32. Kapitel

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An diesem Abend ging ich nicht zum Abendessen. Auf irgendeine mir unbekannte Art und Weise schaffte mein neuer Babysitter Jordan es zu arrangieren, dass ich mein Essen - natürlich gemeinsam mit ihm - auf meinem Zimmer einnehmen konnte, was wahrscheinlich auch besser so war. Ich wollte mir die Reaktionen meiner Mitschüler auf mich gar nicht erst ausmalen, denn höchstwahrscheinlich hatte das, was in der Arena alles geschehen war, bereits seine Runde gemacht.

Es war seltsam, in meinem Zimmer zu essen. Und das lag ganz sicher nicht daran, dass ich schweigend auf meinem Bett saß und irgendein Püree in mich hinein löffelte, das keinen wirklichen Geschmack aufweisen konnte, sondern viel mehr daran, dass Jordan es sich an meinem Schreibtisch bequem gemacht hatte und mich während er aß möglichst unauffällig beobachtete. Als glaubte er, ich würde es nicht bemerken, dass er mich durchgehend über den Rand seiner Tasse, aus der er gerade trank, hinweg anstarrte. Anscheinend nahm er seine Aufgabe als Babysitter ziemlich ernst.

Ich seufzte innerlich frustriert auf und betrachtete grimmig das Essen vor mir auf dem Teller. Ein Glück, dass er die Nacht noch nach wie vor in seinem Zimmer im Trakt der Jungen verbrachte und nicht als Bewacher vor meiner Türschwelle, als sei ich irgendein Schwerverbrecher. Obwohl ich letzteres höchstwahrscheinlich in den Augen vieler nun war. Ein Schwerverbrecher, der nur knapp an einem Mord vorbei gerutscht war.

Mir waren die teils neugierigen, teils feindseligen Blicke der anderen Schüler nicht entgangen, als ich zusammen mit Jordan das Büro der Schulleitung verlassen und mich auf in Richtung meines Zimmer gemacht hatte. Vermutlich hatten sie bereits alle von Kates Unfall durch das Nebelwesen gehört und wenn nicht, dann wussten sie spätestens nach dem Abendessen davon.

Den Rest des Tages hatte ich zu meinem großen Leid alleine mit Jordan verbracht. Ich hatte gelesen, er hatte mich konzentriert beobachtet. Ich war aufgestanden und hatte mir einen Bogen Papier aus der Schublade meines Schreibtisches genommen, er hatte jede meiner Bewegungen genauestens mitverfolgt. Wie ein lästiger Wachhund, der darauf aufpasste, dass ich mir ja keinen Fehltritt erlaubte.

Ich hatte schon lange nicht mehr gezeichnet. Sehr lange, wohl bemerkt. Aber die Langeweile, die mich, eingesperrt in meinem eigenen Zimmer, überkam, ließ mich wieder nach Bleistift und Papier greifen und so verbrachte ich die restlichen Stunden bis zum Abendessen damit, eine Zeichnung von dem Raum, in dem ich mich befand, anzufertigen. Inklusive Jordan natürlich, der auf eine gruselige Art und Weise den Betrachter geradewegs aus dem Bild heraus anzustarren schien. Genauso, wie er es in diesem Moment mit mir in Wirklichkeit tat. Ich hatte schon jetzt genug von seiner Aufgabe, darauf aufzupassen, dass meine Kräfte mir nicht entglitten.

Als ich schließlich meinen Teller fast leer gegessen hatte und der Blick meines Aufpassers immer noch nach wie vor auf mir lag, räusperte ich mich etwas lauter und hob den Kopf, um ihn ebenfalls ohne jegliche Miene zu verziehen wortlos anzustarren. Damit auch er endlich bemerkte, wie dämlich das doch war.

Jordan zog als Reaktion allerdings bloß fragend eine Augenbraue in die Höhe. Die Tatsache, dass ich ihn nun ebenfalls mit diesem ausdruckslosen Blick bedachte, schien ihm zumindest rein äußerlich nicht im geringsten zu stören.

"Übst du das regelmäßig vor dem Spiegel oder können Domitoren wie du einer bist das von Natur aus?", fragte ich schließlich, als Jordan keine Anstalten machte, den Blick auch nur Ansatzweise kurz für einige Sekunden von mir abzulenken. "Dieses durchgehende Starren meinst du?", erwiderte er unbeschwert, wobei seine grünen Augen für einen kurzen Moment lang amüsiert aufblitzten. Ich nickte bloß und konzentrierte mich darauf, nicht diejenige von uns beiden zu sein, die zuerst den Blick senkte, was wirklich leichter gesagt war als getan.

"Hat mir mein Vater beigebracht." Jordan zuckte mit den Schultern und nahm noch ein Schluck aus der Tasse, die er in der Hand hielt. Vom Geruch her befand sich vermutlich Kaffee in dieser. Kaffee zum Abendessen. Interessant.

"Ist der etwa genauso wie du?", fragte ich und runzelte die Stirn. "Kann der etwa auch Gefühle kontrollieren?" "So in etwa." Jordan stellte seine Tasse zurück auf meinen Schreibtisch und wischte sich mit dem Handrücken über den Mund. "Er war schon immer der Meinung gewesen, dass es für Domitoren wie uns besonders wichtig sei, beobachten zu können. Schließlich ist es unsere Aufgabe, gewisse Domitoren nicht aus den Augen zu verlieren."

"Domitoren wie ich einer bin?", fragte ich und lehnte mich mit dem Rücken zurück gegen die Wand hinter mir, verengte meine dunklen Augen zu schmalen Schlitzen. "Domitoren, die ihre Kraft nicht kontrollieren können und die deswegen als wandelnde Zeitbomben betitelt werden?"

"Nicht nur die." Jordan schüttelte den Kopf und sein Blick verfinsterte sich ein wenig, ehe weiter sprach: "Es gibt Domitoren, die weit aus schlimmer sind als die wandelnden Zeitbomben, wie du sie beschreibst. Es gibt Domitoren, die deutlich mehr Schaden anrichten können, als ihre Mitschülerin durch ein Nebelwesen zu verletzen. Schaden, den sie im Gegensatz zu deinen Zeitbomben bewusst anrichten." Er warf mir einen bedeutungsvollen Blick zu, woraufhin ich bloß schnaubte und beiseite sah. Auch, wenn ich somit meinen Vorsatz, seinem Blick stand zu halten, brach. 

Ich bemerkte, wie langsam aber sich Wut und mir zu kochen begann. Wut und Schuldgefühle gegenüber Kate, die nun wegen mir auf der Krankenstation lag, da sie von einem Nebelwesen angegriffen worden war, das ich anscheinend auf sie gehetzt hatte. 

Wie mir das eigentlich gelungen war, war mir nach wie vor ein Rätsel. Da war diese andere Energiequelle gewesen. Die andere Energiequelle, die mir Kraft gespendet und die sich bereitwillig unter mir gebeugt hatte. Und dann war da noch diese Dunkelheit gewesen. Diese Dunkelheit, die nicht nur besagte Energiequelle, sondern auch meinen Geist eingenommen hatte und die etwas getan hatte, was beinahe Kate das Leben gekostet hätte.

"Beruhige dich, Carol." Jordans leicht angespannte Stimme riss mich zurück aus meinen Gedanken in die Realität und erst jetzt bemerkte ich, wie ich beide Hände zu Fäusten geballt hatte und unkontrolliert vor mich hin zitternd auf dem Bett hockte, als würde ich jeden Moment einen Anfall bekommen. Ich hörte ein hohes Sirren, das auf einmal in der Luft lag, unterstützt durch das Klappern des Weckers auf meinem Nachttisch neben mir, der unsicher auf einer Stelle hin und her kippelte, wie von einer unsichtbaren Macht gesteuert. Das Gleiche galt übrigens auch für Jordans Tasse auf meinem Schreibtisch und generell für sämtliche Einrichtungsgegenstände in meinem Zimmer, die unruhig vor sich hin zitterten, als wollte sie jeden Moment explodieren. 

Jordan hatte sich kerzengerade auf meinem Schreibtischstuhl aufgesetzt und musterte mich alarmiert, als befürchtete er, ich würde jeden Moment aufs Neue eine Wand abfackeln oder - noch schlimmer - gleich das gesamte Zimmer in die Luft jagen.

"Carol!" Seine Stimme war nur ein leises Zischen, ein Flüstern, das mich dennoch durch den Lärm des gesamten Zimmers hindurch erreichte und in meinen Kopf eindrang. Es grub sich vor bis in meine Gedanken, löste die Schuldgefühle gegenüber Kate und die Wut, dass ich es überhaupt soweit hatte kommen lassen, in mir auf und hinterließ nichts weiter als Unwissenheit. Unwissenheit über meine Kräfte und über die Dunkelheit in mir, die mich in der Arena dazu angetrieben hatte, Kate beinahe zu töten.


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