Von Reden und Schweigen

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„Und? Bist du jetzt glücklich?" Yonas Stimme durchschnitt wie ein Pfeil die kühle Morgenluft.

Acarion zog an den Zügeln und warf ihr über die Schulter einen Blick zu. Sie waren gerade so außer Hörweite von Yara und noch kaum in die Schatten des umgebenden Waldes eingetaucht. Offensichtlich hatte Yona etwas auf dem Herzen gelegen, das sie nicht länger zurückhalten konnte.

„Was meinst du?"

„Oh, es lief doch großartig für dich", spuckte sie aus. „Du konntest schön dafür sorgen, dass Ron weitererzählen kann, was für ein Held du bist. Beide Verox getötet, dem Anführer der Reisegruppe das Leben gerettet, bla bla bla."

Acarion schnaubte. „Das ist es also, was du von mir denkst?"

„Da gibt es einiges, was ich noch denke, was ich nicht ausgesprochen habe!", fauchte sie, und ihre Zügel knallten. Kurz darauf ritt Yona neben ihm und er konnte noch so sehr versuchen, sich wieder vor sie zu setzen, sie ließ es nicht geschehen. Ihre verschiedenfarbigen Augen blitzten.

„Du hast gegen Rons Willen gehandelt, obwohl es für dich absolut kein Nachteil gewesen wäre, ihm genau den zu lassen. Sag mir nur eins: Hätte er überlebt, wenn du ihn nicht behandelt hättest?"

„Das ist unmöglich zu sagen."

Yona lachte, aber es lag keine Freude darin. „Oh ja. Was hast du in Tavagar nochmal gemacht, bevor du auf diese Reise aufgebrochen bist? Du warst nicht zufällig in der Politik?"

Das weißt du ganz genau, dachte Acarion bitter, aber er hatte noch keine Gelegenheit gehabt, Yona damit zu konfrontieren. Der Moment würde kommen.

„Also?", stichelte sie weiter.

„Es ist unmöglich zu sagen."

„Aah!" Yona stieß einen Schrei aus und schaffte es irgendwie, die Hände in die Luft zu werfen, ohne die Kontrolle über die Zügel aufzugeben. „Wird das jetzt die ganze Zeit so weitergehen?"

Acarion hielt den Blick nach vorne gerichtet. Tanzende Sonnenstrahlen fielen durch das dichte Blätterdach, das Licht schimmerte grünlich-golden. Es versprach ein herrlicher Tag zu werden.

„Wichtig ist doch nur, dass Ron nun unter keinen Umständen sterben wird. Diese Eventualität wurde beseitigt."

„Nett", sagte Yona kalt. „Und was ist dann mit der Eventualität, dass mehrere von Yaras Einwohnern sterben, weil du dir nicht die Zeit nehmen konntest, um ihnen etwas Sicherheit zu gewährleisten?"

Acarion wollte antworten, doch sie schnitt ihm das Wort ab.

„Lass es mich erklären, falls du nicht durchblickst. Du hättest eine Handvoll Tage abwarten können. Dafür sorgen, dass Rons Wunden sich nicht entzünden, und gleichzeitig für ein wenig Sicherheit sorgen können, damit ... dieser ... was auch immer nicht noch mehr Leute tötet."

„Mein Zeitplan erlaubt es nicht."

„Ach pah!", schnaubte Yona. „Dein Zeitplan. Um Ruhm ging es dir, um sonst nichts."

Acarion schwieg. Wozu sollte er sich überhaupt mit ihr streiten? In wenigen Tagen oder Wochen würden sie sich trennen und sich nie wieder sehen. Doch seltsamerweise war das nicht das Bedürfnis, das sich in ihm regte. Stattdessen wollte er ihr erzählen, was es tatsächlich war, das zu tun er aufgebrochen war. Vielleicht würde sie dann verstehen.

In diesem Moment schob sich ungebeten Alenas Stimme in seinen Kopf. Du bist ein Monster.

Acarion verwarf den Gedanken wieder.

„Du solltest nicht wegsehen, wenn jemand deine Hilfe braucht", schob Yona hinterher. Ihre Stimme war jedoch wieder einen Hauch ruhiger geworden. „Du könntest die letzte Hoffnung von jemandem sein."

Ich bin die letzte Hoffnung von Tavagarien, was ihm eigentlich auf den Lippen lag, schluckte er hinunter. Aber schweigen konnte er auch nicht mehr. „Das ist mir bewusst."

Yona wusste nicht, was auf dem Spiel stand. Sie wusste nichts von dem Weg durch die hügelige Graslandschaft, die sich an den Wald anschloss, und von dem wahren Monster, das sich dahinter in den Bergen verkrochen hatte.

„Machst du es dir dann nicht ein bisschen zu leicht?"

Acarion riss der Geduldsfaden. Wenn er eine Sache nicht tat, dann, es sich leicht zu machen. „Bilde dir nicht ein, etwas über meine Motivationen zu wissen", fuhr er sie an. „Glaub mir, sie übersteigen deinen Horizont bei Weitem."

Yona öffnete den Mund und wollte ihm offensichtlich eine wütende Antwort geben, überlegte es sich dann aber anders.

Entschieden wandte Acarion seinen Blick wieder nach vorne. Dieses Gespräch war beendet.

Aber Yona hatte ihn in die Defensive gezwungen. Sie hatte einige Punkte angesprochen, die ihn selbst auch schon beschäftigten. Schuld nagte an ihm, und die Erinnerung an Drions anklagenden Blick bohrte sie immer tiefer in sein Gedächtnis. Doch er kannte das Gefühl.

Kritisch musterte Acarion den Weg. Der Pfad, der bis hierhin weich und feucht gewesen war, veränderte sich allmählich. Ein scharfer Geruch hing in der Luft und der Boden gab trockene Geräusche von sich, wann immer sein Pferd einen Huf daraufsetzte. Bereits in Yara hatte er geahnt, dass sie nicht mehr weit weg von dieser Gegend waren.

Die Bäume büßten nach und nach ihre Farben ein, Büsche und Farne wichen zurück. Immer mehr Sonnenstrahlen fielen ungefiltert auf den Waldboden, aber das Licht hatte nichts Heimeliges mehr an sich. Der unangenehme Geruch verstärkte sich. Es roch verbrannt.

„Bei ... Rú, das ist nicht normal, dass das hier so aussieht, oder?", nahm Yona den Gesprächsfaden schließlich wieder auf.

„Ich bin beeindruckt von deiner schnellen Auffassungsgabe", spottete Acarion.

Der Wald war tot. Die wenigen noch vorhandenen Zweige waren kahl und blattlos und wirkten wie verkrampfte Hände, die sich hilfesuchend in den Himmel streckten. Eine pechschwarze Schicht überzog die Bäume und den Boden. Ein seltsames Knistern lag in der Luft, als würde der Wald unter einer unsichtbaren Last ächzen. Von dem beißenden Geruch tränten Acarion langsam die Augen.

„Was ist hier passiert?", wisperte Yona, während sie langsam weiter ritten.

„Krieg." Etwas knackte unter den Hufen von Acarions Pferd und er verzichtete darauf, einen Blick nach unten zu werfen. Natürlich konnte es einfach ein Stock sein. Allerdings auch etwas weitaus Schlimmeres. „Nicht alle Magier sind treffsicher."

„Das heißt, diese ganze Zerstörung hier ... war Veralenergie? Tavagarische Magier?"

Acarion nickte. „Nicht nur tavagarische Magier, auch namérische und lavókanische, aber ja. Dabei kommen große Mengen Energie zusammen, also auch große Hitze. Beides entlädt sich beim Aufeinandertreffen mit einem Körper."

„Und ob dieser Körper dann Verox oder Baumstamm ist, macht keinen Unterschied", sagte Yona tonlos.

Ein Hauch Gereiztheit züngelte in Acarion hoch. Bei diesem Kampf war er nicht selbst dabei gewesen, aber es war um das Leben vieler Menschen gegangen. „Es gibt wirklich keinen Grund, so vorwurfsvoll zu klingen. Welche Zerstörung die Verox anrichten, haben wir zwischen Tavagar und Yara gesehen. Hier haben sie die Bäume regelrecht pulverisiert."

„Ich bin nicht vorwurfsvoll", sagte Yona vorwurfsvoll.

Über dem Ort lag eine Aura, die dazu führte, dass ihr Gespräch wieder erstarb. Stille lag über dem Ort, die zu durchbrechen Acarion falsch vorgekommen wäre. Dass der Weg menschenleer war, trug sein übriges dazu bei.

Irgendwann verschwand die Sonne und machte einer grauen Wolkendecke Platz. Bald schlängelten sich graue Regenschnüre durch die verkohlten Baumkronen. Doch keiner von ihnen sagte etwas dazu.


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