Für Fuellerpatrone Viel Spaß beim Lesen

Nils

"So ein aufgeblasener, eingebildeter Idiot. Was denkt der eigentlich, wer er ist?", schimpfe ich wütend vor mich hin.

"Nils." Vincenzo legt die Hand auf meinen Arm, aber ich schüttle ihn ab.

"Als ob sich die ganze Welt nur um ihn dreht. Der Kerl hat sie doch nicht mehr alle. Wenn der mir nochmal unter die Augen kommt, mache ich ihn fertig. Ich lasse mich nicht behandeln, als wäre ich ein Niemand."

"Nils." Diesmal klingt die Stimme neben mir warnend.

"Was? Willst du jetzt Partei für den blöden Lackaffen ergreifen?"

"Nein, aber vielleicht solltest du dich mal umdrehen."

Mir wird auf der Stelle eiskalt. Auch wenn ich gerade große Töne gespuckt habe, will ich auf keinen Fall eine Konfrontation mit Lewy. Ich schlucke schwer, bevor ich mich zu meinem Gegner umwende. Der Ausdruck auf dessen Gesicht ist unbeschreiblich. Er sieht aus, als hätte ich ihn verletzt.

"Was willst du?", blaffe ich ihn an.

"Ich...ich wollte mich bei dir für die harte Aktion und meine Worte entschuldigen", sagt er leise und streckt mir die Hand entgegen.

Verblüfft schaue ich ihn an und lege dann meine Hand in seine. Warme Finger umschließen die meinen und ein wohliges Kribbeln breitet sich in meinem ganzen Körper aus. Was zur Hölle ist das denn plötzlich?

"Entschuldigung angenommen", sage ich und schenke ihm ein Lächeln, welches er erwidert.

"Ich weiß, wir kennen uns eigentlich nicht. Würdest du trotzdem mit mir essen gehen?"

Schweigend starre ich ihn an, unfähig zu antworten. Erst als Vincenzo mich anstupst, kann ich mich aus der Starre befreien.

"Essen? Äh...ja, gerne", stottere ich.

"Das freut mich. Treffen wir uns vor den Kabinen?"

"Okay." Er geht davon und ich kann nicht mehr tun, als ihm hinterher zu schauen.

"Wie konntest du aus dieser Blamage eine Verabredung machen?" Vincenzo schüttelt den Kopf und schiebt mich in die Kabine.

"Ich habe keine Ahnung", gebe ich ehrlich zu. "Was soll ich denn mit ihm reden? Ich kenne ihn doch gar nicht. Das wird bestimmt voll komisch."

"Mach dir nicht so viele Gedanken. Freu dich lieber, dass du ein Date hast."

Nach diesen Worten herrscht auf einmal Stille in der Kabine. Alle Blicke liegen auf mir und ich spüre, dass ich rot werde.

"Danke auch", zische ich, aber Vincenzo lacht nur.

"Du hast ein Date? Mit wem?" Flo schaut mich neugierig an.

"Ich gehe mit Lewy essen. Das ist kein Date", wehre ich ab.

"Ich denke schon. Von Robert Lewandowski eingeladen zu werden, ist eine große Ehre."

"Ich muss mich beeilen."

Fünfzehn Minuten später verlasse ich die Kabine und schaue mich suchend um. Lewy lehnt ein Stück den Gang hinunter an der Wand und lächelt, als er mich entdeckt. Er kommt auf mich zu, legt mir die Hand auf den Rücken und dirigiert mich in Richtung Tiefgarage. Sicher chauffiert er mich durch die Stadt und hält vor einem nobel aussehenden Restaurant.

"Danke für die Einladung. Wie komme zu der Ehre?", frage ich, nachdem wir Getränke und Essen bestellt haben.

"Du bist mir gleich aufgefallen und hast mein Herz zum Rasen gebracht. Die Aktion auf dem Platz war dumm von mir und ich kann deine Aufregung verstehen."

Robert

Es ist Nils sichtlich peinlich, dass ich seine Schimpftirade gehört habe. Ich lege meine Hand auf seine und sofort durchströmt mich ein wohlig warmes Gefühl. Ein Lächeln ziert seine Lippen, die blauen Augen glänzen.

"Du hättest das gar nicht hören sollen. Entschuldige bitte."

"Alles gut. Emotionen zu zeigen ist wichtig und richtig."

Der Abend wird sehr schön. Nils taut mit der Zeit auf und wir unterhalten uns angeregt. Am liebsten möchte ich mich gar nicht von ihm verabschieden, aber irgendwann ist der schönste Abend zu Ende.

In den nächsten Wochen treffen wir uns, so oft es möglich ist und lernen uns immer besser kennen. Mein Herz hat Nils längst erobert, aber ich will ihn zu nichts drängen. Noch hat er keine Andeutungen gemacht, dass er die Gefühle erwidert, die ich ihm entgegen bringe.

Gerade sitze ich auf dem Sofa, den Laptop auf dem Schoß und starte einen Skype-Anruf. Lächelnd nimmt Nils ihn an und winkt mir zu.

"Hallo Robert, wie geht's dir?"

"Hallo Nils, mir geht's gut und dir?"

"Alles in Ordnung. Training war anstrengend heute."

"Bei mir auch. Ich...ich wollte dich was fragen?"

"Immer raus damit. Was gibt's denn?"

"Würdest du Weihnachten mit mir feiern?"

Nils strahlt übers ganze Gesicht und nickt. "Das würde ich sehr gerne. Kann ich ein paar Tage früher zu dir kommen?"

"Na klar, du bist jederzeit bei mir willkommen."

Fünf Tage vor Weihnachten stehe ich am Flughafen und warte darauf, dass der Flieger mit meinem Schwarm an Bord endlich landet. Es dauert gefühlt eine Ewigkeit, bis er vor mir steht. Ich überlege nicht lange und ziehe ihn in eine innige Umarmung.

"Schön, dich zu sehen. Ich habe dich vermisst."

"Ich habe dich auch vermisst, Robert."

Die gemeinsame Zeit ist ein Traum. Wir kommen uns näher, kuscheln auf dem Sofa, während wir Filme schauen, kochen unsere Lieblingsgerichte, unterhalten uns und lachen viel. Nils tut mir einfach gut, bei ihm kann ihn sein, wie ich wirklich bin. Auch beim schmücken des Baumes sind wir ein gutes Team.

"Der Engel auf der Spitze fehlt noch", sagt er und deutet auf die blond gelockte Figur.

"Ich hebe dich hoch und du befestigst ihn."

Nils wird rot, nickt aber und lässt sich von mir hochheben. Nachdem er den Engel sicher auf die Spitze gesteckt hat, lasse ich ihn wieder runter. Er dreht sich in meinen Armen um, unsere Blicke finden sich und Nils kommt mit seinem Gesicht immer näher.

"Ich habe mich in dich verliebt", flüstert er.

"Ich mich auch in dich", erwidere ich genauso leise.

"Dann küss mich endlich."

Das lasse ich mir nicht zweimal sagen. Sanft verbinde ich unsere Lippen zu einem ersten zärtlichen Kuss. In meiner Brust explodiert ein Feuerwerk, ich fühle mich, als würde ich schweben. Unser erster Kuss unter dem wunderschön geschmückten Baum. Besser kann Weihnachten gar nicht beginnen.

"Ich bin froh, dass du dich so über mich aufgeregt hast. Das hat mir die Gelegenheit gegeben, dich um eine Verabredung zu bitten. Und jetzt bist du mein fester Freund."

"Danke, dass du dich davon nicht hast abschrecken lassen."

Erneut küssen wir uns, für den Moment ist alles gesagt. Ich freue mich schon darauf, was uns die Zukunft bringen wird.

Schönen dritten Advent

Hugs and kisses xx
Nicky