15 - Familienbande

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Der Verfolger stolperte einen Schritt rückwärts, ließ das Messer zwar nicht los aber hob beide Hände in die Höhe. Nicht um sich zu ergeben, aber sehr wohl, um weiteres Kämpfen zu unterbrechen.

Nachdem sie den Namen so plötzlich ausgesprochen hatte, schien auch er darauf reagiert zu haben.

„Kenaen!", keuchte sie erneut mit geweiteten Augen, ließ den verzauberten Stab aber noch immer nicht sinken. Ganz im Gegenteil, diesmal packte sie ihn sogar noch fester und sah ihm wütend entgegen. War er auch wiederauferstanden? Genauso wie sie? Oder war doch alles bisher nur eine Täuschung gewesen.

„Ich bin nicht Kenaen!", meinte ihr Gegenüber dann aber direkt. „Er war mein Urgroßvater."

Verwirrt blinzelte sie. Im Zusammenhang mit den einhundert Jahren, die ihrem Tod gefolgt waren, ergab das irgendwo Sinn. Doch im Moment gerade, verstand sie es nicht.

„Schwachsinn", stellte sie deshalb auch direkt klar.

„Mir wurde zwar schon gesagt, dass ich ihm ähnlich sehen würde, aber so sehr nun auch wieder nicht."

Er schnaubte und rollte mit den Augen. Mit beiden.

Kenaen war dazu zwar auch immer mehr als fähig gewesen, doch eines seiner Augen hatte dabei den grauen Schleier der Blindheit getragen, während die beiden, die ihr nun entgegen blickten, klar und gesund waren. Nun erst registrierte sie auch andere Unterschiede. Ein Ur-Enkel? Einer der nicht allzu überrascht davon zu sein schien, dass sie einen seiner Vorfahren eher erkannte als ihn. Misstrauen stach in aller Deutlichkeit über seine Gestalt.

„Du bist... verwirrt, nehme ich an." Er gab sich Mühe beruhigend zu klingen, eine gewisse Irritation in seiner Stimme, war allerdings nicht zu überhören. Auch, dass er ganz genau wie sie, noch immer nicht die Waffe gesenkt hatte, half nicht dabei.

„Mein Name ist Rikkon. Rikkon de Bauvin. Und du bist..." Er zögerte und sah sie an, als würde es ihn Überwindung kosten weiter zu sprechen. „... Ioanne."

Sie verengte die Augen zu schmalen Schlitzen. Ein plötzlicher Zorn stieg in ihr auf. Das Leuchten in dem Stab wurde intensiver und ihre Aggression schien spürbar in der Luft zu knistern.

„Ist er dafür verantwortlich? Hat Kenaen mich zurück gezwungen?", zischte sie mit bebender Stimme. „Wo ist er!"

Der Urenkel – Rikkon – bewegte die Lippen zu einem stummen Fluch. Dann, ganz vorsichtig, senkte er beide Hände, um das Messer langsam zurück unter seinen Mantel zu stecken. Keinen Moment lang ließ er dabei sie oder ihren Griff um ihre eigene Waffe aus den Augen.

„Er ist tot. Seit einigen Jahren bereits. Ich meine... immerhin sind einhundert Jahre vergangen seit..."

„Seit ich gestorben bin", beendete sie seinen Satz verwirrt. Kenaen war nie ihr Freund gewesen, doch für einen Moment, als sie vermutet hatte er könne hier sein genauso wie sie, war sie sich den Hauch eines Augenblicks lang, nicht mehr ganz so einsam vorgekommen. „Aber er hat mir den Tod gestohlen. Wieso?"

„Gestohlen?" Irritiert sah Rikkon sie an. Dann schüttelte er den Kopf. „Wir haben darauf gewartet, dass du wieder zurückkehren würdest. Also... nicht unbedingt ich... Aber einige haben gewartet. Auch wenn sich niemand wirklich sicher war, dass es funktionieren würde."

Anspannung knisterte in der Luft wie ein Feuer, das seine Funken in die Mauerwerke grub. Oder womöglich war es auch einfach erneut ein Echo aus alter Zeit.

„Wer ist wir?", verlangte Ioanne zu wissen. Ihre Stirn lag in Falten. An ihrer Angriffshaltung änderte sich nichts. „Habt ihr diese Statue gebaut? Die Große, mit dem Schwert und den Rosen."

Rasch schüttelte Rikkon den Kopf.

„Dieses schrecklich arrogante Ding? Nein, damit hatten wir nichts zu tun. Es gibt ein paar Dinge, die geschehen sind seit du verschwunden... ich meine... seit du gestorben bist. Dein Name ist zu einer ziemlichen Legende geworden."

Sie verzog das Gesicht und zischte gereizt.

„Das habe ich auch schon gehört. Was soll der Unsinn? Ich habe diese Stadt zerstört und sie nicht befreit!"

Ein Stück weit senkte sie den Stab. Allerdings eher aus Verwirrung als aus steigendem Vertrauen.

„Dinge verändern sich in einhundert Jahren. Geschichten werden anders erzählt, Vergangenes erscheint plötzlich in einem neuen Licht. Aber ich bin nur hier, weil ich dich finden sollte. Es gibt eine andere die dir besser erklären kann warum..."

Sie unterbrach ihn in dem sie einen Schritt auf ihn zutrat.

„Mich finden?"

„Warte."

Behutsam, um sie nicht noch mehr aufzuregen, griff er mit einer Hand erneut in eine Manteltasche. Diesmal kam kein Messer zum Vorschein, sondern ein kleines Päckchen. Ioanne runzelte die Stirn. Es kam ihr bekannt vor. Wie eine Erinnerung die man berühren konnte. Ein Stück Vergangenheit, das plötzlich vor ihr lag. Sie meinte es spüren zu können. Das leichte Gewicht, dass sie doch in die Knie zu zwingen drohte. Wieder war da dieses Rauschen in ihren Ohren. Sie hatte es schon einmal selbst gehalten. Hatte es schon einmal selbst vorsichtig ausgepackt und entsetzt verstanden, was der Inhalt ihr leise in kalter Stimme entgegen flüsterte.

Sie wusste bereits, dass er ihr eine Kette mit einem Stein zeigen würde. Ein flacher Stein voller Symbole. Doch als sie ihn zuletzt gehalten hatte, war er kalt, grau und von getrocknetem Blut verschmiert gewesen. Nun strahlte er ein magisches Leuchten aus. Kaum, dass es frei gelegt war, surrte es leise in der Luft.

Der Stab rutschte ihr aus den Fingern. Polternd fiel er zu Boden und wurde wieder zu einem einfachen, zerstörten Besenstil. Der Zauber kroch heraus und vermischte sich knisternd mit der Luft. Sie erkannte den Stein.

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