Kapitel 1

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Mit blassem Gesicht studierte die junge Magierin Almina wohl zum tausendsten Mal das Buch der Prophezeiungen. Wobei sie einer ganz besondere Aufmerksamkeit widmete. Denn scheinbar war es ihre. Dabei hoffte sie von ganzem Herzen, dass sie sich irrte. Dass alle sich irrten. 

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Magische Ströme die Welt umfließen, 

siebenundsiebzig Generationen werden geboren, 

als machtvollste Schützer sind sie auserkoren 

und lassen heilvolles Leben sprießen. 

⋆✦⋆

Aus der Linie des Blutes wird die Eine kommen. 

Sie trägt die Macht, die niemand erkennt. 

Mit dieser Macht die Magie verbrennt. 

Heilvolles Leben wird unheilvoll genommen. 

⋆✦⋆

Weh der Erde! 

Sieh das Schicksal, das ihr droht! 

Findet die Eine, denn sie bringet die Not! 

Aller Untergang sie werde! 

Weh der Erde! 

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Flüsternd sprach sie die Worte, strich mit zitternden Fingern über die Zeilen. Ihr innigster Wunsch war, dass die Prophetin Talandia sich geirrt hatte oder alle Magier diese Verse falsch verstanden. Aber spürte sie denn nicht längst, dass sie es sein musste, von der die Prophetin vor beinahe zweitausend Jahren gesprochen hatte? 

Seither waren siebenundsiebzig Generationen vergangen – in manchen Geschlechtern mehr, in manchen weniger. Aber im mächtigsten Magiergeschlecht, dem der Primordialis', waren es exakt siebenundsiebzig Generationen. Mit ihr, Almina Isabella Loelia Primordialis, gab es noch zwei weitere Anwärterinnen für diese Prophezeiung: ihre jüngere Schwester Kaida Lumiel Yuna und ihre ältere Cousine Anela Miriel. 

„Vielleicht ist das alles auch nur ein großer Irrtum", murmelte sie, doch glaubte sie es nicht wirklich. 

Und dann spürte sie es erneut. Krampfhaft umklammerte sie ihre Finger. Presste die Hände fest an ihre Brust und atmete schwerer. Auf ihrer Stirn glitzerte Angstschweiß. Denn etwas stieg ungewollt in ihr empor. Ein heftiges Kribbeln, das immer stärker wurde, ihren Bauchraum ausfüllte, hoch in ihren Brustkorb kroch. Krampfhaft schloss sie die Augen, atmete tief ein und aus und verlor doch diesen ungleichen Kampf. Es war übermächtig in ihr. Sie konnte sich dem nicht entgegenstellen. Das Kribbeln stieß vor in ihre rechte Hand – ihre Magierhand. 

Nein, es durfte nicht sein! Hastig bückte sie sich hinunter, als ob sie durch diese gebeugte Haltung etwas ändern könnte. Das Prickeln wurde allmählich schmerzhaft. Es drängte danach, ausbrechen zu dürfen. 

„Nein, nein, nein", keuchte sie kurzatmig und presste die Augen fest zusammen. 

Sie bemühte sich, an die hölzerne Sitzbank zu denken, blank poliertes Kirschbaumholz, bespannt mit rotem Polster für ein angenehmes Sitzgefühl. Sie dachte an das Pult aus demselben Holz, auf dem eine goldene Stange lag, um die Bücher beim Lesen zu fixieren. Gerade die modernen, dünnen Bücher brauchten einen guten Halt, sonst rutschten sie von der leicht schrägen Lesefläche herunter. 

Die Ablenkung half nicht. Ihre Magierhand pulsierte und fing an zu glühen. Noch tiefer beugte sie sich hinunter, kauerte fast schon auf ihrer Sitzbank. 

„Denk an die schönen Wandgemälde", flüsterte sie und atmete immer hektischer, „denk an die wundervollen Bogenfenster mit den Mosaikbildern. Denk ..." 

Sie brach ab. Ein Stöhnen entwich ihren Lippen. Mühsam unterdrückt, damit niemand es hörte. Unbändiger Schmerz durchzuckte sie und sie musste die Hand freigeben. Sofort schoss ein blauer Schimmer aus ihr hervor. Die gesamte Hand schimmerte bläulich, während aus den Fingerspitzen fünf magische, funkelnde Lichtbündel davonstoben. Sie fuhren nach oben, geradewegs auf die mehrarmigen Bronzelüster zu, die ein warmes Licht ausstrahlten. Auf halbem Weg teilten sich die blauen Bündel und jeder Strahl traf auf eines der warmgelben Lichter. Vollkommen geräuschlos umhüllten sie das helle Licht, verschlangen es und dann war es dunkel. 

Hastig zog Almina die Hand zurück an die Brust, obwohl sie nicht mehr leuchtete. Mit hochroten Wangen eilte sie aus dem Raum. Ihr war schwindlig und Tränen schossen ihr in die Augen. In ihrem Rücken hörte sie noch empörte Ausrufe. 

„Hey, wer hat das Licht ausgelöscht?" 

„Es ist noch lang kein Feierabend. Macht die Lampen wieder an!" 

„Unerhört, da haben sich bestimmt ein paar Magieschüler einen Streich erlaubt!" 

Alminas Herz schlug heftig und dröhnte mit pulsierendem Schlag in ihren Ohren. Sie wusste genau, dass es kein Streich war. Kein Schüler hatte mit dem Lichtzauber herumgepfuscht. Es war ihre Magie, einzig und allein die ihr innewohnende Kraft. Sie wuchs heran, bahnte sich einen Weg und drängte mit aller Macht nach außen. Und immer, jedes Mal schossen die blauen Strahlen auf eine magische Quelle zu, um sie zu verschlingen und auszulöschen. 

Die junge Magierin lehnte sich zitternd an eine Wand. 

„Wieso ich?", klagte sie und spürte die Tränen herabrinnen. „Weshalb konnte es nicht Kaida treffen oder Anela, sie ist doch die Älteste?" 

Sie sah hinunter auf ihre rechte Hand. Jetzt wirkte sie wieder normal. Auch in ihrem Körper war kein Kribbeln und Prickeln mehr. Als sie umherblickte, wusste sie auch, warum. Hier gab es große Glasfenster ganz ohne bunte Mosaike, durch die das Tageslicht hereinströmen konnte. Deshalb waren die Wandlampen nicht entzündet. Weit und breit war keine Magie. Es gab nichts, was diese unheilvolle Macht in ihr wecken konnte. 

Sie wischte mit dem Ärmel über ihr Gesicht und schniefte. „Ich muss es jemandem sagen. Irgendwer kann mir bestimmt erklären, was mit mir los ist. Das hat rein gar nichts mit der Prophezeiung zu tun. Wahrscheinlich hat das nur mit dem Erwachsenwerden zu tun." 

Almina nickte bekräftigend zu ihren Worten, um sich selbst mehr Mut zu machen. Leider wirkte es nicht sonderlich gut. Die Unsicherheit war einfach zu groß. 

Mit dieser Macht die Magie verbrennt", wiederholte sie einen Vers der Prophezeiung. „Meine sonderbare Magie verbrennt ja nichts. Sie ... sie löscht aus. Und sie ist blau. Also eigentlich eine Art Wasser- oder Luftzauber. Genau das Gegenteil von Verbrennen." 

Ja, diese Erklärung beruhigte sie sehr viel besser. Almina atmete befreit auf. Sie musste nur üben, ganz viel üben. Dann wäre sie bald eine Meistermagierin. Und dann kämen keine unkontrollierten Magieausbrüche mehr. 

„Denk daran", ermutigte sie sich nochmals, als sie sich von der Wand abstieß und zum Ausgang ging, „die Angestellten hier nutzen Löschzauber, um die Lichtzauber zu beenden. Das hat auch nichts mit der Prophezeiung zu tun." 

Sie war gerade bei der Tür angelangt, da hörte sie jemanden hinter sich rufen. 

„Almina, bist du etwa schon fertig mit den Studien?" Anela kam herbeigelaufen, wie sie feststellte, als sie sich umdrehte. „Oder hast du nur das Verlöschen des Lichtes genutzt, um zu flüchten? Wenn das der Professor erfährt, musst du zur Strafe nachsitzen!" 

„Und was machst du dann hier?", fragte Almina. 

Die Cousine grinste und ihre Augen leuchteten fröhlich. „Schwänzen, so wie du. Komm, lass uns in den Park gehen. Dann können wir immer noch behaupten, dass wir die Pflanzen studieren." 

Die Anspannung in Almina ließ allmählich nach. Die Unbeschwertheit ihrer Cousine tat so gut. Dabei war auch sie mit den bedrückenden Worten der Prophezeiung großgeworden, so wie Kaida. 

Anela hakte sich bei ihr unter. „Na komm, lass uns schnell gehen, ehe uns doch noch einer nacheilt und zurückbeordert." Ihre Augen funkelten noch ein wenig mehr und ihre Stimme wurde leiser. „Außerdem muss ich dir von Jeldrik erzählen. Jetzt, wo diese dumme siebenundsiebzigste Generation durch ist, dürfen wir uns wieder frei vermählen." 

„Du willst heiraten?", entfuhr es Almina geschockt. 

„Sht, nicht so laut!" Anela blickte sich sorgenvoll um. „Komm, wir reden draußen weiter." 

Almina ließ sich mitziehen. Doch der Gedanke, dass sich ihre Cousine mit Heiratsabsichten trug, war bestürzend. Vielleicht gab es bald gar keine Welt mehr. War es da ratsam, noch Kinder zu bekommen? 



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1196 Wörter

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