27. Kapitel- In dem Dean einen Trip nach Oben unternimmt

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Mama, put my guns in the ground
I can't shoot them anymore
That long black cloud is comin' down
I feel I'm knockin' on heaven's door
(„Knockin' on Heaven's Door", Bob Dylan)

„Es tut mir alles so wahnsinnig leid; dass ich nicht für dich da war, dass ich als großer Bruder versagt habe."

Die Worte bahnen sich ihren Weg durch meinen zugeschnürten Hals.
„Dean, es ist okay", versucht mein Bruder mich zu beruhigen. Vehement schüttle ich den Kopf. „Nein, es ist nicht okay. Nicht im Geringsten."
Sammy seufzt erschöpft und streicht sich einzelne Strähnen seines Haares aus dem Gesicht.
„Natürlich hat es wehgetan, als Gabby gegangen ist, aber ich bin ehrlich: rückblickend sollte es einfach nicht sein. Selbst, als ich mit ihr zusammen glücklich war, habe ich fast jede Nacht von irgendeiner Monsterjagd geträumt. Erst habe ich sie schlicht als Albträume abgetan, aber inzwischen weiß ich es besser", er kniet sich neben mich und sucht meinen Blick.

Seine haselnussbraunen Augen glänzen, als er fortfährt: „Diese Träume haben mir gezeigt, dass ich tief in mir drin eben ein Winchester bin, ein geborener Jäger. Ich bin nicht mehr der kleine Junge, der unbedingt an der Stanford Universität Jura studieren will. Vielleicht war ich das auch nie so wirklich. Mein Treffen mit Gabe hat mich schließlich wieder hier her geführt. Zu dir, zu einem neuen Fall, zu mir selbst." Er lächelt aufrichtig, was ich schwach schaffe zu erwidern.

„Es hat keine Gabby gebraucht, um mich glücklich zu machen, sondern einen Gabe. Jetzt fühlt sich alles wieder unbeschreiblich richtig an. Und Dean, ich vergebe dir. Du warst immer für mich da, jedes verdammte mal, wenn ich irgendetwas vermasselst habe und Dad sauer geworden ist. Du hast alles für mich eingesteckt. Jedes mal hast du mich vor den Schlägertypen in der Schule beschützt, vor übernatürlichen Kreaturen. Sooft, dass ich es gar nicht zählen könnte. Jetzt habe ich endlich die Gelegenheit auch mal für dich da zu sein."
Meine Augen werden wässrig, doch ich unterdrücke erfolgreich die Tränen. Ich bin zu gerührt, um Worte zu finden, weshalb ich mich einfach auf seine Umarmung einlasse.

Eine Weile verharren wir schweigend nebeneinander und ich genieße jede einzelne Sekunde.
Es tut gut Sammy wiederzuhaben. Er ist eben mein einziger Bruder und einfach unersetzlich.
Niemand wird es je schaffen, seinen Platz einzunehmen. So, wie es niemand je schaffen wird, Cas zu ersetzen.
Bei diesem Gedanken verkrampft sich mein Herz. „Du musst ihn unbedingt kennenlernen", hauche ich in Sams Nacken.
„Das werde ich, früher als du denkst", entgegnet Sam aufmunternd, ehe er sich von mir löst.

Mit neuer Entschlossenheit in den Adern, erhebe ich mich und schaue mich nach Gabe um. Dieser ist bisher noch nicht wieder aufgetaucht. Nur die Schatulle mit dem Horn darin steht unberührt an Ort und Stelle. „Hat uns der Mistkerl jetzt etwa sitzengelassen?", frage ich- halb panisch, halb wütend.
Sam dagegen wirkt gefasst und beugt sich zu der Schatulle herunter. „Ich glaube nicht." Er hebt das Bonbonpapier auf, welches unordentlich zerknüllt auf der Kiste platziert ist.
Neugierig stelle ich mich neben ihn und werfe einen Blick auf die kleine, zerknitterte Verpackung. Sam faltet sie auseinander und offenbart damit eine krakelig geschriebene Nachricht. Wie sich Gabe über Castiels Handschrift beschweren konnte, erscheint mir schleierhaft.

„Wenn ihr das hier endlich findet und lest, bin ich in drei Sekunden zurück. Zählt am besten laut mit; Eins. Zwei.-"
Ehe Sam „Drei", sprechen kann, höre ich ein Rauschen hinter mir und wir wirbeln gleichzeitig herum.

„Überraschung", begrüßt uns der Engel und grinst über beide Ohren.

„Also, Deano: Lust zu sterben?" Er scheint sich eindeutig sehr darauf zu freuen, mich umzubringen. Das macht mich wiederum äußerst nervös. „Du wirst ihn zurückbringen, kapiert? Sonst ist der Deal geplatzt", droht Sam und spannt dabei nachdrücklich seine Kiefermuskulatur an.
„Oh, ich liebe es, wenn du so herrisch wirst", neckt ihn Gabriel mit einem Augenzwinkern, ehe er die Ärmel seiner Jacke hochkrempelt, bereit mein Schicksal zu besiegeln.

„Moment, moment, warte kurz", unterbreche ich hastig und hebe dabei abwehrend die Arme. „Hast du vielleicht noch irgendwelche Tipps, wie ich mich im Himmel zu verhalten habe, um nicht aufzufallen?", hake ich nach, da ich mich plötzlich doch äußerst unvorbereitet fühle. Wenn die Engel da oben alle nur henochisch sprechen, bin ich vollkommen aufgeschmissen. Außerdem weiß ich gar nicht, wie ich mich da oben fortbewegen soll. Da ist ja dann nur noch meine Seele. Mist, über so etwas hätte ich vielleicht vorher mal nachdenken sollen.

„Oh, du wirst auffallen. Mach dir darüber keinen Kopf. Außer natürlich, du befindest dich im Himmel einer anderen Seele. Dort bist du getarnt. Falls du in so einem Himmel landest; es gibt in jedem dieser Himmel eine kleine Anomalie. Das ist der Schlüssel zum Ausgang. So kannst du einen Seelenhimmel verlassen und gelangst wieder in das Visier der Engel. Wenn du die Tür suchst, um auf die Erde zurückzukehren: Es ist Nummer 42. Merke dir das gut. Sobald du diese Tür passierst, lotse ich deine Seele wieder in deinen Körper zurück."

„Wie, es gibt mehrere Himmel?", erkundige ich mich irritiert, während ich versuche die Zahl ‚42' in meinen Schädel zu brennen. Ich hoffe, da oben gibt es wenigstens einen Raumplan oder so.
„Ja, jede Seele hat ihren Eigenen. Dann gibt es noch Verwaltungsräume der Engel und all so'n Kram. Wirst du ja dann sehen, ich will schließlich nicht zu viel spoilern." Er wackelt mal wieder amüsiert mit den Augenbrauen.
„Okay und wie soll ich in diesem gigantischen Labyrinth Cas finden?"
Gabe zuckt leichtfertig mit den Schultern. „Er wird vielleicht versuchen dich zu erreichen. Wenn die Qualen eines Engels unerträglich werden, stellen sie normalerweise Verbindung zu anderen Engeln her. Meist, um sie zu warnen oder Unterstützung zu erbitten. Ich bezweifle allerdings, dass Castiel sich an seine geflügelten Kumpanen da oben wenden kann, deshalb wird er vielleicht mit dir Vorlieb nehmen."
Meine Augen weiten sich geschockt. „Ich glaube, dass hat er bereits." Ich tausche einen Blick mit Sam, welcher nun auch zu verstehen beginnt. Der Traum in dieser Nacht. Das war höchstwahrscheinlich ein Hilferuf.
Verdammt, hoffentlich ist es nicht schon zu spät. Nein, es darf nicht zu spät sein.
Halte durch, Cas. Nur noch ein bisschen länger.
„Hey, Dean", unterbricht Sammy meine Gedanken. Mein Bruder tritt näher und holt etwas aus seiner Jackentasche hervor. „Ich weiß, du wirst es nicht mit nach oben nehmen können, aber vielleicht bringt es dir trotzdem Glück." Ein breites Lächeln schleicht sich auf meine Lippen, als ich die Kette mit dem kleinen, goldenen Anhänger erblicke. Ich hatte sie Sammy zurückgegeben, nachdem er sich verlobt hat. Eigentlich als Zeichen, dass ich bei ihm sein würde und er sich bei Problemen stets auf mich verlassen könnte.
„Weißt du noch, was du damals gesagt hast? Ein Teil von mir wird immer bei dir sein, Sammy. Heute bin ich wohl dran das zu sagen: Ich bin bei dir, Dean. Ich wünschte, ich könnte mitkommen und an deiner Seite kämpfen, aber das hier ist alles, was ich geben kann."
Erneut überkommt mich eine Welle der Rührung. Ich bin stolz auf meinen Bruder und das ist ein unglaublich gutes Gefühl. Er hat vielleicht genug Geschick dem Erzengel Einhalt zu gebieten. Er muss es einfach. So oder so, werde ich mich auf ihn verlassen. Mit neuer Energie ergreife ich die Kette und binde sie mir um den Hals. „Danke, Sammy."

„Nun gut, irgendwelche letzten Worte?", unterbricht Gabe unseren Moment.
„Wenn du mich nicht zurück ins Leben holst, töte ich dich persönlich."

Ein lautes Lachen seinerseits: „Dein Humor ist fast so dämlich, wie dein Aussehen."
Ehe ich mich lauthals beschweren kann, folgt eine einzelne Berührung. In dem Moment, in dem er seine Hand an meine Stirn legt, umgibt mich schlagartig grelles Weiß. Aus Reflex, schließe ich meine Augen, ohne sie wieder öffnen zu können.

Sofort werde ich hinabgerissen in endlose Dunkelheit. Mein Leben liegt von nun an in den Händen eines dubiosen Erzengels, der mich nicht leiden kann.

Was soll da schon schiefgehen?

Die Einsicht, dass dies eine Fahrt, ohne Rückkehr werden könnte, erreicht mein benebeltes Bewusstsein nicht mehr...

***

Eine vertraute Melodie dringt an mein Ohr. Ein Lied, das ich schon lange nicht mehr gehört habe.

Es braucht eine Weile, ehe ich die Worte des Sängers deutlich verstehen kann.
„Knock, knock, knocking on heaven's door", säuselt Bob Dylans einzigartige, leicht rauchige Stimme in einiger Entfernung. In meine Nase dringt ein süßlicher Geruch. Schokolade mit einem Hauch von flüssigem Karamell in gebackenem Teig. So habe ich mir einen Empfang im Himmel vorgestellt: Alles um mich herum vermittelt Frieden und Harmonie, macht mich zugleich neugierig, wie die Umgebung wohl aussehen mag.
Vielleicht bin ich im Schlaraffenland gelandet, wo Flüsse aus Milch und Honig fließen und die Wolken nach Zuckerwatte schmecken. Nein, das ist nun wirklich ein zu absurder Gedanke.

Ein leises Ächzen verlässt meine Lippen, während ich versuche die Augen zu öffnen. Mein Körper fühlt sich merkwürdig schwer an und kein einziger Muskel scheint mir gehorchen zu wollen.
Ach, stimmt ja. Ich habe momentan, streng genommen, gar keinen Körper.
Wie aber soll ich meine Seele steuern? Verzweifelt starte ich einen weiteren Versuch die Lider zu heben, doch meine Muskeln gehorchen nicht.
Ich bemühe mich einzuschätzen, ob ich überhaupt noch so etwas, wie einen Körper besitze; Habe ich Hände, die etwas ertasten können? Ja, da ist zweifelsohne weicher Untergrund. Nicht weich, wie eine Wolke, oder gar Zuckerwatte, eher ein Teppich.
Angespornt durch diesen kleinen Erfolg, probiere ich mit den Zehen zu wackeln. Das wiederum gelingt weniger gut.

Okay, ich muss es langsam angehen. Der große Zeh am rechten Fuß.

Nicht einmal das kleinste Zucken.

Komm schon.

„I feel like I'm knocking on heaven's door", feuert mich Bob im Hintergrund an.

Endlich gelingt es mir; zunächst der rechte Zeh, schließlich auch der Linke. Anschließend auch meine gesamten Fersen.
Mit der Kontrolle über meine Füße, löse ich einen Dominoeffekt aus. Schleichend breitet sich ein greifbares Gefühl, wie eine zarte Welle in meinen gesamten körperlosen Körper aus. Zunächst in meinen Beinen, weiter zu meinem Bauch, über meine Brust, bis hin zu den Schultern. Links und Rechts meine Arme entlang zu meinen Fingerspitzen, gleichzeitig über meinen Hals zu meinem Kopf. Zuletzt sind es meine Augen, die sich öffnen.

Eine cremefarbene Zimmerdecke empfängt mich und bestätigt mein Gefühl von Wärme. Vorsichtig setze ich mich auf und blicke an mir herunter; ich trage noch immer die selbe, ausgewaschene Jeans, die selben braunen Wildlederschuhe und anscheinend auch das selbe grün-schwarz karierte Flanellhemd. Sogar die Kette mit dem goldenen Anhänger baumelt um meinen Hals. Freudig umschließe ich den Anhänger. Sam ist bei mir. Es kann nichts mehr schief gehen.
Vorsichtig strecke ich meine Arme und teste jeden einzelnen Finger ein weiteres mal aus. Letztendlich komme ich zu dem Befund, dass sich alles, wie mein ganz normaler Körper anfühlt. Eine perfekte Illusion.

Nun wandern meine Augen durch den Raum. Es sieht aus, als befände ich mich in einem herkömmlichen Wohnzimmer einer amerikanischen Familie der oberen Mittelschicht. Indizien dafür sind der cremefarbene Teppichboden auf dem ordentlich, antik wirkende Holzmöbel platziert sind; ein kleiner Abstelltisch mit einer, von weinrotem Stoff überzogenen, Couch vor einem modernen Fernseher. Rechts davon ein gleichfarbiger Ohrensessel, der sich neben einer hölzernen Stehlampe befindet. An den lachsfarben tapezierten Wänden stehen deckenhohe, aus dunklem Holz gefertigte Regale, gefüllt mit unterschiedlichen Büchern. Einige von ihnen wirken alt und abgegriffen, andere dagegen, wie neu gekauft. Ich trete näher an eine der Buchreihen und begutachte neugierig die Schriften der Rücken. Auch Kinderbücher kann ich vereinzelt in der Sammlung entdecken.

Fasziniert von der Idylle, verharre ich in dem Zimmer und sauge den Duft nach der frisch gebackenen Süßspeise auf, bis mir das Wasser im Mund zusammenläuft. Eigentlich dürfte ich gar keinen Hunger verspüren und das tue ich auch nicht. Es ist eher ein undefinierbarer Appetit, der Wunsch, dieses süße Leben hier oben zu kosten.
Es dauert eine Weile, ehe ich realisiere, dass die Musik nicht mehr spielt. Die entstandene Stille wirkt keinesfalls bedrohlich, stattdessen höre ich nun entferntes Vogelzwitschern.
Mein Blick fällt auf das große Fenster, gegenüber der Bücherregale. Zarte, weiße Vorhänge verhindern die Sicht nach draußen, lassen jedoch das helle Tageslicht in den Raum scheinen.

Es bietet sich wirklich an, längere Zeit hier zu bleiben. Wäre da nicht meine dringende Mission, Cas wiederzufinden.
Ob ich hier her zurückkehren- und mit ihm einige Zeit an diesem Ort verbringen könnte?

Bestimmt würde es ihm hier genauso gut gefallen, wie mir. Er hat schon immer geklagt, dass der Bunker keine Fenster hat und so auch leider nicht das Singen der Vögel am Morgen zu hören ist.
Eigentlich habe ich weder Fenster, noch Vogelgezwitscher je vermisst, doch ich kann nicht leugnen, dass dieser Atmosphäre eine gewisse Magie innewohnt.

Schweren Herzens begebe ich mich zu der offenen Tür, hinter der ich einen erleuchteten Flur entdecken kann. Der Boden ist mit hellen Holzdielen überzogen und die Tapete wechselt zu einer blau-weiß gestreiften. Vorsichtig, bedacht das Holz unter mir nicht zum Knarzen zu bringen, schleiche ich durch den Flur.

Hier ergeben sich unterschiedliche Möglichkeiten; eine breite Treppe geradezu führt anscheinend in die obere Etage. Rechts von mir entdecke ich eine weiße, massive Tür über der ein kleines Holzkreuz angebracht ist. Durch ein milchiges Glasfenster, welches in die Tür eingelassen ist, dringt Sonnenlicht. Deshalb führt mich dieser Weg höchstwahrscheinlich nach draußen. Außerdem befinden sich dort Kleiderhaken an der danebenliegenden Wand. An diesen hängen unterschiedliche Jacken, unter anderem ein beigefarbener Trenchcoat, der aus einem mir unerklärlichen Grund als erstes meine Aufmerksamkeit erregt.
Auch einige Schuhe befinden sich am Boden unter den Jacken, ordentlich in einem kleinen Schuhregal platziert. Neben Herren- und Damenschuhpaaren, sehe ich auch ein Paar Kinderschuhe. Rosafarbene Sandaletten für ein sehr junges Mädchen.

Ich bin versucht, die Ausgangstür zu nutzen, da ich mich mehr und mehr, wie ein Einbrecher fühle. Dieser Familie werde ich schlecht erklären können, dass ich nur eine Seele bin, die zufällig von einem Erzengel hier her transportiert wurde und eigentlich meinen Freund, einen Ex-Engel, sucht.
Wissen diese Menschen überhaupt, dass sie tot sind?
Das ist eine Frage, die auf einem ganz anderen Blatt steht. Ich möchte jedenfalls nicht derjenige sein, der ihnen diese wunderschöne Illusion hier zerstört. Momentan scheint wenigstens niemand hier zu sein. Vielleicht ist dieser Himmel nur eine Art Reservierung für noch kommende Seelen. Hoffentlich. 

Von Neugier gepackt, folge ich einige Schritte dem Flur nach links, wo mein Blick zu den anderen Optionen schweift; eine kleine, unscheinbare Tür, die in die Treppenseite eingelassen ist. Dadurch, dass sie von der Tapete überzogen ist, hätte ich sie beinahe übersehen. Vermutlich die Abstellkammer. Vorsichtig drücke ich die Klinke herunter, nur um in meiner Vermutung bestätigt zu werden. Dieses Räumchen sollte ich mir als Versteckoption definitiv vormerken.
Zuletzt bleibt da noch eine angelehnte Tür am Ende des Ganges, aus deren Spalt zweifelsohne der verführerisch leckere Duft strömt. Dann ist das wohl der Zugang zur Küche. 

Hinter der Tür kann ich leise Stimmen vernehmen. Also ist doch jemand hier.
Mist.
Sofort bleibe ich, wie angewurzelt stehen und halte den Atem an. Bisher höre ich zwei Personen. Eine der beiden Stimmen wirkt so vertraut, dass sich meine Nackenhaare aufstellen. Noch befinde ich mich allerdings zu weit von der Tür entfernt, um Worte herauszuhören oder einzuschätzen, wieviele Personen sich wirklich in der Küche befinden.
Okay, jetzt heißt es: Ruhig bleiben.

Diese Leute haben keine Ahnung, dass ich hier bin und sie brauchen es auch gar nicht erfahren, wenn ich jetzt einfach eine 180 Grad Wendung mache und die Ausgangstür benutze. Wer weiß, wie groß dieser Himmel ist. Vermutlich kann ich mich vorerst irgendwo verstecken und versuchen diese Anomalie aufzuspüren.

Gleichzeitig nagt die Frage in meinem Kopf, wieso mir diese eine Stimme bekannt vorkommt. Das kann doch unmöglich sein, ich kenne keine gewöhnlichen Familien. Ich kenne überhaupt niemanden mit Kindern. Warum macht mich der Klang dieser Stimme dann so glücklich? Warum habe ich das Verlangen, ihr näher zu kommen?
Die werden mich doch sofort für einen Kriminellen halten.

Ein glockenhelles Frauenlachen reißt mich aus meinen Gedanken.

Blitzschnell treffe ich eine Entscheidung, indem ich langsam auf die Tür zugehe. Mein Herz schlägt wie wild in meiner Brust und das obwohl ich momentan eigentlich gar kein Herz besitze.
Entschlossen nehme ich bei jedem meiner Schritte einen tiefen Atemzug.
Ruhig bleiben. Konzentration.
Diese Leute sind genauso tot, wie ich. Deshalb werden sie wohl kaum die Polizei rufen können. Vielleicht können sie mich dafür allerdings zu den Engeln führen.

Ja, das könnte funktionieren. Und ehe ich mich versehe, habe ich meinen Cas zurück.
Soweit der äußerst spontane Plan A.

Ein schwaches Lächeln umspielt meine Lippen als ich behutsam gegen die hölzerne Tür drücke.

Dieser Anflug von Hoffnung wird von dem Anblick, der sich mir bietet, jedoch im Keim erstickt:
Nur wenige Schritte von mir entfernt stehen zwei Menschen, in einem innigen Kuss verharrend.
Eine Frau mit langem, blonden Haar deren Lippen auf denen eines Mannes mit dunkelbraunem, fast schwarzen Haar liegen. Ja, dunkelbraunes, im Licht des Fernsehers bei Filmabenden, schwarzes Haar.

Mit offenem Mund starre ich die beiden an, vergesse dabei vollkommen zu atmen. Die Zeit scheint eingefroren, während mein Gehirn verzweifelt nach einer Erklärung für diese Szenerie sucht.

Eine Erklärung für die Tatsache, dass diese, mir unbekannte Frau niemand anderen, als ihn küsst.

Cas.

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