Ein Popplet-Kraut-Tee

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"Es gibt nicht viele Verbrechen, auf die 
Tod durch den Galgen stehen (z.B. blauer Mord). 
Da sich Eslaryn als ziviles Land versteht, werden viele 
Missetaten, die nicht vor dem König oder dem Senat
verzeihbar sind, mit Exil geahndet.
Frei nach: Geh und sei das Problem von jemand
anderem."
- Auszug aus den Tafeln der Gerichtbarkeit,
Eslaryn, 200 J. nach dem Verschwinden der Götter.
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          „Oh Gott." Das war alles, was mir einfallen wollte, während ich auf Henrics ausgestreckte Gestalt mitten im Wachtzimmer starrte. Puls hämmerte in meinen Ohren und meine Atmung ging stoßweise. Das war nicht der Plan gewesen. NICHT. DER. PLAN.

„Ich bin hier", ließ Kaar mich wissen, der mit seiner Schuhspitze vorsichtig in Henrics Seite stupste.

Keine Reaktion. Da war kein Blut auf dem Boden. Der Boden um seinen Kopf herum war grau und staubfrei. Die scharfe Kante des Tischs hatte sich wie durch magische Hand (vermutlich Kaar) nach hinten geschoben, als Henric gefallen war und die Stühle mit sich an die Wand gedrückt.

Er war gefallen wie ein Stein. Die Augen riesig vor Verrat.

Eine Kerze flackerte noch, die andere war von dem Windstoß erloschen, den Henrics fallender Körper ausgelöst hatte. Und ich konnte nicht wegsehen. Das war nicht mein Plan gewesen.
„Oh Gott, oh Gott, oh Gott."

Kaar warf mir einen besorgten Seitenblick zu, viel zu entspannt für eine Situation, die vollkommen aus dem Ruder gelaufen war.
„Ich stehe immer noch neben dir."

Hinter ihm schüttelte sich Willard Roussex die bereits gerötete Hand. Ohne große Zeremonie stieg er über Henric hinweg und bedeutete Kaar, die Tür hinter uns zu schließen.
„Das wollte ich schon immer mal machen. Blasierter Arsch."

„Willard Roussex!" Vor mir lag mein Freund. Der Mann, den Isabella, meinen Bruder und jeden in diesem Palast mit seinem eigenen Leben schützen würde. Und er hatte mich gesehen, wie ich mit einem Schwerverbrecher im Palast unterwegs war. Und wie ich zur Seite getreten war, damit dieser ihn umhauen konnte. Oh Gott. Oh GOTT! Meine Hände rieben über meine Arme, als könne ich so das schäbige Gefühl loswerden.

Roussex teilte meine Panik nicht. Er hatte mit sowas deutlich mehr Übung. Er nutzte die flackernde Kerze, um die erloschene wieder anzuzünden und drehte sich dann fragend zu mir um.
„Was? Retten wir jetzt deinen König oder nicht?"

Wir hatten keine andere Wahl. Nicht mehr. Vergesst die Pläne, Pferde bereitzustellen oder die beste Uhrzeit, um ungesehen aus dem Palast zu schleichen. Wir- und damit meinte ich eigentlich die zwei Männer neben mir- hatten gerade den Hauptmann der Palastwache umgehauen.

„Ausgezeichnet." Kaar klatschte in die Hände und ich zuckte zusammen.

Wollten sie ihn einfach hier liegen lassen?

Die Antwort war ja. Roussex hatte sich bereits zur Treppe gewandt und verschwand um die erste Biegung, während Kaar aus seiner Jackentasche ein verdächtiges Fläschchen mit blau-grauer Flüssigkeit zog und mir in die Hand drückte. Dann folgte er eilig dem Wagenkönig.

Für mehrere Herzschläge starrte ich das Fläschchen an, ehe ich vorsichtig den Korken entfernte und daran schnupperte. Popplet-Kraut-Sirup. Es gab kein besseres Schlafmittel.
Das Gesicht verziehend, ging ich neben Henric in die Knie. Mehrere Entschuldigungen murmelnd, brachte ich ihn in eine stabile Seitenlage und flößte ihm die Tinktur ein. Er hatte das nicht verdient. Dann beeilte ich mich, ihnen zu folgen.

Ich hatte keine Wahl mehr. Wenn ich jetzt die Chance hatte, Yessi zu retten, würde ich sie auch ergreifen. Er wollte mich vielleicht nicht mehr an seiner Seite haben, aber zu seinem Pech hatte er in diesem Moment kein Mitspracherecht.

Besagter König stand bereits in seiner Zelle, klassisch mit Gitterstäben in jeder Hand und sah aus finsteren Augen zu unserer kleinen Gruppe hinauf, als wisse er bereits die Antwort auf seine Frage.
„Was habt ihr gemacht?"

Genau das, was er nicht von mir wollte. Es war ein fortlaufendes Muster zwischen uns. Ich hatte meine Schwierigkeiten, ihn direkt anzusehen, obwohl ich ihn gleichzeitig anstarren wollte. Sehen wollte, ob seine Verletzungen ordentlich heilten. Ob er mich immer noch aus seinen nichtvorhandenen Plänen ausschloss, weil ich ihn angelogen hatte. Die ganze Zeit.

Ich zog eine Grimasse, als mir die Ähnlichkeiten zu Dramen aus dem Theater auffiel.
War alles nur eine Lüge?' – ‚Nein, meine Gefühle waren echt!' Nur meine magischen Heilkräfte für seine Schwester leider nicht. Die Überlegung schmeckte bitter und jetzt konnte ich ihn wirklich nicht mehr ansehen.

Roussex teilte meine Probleme schon wieder nicht. Er blieb neben der Treppe stehen wie ein Türsteher, die Arme verschränkt und der Ausdruck so finster, dass ich den Verdacht hatte, er mache das Kellergewölbe noch dunkler.
„Deine kleine Heilerin ist hier, um dich auszubrechen."

Ich war nicht klein? Nicht wirklich kleiner als er zumindest.

„Eigentlich ist sie meine Heilerin...", murmelte Kaar neben mir leider nicht laut genug, um Yessis Aufmerksamkeit von mir zu ziehen. Sie war wie eine Gewitterwolke, die sich in einem sehr leisen und umso intensiveren Poltern entlud.

„Kaliee. Das kannst du nicht machen." Ich fühlte mich zurückversetzt zu den vielen Malen, als er mich an den Schultern gepackt und leicht geschüttelt hatte, bis ich ihm endlich zuhörte. Nur dass ich dieses Mal schlau genug war, den Gitterstäben nicht zu nahe zu kommen.

„Zu spät. Wir haben gerade den Hauptmann der Palastwache bewusstlos geschlagen", mischte Roussex sich ein, im Licht der einzelnen Öllampe seine wunden Knöchel begutachtend, wie andere eine Maniküre.

Ich bekam den brennenden Wunsch, ihn loszuwerden.

Yessaias Miene wurde so eisig, wie ich ihn das letzte Mal nur im Moor erlebt hatte, als er mich hatte neben Bachar stehen sehen. Seine Stimme fiel zu einem Wispern herab, das definitiv nur für meine Ohren bestimmt war und zu viel Verzweiflung preisgab.
„Bist du übergeschnappt? Du machst dich strafbar- du wirst dein Heim verlieren... deine Familie-..."

„Ich weiß!", fuhr ich ihm über den Mund, bevor er all meine Ängste laut aussprechen konnte. Bevor mir selbst bewusst wurde, was ich hier gerade opferte, „Aber dein Bruder hat meinem Bruder ein Ultimatum gestellt, das dein Leben beenden soll, während er Andrew und Cini durch das Moor jagt." Die Worte kamen so schnell von meinen Lippen, als wollte ich sie loswerden. Als könne ich sie nicht aufhalten. Und ich musste tief Luftholen, ehe ich den letzten Satz aussprechen konnte. „Sie werden dich hinrichten, Yessi."

Er blinzelte, als hätte ich ihm einen Eimer Wasser über dem Kopf ausgeleert. Für einen Herzschlag verloren seine Augen den Fokus, ehe er sehr langsam sagte: „Cini ist wach?"

Rechts hinter mir lehnte Kaar sich zu Willard Roussex hinüber. „Hat er gehört, dass sie ihn hinrichten wollen?" Ernsthafte Sorge um den Geisteszustand meines Freundes schwang darin mit.

Mich überraschte nichts davon. Und ich war bereit, weiter in diese Kerbe zu schlagen, wenn mir das Yessis Kooperation zusicherte. Ich würde ihn nicht für mich sterben lassen.
„Wir können sie nicht alleine durchs Moor wandern lassen, bis entweder Marus oder Bachar sie womöglich findet."

Yessi sah mich immer noch nicht an, aber sein Griff um die Gitterstäbe lockerte sich.
„Ich werde sie alleine suchen. Wenn jemand fragt, erzählst du allen, ich hätte dich gezwungen, mich zu befreien." Bei den letzten Worten fanden seine Augen meine und er starrte in mich hinein wie eine Drohung.

Er wollte mich nicht dabei haben. Er hatte mir meine Lüge nicht verziehen. Und es hinterließ irgendwo in mir einen blauen Fleck, der mich schärfer antworten ließ, als beabsichtigt.
„Genau wie du mich gezwungen hast, diese Beiden zu involvieren?" Ich nickte nach links und nach rechts. Vielleicht sollte ich ihm auch etwas von der Popplet-Kraut-Tinktur geben und seinen schlafenden Hintern aus diesem Land karren.

Willard Roussex nahm sofort Anstoß an meinem Kommentar.
„Niemand kann mich zu irgendetwas zwingen. Ich bin mein eigener Herr", schnappte er förmlich, als wäre er nicht auf das Fingerschnippen von Kaar im Palastgarten aufgetaucht. Sein fragiles Ego als Anführer des örtlichen Verbrechens schützend.

Kaar sah ihn für einen kurzen Augenblick interessiert an, ehe er seine Haltung nachahmte.
„Und ich mein eigener... Gott?" Wäre er nicht so sehr über das letzte Wort gestolpert, hätte Willard ihn vielleicht nicht angesehen, als wäre er vollkommen übergeschnappt.

So machte der Wagenkönig einen demonstrativen Schritt von mir und Kaar weg, als erwarte er, dass wir beide eine ansteckende Krankheit haben mussten.

Noch zweifelnder sah nur Yessi aus, der von mir zu Willard und schließlich zu Kaar blickte, nicht ganz sicher, ob er aus seiner Zelle wollte, wenn das bedeutete, keine schützenden Gitterstäbe zwischen sich und uns zu haben.
„Wer sind die Zwei?"

Natürlich blieb es an mir hängen, die beiden vorzustellen.
„Das...", ich deutete über meine rechte Schulter, „... ist unser lokaler Kopf einer kriminellen Bande, für den mein Bruder und ich früher gearbeitet haben."

Ich konnte auf Yessis Gesicht sehen, das ihm diese Erklärung nicht sonderlich viel half, wenn nicht sogar noch mehr verwirrte. Und das war noch nicht einmal die peinlichere Vorstellung, die ich gerne ausgelassen hätte.

„Und der andere...", ich musste sehr tief Luft holen, „... ist mein Verlobter."

Yessis Gesicht versteinerte.

Mein Herz setzte einen Schlag aus.

Willard, auf den ich fälschlicherweise zeigte, brachte nur ein einziges Wort heraus: „Hä?"

Ich drehte mich zu ihm und entdeckte meinen Fehler. Er stand zu meiner Linken.
„Nicht du. Der andere." Oh, das machte nichts besser.

Yessis Stimme blieb vollkommen tonlos.
„Verlobter?" Das erste Mal ließ er die Gitterstäbe los und lehnte sich ein Stück zurück.

Ein weiterer blauer Fleck formte sich in meinem Brustkorb. Ich wusste nicht, warum es mich so sehr störte. Ich wollte eine Nevanam werden. Kaar war nicht wirklich mein Verlobter. All das sollte nichts bedeuten.

Aber ich konnte fast nicht hinsehen, als Kaar auf die Zelle zukam, die Hand ausgestreckt, als erwarte er, dass Yessi sie ergreifen würde.
„Monsieur Pallel. Freut mich, Euch kennenzulernen."

Yessi nahm sie nicht, sondern starrte mich einfach weiterhin an, mit diesen viel zu intelligenten Augen, die schon wieder verrieten, dass sein Verstand dahinter arbeitete.
„Verlobter?" Aus seinem Mund klang das Wort wie eine Beleidigung.

Kaar merkte davon nichts. Die Stirn gerunzelt, kehrte er neben Willard Roussex zurück.
„Vielleicht hört er auch einfach schlecht."

Ich wünschte! Stattdessen bohrte sich sein Blick in meinen und ließ mich verzweifelt nach Worten suchen. Er musste denken, dass ich Kaar schon vor unserer Zeit zusammen gekannt hatte.
„Yessi, ich..."

„Und warum hat dir dein Verlobter nicht deutlich gemacht, dass du gerade dein Leben wegwirfst?", fiel er mir ins Wort und ließ die Spannung wie einen Faden reißen. Sein Blickkontakt brach ab und fand die zwei Männer neben mir.

„Oh, deine Befreiung war meine Idee", warf Kaar ein und erntete einen finsteren Blick, nicht nur von Yessi, sondern auch von Roussex.

„Der Einzige, der hier bisher irgendetwas gemacht hat, um den Kerl zu befreien, war ich."

Ich schloss für einen winzigen Moment die Augen, um mich besser fokussieren zu können. Wir hatten nicht genug Zeit, um hier unten zu stehen und zu diskutieren.
„Es geht um den neuen Mord, Yessi." Die Worte hallten in der folgenden Stille nach. Bilder von der durchtrennten Kehle der Königin kamen zu mir zurück und ich berührte unbewusst meine eigene feine Narbe am Hals. „Er hilft mir, ihn aufzuklären."

Wie ein Trick des Lichts wurde Yessis Blick sanfter, gequälter, ehe er seine Skepsis zurückkehrte.
Sein Gesicht war kaum mehr verheilt, seitdem ich ihn das letzte Mal gesehen hatte, aber es büßte nichts an Entschlossenheit ein.
„Ich kann dich nicht aufhalten. Aber ich werde nicht all diese Typen mitnehmen."

„Oh, ich werde ganz bestimmt nicht in irgendein Moor mitkommen. Ich habe meine Interessen hier", entgegnete Willard Roussex mit einem vielsagenden Blick zu mir, der mich an die Zeichnungen erinnerte, die ich ausgerechnet heute sogar in meiner Rocktasche mit mir trug, „Aber ich kann euch herausschmuggeln."

Ich runzelte die Stirn.
„Wie?"

„Auf demselben Weg, wie ich in den Palast gekommen bin", zuckte Willard Roussex mit den Schultern, als erkläre er mir, wie man am besten von der Bäckerstraße zu den Seidenhändlern kam, ohne an den Gerbern vorbeizumüssen.
Er erklärte allerdings nicht, wie genau er in den Palast gekommen war, sondern warf mir lediglich den Schlüsselbund zu, den er Henric abgenommen haben musste, während ich eine Panikattacke gehabt hatte und marschierte wieder hoch.

Wenige Augenblicke später folgten Kaar, Yessi und ich in angespanntem Schweigen. Ich traute mich nicht wirklich Yessi anzusehen, aber ich spürte seinen Blick auf mir, wie jemand, der unter einer Lupe saß. Zumindest, bis wir an dem immer noch bewusstlosen Henric vorbei kamen.

Ich stoppte abrupt und Yessi, der direkt hinter mir gelaufen war, musste spontan zur Seite treten, um mich nicht umzurennen.
„Wir können ihn nicht einfach hier liegen lassen." Ich wusste nicht genau, was mein Alternativ-Plan war, aber ihn so zu sehen, drehte mir fast den Magen um.

Kaar rümpfte die Nase und ging neben Henric in die Knie, ohne ihn dabei wirklich zu berühren.
„Er hat dich und mich gesehen." Was so viel bedeutete wie: Sobald er aufwacht, sind wir gesuchte Personen und besser so weit weg wie möglich, „Wir können ihn nicht erst ins Bett bringen." Oder jemanden finden, der auf ihn aufpasste, bis er aufwachte.

Yessis Brauen verdichteten sich, bis sie Schatten über seine grauen Augen warfen. Sein Blick wanderte von Henric zu mir und wurde... kalkulierender. Ich wurde den Eindruck nicht los, dass er in einem einzigen Augenblick meine gesamte Geschichte mit dem Hauptmann entschlüsselte.
„Dann nehmen wir ihn mit."

Ich öffnete den Mund, um zu widersprechen. Henric würde uns niemals bei der Suche nach Cini, Andrew oder dem Mann im See helfen, aber die anderen beiden Männer nickten nur einvernehmlich und halfen Yessi, Henric zu tragen. Anscheinend war Entführung schon wieder ein großes Motiv in meinem Leben. 


"Drückt das Sternchen für weitere Entführungen." - Kaar, nie der direkte Entführer, aber irgendwie immer involviert. 

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