30 | Verbrannte Finger

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Vor der Tür wandte ich mich an Micha. „Was hast du mir nicht erzählt?", wollte ich wissen. Micha war immer noch wütend und ballte die Hände zu Fäusten. „Dieser eingebildete Sascha", schimpfte er. „Ich weiß überhaupt nicht, was du an ihm findest." Verwirrt sah ich Micha an. „Wie bitte?", fragte ich. ‚Wer von uns ist denn schon seit letztem Jahr hinter ihm her?'

Micha schüttelte den Kopf. „Schon gut", sagte er etwas versöhnlicher. „Ich wollte nur nicht, dass es alle vorher wissen. Das macht mich nur nervös. Ich hätte mich gar nicht darauf einlassen dürfen." Langsam wurde ich ungeduldig. „Auf was denn, zum Henker?", fragte ich nachdrücklich.

Micha zog mich beim Surfschuppen beiseite und vergewisserte sich, dass niemand uns hören konnte. Wie wir da so eng nebeneinander und fast heimlich am Schuppen lehnten, begann sich in meinem Magen ein leichtes Kribbeln auszubreiten. Der Wind wehte Michas Shampoo-Duft herüber und ich atmete ihn gierig ein.

„Erinnerst du dich, als ich gestern kurz mit Sascha weg war?", fragte er und ich nickte. „Sascha und Hauke wollen heute Abend auf der Party ein paar Stücke spielen, so richtig mit einer kleinen Bühne aus Europaletten", lachte er und schüttelte den Kopf, als wäre es eine absurde Idee. „Und?", schob ich dazwischen. „Klingt doch witzig."

„Ja, kann sein", schmunzelte Micha, als wäre er sich darüber gar nicht so sicher. „Auf jeden Fall will Sascha mich als Gitarristen dabeihaben." Ich stutzte. „Das ist doch total geil", freute ich mich. „Ist doch toll für dich. Dass er sich überhaupt getraut hat dich zu fragen, ist doch ein gutes Zeichen." Das meinte ich in diesem Moment rein freundschaftlich, da es Micha gut zu tun schien, wieder Zeit mit Sascha und den anderen zu verbringen. Aber Micha dachte anscheinend nur an das Spiel.

„Du verstehst überhaupt nichts, Jamie, oder?", fauchte er böse. „Du denkst die ganze Zeit nur daran, Sascha rumzukriegen, obwohl er doch jetzt mit Vanessa zusammen ist. Das ist echt erbärmlich", schloss er seine Moralpredigt.

Ich trat einen Schritt zurück. ‚Was sollte denn diese Ansprache? Hatten wir uns nicht beide auf dieses Spiel eingelassen?' Aus dem Augenwinkel sah ich meine Gruppe zum Strand kommen.

„Ich muss jetzt los", erklärte ich knapp als ich spürte, wie sich ein dicker Kloß in meinem Hals bildete. ‚Micha hatte mich erbärmlich genannt. Obwohl ich in den letzten Stunden nicht einmal an Sascha gedacht hatte, sondern nur an ihn.' Doch als mir das noch einmal schmerzlich bewusstwurde, drehte auch Micha sich um und ging quer über den Strand zu Haukes Gruppe und ignorierte mich.

‚Warum musste ich auch immer alles kaputt machen? Warum hatte ich dieses Spielchen überhaupt vorgeschlagen? War es nicht von vornherein zum Scheitern verurteilt gewesen? Aber ich hatte wirklich geglaubt, dass Micha es auch wollte. Er hatte ja überhaupt erst mit der Schwärmerei angefangen, oder?'

Wütend schlug ich mit der flachen Hand gegen die Schuppenwand. „Scheiße", entwich es mir, doch der Schmerz sorgte kurz dafür, dass ich meine Tränen zurückhalten konnte. Jetzt hatte ich wenigstens einen Grund, Schmerzen zu empfinden.

Die Surfstunde ging irgendwie an mir vorüber, ohne dass ich richtig was mitbekommen hätte. Ständig schielte ich zu Haukes Gruppe hinüber und suchte nach Michas blauem Segel.

„Alles klar bei dir, Jamie?", Sascha war auf seinem Brett neben mir aufgetaucht und sah mich mitfühlend an. „Ja, alles klar", grinste ich übertreiben. Sascha sah mich an, als wüsste er es besser. „Ist es immer noch wegen heute Morgen?", fragte er schuldbewusst. „Ich wollte nicht, dass ihr euch deswegen streitet. Aber Micha ist auch immer gleich so emotional. Ich konnte ja nicht wissen, dass er es dir nicht erzählt hat", redete er sich raus.

„Mach dir darüber mal keinen Kopf", versicherte ich ihm. „Er ist nur nervös wegen heute Abend und hat ein wenig überreagiert", verteidigte ich ihn automatisch. „Zeig mir doch noch mal das Wendemanöver", bat ich ihn und setzte mein einstudiertes Lächeln auf. „Klar, gerne", lächelte Sascha zurück und zeigte mir, wie man das Segel drehen musste, um die Richtung zu ändern. Bereitwillig ließ ich mich von ihm ablenken und der Rest der Stunde verlief ohne weitere Vorkommnisse.

Als ich mit Sascha den Strand hinaufkam, scherzten wir grade über Bianca, die etwa die letzte halbe Stunde nur im Kreis gefahren war und sich wie ein Honigkuchenpferd gefreut hatte, dass sie es gegen Ende doch noch geschafft hatte, das Brett zu wenden.

„Irgendwie süß, als sie dann sagte, sie wäre wohl doch kein hoffnungsloser Fall", meinte ich grade und hörte Sascha lachen, als ich Micha am Schuppen entdeckte. „Entschuldige mich kurz", grinste ich Sascha an und lief zu Micha.

„Hey", sagte ich, als ich ihn erreicht hatte. Er säuberte grade sein Brett und blickte nicht einmal auf. „Hi", antwortete er. „Kann ich dich kurz sprechen?", fragte ich vorsichtig.

Ich wollte mich bei Micha entschuldigen. Dafür, dass ich so lange an dem Spiel festgehalten hatte. Ich wollte mich endlich trauen, ihm zu sagen, dass ich nicht mehr an Sascha interessiert war. Und ich wollte ihn fragen, ob er vielleicht mit mir auf die Party gehen wolle. Als Date. Das hatte ich mir fest vorgenommen und war ein wenig nervös, als ich auf ihn zutrat.

„Klar", antwortete er knapp und konzentrierte sich auf sein Brett. „Alleine?", setzte ich nach, weil ich es Micha lieber ohne Zuhörer fragen wollte. „Es geht um... ein Date", platzte es aus mir heraus und mein Herz klopfte bis zum Anschlag. Jetzt war es raus. Was würde er wohl sagen? Nervös hielt ich die Luft an.

Micha ließ die Hände sinken und sah mich an. Seine Augen funkelten, aber nicht vor Freude.

„Willst du einen Tipp von mir?", fragte er plötzlich und ich stutzte. „Nerv mich nicht mit deinen Liebesproblemen. Davon habe ich genug, ich kann mich nicht auch noch um deine kümmern", sagte er kalt.

„Was", fragte ich irritiert. Damit hatte ich nicht gerechnet. „Ich hatte gehofft, du würdest dich freuen", sagte ich enttäuscht. „Dass du es irgendwie geschafft hast, Sascha zu überreden? Schäm dich, Jamie. Er ist mit Vanessa zusammen und für dich ist es nur ein Spiel!", fauchte er mich an.

Nun verstand ich. Er dachte, ich wolle mit Sascha gehen. Verstand er denn nicht, dass ich nur ihn wollte? Ich war verletzt und verwirrt und begann viel zu laut zu entgegnen: „Für mich war das Spiel schon am gleichen Tag wieder zu Ende, du Idiot", gestand ich offen. „Ich wollte dir nur helfen zu gewinnen, weil ich Mitleid hatte. Denn ich habe gar kein Interesse an dem ‚Sieg'. Ich würde viel lieber für den anderen Verein spielen!", outete ich mich und drehte mich um, noch bevor Micha mir noch etwas an den Kopf werden konnte.

Jetzt war es raus. Wenn er nicht völlig auf den Kopf gefallen war, musste er den Vergleich verstanden haben.

Ich beschleunigte meinen Schritt und lief zum Wasser runter. Dort zog ich meinen Neoprenanzug aus und begann in Badehose Richtung Steilküste zu laufen. Ich wollte dieses ganze Chaos hinter mir lassen und lief so lange am Wasser entlang, bis ich das Stechen in meiner Brust nicht mehr ignorieren konnte. Keuchend fiel ich in den Sand.

Micha schien meine Anspielungen der letzten Tage nicht gesehen zu haben, oder er ignorierte sie. So offensichtlich, wie wir miteinander geflirtet hatten, musste er doch geahnt haben, dass ich Interesse an ihm habe. Oder dachte er, dass ich zu allen so offen und zugeneigt bin?

Ich wollte mich nicht mit ihm streiten, dazu hatte ich ihn viel zu gern. Doch ich hatte auch das Gefühl, dass er sich langsam von mir zu entfernen begann. Seit ich wusste, dass Micha mich aus dem Wasser gerettet hatte, hatte ich doch gar keine Anstalten mehr gemacht, Sascha für mich zu gewinnen und trotzdem warf er es mir vor.

Oder hatte ich ihn mit meinen alten Liebesproblemen genervt? Er hatte doch wissen wollen, mit wem ich bisher zusammen war. Und was hatte er für Liebesprobleme? Dabei war ich doch bereit, ihm zu helfen.

‚Wieso muss bei mir immer alles so kompliziert sein?', dachte ich voller Selbstmitleid.

Nach einer ganzen Weile, die ich im Sand gesessen und aufs Meer geschaut hatte, entschied ich mich, wieder zum Zeltplatz zu laufen und joggte nun langsamer den Weg zurück. Kurz vor dem Surfschuppen, hielt ich an und schaute mich um. Keinesfalls wollte ich Micha oder Sascha über den Weg laufen. Vorsichtig schlich ich mich zu meinem Zelt und hatte Glück, dass alle anderen wahrscheinlich grade beim Mittagessen waren.

Ich zog mir etwas anderes an und kramte nach meinem Portemonnaie. Plötzlich fiel mir ein, dass ich den Neoprenanzug am Strand hatte liegen lassen. Fluchend lief ich zum Strand und hoffte, niemandem über den Weg zu laufen und ging von hinten um den Surfschuppen herum. Als ich niemanden sah, sprintete ich zu dem Anzug und hob ihn auf. Er war sandig und ich hätte ihn eigentlich gründlich abspülen müssen. Stattdessen zog ich ihn ein paar Mal durch das Wasser und beeilte mich dann, ihn in den Schuppen zu hängen. Als ich durch die Tür trat, sah ich Sascha vor mir stehen, der grade auf dem Weg nach draußen war.

„Jamie, da bist du ja endlich", sagte er und packte mich am Arm. „Wir haben dich schon überall gesucht. Micha macht sich Sorgen um dich", sagte er vorwurfsvoll. „Ach ja", gab ich etwas bissig zurück und riss mich los. „Er hat gesagt, ich solle ihn nicht nerven und deshalb gehe ich jetzt auch spazieren. Den kannst du ja aufhängen", sagte ich und drückte Sascha meinen nassen Anzug an die Brust.

„Jamie, so geht das nicht", meckerte Sascha, doch ich war schon wieder auf dem Weg nach draußen. „Jamie!", rief Sascha mir hinterher und ich begann zu rennen. Das war das Einzige, was mir half, genügend Abstand zwischen mich und meine Probleme zu bringen.

Oh ja, das konnten wir beide gut, nicht wahr, Liebster?! Weglaufen, wenn es schwierig wurde. Als du mir gesagt hast, dass du zum Studieren vielleicht in eine andere Stadt gehen würdest, haben wir uns so heftig gestritten, dass wir danach eine Woche nicht mehr miteinander geredet haben.

Dann standest du auf einmal vor meiner Tür, einen Stapel Hefte von Universitäten unter dem Arm und hast mich nur angesehen. Ich konnte gar nicht anders als dich in das Haus zu ziehen, dich zu küssen und auf das Bett in meinem Zimmer zu werfen.

An diesem Abend wusste ich, dass nichts in der Welt es wert ist, sich mit den Menschen zu streiten, die man liebt.

Du bist dann doch in eine andere Stadt gezogen. Aber ich bin mitgekommen.

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