29. Kapitel

Màu nền
Font chữ
Font size
Chiều cao dòng

Langsam zerknüllte ich das weiße Taschentuch in meinen Händen.

Es war unbenutzt, da ich weder den Drang verspürt hatte, mir die Nase zu schnäuzen, noch die Tränen abzutupfen, welche langsam und einsam meine Wangen hinabgelaufen waren wie Regentropfen an einer Fensterscheibe.

Aus den Augenwinkeln heraus betrachtete ich nachdenklich den Jungen neben mir.

Er war es gewesen, der mir das Taschentuch gegeben hatte.

Seine Haare waren dunkelblond und seine grünen Iriden hatten sich auf die Wand uns gegenüber gerichtet. Er war groß und muskulös gebaut, allerdings kein Wächter, wie mir auf den ersten Blick hin aufgefallen war. Er war ein Domitor, genauso wie ich, wahrscheinlich zwei Jahre älter, also im Abschlussjahrgang.

Seinen Namen kannte ich nicht.

Er hatte sich nicht vorgestellt, als er durch die offen stehende Tür in den Klassenraum getreten war und seine Augen augenblicklich die meinen gefunden hatten. Er hatte schöne Augen. Zwar nicht so ungewöhnliche, wie Cilian, aber dennoch waren sie auffallend.

Ich biss mir auf die Unterlippe, als ich meinen Kopf zurück in den Nacken legte und all das, was bis gerade eben passiert war, wieder Revue passieren ließ.

Ich hatte verloren, wie ein kleines Kind ohne Mutter, gegen die Wand gelehnt im alten Klassensaal gesessen und versucht, die Tränen zurück zu halten, welche in meinen Augen brannten.

Ich weiß nicht genau, wie lange ich dort gesessen hatte, aber irgendwann war dieser Junge eingetreten, hatte sich neben mich gesetzt und für wenige Minuten genauso wie ich aus dem Fenster hinaus gestarrt. Dann hatte er mir das Taschentuch in die Hand gedrückt und gesagt, ich müsse mit ihm kommen. Zur Schulleitung.

Das war die einzigen Worte, die er bisher an mich verloren hatte. Er hatte mich sogar nicht mal wirklich angesehen, wie als würde man es ihm verbieten.

Er hatte mich vor die Tür des Büros geführt und sich mit mir auf zwei Plastikstühle gesetzt, die sehr wahrscheinlich extra für uns beide im Gang aufgestellt worden waren -bei meinem letzten Besuch vor einem Tag waren sie nämlich noch nicht da gewesen.

Wow. Das war wirklich ein neuer Rekord.

Gestern noch hatte man mich gewarnt, nichts böses zu tun, und jetzt, nahezu vierundzwanzig Stunden später, befand ich mich wieder hier an der selben Stelle, vor dem Büro.

Okay, vielleicht waren es auch fünfundzwanzig oder sechsundzwanzig Stunden später, wer weiß, wie lange ich in dem alten Klassensaal vor mich hingestarrt hatte.

Ich rief mir wieder die Worte der Schulleiter in die Gedanken, dass ich meine Seele nicht beflecken dürfe und dass ich nicht das tun durfte, was man unter Böse verstand.

Hatte ich mit dem Angriff auf Kate meine Seele befleckt? Hatte ich etwas Böses getan?

Meine Finger begannen langsam das Taschentuch wieder zu entfalten und es zu zerreißen. Stück für Stück. Kleine Fetzen schwebten auf den Teppichboden herab wie Schneeflocken.

Der Junge neben mir schien das zu bemerken. Er räusperte sich, wandte seinen Blick allerdings nicht von der Wand ab.

Seine Hände hatte er im Schoß gefaltet, wie als würde er beten. Vielleicht tat er es auch. Vielleicht war auch ihm die Schulleitung nicht ganz geheuer.

Wieder räusperte er sich. Wahrscheinlich, da ich nicht damit aufhörte, das Taschentuch zu zerfetzen.

Ich musste ihm vorkommen wie eine Geisteskranke!

Eine Geisteskranke, die nichts besseres zu tun hatte, als Papiertaschentücher klein zu schnipseln.

Bei seinem dritten Räuspern ruckte mein Kopf in seine Richtung, wütend starrte ich ihn an.

"Was?", blaffte ich.

Der Junge reagiere nicht, also knüllte ich die Reste des Tuches mit einer Hand zusammen und schnipste mit der anderen vor seinem Gesicht herum.

Normalerweise ließ dies die Menschen immer reflexartig zurückschrecken und ich hatte ihre Aufmerksamkeit, aber diesmal funktionierte es nicht. Der Junge starrte seelenruhig die Wand uns gegenüber an, wie als sei sie das Schönste auf dieser Erde, was er jemals gesehen hatte.

Und das war sie ganz sicher nicht.

Das grünweiße Längsstreifenmuster war scheußlich!

"Hey, ich rede mit dir!", Zorn mischte sich in meine Stimme.

Eigentlich hätte ich mich für dieses unfreundliche Verhalten mehr als geschämt, aber in diesem Moment war es mir vollkommen egal.

Ich wusste nicht, woher diese plötzliche Wut kam, aber auf einmal brodelte sie in mir wie Wasser in einem Topf über der Feuerstelle.

Der Junge ignorierte mich weiterhin. Allerdings zogen sich seine beiden Mundwinkel leicht in die Höhe, wie als fände er mein Verhalten mehr als amüsant.

"Ha ha wie witzig!", knurrte ich, straffte meine Schultern und streckte den Rücken durch, ehe ich mich vollkommen zu ihm hin wandte.

"Bist du taub oder was?", fuhr ich weiter fort, "Oder wieso ignorierst du mich?"

Als der Junge immer noch nicht antwortete, überlegte ich, ihn anzuschreien, aber bevor ich das tun konnte, verschwand die Wut augenblicklich und hinterließ gähnende Leere in mir. Stattdessen kehrte wieder für einen kurzen Moment der Schmerz zurück und ich zuckte zusammen.

Wieder spürte ich Tränen in meinen Augen, aber diesmal schluckte ich sie ganz einfach hinunter.

Plötzliche Wärme durchfloss mich und ich fühlte mich geborgen. Freude durchströmten mich für einen Herzschlag lang, ehe diese durch kalte Angst, welche mir die feinen Nackenhärchen zu Berge stehen ließ, und einen Augenblick später wieder durch Wut ersetzt wurde.

Ich presste meine Kiefer aufeinander.

Was war bloß gerade los mit mir?

Wieso geschah das alles?

Es dauerte vielleicht nur Sekunden, ehe wieder Wärme und Freude in mir erwachten und sich all meine Emotionen zu einem rasend schnellen Kreislauf der Gefühle aneinander reihten.

Schweiß brach auf meinem gesamten Körper aus.

Mit beiden Händen klammerte ich mich an die Sitzfläche des Plastikstuhls, weiß traten meine Knochen unter der Haut hervor. Ich kniff die Augen zusammen, versuchte das, was in diesem Moment in mir wütete, unter Kontrolle zu bekommen, aber es gelang mir nicht.

Etwas begann sich in meinem Brustkorb anzustauen, schien ihn zersprengen zu wollen.

Mein Herzschlag beschleunigte sich, meine Emotionen rasten, der Druck gegen meine Rippen wurde stärker.

Es fühlte sich an, wie als wolle mich etwas oder jemand von innen zerreißen.

Für einen Herzschlag lang setzten der in mir aufkeimende Schmerz aus, dann schien alles in mir auseinander gerissen zu werden und ich gab einen schrillen und markerschütternden Schrei von mir.

Es gab einen lauten Knall, wie bei einer Explosion.

Die Wand gegenüber von mir war mit Asche und Ruß verschmiert, ein riesiger Brandfleck zierte direkt vor meinen Augen die teure Tapete.

Der Junge neben mir war aufgesprungen. Er starrte mich mit einer Mischung aus Faszination und Furcht an.

Dann hörte ich, wie sich die Tür zum Büro öffnete, sah, wie sie wie von Zauberhand aufschwang.

"Beeindruckend", knarzte die Stimme des Schulleiters in die Stille des Flurs hinaus, "Wirklich beeindruckend, Carol Fury."

A/N:

Da es sich Einige von euch so dringend gewünscht haben: hier ist das nächste Kapitel. ^^

Es ist vielleicht mal etwas anders, ich hoffe aber dennoch, dass es euch gefällt. :)

Ich muss zugeben, dass ich aktuell das Gefühl habe, dass sich mein Schreibstil verändert hat und ich bin mir nicht ganz sicher, ob er wirklich noch zu 'Fury' passt.

Was meint ihr?

Findet ihr, dass mein Stil so ist wie von Anfang an oder dass er sich verändert hat?

Wenn ihr eher Letzteres denkt, würde ich mich sehr darüber freuen, wenn ihr mir sagen könntet, ob es sich eher positiv oder negativ auf 'Fury' auswirkt. ^-^

Lg

Raven

Bạn đang đọc truyện trên: Truyen2U.Pro