Kapitel 41 - Der Tag danach

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Sowohl Jan und Levi, als auch ihre Freunde hatten viel zu erzählen, als Herr Lurcus die beiden in den Gemeinschaftsraum der Haistras brachte. Zwar waren Noah und Filio zu Tilde in die Krankenzimmer gebracht worden, aber auch mit Hannes und den drei Mädchen gab es schon reichlich viel zu besprechen. Während Anna im Zimmer der Jungen vor Angst fast einen Herzstillstand bekommen hätte, war auch der Rückweg von Lina und Marina alles andere als problemlos verlaufen. Und als Hannes erzählte, wie er auf seinem Flug verfolgt worden war, überkam Jan doch recht große Erleichterung, dass diese Aufgabe nicht ihm übertragen worden war.

Als sie alle mit ihren Erzählungen fertig waren, zeigten die Zweige der Uhr-Buche bereits kurz nach halb vier an. Jan überlegte, was seine Eltern sagen würden, wenn sie wüssten, dass er so lange aufgeblieben war. Bettgehzeiten waren im Hause Maisner doch stets ein Konfliktthema gewesen, dessen Diskussionen meistens Jans Eltern für sich entschieden hatte. Bei dem Gedanken an seine Eltern machte Jans Herz allerdings einen Freudensprung. Wenn wirklich alles geklappt hatte, dann konnte er ihnen direkt nach dem Frühstück schon einen Brief schicken.

Falls es so etwas wie einen Wetterfrosch gab, der über das Wetter entschied, so wie es manche in Winterfels behaupteten, dann hatte ihn niemand über das Ergebnis des vorherigen Abends informiert. Bereits am Morgen wurde Jan von den Regentropfen geweckt, die durch das nicht vorhandene Fenster auf den Zimmerboden prasselten und es ihm trotz seines gewaltigen Schlafdefizits unmöglich machten, wieder in die Welt der Träume zu versinken. Vermutlich richtete sich dieser Wetterfrosch nicht nach der Gemütsverfassung der Menschen, sondern nur nach seinem Kalender und weil der heute den letzten Dienstag im April anzeigte, mussten alle Wolken noch einmal ein richtiges Aprilwetter von sich geben. Jan schüttelte den Kopf, als er sich selbst bei solch unsinnigen Gedanken erwischte. Das Jahr ohne Kindergottesdienst hatte ihm definitiv nicht gutgetan. Ein Wetterfrosch, das war doch nun wirklich Blödsinn.

Während er sich aus dem Bett kämpfte und sorgenvoll auf die immer größer werdende Pfütze unter dem Fenster sah, bemerkte er, dass auch Levi schon wach war. Der Junge hatte sich im Schneidersitz in sein Bett gesetzt und schrieb dort auf einem Blatt Papier herum. Der geöffnete Umschlag neben ihm ließ Jan erahnen, dass sein Freund die gleiche Idee gehabt hatte wie er.

»Guten Morgen Jan«, meinte er und sah von seinem Zettel auf.
»Morgen Levi. Schreibst du auch einen Brief an deine Familie?«
Der Junge nickte. »Ich hätte es zwar vor diesem Schuljahr nie gedacht, aber es kann schon ganz schön schwierig sein, so lange nichts von seinen Eltern zu hören. Wenn du gleich auch einen schreibst, können wir sie ja gemeinsam zum Eulenturm bringen.«

Jan lächelte zustimmend, bevor sein Blick wieder auf die Pfütze fiel.
»Hast du einen Eimer, den wir dahinstellen können?«, fragte er besorgt. »nicht, dass ein kaputter Boden eine Katastrophe wäre im Vergleich zu dem, was wir dieses Jahr schon durchmachen mussten, aber Wasserschäden in Dielen kann man nicht reparieren. Das könnten wir mit einem Eimer verhindern.«

Levi sah Jan schmunzelnd an.
»In der Muggelwelt kann man sowas vielleicht nicht reparieren«, lachte er. »aber es gibt so etwas, das nennt sich Zauberei.«
Er warf einen augenzwinkernden Blick auf seinen Zauberstab. Dabei bemerkte er aber auch, welches Ausmaß die Wasserlache mittlerweile angenommen hatte und er verdrehte sein Gesicht zu einer merkwürdigen Grimasse.
»Obwohl auch Zauberern in einer solchen Situation ein Handtuch nicht schadet«, fügte er schnell hinzu und sprang auf, um in ihr Badezimmer zu laufen.

Jans Mund formte sich zu einem amüsierten Lächeln, während auch Hannes sich hinter ihm zu regen begann. Es schien tatsächlich ganz so, als hätte ihn nicht das Unwetter, sondern seine Zimmernachbarn aus dem Schlaf gerissen.
»Also ich fand Filios Spechtwecker ja schon immer nervig«, grummelte er verschlafen, bevor er sich wieder seine Decke über den Kopf zog. »Aber er ist nichts gegen den Lärm, den ihr um diese Uhrzeit schon veranstaltet.«

»Guten Morgen Hannes«, grüßte Levi gut gelaunt und mit einem Berg Handtücher bepackt, die er mehr oder weniger sorgfältig über der Pfütze verteilte, bevor sich diese in einen Teich verwandeln konnte.
»Wo wir gerade bei Filio sind«, fiel Jan da ein. »Sollten wir nicht einmal nach ihm schauen, also wie es ihm so geht?«

»Ich weiß gar nicht, ob man so früh morgens schon in die Krankenzimmer darf«, wandte Hannes ein, zumindest glaubte Jan, das von ihm unter der Bettdecke zu vernehmen.
»Ich glaube, um die Uhrzeit ist Filio nicht mehr bei Tilde«, lachte Levi. »›Der Morgen macht den Tag‹, ›Man soll frühstücken wie ein Kaiser‹, ihr kennt ihn doch. Also da müsste es ihm schon wirklich schlecht gehen, dass er noch nicht am Frühstückstisch sitzt.«

Mit seiner Vermutung lag Levi vollkommen richtig. Als sie in den Innenhof traten, brauchten sie nicht lange, um ihren Freund zu finden. Er saß neben Anna in der Mitte des Haistra-Tischs und schien mit ihr in eine nachdenkliche Unterhaltung vertieft zu sein. Die drei Jungen setzten sich auf die freien Plätze neben ihnen und Jan begutachtete nicht ohne eine gewisse Belustigung Filios Teller, auf dem sich Brotscheiben und ein Stück Kuchen aufeinanderstapelten. Bei genauerem Hinsehen erkannte er, dass neben dem Teller sogar noch eine Müslischale stand. Filios Haare sahen zwar heute noch unordentlicher aus als sonst, aber wenigstens von seinen Essgewohnheiten her, schien er wieder ganz der Alte zu sein.

Er und Anna begrüßten die Neuankömmlinge fröhlich und erzählten ihnen schon direkt danach, welches Thema sie gerade beschäftigte.
»Was denkt ihr, macht dieser Titus jetzt?«, fragte Anna offen und dämpfte somit ein wenig die gute Stimmung, die Levi und Jan eigentlich gehabt hatten. Natürlich, Titus war zwar gestern Abend vom Schulgelände vertrieben worden, aber für immer besiegt war er noch lange nicht. Er hatte ja selbst gesagt, dass er nicht aufhören würde, Blumen in die Wildnis zu setzen, um die Disteln zu überwuchern, was auch immer das heißen würde.

»Ich glaube, fürs erste muss er sich ein wenig sammeln«, mutmaßte Levi. »So wie ich das verstanden habe, konnten die Lehrer zwei seiner Anhänger gefangen nehmen. Außerdem hat er jetzt gesehen, dass seine Gegner stark sind.«

»Tuplantis sollte auf jeden Fall sofort das Ministerium alarmieren«, fügte Hannes hinzu. Mit halb geöffneten Augen sah er zum Lehrertisch, wo der Schulleiter auffälligerweise noch fehlte. »Ich könnte mir vorstellen, dass sie direkt wieder mit dem Einsperren anfangen. Und dann muss jemand von uns wissen, wenn wir nicht wollen, dass die Phiole wieder ausgeschüttet wird.«

Auch wenn Jan nicht ganz wusste, was diese Redewendung aus der Zaubererwelt bedeuten sollte, erinnerte sie ihn an etwas. Vorsichtig tastete er mit der Hand seine rechte Umhangtasche ab. Ein Lächeln stahl sich über sein Gesicht, als er das gläserne Fläschchen spürte. Er hatte gestern Abend überlebt, rief er sich in Erinnerung, er konnte von Glück reden, dass er heute Morgen noch unbeschadet hier am Frühstückstisch sitzen konnte.

Die Tür zum Innenhof wurde aufgestoßen. Aus irgendeinem Grund war an diesem Morgen nur ein Flügel offen gewesen, nun waren es beide. Herr Tuplantis betrat den Raum. Er ging zielstrebig auf den Lehrertisch zu, nicht aber um dort Platz zu nehmen, sondern um sich davor hinzustellen und die Schüler mit einer seiner typischen Handbewegungen um Ruhe zu bitten.

»Guten Morgen, liebe Schülerinnen und Schüler«, begrüßte er sie mit einem lächelnden Gesicht. »Die Gerüchteküche brodelt bekannterweise schneller als die Wahrheit kochen kann. Dies ist aber kein Grund, sie euch vorzuenthalten. Gestern Abend ist einiges passiert. Wir haben uns gestern Abend dem Feind gestellt. Wir haben geplant, wir haben gekämpft und wir haben uns befreit. Cogitavimus, Pugnavimus, Liberavimus.«
Er schmunzelte über seine rhetorische Ausschmückung, die der milden Reaktion zufolge allerdings über dem Niveau der Schüler liegen musste.

»Aber mir hat schon zu Beginn des Schuljahres eine Schülerin gesagt, ich sollte weniger in Rätseln reden.« Sein Blick wanderte zum Tisch der Furhos, aber Jan war gerade zu konzentriert auf die Rede, um zu überlegen, wen Herr Tuplantis meinte. Auch wenn er ja eigentlich wusste, was passiert war, wollte er gerne wissen, wie der Schulleiter es in Worte fasste. »Fangen wir vorne an. Gestern Abend haben wir Lehrer uns beratschlagt, was die beste Lösung wäre. Spätestens als ein Schüler uns meldete, es wären erneut einige von euch bei einem Fluchtversuch in Gefahr, wussten wir: Wir müssen handeln. Das Schicksal von Quentin Weiß sollte sich nicht wiederholen. Und so sind wir strukturiert aufgebrochen und haben uns dem Feind gestellt. Titus Pettigrew, Marcos Gaunt, Celia Ivyng, Isabell Sänger. Es waren einige Zauberer dabei, die gemeinhin als kriminelle Schwarzmagier bekannt sind. Und so haben sie auch gehandelt. Nicht vor gefährlichen Flüchen zurückschreckend und äußerst geschickt. Aber nicht zuletzt durch den großartigen Einsatz von Herrn Jorski in einem finalen Kampf gegen Pettigrew konnten wir sie vertreiben.«

Der Geräuschpegel stieg. Während sich anfangs nur Schüler verwundert »Titus Pettigrew, der Titus Pettigrew?« oder ähnliches geflüstert hatten, so weckte die Nachricht, die Belagerer seien vertrieben worden bei vielen eine Hoffnung aus einem tiefen Schlaf.
Herr Tutplantis bat lächelnd um Ruhe.

»Ich verstehe, dass das aufregend ist«, schmunzelte er. »Denn ihr könnt euch natürlich denken, was das bedeutet. Ihr könnt wieder Quidditch spielen, Briefe schreiben, über das Schulgelände laufen, sorgenfrei leben.«

Während der Innenhof in Euphorie ausbrach, senkten sich Herrn Tuplantis Mundwinkel allerdings wieder ein wenig.
»Aber das Ganze steht im Schatten zweier Dinge. Erstens: Wir wollen nicht voreilig sein. Das Verlassen des Schulgeländes durch das Banntor, beispielsweise um zum Eulenturm zu gelangen darf nur unter Aufsicht eines Lehrers passieren. Und zweitens: Wir wollen vor lauter Freude nicht vergessen, was unsere Freiheit gekostet hat. Quentin Weiß ist gestorben. Und das soll nicht untergehen in der Welle des Jubels. Quentin wird seine Trauerfeier noch erhalten, sobald seine Eltern informiert worden sind.«

Tatsächlich bemerkte Jan im Laufe des Tages, wie nah Freude und Leid zusammenhingen. Er war unfassbar froh darüber, sich auf die Liste für den Gang zum Eulenturm und zum Quidditchfeld am Nachmittag eingetragen zu haben. Und allein der Anblick, aus dem Innenhof zu gehen und auf mit Zeitung tapezierte Wände zu blicken, war wundervoll. Zwischen jeder Seite hatten Nora und Leander allerdings ein Trauerplakat für Quentin aufgehangen, das Jan daran erinnerte, dass nicht alles in den letzten Tagen glücklich verlaufen war. Freundlich lächelnd blickte das in Schwarzweiß gedruckte Gesicht des Jungen auf die Schülermenge, unter ihm standen Geburts- und Todestag. Gerade einmal 16 Jahre war der Junge alt gewesen – viel zu jung, um zu sterben, viel zu jung.

Auch der Unterricht wirkte auf die vergangenen Ereignisse angepasst. Frau Relting beispielsweise machte einen abrupten Themenwechsel in Zaubereigeschichte. Hatten sie eigentlich das Thema Entwicklung des magischen Verkehrs und für heute die Erfindung der ersten Thestral-Kutschen auf dem Tagesplan, so schwenkte sie »angesichts der aktuellen Tatsachen« auf gefährliche Ideologien und deren Folgen im 20. Jahrhundert um. Und während sie einen Exkurs zu den Weltbildern von Zauberern wie Grindelwald oder einem gewissen Lord Voldemort gab, fühlte sich Jan in manchen Punkten an Titus' Rede erinnert. Hatte er nicht auch etwas von einem größeren Wohl erzählt? Und von besonderem Blut?

Jan war Herrn Tuplantis und den anderen Lehrer unfassbar dankbar dafür, dass sie ihn davor bewahrt hatten, solch einer radikalen Gruppierung beitreten zu müssen und er ärgerte sich erneut über seine Dummheit, die ihn ohne ihre Hilfe dazu gebracht hätte. Aber jetzt war nicht die Zeit sich zu ärgern. Zumindest nicht darüber.

Auch Herr Jorski gestaltete die Stunde Zaubertränke etwas freier als es der Lehrplan vermutlich vorsah. Er stellte den Schülern »seinen Freund und Vorgesetzten« vor, Jozef Wozniak. Und indem dieser die erste Hälfte der Doppelstunde für einen kurzweiligen Vortrag über das Leben als Zaubereiminister nutzte und in der zweiten auf die vielfältigen Fragen der Schüler einging, fühlte Jan sich weitaus mehr gebildet als durch einen weiteren Versuch von Libatius Borage.

Spätestens als Jan am Nachmittag mit einer großen Schülergruppe unter der Aufsicht von Herrn Hausmann das Schulgelände durch das Banntor verließ, wurde ihm bewusst, was die Befreiung für ihn bedeutete. Es war ein emotionaler Augenblick für ihn, an der alten Schulmauer vorbei bis zum Eulenturm zu laufen. Sogar das Wetter hatte sich gewandelt und der Regenschauer des Vormittags war von einem wolkenbedeckten Sonnenschein abgelöst worden.

Wie bei seinem ersten Betreten des ehemaligen Wachturms erfüllte ihn ein beeindruckter Schauer, als er den magisch ausgedehnten Gebäudeteil wieder von innen erblickte. Zwar spielte immer noch seine Faszination für die Welt der Magie dabei eine Rolle, genauso aber dieses tief bewegende Gefühl, endlich seine Eule wiederzusehen und ihr den Brief für seine Eltern in den Schnabel reichen zu können.

Seine Gedanken machten einen wilden Besenflug, als er auf dem Weg zum Quidditchfeld überlegte, was seine Eltern ihm wohl antworten würden. Was hatte er verpasst? Die Zeit, in der er noch Briefe bekommen hatte, die mit etwas anderem als lieber Sohn begonnen worden waren, fühlte sich schrecklich weit in fertig waren Ferne an. Die Aussicht darauf, endlich wieder in dieses »vergangene Zeitalter« einsteigen zu können, füllte Jan mit Freude, auch wenn er sich mittlerweile fragte, ob er nicht etwas viele Details der Belagerung in den Brief gepackt hatte. Die Sorge seiner Eltern wäre schon groß genug, wenn sie lesen würden, dass keiner seiner letzten Briefe wirklich von ihm geschrieben war, die Informationen über die Angriffe, die es im Laufe des Monats gegeben hatte, waren vielleicht wirklich etwas zu viel gewesen. Er schüttelte den Kopf über seine emotionale Verfassung, die ihn am Morgen dazu gebracht hatte. Je länger er darüber nachdachte, umso lauter konnte er die Stimme seiner Mutter hören, die aufgebracht über die Verantwortungslosigkeit der Schule schimpfte und die seines Vaters, der ohne Zweifel davon sprach, Jan nächstes Jahr nicht mehr nach Winterfels zu lassen. Diese schreckliche Vorstellung drehte Jans Gefühle wie eine Sanduhr um. Was, wenn seine Eltern wirklich beschließen würden, ihn lieber wieder an eine ganz normale Schule zu schicken?

Er wollte nicht seine Freunde wieder verlieren. In der letzten Nacht hatte er so einen starken Zusammenhalt gespürt. Vor seiner Zeit in Winterfels hatte es niemanden gegeben, mit dem er nachts durch einen dunklen Wald gelaufen wäre, da war er sich sicher. Und jetzt war es für ihn fast schon selbstverständlich, mit den anderen Haistras mitzukommen, wenn sie ein Problem hatten. Und für sie war es mindestens genauso selbstverständlich, mit ihm zu gehen, wenn er ein Problem hatte. Er konnte sich nicht genau erklären, was es war, dass sie so zusammenschweißte, aber er musste es auch gar nicht wissen. Viel wichtiger war es, dass sich in Zukunft nichts an ihrem Verhältnis verschlechtern würde – und eine Trennung konnte Jan da gar nicht gebrauchen. Er musste sich etwas überlegen, um seine Eltern zu überzeugen, dass er in Winterfels am besten aufgehoben war, wenn vielleicht auch nicht am sichersten.

Aber um diese Gründe zu sammeln, hatte er noch einige Wochen Zeit. Jetzt wollte er sich damit nicht den Tag der Freiheit zerstören. Und spätestens als er das Quidditchfeld und die einzigartige Tribüne wieder erblickte, wusste er, dass die Sorgen wirklich sehr groß hätten sein müssen, um ihn an diesem Nachmittag wirklich noch ernsthaft zu beeinträchtigen. Wie in dem Moment, als Jan die vielen fliegenden Tribünenteile das erste Mal gesehen hatte, war ein einfach nur fasziniert von dem, was Zauberei alles bewirken konnte.

Nur wenige Minuten später saß Jan auf seinem Sauberwisch 12 und flog gemeinsam mit Levi, Hannes, Lina, Marina und den anderen Schülern, die es geschafft hatten, einen Platz auf der Liste zu ergattern, um eben diese Tribünen herum. Auch wenn es ihm ein wenig schwindelig zumute wurde, als er wieder an Höhe gewann, wollte er unbedingt mit ihnen auf das große, hölzerne Schiff fliegen, dass in bedrohlicher Höhe über der Erde schaukelte. Die lange Zeit, in der die Flugstunden durch Flugtheorie ersetzt worden waren, hatten Jans ohnehin schon rudimentären Fähigkeiten auf jeden Fall geschadet. Während er nach Herrn Goldenbergs Beschreibungen nach oben flog, glaubte er zwar, er würde es richtig machen (wie man den Besen halten musste, hatten sie in den Theoriestunden auch in aller Ausführlichkeit gelernt), aber wirklich sicher fühlte er sich dabei nicht. Ihm wurde ein wenig mulmig zumute und konnte auf einmal gut nachvollziehen, wie sich Anna fühlen musste, wenn sie sich in Höhen bewegte, in denen sie sich nicht wohl fühlte.

Dennoch war es mit dem Fliegen ähnlich wie mit Fahrradfahren. Wirklich verlernen, das machte man nicht, man kam nur ein wenig aus der Übung. Mit möglichst viel Zuversicht und Konzentration folgte Jan den anderen und bemühte sich dabei, möglichst wenig nach unten zu sehen. Stattdessen richtete er seinen Blick fokussiert auf die Besen der anderen und das immer näherkommende Holzschiff.

Zwar war er zum einen unfassbar erleichtert darüber, dass er sein Ziel bald erreicht hatte, andererseits machte sich in ihm auch die Sorge über eine Landung breit. Auf dem Boden landen, das hatte er eigentlich immer ganz gut hinbekommen. Aber auf einer fliegenden Tribüne? Das war noch einmal eine ganz andere Herausforderung.

Fast schon ein wenig neidisch sah er den anderen dabei zu, wie sie alle recht geschickt auf dem Deck landeten. Die hölzernen Bretter kamen auch ihm immer näher. Er spürte, wie sein Herz schlug und seine Arme sich anspannten. Mit aller Kraft hielt er den Besenstiel so, wie Herr Goldenberg es ihnen gezeigt hatte, um zu bremsen. Unter seinen Beinen wurde das Holz sichtbar, seine Füße berührten das Holz und – kamen zum Stehen.

Keuchend nahm Jan seinen Besen in die Hand und stützte sich auf ihm ab. Er hatte es geschafft. Mit Erleichterung stellte er fest, dass keiner seiner Freunde ihn wirklich bei seiner Landung beobachtet hatte, sie standen alle bereits an der Reling und sahen auf das Quidditchfeld hinab. Schnell lief Jan zu ihnen.
Unter ihnen flog eine bunte Menge aus Schülern auf Besen ihre Kreise und wirkte fast schon wie ein lebendiges Feuerwerk. Ein Lächeln füllte Jan erschöpftes Gesicht. Das war der Flug wert gewesen. Das war das lange Warten wert gewesen. Das war die Angst und Anstrengungen der vergangenen Nacht wert gewesen. Der Anblick von vielen freien, fröhlichen Schülern. Und er war einer von ihnen.

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