ACHT

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Doch Charlie möchte nicht reden, als sie aufwacht. Zumindest nicht mit Dr Sprice. Mich schweigt sie auch ein paar Stunden an, bis abends ihr Essen gebracht wird.

„Kannst du mir helfen?", fragt sie, sobald die Schwester fort ist.

Zusammen schaffen wir ihr komplettes Abendessen, wobei ich darauf achte, dass sie mehr isst als ich.

„Willst du darüber sprechen?"

Bestimmt schüttelt sie den Kopf. „Noch nicht."

Das habe ich mir gedacht.

„Ich hab mir was überlegt", eröffnet sie mir. „Ich möchte Briefe schreiben."

Zögerlich warte ich auf eine Erklärung, die aber ausbleibt. „Abschiedsbriefe?"

Sie lächelt schwach. „So was in der Art."

Fragend ziehe ich eine Augenbraue in die Höhe.

„Es werden nicht immer nette Briefe sein, aber sie müssen ankommen."

„An wen?"

Sie kaut unsicher auf ihrer Lippe rum. „Mit der Staatsanwältin fangen wir an."

Oh, so ist das also gemeint. Sie will den Leuten klarmachen, was für eine Rolle sie bei ihrem Tod gespielt haben. Wie sie sie langsam zerstört haben.

„Du wirst sie damit verletzen", stelle ich fest.

Charlie nickt, das Lächeln ist verflogen. „Ich weiß."

„Ist das so eine Art Rache-Aktion?", frage ich vorsichtig.

Bestimmt schüttelt sie den Kopf. „Nein. Wenn ich Rache wollte, würde ich die Briefe öffentlich machen. Sie sollen einfach sehen, was in mir vorgeht. Vorgegangen ist."

Seufzend nicke ich. Irgendwie kann ich sie ja verstehen, aber damit wird sie diese Menschen bis an ihr Lebensende prägen.

„Du willst das also wirklich machen", stelle ich fest.

„Absolut."

Resignierend atme ich durch. „Na gut. Willst du rosa Briefpapier mit Blütenduft oder sonst irgendwelche speziellen Wünsche?", frage ich, um das Ganze etwas aufzulockern.

Charlie schenkt mir eine hochgezogene Augenbraue und strafendes Schweigen.

„War ja nur 'ne Idee", meine ich schulterzuckend.

Sie fängt mit dem Brief für die Staatsanwältin an. Ich sitze ihr dabei gegenüber, am Fußende des Bettes und beobachte sie, wie sie schreibt und schreibt und schreibt. Dabei verzieht sie keine Miene. Sie streicht nicht mal wüst etwas durch oder fängt nochmal von vorne an, weil sie ganz genau weiß, was sie sagen will.

Nach einer Weile legt sie den Stift bei Seite und sieht zu mir auf. „Willst du ihn lesen?"

Zögerlich nicke ich.

Ich hab verdrängt, wie Sie heißen, weil ich ihren Brief zerrissen und weg geschmissen habe, nachdem ich ihn gelesen habe. Deswegen bekommen Sie auch leider keine schöne Anrede, aber ehrlich gesagt stört mich das nicht. Denn besonders höflich waren Sie ja auch nicht zu mir.

Vielleicht haben Sie mich schon wieder vergessen, Fälle wie meinen gibt es bestimmt oft, aber ich bin jetzt tot und vielleicht werden sie ein Foto von mir in der Zeitung oder im Internet veröffentlichen. Daran werden Sie mich nicht wieder erkennen, schließlich haben wir uns nie persönlich getroffen, aber Sie werden dann mein Gesicht kennen und wissen, wie dieses dumme, naive, nuttige Mädchen ausgesehen hat.

Dass das Verfahren eingestellt wurde, nehme ich Ihnen gar nicht krumm, denn ich habe eigentlich mit nichts anderem gerechnet.

Im Zweifel für den Angeklagten.

Und immerhin hab ich ja alles zugelassen, um danach auf Opfer zu tun, rum zu heulen und zur Polizei zu rennen.

Falsch, so war es eben nicht.

Ich habe es weder gewollt, noch habe ich mich als Opfer gesehen.

Und ich habe die ganze Nacht „Es war meine eigene Schuld" gewimmert, denn ich wollte nicht, dass jemand für etwas bestraft wird, wenn er es nicht verdient hat.

Mit Ihrem Brief, mit der ganzen Art, wie Sie mich dargestellt haben, mit alldem haben Sie mich in diesem traurigen Glauben bestätigt.

Und wissen Sie, was das Schlimmste ist?

Dass ich bis zu meinem Tod nicht aufgehört habe, so zu denken.

Charlotte Brooks

„Äh..." Mehr bringe ich nicht hervor. Keine Ahnung, was ich dazu sagen soll, wirklich.

„Zu...nett?", fragt Charlie unsicher.

Unsicher lache ich. „Das auf jeden Fall nicht."

Irgendwie spricht in diesem Brief eine ganz andere Stimme aus Charlie. Eine, mit der sie zu mir nicht spricht.

Weil ich sie nicht so verletzt habe, wie diese Frau. Und wie alle, die noch folgen.

Sie liest den Brief nicht nochmal, bevor sie ihn in den schlichten weißen Briefumschlag steckt, den ich mitsamt Schreibzeug aus dem Schwesternzimmer geklaut habe. Wortlos versteckt sie ihn unter dem Bettlaken, platziert ihr Kissen vorsorglich über dieser Stelle und atmet mit geschlossenen Augen tief durch.

„Bist du okay?"

Schweigend nickt sie.

„Das war erst der Anfang."

Sobald Charlie schläft, beschließe ich, dass es an der Zeit ist, meinen Körper und damit auch meine Mutter und Nate zu besuchen.

Ich komme vor meinem Patientenzimmer an.

Rhys Taylor

Nur Rhys Taylor. Kein anderer Name wurde mit einem schwarzen Stift auf das kleine Schild neben der Tür geschrieben.

Ist das ein gutes oder ein schlechtes Zeichen? Bedeutet das überhaupt irgendwas?

Zitternd lege ich eine Hand an die Tür, halte mich eine Weile fest, weil ich Angst habe, umzukippen. Erschöpft von der Aufregung und den Schmerzen, die sich dadurch durch mich ziehen, sinkt mein Kopf ebenfalls gegen die Türplatte und ich schließe die Augen.

Doch dann höre ich es. Ein leises, verzweifeltes Schluchzen. Und ich weiß sofort, dass es meine Mutter ist. Das spüre ich.

Das Stechen in mir breitet sich aus, bis es so einnehmend wird, dass meine Beine mich nicht mehr tragen und ich auf die Knie sinke.

Dabei höre ich sie nur weinen.

Was soll erst passieren, wenn ich sie sehe? Wenn ich sie mit mir sehe?

Das überlebe ich nicht.

Jetzt reiß dich zusammen, Rhys. Sie ist deine Mutter.

Genau das ist doch das Problem, verdammt. Sonst würde es mich ja nicht so mitnehmen.

Ich muss hier weg. Ganz schnell.

Doch etwas hält mich ab. Schritte hinter mir, die erst lauter werden und dann aprupt stoppen.

„Rhys?"

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