1. Kapitel

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In der Nacht, in der ich meinen Vater verlor, stand ich am offenen Fenster und atmete tief die warme, süße Sommerluft ein.

Die Sonne war bereits vor nicht mehr als einer Stunde untergegangen und hatte ihre letzten, blutroten Strahlen über den Himmel gesandt. Noch immer prickelte ihre Wärme auf meiner Haut, obwohl es merklich abkühlte und sich am Horizont aschefarbene Gewitterwolken ballten.

Unten in der Garage hörte ich das leise, brummende Summen von Dad's
Wagen und die fluchende Stimme meines Vaters drang klar und deutlich durch die Dunkelheit zu mir herauf.
Ich unterdrückte ein Grinsen, als etwas laut und klappernd zu Boden fiel und mein Vater einen Wutschrei von sich gab.

Das war typisch Dad!
Anstatt wie jeder normale Mensch seinen Wagen direkt in eine Werkstatt zu fahren, werkelte er lieber selber am Motor herum. Ob dieser danach auch wirklich besser lief, war Ansichtssache.

Ich schloss leise wieder das Fenster und ließ mich dann zurück in mein Himmelbett sinken.

Als ich es mir gewünscht hatte, war ich noch sechs Jahre alt gewesen und hatte in einer dieser rosa roten Prinzessinnenphasen gesteckt.

Vor vier Jahren, also genau sechs Jahre später, hatte ich das riesige Ding dann auch bekommen und es mit der Zeit begonnen wieder zu mögen. Der Baldachin aus hauchdünnem, schneeweißem Stoff spannte sich über meinen Kopf und hob sich nur durch das zarte Blütenmuster von der Zimmerdecke ab.

Ich pustete mir eine weißblonde Haarsträhne aus der Stirn und legte meinen Kopf zur Seite, sodass ich geradewegs auf die von mir eigenhändig bemalte Wand schauen konnte.

Ich hatte sie vor nur wenigen Monaten begonnen mit Graffiti zu besprühen, nachdem meine beste Freundin Lou die Bemerkung gemacht hatte, dass mein Zimmer durch die durchgehende, weiße Farbe, genauso versnobt aussah, wie Bethany Smiths Handtasche aus falschem Schlangenleder.

Ich hatte mir daraufhin sofort Spraydosen besorgt und mit fehlendem Geschickt versucht, eine der Wände in ein etwas weniger weißes und versnobtes Stück Mauer zu verwandeln, was mir schließlich auch zum Missfallen meines Vaters gelungen war.

Nun sah die Wand nicht mehr aus wie die falsche Ledertasche unserer Klassenzicke Bethany, sondern eher wir das Kunstwerk eines dreijährigen Kindes, welches zufällig einen Eimer Farbe in die Hände bekommen hatte.

Mein Zimmer war zuvor ganz und gar in hellen Weißtönen gehalten gewesen, Wände sowie Möbel, was sich auffallend gut mit meinen fast genauso weißen Haaren kombiniert hatte.

So hatte es auf jeden Fall mein Vater gesagt und mir sofort einen Friseurbesuch verboten, damit ich nicht noch auf die Idee kam, meine Haare schwarz zu färben, da mir dieser Kommentar überhaupt nicht gefallen hatte.

In der Schule hatte ich bei manchen Schülern bereits den Spitznamen Die Schneekönigin und das hatte nicht nur mit meinen hellen Haaren und der bleichen Haut zu tun.

Aber das mit dem heimlichen Haarefärben hätte so oder so nicht besonders gut funktioniert, da es in dem kleinen, englischen Kaff, in dem wir lebten, keinen Friseur gab und ich dazu in die nächste große Stadt hätte fahren müssen, wo mein Dad mich ohne seine Aufsicht so oder so nicht alleine herumlaufen ließ. Das war mehr als nervig!

"Carol?" Die Stimme meines Vaters riss mich aus meinen Gedanken.

"Ja, Dad?", antwortete ich und setzte mich auf.

"Der Wagen läuft wieder!"

"Oh!", rief ich gespielt erfreut. "Das ist ja schön!"

"Nicht wahr?" Die Stimme meines Vaters klang so glücklich, sodass ich unwillkürlich lächeln musste.

"Sollen wir gleich noch eine kleine Spritztour machen?"

"Jetzt?" Ich runzelte die Stirn. "Dad, wir haben noch nicht ein mal zu Abend gegessen und es ist bald wieder Morgen! Außerdem braut sich da hinten etwas zusammen und ich habe keine Lust, deinen Wagen im Regen nach Hause zu schieben, wenn der wieder liegen bleibt!"

"Der wird nicht wieder liegen bleiben!" Die Stimme meines Vaters klang übertrieben entrüstet, als hätte ich soeben Albert Einsteins Relativitätstheorie in Frage gestellt. 

Ich hörte seine Schritte auf der Treppe, dann öffnete er die Tür.

Mein Vater besaß das Auftreten eines typischen Nerds. Er war groß und schlaksig, trug sein goldblondes Haar in wirrer Unordnung auf dem Kopf und eine schwarzumrahmte Brille auf der Nase.

Er war Professor für Mathematik und legte jeden Morgen und Nachmittag mehrere Kilometer mit seinem nicht immer funktionierendem Wagen zurück, nur um zu der nächstgelegenen Universität zu kommen und zu unterrichten.

Wenn es nicht Semesterferien gäbe, würde ich ihn vielleicht nur ein bis zwei Stunden am Tag sehen, das Abendessen und Frühstück mit einberechnet, bei dem er fast immer durchgehend auf den Bildschirm seines Laptops starrte.

"Hey Dad." Ich hob grüßend die Hand.

"Wir haben noch nicht ein mal zu Abend gegessen?" Er sah mich mit seinen großen, braunen Hundeaugen erschrocken an. "Oh man, deine Mutter würde mich umbringen, wenn sie das wüsste!"

Ja, das glaubte ich ihm gerne.
Selber zustimmen konnte ich ihm allerdings nicht, denn meine Mutter war tot und ich hatte sie nie richtig kennen gelernt.

Ich seufzte laut und schüttelte nur den Kopf: "Ist schon gut Dad. Ich hab sowieso keinen Hunger. Am besten frühstücken wir einfach in ein paar Stunden."

"Einverstanden." Ein glückliches,  zerstreute Lächeln erschien auf seinen Lippen, ehe er sich zum gehen umwandte.

"Guten Nacht, Dad", murmelte ich ihm nach, aber das hörte er schon nicht mehr.

Erschöpft und resigniert sank ich zurück auf mein Kissen.

Ich liebte meinen Vater natürlich auf die Art und Weise, wie er war, auch wenn er mehr Zeit in seine Arbeit als in mich investierte und mich immer dann, wenn ich ihn darauf aufmerksam machte, nur entschuldigend anlächelte.

Dennoch wünschte ich mir im Nachhinein, dass er sich mehr Mühe gegeben hätte, mir ein guter Vater zu sein.

Denn das Lächeln, welches er mir zugeworfen hatte, ehe er wieder die Treppe hinab verschwand, sollte das letzte Lächeln sein, welches ich jemals von ihm sehen würde.

A/N:

Hey Leute,

das hier ist meine erste Wattpadgeschichte (und dies unteranderem auch mein erstes hochgeladenes Kapitel) und da das alles für mich noch ziemliches Neuland ist, würde ich mich wirklich über ein Feedback sowie über eine Kritik von euch freuen freuen. ^^

Lg

SilverfeatheredRaven

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