Von Heilung und Nichtheilbarem

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„Komm schon!" Ein unliebsames Stechen breitete sich von Acarions Wange in seinen Kopf aus. Wie eine kleine spitze Nadel.

Er öffnete die Augen.

„Oh bei Rúa, ich dachte wirklich ..."

Yona brachte den Satz nicht zu Ende. Ihre unterschiedlichen Augen waren geweitet und ihre Unterlippe blutig gebissen.

Vorsichtig setzte Acarion sich auf. Sein gesamter Körper schmerzte, aber er war am Leben. Er befand sich auf dem von Steinen übersäten Boden des Risses. Die Baumkronen über ihm schienen unendlich weit entfernt.

„Geht es dir gut?"

Yonas Stimme klang rau. Sie hockte in einer unbequem aussehenden Position neben Acarion und musterte ihn. Erleichterung machte sich in ihm breit. Yona hatte den zweiten Verox besiegt. Sie hatten gewonnen.

„Bald wieder", erwiderte er knapp. „Ich brauche nur ... einen Strauch, irgendeine Pflanze."

„Ich hab da – also ich dachte ­­­­­­­­­–" Mit einer ungeschickten Geste hielt Yona ihm einige blühende Stängel hin. Sie musste sie von einem der Büsche abgerissen haben. Acarion stockte.

„Also, das ist nicht das erste Mal, dass ich Blumen geschenkt bekommen habe ..."

Als er den Ausdruck auf ihrem Gesicht sah, seufzte er und schüttelte den Kopf. Nur, um dann zusammenzuzucken, als das Schmerzpfeile seine Wirbelsäule hinunter schickte.

„Das funktioniert nicht. In dem Moment, wo eine Pflanze nicht mehr an ihrer ... Quelle ist, habe ich keinen Zugriff mehr auf ihre Veralenergie." Er begann, sich auf die Füße zu stemmen und unterdrückte ein Stöhnen. „Wäre es anders, hätte ich eine ganze Reihe meiner Probleme nicht."

„Oh."

Achtlos ließ Yona die Stängel fallen. Sie machte jedoch keine Anstalten, ebenfalls aufzustehen und hielt den Blick nach unten gerichtet. Schließlich wisperte sie: „Kilias ist tot."

Sie machte eine vage Handbewegung in die Richtung zu ihrer Rechten.

Ein dumpfes Gefühl machte sich in Acarions Magengegend breit, als er Yonas Hinweis folgte.

Es war nicht weit. Vermutlich war Kilias direkt bei dem Aufprall gestorben. Er war an einer Stelle aufgekommen, wo die Kanten der Felsen besonders gezackt waren und vage an schartige Messerklingen erinnerten. Es war kein schöner Anblick.

Acarion wandte den Blick ab.

Yona hatte sich in der Zwischenzeit erhoben, hielt den Blick aber immer noch nach unten gerichtet. Sie wirkte vollkommen erschöpft.

„Er war mein Freund", flüsterte sie.

„Ich weiß", erwiderte Acarion sanft. „Aber es war seine Entscheidung, mitzukommen. Er war sich des Risikos bewusst."

Irgendwo in seinem benebelten Kopf löste Yonas Satz die Erinnerung an eine andere Stimme aus, die genau den gleichen Satz gesagt hatte. Du hast ihn getötet. Er war mein Freund.

So voller Wut. Und Yona sah nicht so aus, als hätte sie einen Kampf ohne magischen Schutz hinter sich. Doch warum sonst sollte sie noch am Leben sein?

„Wie bist du mit dem Verox fertiggeworden?", fragte Acarion vorsichtig. Bitte gib mir die richtige Antwort. Lass mich dieses eine Mal Unrecht haben.

Yona schüttelte nur den Kopf und fuhr sich mit beiden Händen über das Gesicht, als wolle sie eine unliebsame Erinnerung wegwischen. „Er ist abgehauen. Nachdem du gefallen bist, hat er nicht einmal mehr einen Blick zu mir geworfen."

Die Worte waren deutlich wirkungsvoller gegen Acarions Benommenheit, als es jede Ohrfeige von Yona gewesen sein könnte.

„Und du hast ihn gehen lassen?", fuhr er sie an.

Ruckartig schnellte ihr Kopf nach oben. „Ich war auf der anderen Seite der Schlucht, was hätte ich denn tun sollen?", fragte sie zurück. „Ich dachte, es wäre besser, wenn ich versuche, dir oder Kilias zu helfen!" Ihre Stimme brach weg.

„Wie bist du hier runter gekommen?"

Yona deutete mit der Hand vage in eine Richtung. „Da liegen ein paar Steine übereinander, wo man ..." Er wartete nicht darauf, dass sie den Satz zu Ende brachte, sondern eilte in die angegebene Richtung. „Acarion, worum geht es hier?"

Er versuchte, die aufsteigenden Schwindelgefühle zu unterdrücken, versuchte, zu ignorieren, dass seine Beine bei jedem Schritt beinahe unter ihm nachgaben. „Wie würdest du dich fühlen, wenn du zu einem Schlupfwinkel zurückkommst und auf die Mörder deines Partners triffst?"

Sie folgte ihm jetzt, und das deutlich eleganter. „Das ist jetzt wohl kaum der Moment, um Rätsel-"

„Rache, Yona! Der Verox wird sich ausgemalt haben, woher wir gekommen sind und wer uns geschickt hat! Er ist auf dem Weg nach Yara!"

Yona antwortete nichts und Acarion nahm sich nicht die Zeit, einen Blick nach hinten zu werfen. Sie hatten die Felsen erreicht, von denen Yona gesprochen hatte. Er versuchte die aufkommenden Zweifel zu unterdrücken, als er nach oben sah. Es war nicht so weit. Er konnte das schaffen.

Schließlich ging es um ... ging es um ... Sie kannte seinen Namen.

Es war bezeichnend dafür, wie durcheinander er war, dass er so lange gebraucht hatte. Aber sie hatte seinen Namen benutzt.

„Was ist los?" Yona stand direkt hinter ihm und wirkte ernsthaft besorgt. „Soll ich dir helfen?"

Für einen Moment sah Acarion sich in Versuchung geführt, sie zu konfrontieren, endlich einmal wieder Antworten verlangen zu können. Aber dann drängten sich wieder die Bilder von dem Verox in seinen Kopf, wie er Tod und Zerstörung in Yara verbreitete. Andere Dinge konnten warten.

„Nein. Lass uns gehen."

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Der Weg zurück nach Yara schien viel länger zu sein als am Morgen. Dank einem knorrigen Strauch war Acarions Kopf wieder klar, die Schmerzen zurückgetreten. Aber jetzt schützte ihn nichts mehr vor den Erinnerungen, die ihn quälten, während er über den Waldboden hetzte, so schnell es sein unverändert pochendes Bein erlaubte.

Er erinnerte sich an den letzten Tag der Schlacht um Tavagar, erinnerte sich, wie er durch Me'lions Gänge gehetzt war, Raverion an seiner Seite, getrieben von der Angst, zu spät zu kommen. Damals hatte er sich genauso atemlos gefühlt, genauso erdrückt von dem Bewusstsein, einen möglicherweise tödlichen Fehler gemacht zu haben.

Acarions Atem ging keuchend und sein Humpeln war schlimmer als je zuvor. Doch sie mussten das Dorf bald erreicht haben, jeden Moment würde sich der Wald vor ihnen lichten und den Blick auf den Wasserfall – Ein schwacher Hilferuf. Aber er konnte es sich nicht leisten, zu warten, konnte nicht noch mehr Zeit verstreichen lassen –

„Caron!"

Yona war längst stehengeblieben. „Das ist Ron!"

Tatsächlich erkannte Acarion auch jetzt die Stimme des massigen Mannes. Wenn Ron schon soweit war, nach Hilfe zu rufen ... Für den Bruchteil eines Herzschlages schwankte Acarion auf der Stelle.

Dann eilte er dem Rufen hinterher. Yona setzte dazu an, ihnen zu folgen.

„Geh!", herrschte Acarion sie an. „Du kannst hier nicht helfen, im Dorf vielleicht schon!"

„Ich –" Sie schien nach Worten zu suchen, warf ihm jedoch schließlich einen gequälten Blick zu, wandte sich ab und stürmte weiter.

„Ron?"

Acarion fand den Kommandanten ihrer Reiseexpedition in einer kleinen Mulde neben einem Baumstamm. Ron war leichenblass, sein Gesicht schweißüberströmt. Auf dem Bauch des massigen Mannes prangte ein riesiger Blutfleck. Seine sonst so scharfen Augen irrlichterten, bis sie Acarions Gesicht fanden.

Etwas wie ein Grinsen schob sich auf Rons Gesicht. Der Anblick war makaber, waren seine Zähne doch blutig rot gefärbt. „Du hältst ...", die Brust des Mannes hob sich rasselnd, „hältst dich wohl ... nicht gerne an Befehle."

„Nicht, wenn die Befehle euch das Leben kosten."

Ein keuchendes Geräusch drang aus Rons Kehle, das wohl ein Lachen darstellen sollte.

Acarion hatte möglichst unauffällig die Hand an einen Baumstamm gestützt und nahm dessen Veralenergie in sich auf. Er konnte es sich nicht leisten, noch mehr Zeit zu verlieren.

Wortlos presste er die Hand auf Rons Bauch. Dort musste der Angriff des Verox ihn getroffen haben, mithilfe der Veralenergie ergab sich vor Acarions inneren Augen ein Bild der Verletzungen. Es sah übel aus, halb verwunderte es ihn, dass Ron überhaupt noch am Leben war.

Vorsichtig machte er sich daran, die Veralenergie so zu leiten, dass sie die schlimmsten Verletzungen heilte, flickte den Magen wieder zusammen und entfernte dessen Inhalt aus der Bauchhöhle. Zunächst das erreichen, bevor er sich den komplizierteren –

„Es ... reicht", brachte Ron heraus.

„Was?" Acarion war so überrascht, dass er tatsächlich innehielt. „Ron, Ihr werdet ..."

„Ich werde ... es überleben." Die Worte des Kommandanten waren zwar schwach, aber deutlich zu verstehen. „Aber ... auf meine Art."

Acarion warf einen nervösen Blick in Richtung Yara. Bildete er es sich nur ein oder konnte er Schreie hören?

„Ihr könnt eine Bauchwunde nicht durch reine Sturheit heilen", gab er zu bedenken. „Ich kann Euch versichern, dass –"

„Nein!"

Es blieb Acarion ein Rätsel, wie Ron es schaffte, dem Wort in seinem Zustand so viel Nachdruck zu verleihen.

„Ron, der Verox ist nach Yara geflohen. Die Leute dort brauchen Eure Hilfe!"

Der Schreihals zuckte zusammen, nachdem er abwertend geschnaubt hatte. „Auch wenn ... du mich halbwegs wieder ... zusammenflicken kannst, weiß ich ... was Blutverlust ... mit einem Menschen macht. Das kannst du nicht ... ersetzen."

Acarion zögerte immer noch. Aber es waren definitiv Schreie, die er hören konnte.

„Es ist Eure Entscheidung", sagte er schließlich.

„Schick nur später ... jemanden ... um mich zu holen."

„Selbstverständlich." Acarion stand bereits wieder auf.

„Und dann geh ...", schnaufte Ron, „und sei der Held ... der du die ganze Zeit sein wolltest."


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