KAPITEL 4 - LUCIDEON (4)

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DAS SCHLOSS VON ISMATHIEL, TALLION-TURM

   „Es wird nicht mehr lange dauern", murmelte Tristan und sah angestrengt auf die Tür zum Schlafzimmer der Prinzessin. „Der Zauber lässt langsam nach."

Lucideon konzentrierte seine Sinne und sandte sie durch das Zimmer hinüber zur schlafenden Prinzessin. Und tatsächlich hatte sich der feine Hauch von Tristans Magie auf ihrem Körper beinahe verflüchtigt.

   „Ich glaube, ich gehe besser und lasse Euch allein. Zu viele Wesen auf einmal würde sie sicher nur überanstrengen", erklärte der General und Lucideon meinte, etwas wie Traurigkeit in seiner Stimme zu hören. Was war wohl auf der Erde passiert? Hatte Ryac sie gut gekannt oder nur aus der Ferne beobachtet?

„Ihr müsst nicht gehen, General. Ich bin sicher, dass wenigstens ein bekanntes Gesicht ihr helfen wird", entgegnete Solaia und stand ebenfalls auf. Ihr Lächeln war aufrichtig, sie meinte es wirklich ernst. Hatte sie vergessen, was damals bei Tristans Ankunft geschehen war?

   „In diesem Fall ist es besser so, Tante. Du weißt, wie ich darauf reagiert habe." Auch der Prinz hatte sich erhoben, den Blick entschuldigend auf den General gerichtet.

   „Lass ihn ziehen, Solaia. Ich bin sicher, der General hat noch einige Angelegenheiten nach seiner Rückkehr zu erledigen." Lucideon zuckte beim Klang von Incendius' Stimme erschrocken zusammen. Er hatte gar nicht bemerkt, dass sich der Elfenkönig aus Tristans Zauber hatte befreien können. Ein wütendes Funkeln lag in seinem Blick, wann immer dieser den Prinzen streifte. Seine tiefe Stimme aber war freundlich, war es immer, wenn er mit seine Frau sprach.

Solaia ließ die Hand, die sie nach dem General ausgestreckt hatte, sinken und nickte langsam. Ihr Blick war verschleiert, als verweilte sie in Erinnerungen an Tristans Rückkehr, daran wie er seine Beschützerin beinahe angefallen hätte, wäre sein Vater nicht dazwischen gegangen. Bis heute sah Lucideon den Blick des jungen Prinzen vor sich, klarer noch als alles andere um ihn herum. So viel stand in seinen dunklen, blauen Augen geschrieben, dass dem alten Zauberer sogar jetzt noch ein Schauder über den Rücken rann. Wut. Angst. Verzweiflung. Sehnsucht. Traurigkeit. Und so viel mehr, das Lucideon gar nicht benennen konnte. Es war eine andere Zeit gewesen, Tristan war wesentlich jünger bei seiner Rückkehr, aber keiner wusste, keiner konnte auch nur erahnen, wie Lilliana auf die Wahrheit reagieren würde. Lucideon hoffte für sie und ihre Familie, dass sie reifer und verständnisvoller war als ihr Cousin vor drei Jahren. Dass sie verstehen würde, weshalb man sie von ihren Eltern hatte trennen, sie belügen und nun hatte zurückholen müssen. Er hoffte es um Solaias Willen, die nicht noch mehr Schmerz ertragen sollte, und um Incendius' Willen, der genug Lasten zu tragen hatte. Lucideon wollte nicht, dass Lillianas Reaktion ihn endgültig niederdrückte, weil er fürchtete, dass der Elfenkönig dann nicht mehr aufstehen würde. Incendius war stark, stärker als die meisten jungen Elfen in seinem Alter, aber irgendwann war auch diese Kraft aufgebraucht.

   „Ich danke Euch, dass ich ein Teil ihres Lebens sein durfte. Es hat mir sehr viel bedeutet", sagte der General und verbeugte sich tief vor den Tallions, ein trauriges Lächeln auf den Lippen.

   „Wir danken Euch, dass Ihr Euch um sie gekümmert habt, General. Und dass Ihr sie unterrichtet habt, auch wenn das nicht Teil Eures Auftrags gewesen ist." Nun war es Incendius, der sich verbeugte, was alle Beteiligten, Lucideon eingeschlossen, sprachlos machte. Incendius hatte sich bisher für kaum jemanden verbeugt, und selbst nur dann, wenn er tiefen Respekt für diese Person empfand.

Ryac Daracrys richtete sich auf und neigte zum Abschied leicht das Haupt. Kurz vor der Tür hielt er inne und richtete seinen Blick auf den Prinzen.

   „Wenn sie sich fürchtet, sag ihr, dass sie ihr eigenes Schicksal schmiedet." Es dauerte nur eine Sekunde, ehe Tristan nickte und sich ein wissendes Lächeln auf seinem Gesicht ausbreitete.

   „Das werde ich, danke", versprach er. Der General lächelte dankbar, ehe er auf den Gang hinaustrat und sich die Tür leise hinter ihm schloss.

„Was hat es damit auf sich?", fragte Solaia neugierig und sah ebenso wie der Prinz auf die Tür, die hinaus auf den Korridor führte.

   „Das wissen nur Lilliana und der General allein", murmelte Tristan, bevor er sich abrupt dem Zugang zum Schlafzimmer zuwandte. „Es ist fast so weit."

Ein Ruck ging durch die gesamte Familie, als sie sich alle zeitgleich erhoben und der angelehnten Tür zuwandten. Lucideons Blick fiel auf Solaia, deren Gesicht ihm halb zugewendet war. Tränen rannen wieder ihre Wangen hinab. Eine Hand hatte sie sich auf den Mund geschlagen. Sie zitterte.

Lautlos, wie von einem Zauber gelenkt, näherten sich die Tallions dem Schlafzimmer. Solaia stolperte mehr, als dass sie lief, doch half ihr Incendius' Arm um ihre Schultern, nicht augenblicklich zusammenzubrechen. Magie knisterte aufgeregt in der Luft. Erwartungsvoll wie ihre Träger brandete sie durch die Körper der Königinnen und Könige, einzig Tristan schien sich vollends unter Kontrolle zu haben. Lucideons eigene Zauberkraft spürte seine Unruhe, seine Zweifel und die Schuldgefühle, die sich noch immer an seine Seele klammerten. Wie Wellen wogte die Magie durch seine Adern, bereit ihn zu schützen, vor was auch immer hinter dieser Tür lauerte. Er zwang sich zur Ruhe, als er sich schließlich auf die kunstvoll geschnitzten Lehnen seines Sessel stützte und sich langsam erhob. Mehrere Knochen knackten. Von Tag zu Tag fiel es ihm schwerer, sich zu erheben, als versteinerte er mit jeder Sekunde, die er seinem Ende näher kam, ein kleines bisschen mehr.

Die Tallions flüsterten leise miteinander, schienen sich zu beraten, doch hörte Lucideon sie längst nicht mehr gut genug, um zu verstehen, was sie sagten. Aufgeben durfte er allerdings nicht. Über die letzten Jahrzehnte hinweg hatten es so viele getan, die er seit seiner Kindheit kannte. Sie hatten den Kampf, der das tägliche Leben darstellte, hinter sich gelassen, hatten ihre Familien und Freunde hinter sich gelassen, egoistisch wie sie waren. Lucideon dagegen hatte vor, noch weit länger in den Landen der Lebenden zu verweilen. Er musste es einfach tun, zumindest so lange, bis die Tallions tatsächlich wieder eine vollständige Familie waren.

Langsam näherte er sich der Tür, hinter der das Mädchen schlief, das er vor siebzehn Jahren und einigen Monaten von seiner Mutter getrennt hatte. Beim Näherkommen kamen ihm ihre Augen in den Sinn, groß und so grün, als sähe man direkt in einen dichten Wald. Wissend hatte das Neugeborene ihn angesehen, als hätte sie längst geahnt, was geschehen würde. Vielleicht hatten sie tatsächlich Glück, vielleicht verstand sie die Gründe, weshalb man sie auf die Erde gebracht hatte. Lucideon würde es Solaia und Incendius wünschen, nachdem sie nun so lang auf ihre Tochter hatten warten müssen.

    „Du solltest zu ihr gehen, Tristan. Du weißt, wie sich das alles hier anfühlt und wirst sie beruhigen können", flüsterte Solaia ihrem Neffen zu. Nicht nur ihre Hände zitterten, auch ihre Stimme war schwach, als könnte sie jeden Moment brechen.

Tristan nickte lediglich, und strich seiner Tante beruhigend über den Arm. Für einen Moment wurde das Knistern der Magie lauter, als sich ein kleiner blauer Funke ausgehend von Tristans Finger mit der Zauberkraft seiner Tante verband. Augenblicklich entspannte sich die junge Königin ein wenig und lächelte den Prinzen dankbar an. Incendius warf ihm einen Blick zu, den Lucideon nicht zu deuten wusste. Er lag irgendwo zwischen Wut und Dankbarkeit, doch nur Tristan allein schien dessen Bedeutung zu kennen.

Während der Prinz entschlossenen Schrittes auf das große Himmelbett zu trat und sich schließlich neben der schlafenden Gestalt darin niederließ, dachte Lucideon darüber nach, was alles geschehen könnte, sobald die Prinzessin die Augen öffnete. Im ersten Moment würde sie natürlich verwirrt sein, nicht wissend, wo sie sich befand und wer all diese Wesen waren, die sie gespannt musterten. Dann gab es zwei Möglichkeiten über den weiteren Verlauf ihrer Reaktionen. Entweder würde sie alles einsehen und kooperieren oder genau dasselbe durchmachen wie ihr Cousin vor drei Jahren. Wut, Verzweiflung und Angst.

Solaia und Incendius traten etwas weiter in den Raum hinein, hielten jedoch großen Abstand zum Bett, wohingegen Lucideon es vorzog, sich abseits zu halten. Er lehnte sich gegen die Wand, spürte wie sich die metallenen Ranken und Edelsteinblüten in seinen Rücken drückten, und wartete. Die gesamte Familie schien die Luft anzuhalten, während Tristans Schlafzauber immer und immer schwächer wurde. Nur ein feiner blauer Nebel lag noch um die Gestalt in dem riesigen Bett. Lilliana wirkte winzig klein in diesem Moment und beinahe so blass wie die hellen Laken, die sie einhüllten, selbst. Viel konnte der Zauberer von seiner Position nicht ausmachen, nur dass sie dunkles Haar hatte, wie ihr Vater.

Mit jeder Minute, die verstrich, fiel es Lucideon schwerer, den Schlafzauber zu erkennen, bis er schließlich ganz verschwunden war. Lillianas Herz schlug schneller, bis es sich dem Rhythmus der Tallionherzen anpasste, als schlügen sie alle im Einklang. Verwundert runzelte Lucideon die Stirn. Wieso konnte er ihren Herzschlag hören, wo sein Gehör doch bereits schlechter war als das eines durchschnittlichen Menschen im besten Alter? War es die Konzentration, mit der er die Prinzessin musterte, die Anspannung, die seine Sinne schärfte? Noch bevor er eine Antwort finden konnte, fuhr ein Ruck durch Lillianas Körper, ehe sie schließlich die Augen aufschlug, blinzelte, sie schloss und wieder öffnete, als glaubte sie, noch immer in ihrem Traum festzustecken.

   „Guten Morgen, Prinzessin", hörte er Tristan sagen, als sie ihm den Kopf zu wandte.

Hallo ihr Lieben!
So, das war nun auch der letzte Teil dieses Monsterkapitels. Wie gefällt Lucideon euch bisher? Er ist ein klein wenig wie eine frühere Mitschülerin von mir. Ziemlich verpeilt, aber ganz schön was auf dem Kasten :)

An dieser Stelle geht mein Dank wieder an alle von euch, die ihr so viel kommentiert, gelesen und gevotet habt. Ihr seid einfach die Besten!

Bis zum nächsten Kapitel!
❤ Kate

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