Kapitel 11 - Suche und Besuch

Màu nền
Font chữ
Font size
Chiều cao dòng

»Da macht man einmal seine Englischaufgaben ordentlich und dann verpasst man sowas«, zeterte Filio am nächsten Morgen beim Frühstück, noch immer tief beeindruckt von dem, was Jan und Levi ihm am Vorabend im Schlafsaal erzählt hatten. »Glaubt mir, das nächste Mal gehe ich mit euch zum Quidditchtraining und wenn mein Aufsatz noch so schlecht wird.«
Jan und Levi warfen sich skeptische Blicke zu.
»Also ich wäre ganz dankbar, wenn wir in nächster Zeit, so etwas nicht mehr erleben«, antwortete Levi. Genauso wie Jan schien auch er noch etwas geschockt über die Erlebnisse des Vortags zu sein.

»Ist Herr König eigentlich wieder aufgetaucht?«, fragte Jan mit besorgtem Blick zum Lehrertisch, wo der Platz des Lehrers für Verteidigung gegen die dunklen Künste unbesetzt war.
Marina schüttelte den Kopf. »Wir haben heute Morgen Frau Relting gefragt«, antwortete sie, »sie meint, er müsse einem Termin nachkommen.«
»Einem wichtigen Termin«, korrigierte Lina.
Jan konnte ein trockenes Lachen nicht unterdrücken. »Das stimmt genauso wenig, wie dass Herr Jürgens krank ist«, schimpfte er, »die Lehrer wollen uns bloß nicht beunruhigen. Ich frag mich nur, wie viel sie uns noch verheimlichen.«
»Vielleicht ist er ja wirklich noch im Zaubereiministerium«, überlegte Levi, »Günther Haas wird nachgesagt eher vorsichtig zu sein und alles lieber mehrfach zu durchdenken. Das kann ein paar Tage dauern.«
Jan glaubte das kaum, wollte aber auch nicht dem Optimismus seines Freunds widersprechen. Also schenkte er sich stumm noch etwas Müsli ein und rührte gedankenverloren in seiner Schüssel. Was hatten die Saboteure vor? Was hatten sie mit Herrn König gemacht? Und war er wirklich sicher in Winterfels?

Nachdem Herr Tuplantis in einer kurzen Ankündigung die Abwesenheit von Herrn König und Herrn Jorski und die Vertretungen durch verschiedene Lehrer bekanntgegeben hatte, machten sich die jungen Haistras auf den Weg zu den Stallungen, wo sie ihre erste Doppelstunde mit den Ehuras hatten. Auf dem Weg beschwerten sie sich lautstark darüber, warum ausgerechnet sie bei Herrn Egger Vertretung in Verteidigung gegen die dunklen Künste hatten, während die Kestens und Ehuras den gemeinhin für seine Freundlichkeit beliebten Schulkoch Knut Relting als Vertretung bekommen hatten.

Als sie an den Stallungen ankamen, warteten die Ehuras schon auf sie und einige Mädchen unterhielten sich bereits mit Herrn Lurcus. Sobald der Lehrer die Schüler seines Hauses erblickte, grüßte er sie freundlich. Danach legte er allerdings zügig mit dem Unterricht los.
»Wie ihr wisst, gab es gestern eine Explosion in den Stallungen«, fing er an und ließ seinen Blick sorgenvoll über die Backsteine schweifen, die noch vereinzelt in den Gängen herumlagen. »Viele Gehege wurden zerstört, einige Tiere verletzt und manche sind auch aus ihren Ställen entkommen. Zwar hat unser guter Hausmeister schon einiges wieder repariert und ich schon einige Tiere wieder eingefangen, aber ein paar fehlen mir noch.«

Jan und Levi warfen sich bei diesen Worten einen alarmierten Blick zu. Beide hofften inständig, dass der Hodag mittlerweile gefangen war.
»Heute Nacht habe ich noch versucht, eines meiner Wesen einzufangen, allerdings ist es mir vom Schulgelände entwischt«, erzählte der Lehrer und es war ihm anzusehen, dass ihm das etwas unangenehm war. »Ich vermute, dass es sich irgendwo in den Bäumen am Berghang aufhält. Da das Gebiet riesig ist und da ich alleine eine halbe Ewigkeit brauchen würde, um es abzusuchen, werden wir die heutige Stunde damit verbringen, gemeinsam das Wesen zu finden.«
»Um welches Wesen handelt es sich denn?«, erkundigte sich ein Mädchen aus Ehura und Jan war sich nicht sicher, ob sie aus Neugier oder Angst vor einem gefährlichen Geschöpf fragte.

»Ein Klabbert«, antwortete Herr Lurcus und zog mit seinem Zauberstab ein paar Linien durch die Luft bis das Hologramm eines affenähnlichen Geschöpfs vor ihm in der Luft schwebte. »So sehen sie aus, die faszinierenden Kerle. Leben gerne auf Bäumen, wo sie mit ihren scharfen Zähnen liebend gern Vögel fangen. Für Menschen sind sie absolut ungefährlich.«
»Wie sollen wir denn etwas finden, dass auf Bäumen lebt?«, zeterte Filio. Eigentlich sollte es wohl in Flüsterlautstärke an seine Freunde gewandt sein, denn als er bemerkte, wie laut es ihm herausgerutscht war, grinste er beschämt. »Wir können ja schließlich nicht auf jeden Baum klettern«, verteidigte er seinen Einwand schnell.

»Klabberts haben eine Eigenschaft, wegen der man sie sehr leicht finden kann«, antwortete Herr Lurcus und zeigte mit seinem Zauberstab auf ein Horn am Kopf des Hologramms. »Es ist zwar in der Wissenschaft noch umstritten, warum das so ist, aber das Horn eines Klabberts beginnt rot zu leuchten, wenn sie merken, dass sich ein Fremder nähert. Für Leute, die in Muggelgebieten leben, kann es daher etwas unangenehm werden, so ein Tier als Haustier zu halten, aber für unseren Fall hier ist diese Eigenschaft perfekt. Ihr müsst die Augen einfach nur nach einem roten Horn offenhalten.«
Jan und Levi sahen sich zuversichtlich an. Sie hatten schon einen Hodag gefunden, wenn auch nicht ganz freiwillig, da wäre ein gehörnter Affe wohl kaum eine Schwierigkeit für sie.

»Kennt ihr schon den Periculum-Zauber?«, erkundigte sich Herr Lurcus, woraufhin die Schüler mit Kopfnicken oder Bejahen ihre Zustimmung kundtaten. Herr Lurcus wirkte erleichtert. »Dann wisst ihr ja, was ihr tun müsst, wenn ihr in Gefahr seid. Ich werde den Himmel stets im Blick behalten und sofort zu euch eilen, sobald ich rote Funken sehe. Wenn ihr den Klabbert findet, dann sprüht bitte auch rote Funken in die Luft. Wir kommen dann zu euch und versuchen den Kerl einzufangen.«
Er machte erneut elegante Bewegung mit seinem Zauberstaub, woraufhin das Hologramm des Klabberts an einem unsichtbaren Baum in die Höhe kletterte und ein paar Meter über ihren Köpfen zerplatzte.
»Ich habe mich dazu entschieden, euch in Kleingruppen von drei Leuten loszuschicken«, erklärte Herr Lurcus. »Da ihr zusammen 15 seid, sollte das genau aufgehen.«
Jan, Levi und Filio sahen sich bereits zustimmend an. Auch die anderen Schüler begannen sich Handzeichen zu geben und leise miteinander zu tuscheln. Allerdings wurden sie von Herrn Lurcus unterbrochen, der einen merkwürdigen Kreisel aus einer Tasche seiner Hose zog.

»Ein paar Schüler hatten sich die Gruppeneinteilung nach dem Zufallsprinzip gewünscht«, erklärte er, während er den Kreisel in seiner Handfläche platzierte und ihn zu drehen begann. Ein merkwürdiger Wirbel aus gelbem Nebel entstand in seiner Hand.
»Leif, Hannes und Ronja«, verkündete er, als der Kreisel zum stehen kam. Dann drehte er das interessante magische Artefakt erneut in seiner Hand umher und verkündete die restlichen Gruppen. Levi wurde mit Marina und Julius in eine Gruppe sortiert, während Jan sich zusammen mit Lina und einem Mädchen aus Ehura namens Ada auf die Suche machen sollte.

Zwar hatte Jan nichts gegen Lina, aber er kam mit den anderen Mädchen aus seinem Haus besser zurecht. Lina war sehr selbstbewusst und teilweise etwas hochmütig. Heute hatte sie ihre hellbraunen Haare zu einem Fischgrätenzopf zusammengebunden und trug unter ihrem hellblauen Blazer trotz der winterlichen Temperaturen ein bis zum Bauchnabel umgeschlagenes Shirt. Jan wollte gar nicht abstreiten, dass er sie ziemlichhübsch fand, aber eine andere Gruppe wäre ihm dennoch lieber gewesen. Eine, mitLeuten, zu denen er mehr Kontakt hatte. Ada, das andere Mädchen aus seiner Gruppe, kannte er nämlich so gut wie gar nicht. Sie wartete bereits an einer Stallwand auf den Rest ihrer Gruppe und verabschiedete sich gerade lachend von ihrer Freundin. Jan glaubte, dass er noch nie ein Wort mit ihr gewechselt hatte und fragte sich, wer denn bloß Zufallsgruppen haben wollte.

Als er schließlich mit den beiden Mädchen zusammen aufbrach schob er diese Gedanken so gut es ging wieder beiseite und konzentrierte sich mehr auf die ihnen bevorstehende Suche. In einem unangenehmen Schweigen verließen sie das Schulgelände und betraten den bewaldeten Berghang. »Wo suchen wir als Erstes?«, fragte Ada schließlich gut gelaunt und sah die beiden erwartungsvoll an. Die sahen sich allerdings ratlos an.
»Äh, keine Ahnung«, antwortete Jan schließlich für sie beide. Die Mundwinkel der Ehura zuckten amüsiert.
»Dann würde ich vorschlagen, wir suchen etwas weiter rechts«, entschied sie. »Wenn alle fünf Gruppen hier umherlaufen, schaffen wir es wohl kaum, den ganzen Hang abzusuchen.«
Jan und Lina nickten daraufhin zustimmend, auch da sich Adas Stimme nicht so anhörte, als würde sie Widerspruch an ihrem Plan dulden.

Die Suche nach dem Klabbert erwies sich als ausgesprochen schwierig und nirgendwo in den Bäumen konnten die drei das affenähnliche Wesen entdecken. Zwar hatte Jan schon seinen Zauberstab erhoben, als er etwas Rotes in den Bäumen entdeckt hatte, musste dann aber feststellen, dass es sich bloß, um eine alte Socke handelte. Angeekelt gingen sie weiter, auch wenn Ada den Strumpf liebend gern mitgenommen und im Koffer einer ihrer Hauskameradinnen versteckt hätte.

Linas größte Sorge hingegen galt nicht dem Finden des Klabberts, sondern ihren schneeweißen Schuhen, die sie von einer Schweizer Luxusmarke für Zauberer gekauft hatte, wie sie mehrfach betonte. Zwar erzählte Ada ihr fröhlich von Zaubersprüchen zum Säubern und Reparieren, aber Lina warf trotzdem immer wieder besorgte Blicke zu ihren Füßen.

Als Jan gerade ein weniger sensibles Thema als die teuren Schuhe ansprechen wollte, hörte er ein knackendes Geräusch. Sofort machte er eine ruhegebietende Handbewegung und sah hoffnungsvoll in die Richtung, aus der er das Geräusch gehört hatte. War das der Klabbert gewesen? Jan suchte die Bäume nach einem roten Licht ab. Während er gerade enttäuscht feststellen musste, dass er nicht fündig wurde, nahm er eine Bewegung am Waldboden wahr. Als er seinen Blick dorthin senkte, konnte er eine dunkel gekleidete Gestalt erkennen. Sie entfernte sich gerade von ihnen und lief mit einer etwas gekrümmten Gangart den Berghang hinunter. Den Kopf verbarg sie unter einer großen Kapuze. Stumm zeigte Jan in die Richtung, woraufhin Ada ihn ängstlich ansah. Zwar hatte sie immer noch ein Lächeln auf ihrem Gesicht, aber es wirkte gequält und passte nicht zu der Furcht in ihren Augen. Lina hingegen sah so aus, als hätte Jan ihr bloß eine Amsel gezeigt, die durch den Wald flog.

Jan wusste nicht recht, wie er sich fühlen sollte. Zum einen wollte er nichts lieber, als wieder sicher auf Burg Winterfels ankommen. Aber der geheimnisvolle Mann weckte den Detektivgeist in ihm. Seit Beginn des Schuljahres passierten immer wieder rätselhafte Sachen, die in Herrn Königs mysteriösem Verschwinden gestern gegipfelt waren. War das hier seine Chance, das alles aufzudecken?
Sein Herz wollte ihn mit wild klopfendem Schlagen dazu bringen, wieder auf das Burggelände zu gehen. Aber seine Neugier war stärker.

»Lass uns ihm nachgehen und schauen, was er vorhat«, entschied er und ging vorsichtig ein paar Schritte den Hang hinunter. Ada sah ihn mit großen Augen an.
»Sollen wir nicht lieber rote Funken in den Himmel sprühen?«, fragte sie besorgt, doch Jan schüttelte den Kopf.
»Aber dann könnte Herr Lurcus kommen und...«, wollte Ada weitersprechen, doch sie wurde von Lina unterbrochen.
»Wenn wir rote Funken sprühen, sieht das auch der Kerl da unten«, erklärte sie. »Dann bemerkt er uns und wenn wir Glück haben, verschwindet er schnell. Wenn nicht, dann wären deine roten Funken schuld an unserem Tod.«

Ada öffnete den Mund zum Widersprechen, schloss ihn aber wieder, als sie sah, dass Lina bereits den Hang hinunterlief. Und dann folgte auch sie den beiden Haistras in Richtung des fremden Mannes. Dieser schien sich ganz auf seinen Weg zu konzentrieren und achtete nur darauf, dass er nicht hinfiel, und nicht, was um ihn herum geschah. Als plötzlich allerdings lautstark rote Funken am Himmel erschienen, schreckte auch er auf. Panisch sah er zum Himmel und beschleunigte dann sein Tempo. Aber auch Jan sah besorgt zum Himmel. »Sollten wir nicht lieber zu den anderen gehen?«, flüsterte er, doch Lina schüttelte zielstrebig den Kopf.
Adas Gesichtsausdruck war klar und deutlich anzusehen, dass sie lieber zu den anderen zurückgegangen wäre, aber im tief im Herzen war Jan auch Linas Meinung. Das hier war wichtiger als ein paar Minuten Unterricht. Und so liefen sie weiter in die Richtung, in die der Mann geflüchtet war. Doch nach kurzer Zeit mussten sie feststellen, dass er nicht mehr da war. Als hätte er sich in Luft aufgelöst, war er hinter einem Baum verschwunden und nicht wieder aufgetaucht. Stattdessen sahen sie bloß einen Haufen Schrott zwischen den Bäumen liegen. Es schien so, als hätte jemand seinen ganzen Hausrat hier abgeladen. Jan entdeckte einen kaputten Kühlschrank und ein zusammengefaltetes Zelt. Nur der Mann war verschwunden. »Wahrscheinlich ist er disappariert« meinte Lina achselzuckend. Sie ging ein paar Schritte auf den Schrott zu und betrachtete ihn kritisch.

»Hier versteckt er sich auf jeden Fall nicht«, meldete sie dann.
»Er kann aber nicht disappariert sein«, widersprach Ada. »Die Appariergrenz liegt am Fuß des Berges. Ich bin dafür, wir sollten so schnell wie möglich weg von hier und Herrn Lurcus davon erzählen.« Und ohne auch eine Antwort der beiden anderen zu warten, ging sie den Abhang wieder hinauf. Lina und Jan tauschten verwunderte Blicke aus, dann folgten sie Ada. Jan merkte, dass er sich dabei immer wieder zu dem Haufen Hausrat umdrehte, als erwartete er, dass der Fremde jeden Moment aus ihm herausspringen würde. Sein Verschwinden kam Jan höchst verdächtig vor. Plötzlich war er einfach weg gewesen. Und genau da hatte dieser Müllberg gelegen. Irgendetwas stimmte mit dem Haufen Schrott nicht.

Als sie bei dem Ort ankamen, wo sie die roten Funken gesehen hatten, waren alle anderen Gruppen bereits da. Es herrschte ein ziemliches Chaos und Jan brauchte eine Weile, um sich einen Überblick zu verschaffen. Herr Lurcus hockte auf den Knien und beugte sich über jemanden, während aus einer Transportbox neben ihm polternde Geräusche zu vernehmen waren. Jan fand Levi in der Menge der Schüler und ging rasch zu ihm.
»Was ist passiert?«, fragte er verwundert.
»Filio ist wohl einen Abhang heruntergefallen«, antwortete der. »Als er dann am Boden lag und nicht mehr aufstehen konnte, hat er in die Bäume geschaut und den Klabbert entdeckt.«
Jan sah besorgt zu dem am Boden liegenden Schüler. Er hoffte inständig, dass es seinem Hauskameraden gut ging. Als er hörte, dass dieser Herrn Lurcus fragte, ob es für seinen tollen Fund denn wenigstens ein paar Zentimeter für die Haistra-Buche geben würde, schloss er daraus, dass sein Gesundheitszustand nicht allzu schlecht sein konnte. Dennoch entschied Herr Lurcus, dass der junge Haistra lieber von Frau Elverhøj untersucht werden sollte und beendete die Stunde für den Tag. Während der Lehrer Filio ein paar provisorische Krücken zauberte, ließ er sich noch von einem Schüler die Kiste mit dem Klabbert bringen, die er zurück zu den Ställen bringen wollte. Jan und Levi machten sich schon mal auf den Weg zu den Gewächshäusern, wo sie ihre nächste Doppelstunde hatten. Als Jan sich vergewissert hatte, dass ihnen niemand zuhörte, erzählte er Levi von ihrer seltsamen Beobachtung. Auf Levis Stirn bildeten sich während Jans Erzählung besorgte Falten. Er ließ keinen Zweifel daran, dass er genau das gleiche dachte wie Jan: Irgendetwas war hier nicht in Ordnung.

Pünktlich zum Abendessen wurde Filio wieder aus dem Krankenflügel verlassen. Jan und Lina erzählten ihm noch einmal genau, was sie am Nachmittag gesehen hatten.
»Das müsst ihr einem Lehrer erzählen«, war sich Filio sicher. »Vielleicht war das der Schurke, der die Stallungen in die Luft gejagt hat.«
Er wollte gerade zu einer Verschwörungstheorie ansetzen, als plötzlich kräftig das Tor zum Innenhof geöffnet wurde. Zwei fremde Männer kamen herein, dicht gefolgt von Herrn Jeffer, dem ihr Tempo sichtlich zu schnell war. Schnaufend blieb er am Eingang des Innenhofs stehen und schloss die großen Torflügel wieder hinter sich. Doch die Blicke der meisten Schüler waren nicht auf ihn, sondern auf die beiden fremden Männer gerichtet. Jan fand, dass sie selbst für Zauberer ungewöhnlich aussahen. Sie trugen Umhänge, die aussahen, als wollten siedamit zu Walpurgisnacht aufbrechen. Einer der beiden fiel zusätzlich durch seinen kräftigen Körperbau und seinen kantigen Kopf auffiel, während der andere außergewöhnlich dünn und hochgewachsen war. Ein Gemurmel erhob sich unter den Schülern.
»Wer ist das?«, flüsterte Levi. Jan zuckte ratlos mit den Achseln. Wenn Levi etwas nicht über die Welt der Zauberer wusste, dann er erst recht nicht.

Die beiden Männer schritten schnellen Fußes auf den Lehrertisch zu und kamen kurz vor dem Tisch von Herrn Tuplantis zum Stehen. Das Geflüster in der Halle erstarb augenblicklich, denn alle wollten hören, wer die Fremden waren und was sie auf Winterfels zu suchen hatten.
»Ray Grimmson«, stellte sich der Fremde nun Tuplantis mit so lauter Stimme vor, dass man ihn vermutlich auch über das Gemurmel der Schüler hinweggehört hätte. »Leiter der Abteilung für Äußeres im Britischen Zaubereiministerium. Ich komme im Auftrag von Kingsley Shacklebolt. Er sagte, diese Schule hätte ein paar Probleme, die sie alleine nicht in den Griff bekommt.«
Der spitze Unterton in seiner Stimme bei seinem letzten Satz war nicht zu überhören.
»Und das ist Mike Auwarray«, sagte er und drehte sich zu seinem Begleiter um. »Er arbeitet in meiner Abteilung.«
»Der schaut mehr aus, als wäre er ein Praktikant«, flüsterte Filio spöttisch. »Habt ihr gesehen, wie unsicher er gelaufen ist?«
Doch keiner der um ihn herum Sitzenden antwortete. Alle warteten gespannt auf die Antwort des Schulleiters.

»Ich grüße Sie, Herr Grimmson«, entgegnete Tuplantis ruhig und mit deutlich leiserer Stimme als sein Gesprächspartner. »Und auch Sie heiße ich herzlich in unserer Schule willkommen, Herr Auwarray. Zuerst einmal bedanke ich mich sehr herzlich für Ihr frühzeitiges Erschienen. Allerdings habe ich das Gefühl, dass unser Brief nicht richtig verstanden wurde. Wir wünschten ein privates Gespräch mit Herrn Shacklebolt und keine Unterhaltung mit seinem Vertreter vor den Ohren aller Schüler.«
Jan bedauerte es ein wenig, jetzt nicht den Gesichtsausdruck des Fremden zu sehen. Mit Sicherheit war er nicht erfreut über Tuplantis' Widerworte. Das wurde ihm deutlich bei der Antwort des Besuchers.

»Wollen sie etwa ihren Schülern das Gefühl von Sicherheit geben, indem sie ihnen drohende Gefahren verschweigen?«, erwiderte er schnippisch, ohne auf die Kritik an seiner Person einzugehen.
»Ganz im Gegenteil«, antwortete der Schulleiter ruhig. »Ich möchte mit Ihnen über mögliche Konsequenzen der Explosion an unserer Schule reden, um mögliche Gefahren gar nicht erst entstehen zu lassen. Alle Schüler dieser Schule wissen über die Umstände der letzten Tage Bescheid. Wir legen viel Wert auf Ehrlichkeit und Transparenz an unserer Schule. Allerdings halte ich es für unangebracht, vor den Ohren vieler junger Zauberer über Angelegenheiten zu reden, die sie möglicherweise falsch verstehen und zu Unrecht beunruhigen könnten.«
Jan bewunderte die spontanen Antworten seines Schulleiters. Er bezweifelte, dass ihm in solch einer Situation etwas ähnlich Passendes eingefallen wäre. Aber während Tuplantis sich erhob, um mit Grimmson und Auwarray in einen Nebenraum zu gehen, fragte sich Jan, ob der unsympathische Brite nicht vielleicht doch recht gehabt hatte. Wurde den Schülern etwas verheimlich, was sie vielleicht wissen sollten?

Bạn đang đọc truyện trên: Truyen2U.Pro