Kapitel 45 - Rückflug im C-W-L 12

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In Winterfels schien es unfassbar viele Traditionen zu geben, die am letzten Abend des Schuljahres unternommen werden mussten. Die Karamellbonbons in den Bucheckermänteln wurden nach dem Essen von den Viertklässlern in der ganzen Burg versteckt und mithilfe von magischen Pfeilen mussten die jüngeren Jahrgänge sie dann suchen.

Nachdem diese kräftezehrende, aber gleichauf unfassbar lustige Süßigkeitenjagd zu Ende war, ging es in den Gemeinschaftsraum, wo die beiden Pokale feierlich ihren Platz im Vitrinenschrank fanden. Der Viertklässler Mats Rehberg hatte dafür seine Polaroidkamera ausgepackt und von allen Schülern, die wollten, ein Bild mit den beiden Trophäen gemacht. Die älteren Schüler schenkten sich bei dieser Gelegenheit auch gerne alkoholische Getränke wie Nesselwein oder Butterbier ein. Damit hatten sie dann umso mehr Spaß der nächsten Tradition nachzueifern. Um Punkt Mitternacht wurde dem Ritter Kunibert ein Streich gespielt, der in diesem Schuljahr so aussah, dass seine Rüstung grün gezaubert wurde. Und zum Abschluss musste jedes Haus noch ein Bild von einem der Korridore entwenden. Dementsprechend spät war es, als Jan zu Bett ging.

Nur schien Filios Wecker nichts von all diesen Traditionen zu wissen. Der Specht auf dem Uhrengehäuse klopfte wie jeden Morgen um Viertel nach sechs mit einem ohrenbetäubenden Lärm die jungen Haistras aus dem Schlaf. Und als Filio sich endlich aus dem Bett gekämpft hatte, um den Vogel zu besänftigen, war Jan bereits so wach, dass an Einschlafen nicht wirklich zu denken war. Außerdem musste er ohnehin noch seinen Koffer packen. Eigentlich hatte er sich vorgenommen, das am gestrigen Abend zu erledigen. Aber er hatte ja nicht wissen können, dass der letzte Abend in Winterfels so verbracht wurde. Also richtete er sich schlaftrunken auf und bewegte sich in einer Mischung aus Schlafwandeln und Gehen auf seinen Schrank zu.

Heute würde er wieder nach Hause gehen, ging es ihm durch den Kopf, während er einen Stapel Pullover in seinen Koffer räumte. Viele Gedanken kamen mit dieser Erinnerung einher. Der Junge wusste gar nicht wirklich, ob er sich freuen sollte oder ob er eigentlich lieber in Winterfels bleiben wollte. Zwar konnte er es eigentlich kaum abwarten, seine Eltern endlich wiederzusehen, aber schon eine Woche ohne Levi, Filio, Hannes, Lina, Marina und Anna war mittlerweile fast schon unvorstellbar. Er ertappte sich bei der Überlegung, was er denn alleine überhaupt machen sollte.

Doch dann kam ihm der letzte Brief seiner Eltern in den Kopf. Darin hatten sie geschrieben, schon viel für die Ferien geplant zu haben, er solle sich überraschen lassen, aber er könne sich schon freuen. Er schmunzelte, wenn er daran dachte. Seine Eltern gaben sich wirklich die größte Mühe, ihm ein schönes Leben zu ermöglichen. Vielleicht sollte ihnen etwas zurückgeben. Sein Blick fiel auf das sich bewegende Polaroidfoto auf seinem Nachttischschrank. Er und die anderen Erstklässler aus Haistra waren darauf zu sehen, Lina und Filio hielten die Pokale in den Händen und gemeinsam rissen sie alle jubelnd die Arme in die Höhe. Er schmunzelte. Auch wenn er diese Eigenschaft mit jedem Lebensjahr mehr ablehnte, liebten seine Eltern es, Bilder von ihm im ganzen Haus aufzuhängen. Vermutlich würden sie sich freuen, wenn er ihnen dieses Foto als Geschenk geben würde. Einen passenden Rahmen dafür würde er bestimmt bei Nora und Leander finden.

Als er später auf dem Weg zum Frühstück mit den anderen Jungen aus seinem Schlafsaal und einem gewaltigen Schlafdefizit am Kiosk vorbeikam, erkannte er, dass die Inhaber den Ausverkauf beschlossen hatten. Ein Plüschniffler hielt ein 44%-Schild in die Höhe, im Inneren des Ladens waren die beiden Drittklässler bereits fleißig am Ausräumen.

»Ich geh nochmal schnell hier rein«, erklärte Jan. Doch Filio hielt ihn zurück.
»Das hört sich so an, als würdest du alleine gehen«, meinte er mit gespielter Verwunderung. »Aber bei so einer Gelegenheit sage ich nicht nein.«

Also gingen Jan und Filio zusammen in den Kiosk. Während Filio sich mit verschiedensten Artikeln eindeckte, deren Nutzen Jan größtenteils nicht einsehen konnte, musste Jan sich bei Leander erkundigen, ob es denn Bilderrahmen gebe. Er war in den Regalen einfach nicht fündig geworden.

»Ein Bilderrahmen?«, wiederholte der. »Sowas haben wir hier eigentlich nicht zum Verkauf. Aber ich glaube...« Er holte seine Hände aus den Taschen seines knallgelben Kapuzenpullovers und wuschelte sich damit nachdenklich durch die grünen Haare, »da sollte ich trotzdem etwas haben.«

Er verschwand kurz im kleinen Lagerraum des Kiosks, bevor er wieder zwischen den Regalen auftauchte. In seinen Händen hielt er einen Bilderrahmen, der ihm gleichen Grünton strahlte wie seine Haare.

»Ich wusste, dass der noch irgendwo sein musste«, meinte er triumphierend. »Der stand das Jahr über im Schaufenster und hat die Angebote der Woche umrahmt. Nora gefällt die Form nicht, sie will für nächstes Jahr lieber einen sechseckigen. Mir ist das egal, ich bin der Meinung, es kommt auf die inneren Werte an.«
Lachend reichte er Jan den Rahmen.

»Aber wenn wir uns sowieso einen neuen anschaffen, kann ich dir den hier geben. Ich schenk ihn dir. Wäre ja schon eine rahmenlose Frechheit, wenn ich dir unseren Müll gebe und dann auch noch Geld dafür verlange.«
Jan nahm das Geschenk überrascht in die Hand.
»Danke«, meinte er überrascht, weil er gar nicht wirklich wusste, was er sagen sollte. »Das ist nett von dir.«

»In meiner Sprache heißt das Selbstverständlichkeit«, entgegnete Leander. »Aber wundere dich nicht, wenn das Teil heute Abend nicht mehr grün ist. Das wechselt je nach Tageszeit die Farbe. Scheint mit mir verwandt zu sein.«
Wie zum Beweis ließ er seine Haare schwarz werden.
»Einen guten Tag dir noch. Auf Wiedersehen.«

Jan verabschiedete sich ebenfalls und ging zurück zu seinen Freunden in den Korridor. Filio war bereits fertig mit seinem Einkauf und hielt eine recht volle Tüte in der Hand. Jan wollte gar nicht wissen, was sein Klassenkamerad alles gekauft hatte.

Dennoch hörte er geduldig dabei zu, wie Filio von seiner Schnäppchenjagd erzählte und war innerlich doch ein wenig gespannt, was der kreative Junge damit alles so anstellen würde.

Am Frühstückstisch herrschte noch eine ziemliche Leere. Scheinbar hatten sich nicht alle Schüler so diszipliniert dem Klingeln des Weckers ergeben, noch zudem die Abfahrt erst für 12:30 Uhr angesetzt war. Auch Lina und Marina waren noch nicht anwesend, als sich die vier Jungen zu Anna an den Tisch setzten.

Direkt nach der Begrüßung fiel Annas Blick bereits auf Filios Tasche. Und da sie in ihrer höflichen und interessierten Art natürlich fragte, was darin war, bekam Filio noch einmal die Gelegenheit, von seinem großartigen Einkauf zu erzählen. Jan schmunzelte bloß darüber, wie der Junge sich so über seine Angebote freuen konnte und dachte im Stillen darüber nach, dass dies erstmal sein letztes Frühstück am großen Haistra-Tisch sein würde. Mit einem fast schon wehmütigen Blick sah er zu den großen Bäumen in den Ecken des Innenhofs und war überrascht davon, wie schnell er sich an dieses ungewohnte Ambiente gewöhnt hatte. Die Vorstellung, zu dritt in einer kleinen Küche zu sitzen, war ihm auf einmal ein bisschen fremd. Schmunzelnd über seine verrücktspielenden Gefühle nahm er sich zwei Scheiben Brot. Auch wenn er eigentlich keine Person war, die wie Filio Unmengen zum Frühstück verspeisen konnte, so graute ihm doch vor der Vorstellung, die Porttür mit einem fast leeren Magen durchqueren zu müssen.

»Wir müssen noch unsere Adressen austauschen«, riss ihn Levi plötzlich aus seinen Gedanken. »Schließlich wollen wir uns doch in den Ferien schreiben können.«

»Aber wir können doch auch außerhalb von Winterfels telefonieren«, schlug Jan vor. Natürlich würde er sich auch schon über Briefkontakt freuen, aber in mancher Hinsicht fand er die Muggeltechnologie doch fortschrittlicher als Magie.

»Telefonieren?«, wiederholte Levi verwundert. »Was ist das denn?«
Filio lachte.
»Muggelkram«, erklärte er. Sein Vater war schließlich selbst ein Muggel, daher kannte auch er sich recht gut in der Welt aus, in der Jan groß geworden war. »Da kann man miteinander reden, obwohl man ganz weit weg voneinander ist.«

»Diese kleinen flachen Kästen, die die Muggel immer in der Hand halten?«, fragte Levi, woraufhin Jan schmunzelnd nickte. »Mein Vater sagt immer Muggelzauberstäbe dazu. Aber wir haben so etwas nicht.«
»Wir auch nicht«, ergänzte Anna. »Und selbst wenn, dann wüsste ich gar nicht, was ich damit machen müsste.«

»Also so ein Handy ist um einiges leichter zu bedienen als ein Besen«, meinte Filio scherzhaft, während er noch einmal Milch in seine Müslischale goss. »Aber das ist ja jetzt auch egal, dann nehmen wir eben den Eulenweg.«
Er zog einen Zettel, sowie einen besenförmigen Kugelschreiber aus seiner Tasche und begann, seinen Wohnort zu notieren.
»Wie gut, dass ich heute Morgen einkaufen war«, scherzte er und reichte Stift und Papier an Anna weiter.

Auch Jan war froh über den Einkauf, den er getätigt hatte. Als sie nach dem Essen wieder in dem Gemeinschaftsraum angekommen waren, legte er das Bild in den Rahmen und verstaute es weich eingebettet zwischen seinen Pullovern. Danach verschloss er den Koffer wieder sorgfältig und holte den für seine Schulunterlagen unter dem Bett hervor. Bücher, Schreibblöcke, Schnellhefter und Stifte fanden nur mit Mühe einen Platz. Wie auch schon bei Urlauben früher fragte sich Jan, wie er es vor dem Schuljahr nur geschafft hatte, alles in den Koffer zu bekommen. Besonders groß war der Ärger deshalb, als er unter Hochanstrengung den Reißverschluss endlich geschlossen hatte und dann feststellen musste, dass das Formular mit den Zaubersprüchen, die er in den Ferien lernen durfte, noch unter seiner Nachttischlampe lag. Er wollte gerade schon beginnen, den Koffer wieder zu öffnen, als er sich eines Besseren besann und den Zettel einfach in seiner Hosentasche verstaute.

In diesem Moment betrat auch Levi das Schlafzimmer.
»Erinnert ihr euch noch daran, dass wir Noah vor den Winterferien darum bitten mussten, dass er unsere Koffer nach unten zaubert? Das ist jetzt Geschichte.«

Lachend beförderte er seine Reisetasche mit einem »Wingardium Leviosa« in die Höhe. Und mit einer eleganten Bewegung seines Zauberstabs folgte kurz darauf der zweite. Aufeinandergestapelt ließ er sie durch die Tür schweben. Begeistert sah Jan ihm nach. Daran hatte er noch gar nicht gedacht. Gut gelaunt führte auch er den Schwebezauber aus. Er bevorzugte es allerdings, nur einen den Koffer durch die Luft zu steuern. Den zweiten zog er ganz klassisch hinter sich her.

Ein Blick nach hinten verriet Jan, dass Hannes es Levi gleichtat, seine Koffer allerdings nacheinander durch die Tür schleuste und dabei den jeweils anderen auf dem Boden abstellte. Und Filios Vielzahl an Taschen und Koffern schwebte dahinter unbeholfen im Raum herum. Es sah mehr aus, als wollte er ein kompliziertes Ritual vollführen, als einfach sein Gepäck aus dem Schloss zu bringen. Als Jan sich wieder nach vorne drehte, hörte er es aus ihrem Schlafzimmer poltern, gefolgt von einem nörgelnden Geräusch Filios.

Der Junge hätte seinem Freund nur zu gerne geholfen, aber er selbst war schon mit seinen Koffern voll ausgelastet. Konzentriert lenkte er sie durch den Haistra-Flur in den Gemeinschaftsraum, vorbei am Bild der germanischen Zaubererin Anthana, dem temporären Stolz der Haistras. Jan vermutete, dass das Opfer des Streichs in den Ferien wieder seinen rechtmäßigen Platz erhalten würde. Während er seinen Koffer nun an den Gruppentischen vorbeifliegen ließ, überlegte er, dass der Schwebezauber ihnen vermutlich noch nicht wirklich eine Hilfe war und sie mit Tragen und Ziehen vermutlich schneller gewesen wäre. Aber mehr Spaß machte es einfach mit dem Zauberspruch.

Und tatsächlich kamen alle ihre Koffer heil bei den Carls an. Gemeinsam mit den Mädchen lagerten sie sie erstmal auf der Wiese vor den hölzernen Fluggefährten und überlegten, wie sie sich aufteilen sollten.

»Als ich vor meiner ersten Fahrt mit einem Carl stand, hätte ich mir gewünscht, dass es Einsitzer sind«, erinnerte sich Anna. »Und jetzt finde ich es wirklich schade, dass nur fünf Leute in einen passen. Was sich in einem Jahr alles ändern kann.«

»Wenn wir geschickt genug rücken, passen wir auch alle in den Carl«, überlegte Filio. »Einer kommt noch auf die Gepäckfläche, jemand auf Levis Schoß und dann passt das.«
Jan wusste nicht, ob der Junge das wirklich ernst meinte, aber er selbst kannte die Zaubererwelt und vor allem deren deutsche Sicherheitsvorkehrungen mittlerweile gut genug, um zu wissen, dass das in der Theorie zwar eine schöne Idee, es in der Praxis aber irgendwelche Zauber gab, diegenau so etwas unmöglich machten.

Auch Filio schien das nach einer kurzen Argumentation Levis einzusehen und verwarf daraufhin auch seine Vorschläge, man könne doch auf dem Dach Platz nehmen. Und so ging Hannes in den Carl seiner Freunde aus Ehura und Lina erzählte nicht wirklich, zu wem sie sich setzen wollte. Sie warf Marina bloß einen vielsagenden Blick zu und verschwand dann in der Menge der Schüler.

Levi sah sich besorgt auf dem Startplatz um. »Wenn wir noch zu fünf in einen Carl wollen, dann sollten wir uns so langsam einen suchen. Einige sind schon belegt.«
Konzentriert ließ Jan seinen Blick über die parkenden Fluggeräte schweifen. Tatsächlich waren der C-W-L 3 und der C-W-L 5, die er als erstes betrachtete, beide schon belegt, zumindest teilweise. Als er gerade glaubte, einen freien gefunden zu haben, nahmen dort bereits einige ältere Furhos Platz.

Aber Anna hatte währenddessen einen freien Apparat entdeckt. Eilig folgten sie ihr in den C-W-L 12. Während Jan es bevorzugte seinen Koffer für das kurze Stück zu ziehen, ließen Levi und Marina es sich nicht nehmen, noch einmal den Schwebezauber auszuprobieren. Filio ließ sich den Spaß ebenfalls nicht ausreden, wenigstens so lange bis sein Seesack mit den Utensilien für seine Experimente lautstark gegen einen Carl krachte. Verlegen wuschelte er sich durch seine ohnehin schon unordentliche Frisur und bemühte sich konzentriert, alle seine Taschen zu Boden zu holen. Jan überkam eine Welle des Mitleids, als er ihn dort so stehen sah, mit seinem Gepäck so überfordert, wie ein Clown, dem seine Heliumballons davonflogen. Daher machten er und Anna sich eilig auf den Weg, um ihrem Freund zu helfen, während Levi und Marina auch ihr Gepäck auf der Ladefläche verstauten.

Mit vereinten Kräften sammelten sie Filios unzählige Taschen wieder vom Himmel und versuchten auch für diese noch einen Platz zu finden.
»Wie gut, dass die Carls mit einem Fallschutz versehen sind«, meinte Levi lachend, nachdem er auch dem letzten Koffer einen Platz zugewiesen hatte. »Wir sind ziemlich überbeladen.«

Dennoch stieg er mit einem zufriedenen Lächeln von der Ladefläche und kletterte hinter Filio die Leiter ins Innere des Fluggefährts nach oben. Er und Jan setzten sich in die letzte Reihe, die beiden Mädchen in die Mitte und Filio nahm vorne Platz, dort wo der Starthebel befestigt war. Ihm war deutlich anzusehen, wie sehr er sich darüber freute, diese Position übernehmen zu dürfen.

»Schon ganz schön unglaublich, dass das Jahr jetzt einfach schon vorbei ist«, meinte Levi. »Eigentlich bräuchten wir noch eine Beschäftigung die unserem letzten Moment als Erstklässler würdig ist.«
Jan dachte etwas verwundert nach. Ihm fiel nicht wirklich etwas ein. Bei längeren Autofahrten hatte er früher gerne ein Bingo gespielt. Aber die Fahrt mit dem Carl war weder wirklich lang, noch bot sie aufregende Ziele, die man bei einem Bingo ankreuzen könnte. Und außerdem war ein Bingo eher etwas für Kindergartenkinder, nichts für Absolventen einer Zaubererschule, wo ein Spiel ohne bewegende Bilder vermutlich sowieso nicht gut ankommen würde. Oder gab es vielleicht sogar magische Bingos?

»In meiner Familie machen wir immer an Silvester ein Jahres-ABC«, erzählte Anna da. »Wir überlegen uns zu jedem Buchstaben ein Wort, das wir mit dem zurückliegenden Jahr verbinden. Das könnten wir auch für unser Schuljahr machen - natürlich nur wenn ihr wollt.«

Jan warf einen begeisterten Blick zu Levi. Der schien die Idee nicht weniger gut zu finden. Es waren keine Worte nötig, um dem anderen zu zeigen, dass dies genau die richtige Idee für die Rückfahrt war.

Und so kramte Filio einen Zettel und einen Stift aus der ›Überlebenstasche‹ seiner Jacke hervor und reichte ihn Anna zum Aufschreiben. Er selbst müsse sich gleich voll und ganz auf seine Verantwortung als Steuermann konzentrieren und könne daher nichts schreiben. Dass man außer dem einmaligen Betätigen des Starthebels nichts tun musste, um den Carl an sein Ziel zu bringen, erwähnte Jan lieber nicht.

Denn seine Aufgabe erfüllte Filio mit einer so großen Begeisterung, dass man meinen konnte, er dürfte die Drachenkutsche des amerikanischen Zaubereiministeriums steuern, und nicht ein autonomes Holzflugzeug.

Sobald der C-W-L 12 sich in die Luft erhoben hatte, begannen sie über das Schuljahres-ABC zu grübeln.
Vorschläge wie abenteuerlich und Abschlussfest erschien ihnen irgendwie nicht das Richtige, daher entschieden sie sich letztendlich für Auswahlzeremonie, schließlich war das eines der entscheidenden Ereignisse des Jahres gewesen. Für B einigten sie sich recht schnell auf Belagerung, bei C brauchten sie wiederum eine Weile. Am besten passte ihrer Meinung nach dann aber »Cade Arbore!«, Levis Zauberspruch, der ihm, Jan und Filio vermutlich das Leben gerettet hatte. Mit großem Spaß tüftelten sie an weiteren Buchstaben und versanken dabei immer wieder in schönen und weniger schönen Erinnerungen an das aufregende Schuljahr.

Bei i waren sie allerdings für eine ganze Weile ratlos. Etwas wirklich Passendes schien niemandem einfallen zu wollen. Jan fand es ohnehin schon schwierig, Wörter zu finden, die mit diesem Buchstaben begannen und wenn ihm dann doch einmal eins in den Sinn kam, war es meistens etwas völlig Unpassendes wie Iglu oder Indien. Den anderen schien es allerdings nicht besser zu ergehen. Filios Vorschläge ›irgendwie unbeschreiblich schön‹ und ›immer viel zu lachen gehabt‹ fanden sie doch etwas zu weit hergeholt. Als Anna gerade ›interessante Unterrichtsinhalte‹ aufschreiben wollte, obwohl Filio lautstark protestierte, dass dies nicht immer der Wahrheit entspräche, fielen Marina die ›InWEx-Tickets‹ ein. Und auch wenn es nur kleine Karten waren, so stimmten sie doch alle zu, dass sie irgendwie wichtig waren. Schließlich erinnerten sie an den großartigen Besuch von Kingsley Shacklebolt. Und sie waren eine schöne Erinnerung an das, was die Magie ihnen in der Zukunft alles noch bereitstellen würde.

»Geht ihr eigentlich da hin?«, fragte Levi interessiert.
Marina nickte sofort zustimmend.
»Ich habe meinen Eltern extra schon geschrieben«, bestätigte sie. »Nicht, dass sie irgendeinen Familienurlaub dahinlegen. Wir wollen uns doch schließlich alle in den Ferien wiedersehen.«

»Da sollen einige heftige Unternehmen vertreten sein«, schwärmte unterdessen Filio. »X-Potion, MuggelMag, alle stellen ihre neusten Produkte vor. Ich gebe alles, um da hin zu kommen. Aber bis jetzt spricht noch nicht mal was dagegen.«
»Ich bin auch da«, erzählte Anna, wobei Jan Schwierigkeiten hatte, ihre ruhige Stimme gegen den aufkommenden Fahrtwind zu verstehen. »Meine Familie hatte auch vorher schon geplant, die Messe zu besuchen. Die Eintrittskarte hat mich deshalb wirklich gefreut.«

Jan sah sich nun unsicher im Carl um. Er fühlte sich fast schon an seine erste Fahrt in so einem hölzernen Gefährt erinnert, als er als einziger aus einem Muggelhaushalt stammte. Und jetzt war er der Einzige, der nicht wusste, ob er wirklich auf diese Messe gehen würde. Aber es gab einen gravierenden Unterschied zur Hinfahrt. Damals hatte er Angst gehabt für seine Besonderheit ausgelacht zu werden. Jetzt wusste er, dass seine Freunde ihn so nahmen, wie er war, auch wenn er andere Eigenschaften mit sich brachte als sie.

»Ich bin noch nicht ganz sicher«, antwortete er daher ehrlich. »Ich muss ja irgendwie dahinkommen. Und meine Eltern hätten schon Angst mich alleine auf eine Muggelmesse zu schicken, da will ich gar nicht wissen, was sie bei einer Zauberermesse sagen werden.«
Unsicher wartete er ab, was die anderen nun sagen würden.

»Deine Eltern müssen dich ja nicht alleine dahinschicken«, wandte Marina ein. »Sie können ja einfach mitkommen. Und wenn sie dann einmal sehen, dass deine Freunde echt verantwortungsvoll sind, lassen sie uns bestimmt das Gelände alleine erkunden.«
»Mitkommen?«, fragte Jan verwundert. Hatte denn Marina vergessen, dass seine Eltern Muggel waren.

»Aber klar doch«, bestätigte Levi. »Eigentlich dürfen Muggel zwar nicht dahin, aus Gründen der Geheimhaltung. Aber deine Eltern wissen ja sowieso von der Zaubererwelt Bescheid, da ist das dann eine Ausnahme. Außerdem ist dein Vater doch Anwalt - und meiner arbeitet in der Abteilung für magische Strafverfolgung. Die beiden werden sich prächtig verstehen.«

Ein Hoffnungsschimmer flammte in Jan auf, während Levi das erzählte. Es hörte sich so an, als hätte er vielleicht zu Unrecht seine Hoffnungen auf den Besuch der InWEx aufgegeben. Ein Besuch mit seinen Eltern und seinen Freunden - das hörte sich doch gut an.

Und mit diesem Gedanken konnte Jan wirklich mit einem guten Gefühl in die Ferien gehen. Er würde seine Eltern wiedersehen und konnte trotzdem gewiss sein, dass er von seinen Freunden nicht allzu lange getrennt wäre. Dem aufregenden Schuljahr würden nur wenige ruhige Wochen folgen, bevor das nächste besondere Ereignis stattfinden würde.

Und mit diesem Kapitel endet die erste Geschichte von Jan und seinen Freunden. Ich danke allen, die bis hierhin am Lesen drangeblieben sind. Ohne euch hätte ich vermutlich nicht die Kraft und Motivation gehabt, dieses Buch fertigzuschreiben.
Zwei Sachen sind aber noch nicht vorbei:
Zum einen dieses Buch hier. Es werden noch ein Epilog und drei Spezialkapitel folgen, in denen wir mal einen Blick hinter die Kulissen werden wollte. Darin möchte ich euch auch noch einmal in einer Danksagung mitteilen, wie sehr ich mich über eure Beiträge zu diesem Werk gefreut habe. Und auch die Gesamtgeschichte von Jan ist noch nicht zu Ende. Im Sommer diesem Jahres startet aller Voraussicht nach der zweite Band.

Was ich jetzt gerne noch von euch wissen würde: Wie glaubt ihr, sieht das Jahres-ABC aus? Welche Ereignisse, Personen oder Gegenstände haben unsere fünf Schüler so mitgenommen, dass sie einen Platz auf dieser Liste finden? Ich freue mich auf eure Ideen!

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