Ärmel.

So viel zu der Hoffnung, dass er den Teil des Plans gleich wieder vergessen hatte.
„Aber ich bin kei-...", setzte ich an und stockte. Nur nach und nach löste sich mein Verstand von dem schier unüberwindbaren Problem, Yessi zu retten, und registrierten Hirnzelle für Hirnzelle, was er da gerade gesagt hatte. Und mit jeder verstreichenden Sekunde wurden meine Augen größer.
„Du würdest mich immer noch zur Heilerin machen?" Vergessen war der Regen um uns herum.

Er hob eine Augenbraue und setzte den kleinen Käfer betont vorsichtig unter ein großes Buschblatt.
„Wenn du niemanden bewusstlos schlägst." Der Käfer krabbelte über seinen Schuh hoch in sein Hosenbein.

Ich erzählte ihm lieber nicht von dem einen Mal, als ich Yessi geboxt hatte. Oh... Yessi. Meine kleine Seifenblase aus Hoffnung zerplatzte wieder. Ich konnte keine Nevanam werden, wenn das bedeutete, dass wir Yessi nicht befreiten.
Irgendjemand wird jemanden umhauen müssen", murmelte ich geschlagen. Oder mit Perlen vergiften- aber da war er vermutlich genauso dagegen.

„Nicht du."

Ich sah wenig beeindruckt zu ihm auf. Ich dachte, er wollte mir helfen?
„Willst du sie etwa umhauen?" Jetzt war es an mir, seinen Oberarm zweifelnd anzusehen. Die Wachen würden Yessi wohl kaum freiwillig herausrücken. Das hatte ich bereits versucht.

„Nein", schüttelte Kaar den Kopf und deutete mit dem Daumen hin sich, „Deswegen habe ich ihn gerufen."

Ich musste mich ein kleines Stück zur Seite lehnen, um den Kiesweg hinter ihm zu sehen. Und den Mann, der nass auf uns zu joggte. Willard Roussex.

Ich blinzelte langsam. Ich hatte den Wagenkönig noch nie so schnell gesehen. Oder in irgendeiner Form des Sports. Und schon drei Mal nicht in den Wänden des Palasts. Irgendwo in meinem Gehirn gab es eine plausible und verständliche Erklärung für das, was ich sah. Doch ich hatte sie nicht.

Stattdessen kam der Wagenkönig auf uns zu. Vollkommen außer Atem und in einem stetigen Tempo. Gestresst sah ich mich in alle Richtungen um, ob irgendein Soldat ihn bereits bemerkt hatte, denn ich hatte den nagenden Verdacht, dass die Erklärung hierfür ebenfalls bei mir gesucht werden würde. Aber ich wusste nicht einmal, wie der Kerl hier rein gekommen war.

Worte hatten mich kurzzeitig verlassen und so begrüßte Kaar ihn, kaum da er endlich zu uns aufgeschlossen hatte, sein breitestes Grinsen zeigend.
„Ah! Willard. Gerade haben wir von dir geredet."

Willard Roussex, der vermutlich nicht einmal von seinem Ehemann Willard genannt wurde, stützte beide Hände auf seinen Knien ab und rang nach Atem. Das hielt ihn allerdings nicht davon ab, erst Kaar und dann mir einen vernichtenden Blick zuzuwerfen, ehe er schließlich zwischen mehreren tiefen Atemzügen herauspresste: „Wer ist dieser Hampelmann?"

Die Frage war unmissverständlich an mich gerichtet und just in diesem Moment hätte ich wirklich wirklich gerne einmal die Wahrheit gesagt und Roussex dabei beobachtet, wie er seine Zunge verschluckte. So aber blieb es wieder an mir, für meinen Gott zu lügen, der nebenher die penetrante Ente auf den Arm nahm und streichelte.

Ich unterdrückte ein Seufzen.
„Mein Verlobter. Anscheinend...", mein vorwurfsvoller Blick prallte an Kaars sonnigem Gemüt ab, „...brauchen wir deine Hilfe." Und ich wollte zu gerne sehen, wie er sich das jetzt vorgestellt hatte.

Zu meiner Überraschung richtete Roussex sich auf und strich seine Hose glatt.
„Ich hatte so ein Gefühl", brummte er mich an, als wäre auch das meine Schuld.

Kaar lehnte sich zu mir herunter und flüsterte: „Sehr gläubig. Möchte man gar nicht meinen bei seiner Berufswahl."

Ich konnte nicht anders. Ich starrte ihn an. Je gläubiger eine Person war, desto mehr Einfluss konnte er auf sie nehmen? Auf meinen Armen breitete sich eine Gänsehaut aus, als meine Vorstellungskraft mehrere Szenarien ausspuckte, die meine eigene Gläubigkeit demonstrieren könnten. Vielleicht sollte ich doch ein klein wenig an ihm zweifeln. Er könnte schließlich ein Betrüger oder Schauspieler sein.

... der Schwerverbrecher mit einem Fingerschnippen in den Palast rief.

Sicher.

Ich zog eine Grimasse und Roussex hob eine dunkle Augenbraue.
„Bei was braucht ihr meine Hilfe?"

Er stellte nicht einmal in Frage, wie er wusste, dass wir seine Hilfe brauchten. Er hatte ein Gefühl gehabt und jetzt war er hier. Ich konnte unmöglich die Einzige sein, die das gruselig fand.

„Du musst jemanden bewusstlos schlagen", sagte Kaar mit großem Enthusiasmus, gleichzeitig, wie ich sagte: „Wir wollen den König aus der Zelle befreien."

Willard zuckte nicht einmal mit der Wimper.
„Wen bewusstlos schlagen?" Er stand im Innenhof des Palasts, die Arme verschränkt als wäre er in seinem eigenen Schreibzimmer und nicht umgeben von Soldaten, die ihn jederzeit bemerken und festnehmen konnten.

Neben mir nahm Kaar die Ente in eine Hand und stieß mit der anderen dramatisch die schwere Holztür zu den Zellen auf. Hinter der Tür wartete Henric.
„Ihn."

Hatte ich bereits erwähnt, dass er immer wusste, wenn ich etwas Blödes plante?

"Drück den kleinen Stern" - Kaar, versucht mithilfe seiner Gabe euch Ungläubige zu beeinflussen.

Seid ihr bereit, Yessi zu befreien?
(Kaliee ist es nicht, aber die wird auch nicht gefragt)

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