Marco Reus & Julian Brandt

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Fortsetzung zu Reus & Lewandowski

Marco

Vor zwei Jahren ist mein Verlobter bei einem schweren Autounfall ums Leben gekommen. Seitdem habe ich mich eingeigelt, lasse niemand außer Mario an mich heran und habe jegliche Lebensfreude verloren. Robert war mein Ein und Alles, ohne ihn fühle ich mich einsam und alleine.

Ich trainiere verbissen und konzentriere mich darauf, noch besser zu werden. Heute soll ein neuer Spieler kommen, aber im Gegensatz zu den anderen freue ich mich darauf nicht wirklich. Das Team hat akzeptiert, dass ich lieber alleine bin und lässt mich in Ruhe. Lucien ruft uns zusammen und ich gehe zu ihm hinüber.

"Wie ihr ja alle wisst, kommt heute unser Neuzugang an. Julian Brandt hat sich entschieden, den Vertrag mit uns zu unterzeichnen. Marco, bist du so gut und kümmerst dich um ihn? Du könntest ihn gleich im Büro abholen und ihm alles zeigen."

Sprachlos starre ich Lucien an. Mario schaut mich besorgt an und auch die anderen scheinen verwundert zu sein, dass ausgerechnet ich diese Aufgabe übernehmen soll.

"Ich...ich weiß nicht, ob ich das schaffe", sage ich unsicher.

"Du bist der Kapitän unserer Mannschaft und es wäre gut, wenn du das übernehmen würdest. Natürlich können dir die Jungs unter die Arme greifen, aber ich möchte, dass du die nächsten Tage verstärkt für ihn da bist."

Ich atme tief durch und nicke nur, bevor ich Richtung Büro gehe. Ohne anzuklopfen, betrete ich die Räume der Geschäftsleitung, um Julian abzuholen. Er unterhält sich mit unserem obersten Boss und strahlt übers ganze Gesicht.

"Guten Morgen. Ich bin hier, um Julian zum Training abzuholen. Seid ihr schon fertig?"

"Ja, alles geregelt. Die ganzen Sachen liegen bereits in Julians Spind. Viel Spaß beim ersten Training."

"Ich freue mich schon drauf", sagt der Blondschopf und reicht mir die Hand.

"Dann komm mit, ich zeige dir alles."

Begeistert schaut er sich überall um, stellt mir jede Menge Fragen, die ich geduldig beantworte. So viel wie heute habe ich schon lange nicht mehr gesprochen.

"Du bist ein guter Kapitän", sagt er plötzlich und ich bleibe abrupt stehen. Julian dreht sich zu mir um und lächelt mich an. "Ich schaue alle deine Spiele, du bist mein großes Vorbild."

"Julian, ich...", fange ich an, aber er hebt die Hand und unterbricht mich.

"Alles gut. Zeigst du mir jetzt den Trainingsplatz?"

Ich will auf keinen Fall, dass er sich zu sehr an mich gewöhnt. Julian soll sich von mir fernhalten und das sollte ich ihm von Anfang an klar machen.

"Ja, komm mit."

Die Mannschaft begrüßt ihn freudig, während ich mich im Hintergrund halte. Eine unerklärliche Sehnsucht breitet sich ganz langsam in mir aus, deshalb wende ich mich ab und fange an, meine Runden zu laufen.

"Bist du in Ordnung, Woody?"

"Es geht mir gut." Diese Lüge habe ich mittlerweile so oft erzählt, dass ich sie selber glaube.

"Wirst du mir auf diese Frage eines Tages eine ehrliche Antwort geben?"

Bei seinem traurigen Tonfall stolpere ich und bleibe schließlich stehen. Verdammt, was ist denn heute los? Haben die sich alle gegen mich verschworen? Eigentlich dachte ich, niemand würde es bemerken, wenn ich ihnen eine Lüge auftische.

Julian

Ich freue mich sehr, dass die Mannschaft mich so gut aufnimmt. Der Trainer ist nett und ich fühle mich gleich wohl. Nur Marco ist zurückhaltend und macht nur äußerst widerwillig die Partneraufgaben mit mir. Obwohl er mir alles freundlich erklärt hat, ist er distanziert.

Nach einer Weile fallen mir die Blicke auf, die Mario uns immer wieder zuwirft. Besorgt schaut er zwischen Marco und mir hin und her. Ich werde ihn später fragen, ob er weiß, was mit Marco los ist.

Nachdem das Training beendet ist, will Lucien noch kurz mit mir sprechen, deshalb sind die meisten schon weg, als ich in die Kabine komme. Mario sitzt auf der Bank und tippt auf seinem Handy herum.

"Hey, kann ich nachher noch kurz mit dir reden?", frage ich ihn.

"Ja, ich habe extra auf dich gewartet. Treffen wir uns draußen bei meinem Auto."

Schnell dusche ich mich, schlüpfe in frische Klamotten und eile hinaus. Ich will ihn nicht warten lassen, außerdem bin ich neugierig darauf, was er mir sagen wird.

"Also, was gibt's?", frage ich Mario.

"Julian, wir kennen uns schon ein wenig länger und ich möchte nicht, dass du verletzt wirst. Halt dich so gut es geht von Marco fern, gewöhn dich bitte nicht an ihn oder versuch, seine Freundschaft zu gewinnen. Er wird dir wehtun, wenn du ihm zu nahe kommst."

"Ist es wegen Robert?"

"Wenn du weißt, was gut für dich ist, erwähnst du diesen Namen auf keinen Fall in seiner Gegenwart. Wir schweigen das Thema tot, weil wir bei Marco auf keinen Fall die Wunde wieder aufreißen wollen."

"Du meinst, wir lassen ihn einfach links liegen? Das kann ich doch nicht machen."

"Jule, bitte...."

"Nein Mario, auf keinen Fall. Ihr könnt ja weiter so tun, als wäre er euch egal, ich mache das nicht mit. Marco braucht Hilfe, keine Ignoranz."

"Hör zu, ich kenne Woody länger und besser als du. Ich kann dir nur davon abraten, aber wie ich deinen Sturkopf kenne, hältst du dich eh nicht dran. Du bist ein guter Kerl, ich will nur nicht, dass du verletzt wirst."

"Ich weiß deine Sorge zu schätzen, aber sie ist unnötig."

"In Ordnung. Ich bin für dich da, wenn das schief geht."

Wir tauschen noch unsere Nummern aus, dann verabschieden wir uns voneinander und ich fahre nach Hause. Dort hole ich mir den Laptop aus dem Büro, schalte ihn ein und suche nach dem Unfall, bei dem Marcos Verlobter ums Leben gekommen ist.

Ich lese einen Artikel nach dem nächsten und merke, dass ich angefangen habe zu weinen. Die beiden waren erst ein paar Wochen verlobt und hatten ihre Beziehung bei der Verlobung öffentlich gemacht. Obwohl ich nicht direkt betroffen bin, geht mir das ganze echt nahe.

Wieso lässt das Team Marco leiden? Sie müssen doch was für ihn tun. Für ihn da sein, mit ihm reden, ihm zuhören. Warum will Mario, dass ich mich von ihm fernhalte? Sieht er denn nicht, dass sein Freund Hilfe braucht?

Marco

Völlig durcheinander fahre ich nach dem Training nach Hause. Erst Julian, der so begeistert war und dessen Vorbild ich anscheinend bin und dann Mario, der mir meine Lüge nicht mehr glaubt. Ich habe keine Ahnung, was ich davon halten soll. Mein bester Freund wird sich auch weiterhin meine Lüge anhören, bei Julian bin ich mir da nicht ganz sicher.

Seine eindringlichen Blicke gingen mir durch und durch. Der junge Mann sieht mehr, als gut für mich ist. Was ich tun kann, um ihn von mir fernzuhalten, weiß ich nicht. Eine solche Situation hatte ich seit Roberts Tod nicht, weil die Jungs sofort kapiert haben, dass ich meine Ruhe will. Während ich dabei bin, sprechen sie nicht über ihn und dafür bin ich ihnen auch dankbar.

Doch mein Gefühl sagt mir, dass Julian sich nicht an diese stille Vereinbarung halten wird und auch nicht daran, mir nicht zu nahe zu kommen. Das zeigt sich schon am nächsten Tag beim Training. Julian steht an sein Auto gelehnt auf dem Parkplatz und kommt mir lächelnd entgegen, als ich aussteige.

"Guten Morgen, Marco. Wie geht es dir?"

"Keine Ahnung", sage ich leise. "Ich habe kaum geschlafen, zu viele Gedanken im Kopf."

Innerlich schüttele ich über mich selbst den Kopf. Jedem anderen hätte ich erneut eine Ausrede aufgetischt, bei Julian gelingt mir das einfach nicht. Auch wenn ich von mir fernhalten will, wehtun möchte ich ihm nicht.

"Willst du darüber reden? Wir könnten nach dem Training einen Spaziergang machen oder einen Kaffee trinken gehen."

Das hat mich in all der Zeit niemand gefragt. Jeder hat sich damit abgefunden, dass ich alleine sein wollte. Aber insgeheim habe ich ich mich doch danach gesehnt. Das merke ich allerdings erst jetzt, wo Julian mir dieses Angebot macht.

"Wir könnten an den Phoenix-See gehen, eine Runde drehen und eventuell noch was trinken", höre ich mich sagen und bin selber erstaunt darüber.

Julian lächelt mich an und ich erwidere es automatisch. "Lass uns reingehen, sonst trainieren die ohne uns", sagt er grinsend und ich folge ihm in die Kabine.

Dort verstummen alle Gespräche, als wir hintereinander hereinkommen. Es ging also wieder mal um mich, Robert und meinen Zustand seit seinem Tod.

"Guten Morgen", werfe ich in die Runde und gehe zu meinem Platz.

Ich merke die Blicke, die mir folgen, aber ich ignoriere sie. Wortlos ziehe ich mich um und verlasse dann die Kabine wieder, um auf den Platz zu gehen. Bevor die Tür ganz zugefallen ist, höre ich noch Sunnys Stimme.

"Habt ihr das gesehen? Marco hat gelächelt."

Die Antwort höre ich nicht, weil die Tür zugeht und die Stimmen dämpft. Ich betrete den Rasen und sehe, dass Lucien schon da ist. Und da ich eh schon aus der Rolle falle, kann ich ja gleich weitermachen.

"Guten Morgen, Lucien. Kann ich dir was helfen?"

Unser Trainer lässt vor Schreck seine Mappe fallen und starrt mich an, als hätte ich plötzlich zwei Köpfe.

"Du kannst den Parcours aufbauen", sagt er schließlich und sammelt seine Papiere vom Rasen auf.

Julian

Während die Jungs Marco verwundert hinterher schauen, lächle ich nur zufrieden in mich hinein. So schnell es geht, mache ich mich fertig und folge ihm. Er baut gerade ein paar Pylonen auf und ich geselle mich zu ihm, um zu helfen. Schweigend arbeiten wir, aber ich spüre, dass er entspannter ist, als gestern.

Wieder machen wir die Partnerübungen zusammen und es klappt viel besser als am Tag davor. Danach spielen wir noch gegeneinander, Marco und ich sind dabei in einer Mannschaft. Er schafft es, das entscheidende Tor für uns zu schießen. Ich laufe zu ihm und springe lachend auf seinen Rücken.

Aus dem Augenwinkel sehe ich die entsetzten Blicke der restlichen Mannschaft. Mario will mich aufhalten, aber ich bin zu schnell. Automatisch greift Marco nach hinten, um mich festzuhalten und schüttelt grinsend den Kopf.

"Verrückter Kerl. Heb dir den großen Jubel für die wichtigen Spiele auf."

"Okay Großer. Du kannst mich wieder runter lassen."

Ich rutsche von seinem Rücken und wir klatschen uns ab. Erst dann fällt uns auf, dass wir beobachtet werden. Das Team steht sprachlos um uns herum und starrt uns an.

"Was hast du mit Marco gemacht?", fragt Jadon leise.

Sofort fliegt mein Blick zu unserem Kapitän. Ich will nicht, dass er sich deswegen unwohl fühlt, aber er lächelt nach wie vor.

"Ich habe mich einfach nicht abwimmeln lassen", sage ich schlicht.

Nach dem Training will Mario mit mir reden und nimmt mich vor der Tür zur Seite. "Jule, was hast du gemacht? Hast du ihn hypnotisiert?"

Lachend lehne ich mich an die Wand hinter mir. "Ich bin kein Therapeut, Mario. Ich habe ihn gefragt, ob er reden will und er hat ja gesagt. Wir gehen gleich an den Phoenix-See."

Bevor er dazu kommt, etwas zu sagen, gesellt sich Marco zu uns und wieder lächelt er mich an. "Können wir los? Du kannst mit mir fahren, ich setze dich später wieder hier ab."

"Ja, wir können. Bis morgen, Mario."

"Bis morgen, Sunny."

"Danke Jule", ruft Mario mir hinterher.

"Nicht dafür."

Es ist nicht weit bis zum See. Marco parkt den Wagen, wir steigen aus und schlendern nebeneinander den Weg entlang. Zuerst schweigen wir, aber ich will, dass Marco endlich darüber reden kann.

"Was ist vor zwei Jahren passiert?", frage ich leise.

"Robert wollte zu mir kommen und war schon kurz vor Dortmund, da hat ein Lastwagen sein Auto gerammt, in ein anderes Auto geschoben und ihn eingeklemmt."

Er stockt, bleibt stehen und wischt sich über die Augen. Ich greife nach seiner Hand und drücke sie sanft.

"Ich...ich war bei ihm, als er...."

Jetzt umarme ich ihn fest und spüre, dass er am ganzen Körper zittert. Ein leises Schluchzen entkommt ihm, er klammert sich an mir fest. Etwas überfordert halte ich ihn im Arm und streiche sanft über seinen Rücken.

Marco hätte schon längst darüber reden sollen, aber niemand hat sich die Mühe gemacht, für ihn da zu sein. Man sollte sich nicht abwimmeln lassen, auch wenn er noch so darauf besteht. Dass er sich mir so schnell geöffnet hat, verwundert mich zwar, aber ich bin auch froh darüber.

Marco

Dass Jule für mich da ist, ist Balsam auf meine wunde Seele. Ich bin froh, dass er sich nicht von mir ferngehalten hat. Zum ersten Mal sieht mich jemand anders weinen und hält mich dabei fest.

"Ich wollte unsere Hochzeit planen", murmele ich. "Stattdessen musste ich ihn beerdigen. Ich bin mit ihm gestorben."

"Nein, bist du nicht. Du bist noch hier, Marco. Das Robert tot ist, ist furchtbar und ich kann mir deinen Schmerz nicht mal annähernd vorstellen. Aber du musst weiterleben. Bestimmt hätte dein Robert das auch gewollt. Ich habe ihn nicht wirklich gekannt, aber ich kann mir vorstellen, dass er sich das gewünscht hätte."

"Er war immer so lebensfroh. Der Heiratsantrag am Strand war wunderschön und die Erfüllung all meiner Träume. Wir hätten heiraten und ein schönes Leben haben sollen. Stattdessen bin ich hier alleine, mit einem versteinerten Herz und habe keine Ahnung, wie ich weitermachen soll."

"Du schaffst das, Marco. Ich helfe dir dabei, wenn du mich lässt."

Im ersten Moment will ich ablehnen, aber ein winziges Stück meines kalten Herzens regt sich und will seine Hilfe unbedingt.

"Danke Jule."

Nachdem ich mich ein wenig gefangen habe, putze ich meine Nase und wische mir das Gesicht ab. Langsam gehen wir weiter, reden über Robert und es tut gut, ihm ein wenig von unserer Beziehung zu erzählen.

"Darf ich dich auf einen Kaffee einladen?", fragt er nach einer Weile.

"Und ein Stück Kuchen?"

"Na klar."

Sein Lächeln beschert mir ein warmes Gefühl im Bauch und ich erwidere es zaghaft. Noch fühlt es sich seltsam an, wieder zu lächeln. Ich habe es viel zu lange nicht getan und es ist ungewohnt. Genauso ungewohnt wie über Robert zu sprechen.

In dem Café suchen wir uns einen Platz, bestellen Kaffee und zwei Stück Torte. Die Zeit vergeht wie im Flug und es wird schon langsam dunkel, als ich Jule am Trainingsgelände absetze.

"Danke für den schönen Nachmittag", sage ich und er lächelt mich strahlend an.

"Hab ich gerne gemacht. Vielleicht können wir das ja wiederholen, wenn du magst."

"Das würde ich wirklich gerne. Ich bin froh, dass du nicht locker gelassen hast."

"Mario wollte zwar, dass ich mich von dir fernhalte, aber ich habe meinen eigenen Kopf. Ich habe sofort gemerkt, dass ich mit ein wenig Geduld zu dir durchdringen kann. Das es so schnell gehen würde, habe ich nicht erwartet."

"Ich wollte dich ja auch auf Distanz halten, aber das hat irgendwie nicht geklappt."

Erneut umarmt er mich und ich genieße es, ihm nahe zu sein. Ich schaue ihm nach, während er vom Parkplatz fährt und mache mich dann auf den Weg nach Hause. Dort angekommen sehe ich jemand auf der Treppe vor dem Haus sitzen.

" Sunny, was machst du denn hier?"

"Ich wollte nach dir schauen. Geht es dir gut, Woody?" Forschend schaut er mich an.

"Ich bin in Ordnung", sage ich und meine es diesmal auch tatsächlich so. "Willst du mit rein kommen?"

"Gerne." Mario strahlt übers ganze Gesicht.

Julian

Zuhause angekommen lasse ich mich aufs Sofa fallen und schließe die Augen. Der Nachmittag war schön, aber auch anstrengend. Ich habe viel zu verarbeiten. Was Marco mir anvertraut hat, ist schwere Kost. Seinen Verlobten auf diese Art und Weise zu verlieren, hat ihn gebrochen.

Aber er hat trotz allem nicht aufgegeben, auch wenn er etwas anderes behauptet. Er beweist seine Stärke und es ist ihm nicht mal bewusst. Um mich abzulenken, rufe ich Kai an. Mein bester Freund hat immer einen guten Rat für mich oder hört mir einfach nur zu.

"Jule, wie läufts?", meldet er sich und ich muss automatisch grinsen.

"Hallo Kai, es läuft ganz gut. Die Leute sind alle super und das Training war auch Klasse."

"Da ist aber noch mehr, nicht wahr?"

"Du kennst mich einfach zu gut. Es geht um Marco. Du weißt doch, was vor zwei Jahren passiert ist. Er hat heute zum ersten Mal darüber geredet."

"Mit dir? Ihr kennt doch euch kaum. Wie hast du das hinbekommen?"

"Ich weiß es nicht. Vielleicht sind seine Freunde, die Familie und das Team einfach zu nahe dran. Was er mir erzählt hat, hat mich geschockt. Kai, er war dabei, als Robert gestorben ist. Ich kann mir nicht mal annähernd vorstellen, wie hart das für ihn sein muss."

"Ach Jule", seufzt Kai leise. Er weiß zu gut, dass ich mir immer alles zu sehr zu Herzen nehme.

"Ich kann doch nicht einfach wegschauen, Kai. Das würdest du auch nicht machen. Marco braucht jemand, der für ihn da ist und das werde ich sein. Er hat sich mir ein Stück geöffnet und sogar beim Training gelacht."

"Pass trotzdem auf dich auf, Jule."

"Natürlich. Mach dir keine Sorgen, Kai. Danke, dass du mir zugehört hast."

Am nächsten Morgen werde ich von der Türklingel aus der Dusche geholt. Nur mit einem Handtuch um die Hüften und nassen Haaren, gehe ich in den Flur, um aufzumachen. Die Augen meines Besuchers werden groß, dann weicht er einen Schritt zurück.

"Guten Morgen, Marco. Ich war grad unter der Dusche. Komm doch rein, ich zieh mir schnell was über."

"Ähm ja, dir auch einen Guten Morgen. Ich...ich kann auch draußen warten. Ich meine..."

Bevor er noch mehr rumstottern kann, nehme ich seine Hand und ziehe ihn daran in die Wohnung. Ich zeige ihm das Wohnzimmer und eile ins Schlafzimmer, um in eine Jogginghose und ein Shirt zu schlüpfen.

"Magst du Kaffee?", frage ich meinen Gast.

Marco steht am Fenster und schaut hinaus. Ich stelle mich neben ihn und gebe ihm einfach das Gefühl, dazusein. Er seufzt und dreht sich zu mir.

"Es tut mir leid, dass ich einfach so reinplatze."

"Ist in Ordnung. Ich wollte dann frühstücken. Magst du mitessen?"

"Störe ich dich wirklich nicht?"

"Nein, ich freue mich, dass du da bist."

Wir gehen in die Küche und ich koche Kaffee, während Marco sich auf einen Stuhl fallen lässt.

"Ich habe gestern Abend mit Mario über Robert gesprochen. Zum ersten Mal, seit der Unfall passiert ist. Er hat geweint, genau wie ich. Ich hätte das schon viel früher machen sollen, aber wahrscheinlich habe ich einen Schubs von jemandem gebraucht, der nicht so nahe dran war, wie er."

Marco

Lange reden Mario und ich miteinander und ich bin zum ersten Mal komplett ehrlich zu ihm. Weinend umarmen wir uns und ich bin froh, ihn als meinen besten Freund zu haben.

Am nächsten Morgen fahre ich zu Julian. Es zieht mich einfach zu ihm und ich gebe dem Gefühl nach. Wenn ich ihn störe, wird er es mir schon sagen. Als er die Tür aufmacht und nichts als ein Handtuch am Leib hat, mache ich einen Schritt rückwärts. Vielleicht hätte ich ihn doch erst anrufen sollen.

Aber der Blondschopf grinst nur, bittet mich in die Wohnung und zieht sich etwas an. Jetzt sitzen wir uns gegenüber und ich erzähle Julian, dass ich endlich mit Mario geredet habe.

"Er war geschockt, Jule. Niemand wusste, dass ich Robert noch lebend gesehen habe. Alle dachten, er war schon tot, als ich im Krankenhaus angekommen bin, aber dem war nicht so. Ich habe sie in dem Glauben gelassen, weil ich es nicht ertragen konnte, darüber zu reden. Ich habe Mario noch nie so heftig weinen sehen."

"Das verwundert mich nicht. Er ist dein bester Freund und macht sich Sorgen um dich. Du hast dich von allen abgekapselt und niemand mehr an dich herangelassen."

"Ich weiß. Ich wollte nichts mehr fühlen. Wollte den Schmerz vergessen oder zumindest verdrängen. Das ist mir nicht sehr gut gelungen. Und dann kommst du, bist freundlich, witzig und lässt dich nicht abwimmeln. Damit hast du etwas in mir berührt, das hat lange niemand geschafft."

Julian schaut mich überrascht an. Einmal angefangen, die Wahrheit zu sagen und ich kann nicht mehr damit aufhören. Mein Herz ist ein wenig leichter und langsam hebt sich der Schleier der Trauer, der die ganze Zeit auf mir gelegen hat.

"Gehen wir wieder an den See?", frage ich leise.

Ich will mich Jule auch nicht aufdrängen, aber ich fühle mich wohl in seiner Nähe. Fast so, wie damals mit Robert. Aber ich kann und will mein Herz nicht nochmal verschenken. Erneut einen Menschen zu verlieren, der mir etwas bedeutet, würde ich nicht überleben.

"Sehr gerne."

Nach dem Frühstück fahren wir an den See und schlendern den Weg entlang. Julian ist in Gedanken und schweigt. Nur ab und zu treffen sich unsere Blicke und wir lächeln uns an. Mit ihm muss ich nicht reden, weil sich das Schweigen nicht komisch anfühlt.

"Es ist schön, mit dir zusammen zu sein", sagt er nach einer Weile leise.

Sofort kriecht die Angst in mein Herz. Er darf sich auf keinen Fall in mich verlieben. Das kann ich nicht zulassen.

"Jule, ich...ich kann das nicht", stammele ich und weiche zurück.

Er macht einen Schritt auf mich zu, deshalb drehe ich mich um, renne weg und lasse ihn einfach dort stehen. Ich werde erst langsamer, als ich zum Parkplatz komme. Schnell sperre ich mein Auto auf, steige ein und fahre los, ohne mich umzuschauen.

Julian

Völlig perplex schaue ich Marco nach, der wie von Furien gehetzt wegrennt. Verdammter Mist, warum kann ich auch meine Klappe nicht halten? Ich weiß doch genau, dass er sich nie wieder auf einen Mann einlassen wird. Langsam gehe ich zum Ausgang des Parks. Auf dem Weg dorthin rufe ich mir ein Taxi, dass mich nach Hause bringt.

Dort mache ich mir noch einen Kaffee und rufe Mario an. Er muss nach Marco schauen, mich wird er wohl nicht mehr sehen wollen.

"Jule, was gibt's?"

"Kannst du bitte nach Marco sehen?"

"Was ist passiert?"

In knappen Worten schildere ich ihm, was gewesen ist und er seufzt leise. Ich weiß schon, was jetzt kommt. Er wird sagen, dass er mich gewarnt hat und mir Vorwürfe machen, weil ich Marco verletzt habe.

"Ich schaue nach ihm. Versprich mir nur, dass du ihn nicht aufgibst. Er braucht dich, auch wenn er es nicht zugeben kann."

"Danke Mario."

Abends haben wir ein leichtes Training, da werde ich Marco wiedersehen. Ich habe ein wenig Angst vor seiner Reaktion, aber ich kann auch nicht einfach fernbleiben.

"Julian", ruft mir jemand nach, als ich gerade die Kabine betreten will.

Ich bleibe stehen, drehe mich aber nicht zu Marco um. Gespannt warte ich, bis er zu mir aufgeschlossen hat. Er umrundet mich und ich schaue ihn an. Ein kleines Lächeln liegt auf seinen Lippen.

"Sorry, wegen heute Morgen. Bist du gut nach Hause gekommen?"

"Ich hab mir ein Taxi gerufen."

"Hast du Mario angerufen und ihn zu mir geschickt?"

Ich zucke die Schultern. "Du bist weggerannt, da habe ich mir Sorgen gemacht. Ich will nur dein bestes, Marco."

"Ich weiß."

Ehe ich mich versehe, hat er mich in eine innige Umarmung gezogen. Ich lege die Arme um ihn und atme seinen Duft ein. Oft werde ich wohl nicht in den Genuss kommen, ihm so nahe zu sein.

"Gehst du am Wochenende mit mir essen?", flüstert er an meinem Ohr.

"Das würde ich sehr gerne."

In den nächsten Wochen wachsen wir immer enger zusammen. Gehen essen, ins Kino, fahren an den See und führen lange Gespräche. Ganz langsam kommen wir uns näher, aber ich halte mich zurück. Ich will Marco auf keinen Fall erneut verschrecken.

"Jule, hörst du mir eigentlich zu?"

"Hm? Was hast du gesagt?"

Mats lacht und stupst mich an. Wir sitzen auf der Bank neben dem Trainingsplatz und unterhalten uns. Naja, er redet und ich höre ihm nicht zu.

"Wann wirst du ihm sagen, dass du in ihn verliebt bist?"

"Nie", sage ich leise. "Ich will ihn nicht verlieren und wenn ich ihm das sage, wendet er sich von mir ab."

"Aber du bist unglücklich mit dieser Situation."

"Das ist mir egal. Hauptsache Marco ist glücklich, mehr will ich nicht. Er redet endlich mit euch, ihr seid wieder ein eingeschworenes Team. Mein Herz kommt eines Tages damit zurecht, dass ich nie mehr sein werde, als ein Freund."

"Du bist zu gut für diese Welt."

Marco

"Also, wann wirst du Jule sagen, dass du in ihn verliebt bist?", fragt Mario und ich bleibe wie angewurzelt stehen.

"Was?"

"Du hast mich schon verstanden. Ich bin weder blind, noch blöd, Marco. Jeder sieht, dass ihr ineinander verliebt seid, nur ihr nicht. Seit mittlerweile vier Monaten tanzt ihr umeinander herum und nichts passiert."

"Sunny, ich kann nicht. Was, wenn ihm etwas passiert? Wenn er... Das könnte ich nicht ertragen."

"Marco, du darfst dir von deiner Angst nicht dein ganzes Leben diktieren lassen. Du wirst sonst das schönste verpassen, was dir passieren kann."

"Und das wäre?"

"Geliebt zu werden. Von dem Menschen den man auch liebt."

Mein bester Freund hat ja recht, aber ich tue mich wirklich schwer, meine Angst zu überwinden. Zwar mache ich in der Zwischenzeit eine Therapie, aber ich kann das Gefühl einfach nicht abschütteln. Trotzdem will ich heute endlich mal mutig sein.

"Jule, hast du nach dem Training schon was vor?", frage ich ihn auf dem Weg in die Kabine.

"Nein, bis jetzt nicht."

"Lust an den See zu fahren?" Dort sind wir am liebsten und so oft es das Wetter zulässt.

"Jederzeit."

Eine halbe Stunde später parke ich den Wagen, wie steigen aus und gehen langsam den Weg entlang. Wir sind uns dabei so nah, dass sich unsere Hände immer wieder berühren. Doch diesmal ziehe ich sie nicht weg, sondern greife nach seiner und halte sie sanft fest.

Überrascht schaut Julian mich an, er hat dieses schüchterne Lächeln auf den Lippen, dass ich so sehr liebe. Schweigend gehen wir ein ein Stück weiter, unsere Hände fest miteinander verbunden.

"Jule, du weißt, ich wollte mich von dir fernhalten, wollte nie wieder mein Herz verschenken und für immer alleine bleiben. Das hast du unmöglich gemacht. Deine Art, deine Lebensfreude, wie du mit mir umgehst, all das hat mich weich werden lassen. Du hast mein Herz erobert, Jule. Ich habe mich in dich verliebt."

Ich lege ihm mein Herz zu Füßen und hoffe, er tritt es nicht damit. Er bleibt stehen und zwingt mich damit auch zum anhalten.

"Marco, das ist mehr, als ich zu träumen gewagt habe. Ich bin froh, dass du auch so empfindest. Ehrlich gesagt, wollte ich dir nichts von meinen Gefühlen erzählen, weil ich dich nicht verlieren wollte. Ich bin seit dem ersten Tag hier in dich verliebt, aber ich hätte es für mich behalten. Schließlich weiß ich, was du durchgemacht hast."

Ich umarme ihn fest und er kuschelt sich an mich. Wir schauen uns in die Augen, Jule kommt mir immer näher und dann liegen seine Lippen auf meinen. Unser erster Kuss lässt meinen ganzen Körper kribbeln und die letzten Stücke meines gebrochenen Herzens fallen an ihren Platz zurück. Der Mann in meinen Armen hat mich geheilt und dafür bin ich ihm sehr dankbar.

"Wir lassen es langsam angehen, du bestimmst das Tempo."

Dafür bin ich meinem Freund wirklich dankbar. Sein Verständnis und seine Liebe wärmen mich von innen und geben mir die Kraft, an eine gemeinsame Zukunft zu denken. Mit Julian an meiner Seite fühle ich mich endlich wieder wie ein kompletter Mensch.

"Ich hab dich lieb", flüstere ich ihm ins Ohr.

"Ich hab dich auch lieb", antwortet er ebenso leise.

Ein Kuss besiegelt unsere Verbindung und ich bin froh, dass ich ihm eine Chance gegeben habe.

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