2. Arya

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Ich fand Jon am Baumhaus. Er stand am Fuße der großen Eiche, auf der Dad und Onkel Ben vor inzwischen mehr als zehn Jahren das grob gezimmerte Werk befestigt hatten. Nostalgie erfüllte mich, als ich in die breite Baumkrone über mir sah. Hier war schon so viel passiert.

Hier hatten sich Robb und Jon für geschlagene zwei Nächte verbarrikadiert, nachdem sie in der Schule in eine Schlägerei gekommen waren, und Mum ihnen Hausarrest bis zu Weihnachten desselbigen Jahres geben wollte. Sansa hatte dort oben mehr als die Hälfte ihrer Kindheit damit verbracht, sich vorzustellen, sie sei eine Prinzessin, die auf ihren Ritter in schimmernder Rüstung wartete. Inzwischen glaubte auch meine naive Schwester Sansa nicht mehr an solche Klischees, nicht nachdem Joffrey Lannister sie öffentlich gedemütigt hatte. Zum Glück hatte sich Jon dieser kleinen miesen Ratte angekommen, und ich hatte mich zusammen mit Jeyne - Sansas allerbesten Freundin - um das gebrochene Herz und die zerstörten Träume meiner Schwester gekümmert.

Aus diesem Baumhaus war Bran abgestürzt, als er neun Jahre alt gewesen war. Sommer hatte unter der großen verwitterten Eiche gestanden und nicht aufgehört zu heulen, bis Bran nicht sicher im Krankenwagen verschifft war. Seitdem saß Bran im Rollstuhl, denn er war von der Hüfte abwärts gelähmt.

Jon drehte sich zu mir um, als er meine Schritte auf dem feuchten Gras hörte.

"Ry, du hättest nicht kommen sollen." Er seufzte. "Deine Mum wird sauer sein."

"Mir egal.", gab ich zurück.

"Dein Platz ist bei deiner Familie; bei Robb, Sansa und sogar Catelyn."

Ich schütterte trotzig den Kopf. "Mein Platz ist mit demjenigen, mit dem ich entscheide zu sein. Dämliche Gesellschaftskonventionen hindern mich nicht an meiner Entscheidung. Außerdem findet Robb auch, dass Catelyn übertreibt."

Jon lächelte müde und holte eine Zigarettenschachtel aus seiner Jackentasche. "Ich bin ohnehin bald weg." Er zog ein Feuerzeug aus seiner Hosentasche und entzündete seine Zigarette, bevor er einen tiefen Zug nahm.

"Krieg ich auch eine?", fragte ich hoffnungsvoll.

"Nein." Jon nahm noch einen Zug, bevor er die Zigarette auf den Boden warf und sie austrat. "Rauchen ist scheiße."

Ich hielt meine Frage zurück, warum er es dann machte, denn ich wusste die Antwort. Schlichtweg um Catelyn zu verärgern.

Jon lächelte zu mir herunter, während er Feuerzeug und Zigarettenschachtel in seine Tasche zurückgleiten ließ.

"Ich geh' zu Glenn, wahrscheinlich penn' ich dort." Er strich mir durch meine kurzen Haare. "Geh du mal lieber ins Haus zurück, es ist kalt." Tatsächlich fror ich in meinem dünnen Strickpulli, Jon war dies nicht entgangen.

"Du weißt doch, was Dad immer sagt.", grinste Jon.

"Der Winter naht.", sagten wir beide wie aus einem Mund, und ich musste lachen. Ich hätte nie verstanden, warum diese Phrase unser Hausmotto war. Robb behauptete es solle symbolisieren, dass die Situation immer noch schlimmer werden konnte, egal wie ausweglos es sowieso schon aussah. Jedoch war mir schleierhaft, wie man eine derart pessimistische Weltanschauung innehaben konnte.

"Also dann, Ry, wir sehen uns." Jon grinste mir noch einmal zu, bevor er über die Wiese davonstapfte. Ich sah ihm hinterher, bis er in der Einfahrt verschwunden war. Mein Herz zog sich unwillkürlich zusammen, bei dem Gedanken daran, dass er bald nicht mehr bei uns sein würde, und ich dann alleine mit Sansa, Bran und Rickon unter einem Dach lebte. Ich mochte die drei, keine Frage, vor allem Bran, aber niemand verstand mich so gut wie Jon. Niemand außer er kam mitten in der Nacht in mein Zimmer, wenn er Licht durch den Türspalt dringen sah, um tiefsinnige Gespräche mit mir zu führen. Niemand außer er half mir Sansa vom Fernseher zu verdrängen, wenn Americas Next Topmodel lief, um einen Sons of Anarchy Marathon zu starten. Niemand außer er munterte mich auf, wenn ich das Gefühl hatte ungeliebt und hässlich zu sein. Kurzum, ich brauchte ihn einfach.

Anscheinend stand ich schon eine Weile auf dem Rasen unter dem Baumhaus, in Gedanken versunken, denn irgendeinmal flog ein Fenster auf, und Mums Stimme hallte über den Hintergarten. "Arya, Herzchen, komm ins Warme zurück, ich hab heiße Schokolade mit Marshmallows gemacht!" Sie grinste mich so begeistert an, als hätte sie die Kakaobohnen selber angebaut und kultiviert.

"Mum, ich werde mich nicht mit heißer Schokolade versöhnen lassen!", brüllte ich zurück. "Solange du Jon nicht wie deinen eigenen Sohn behandelst, kannst du dir deine heiße Schokolade sonst wohin-"

"Arya Lyanna Stark, so redest du nicht mit mir!" Die Stimme meiner Mutter hatte bansheeartige Frequenzen erreicht. Es wunderte mich, dass die Fensterscheiben noch nicht gesprungen waren.

"Das wird Konsequenzen haben, junge Dame!", schrie Mum und knallte das Fenster so energisch zu, dass die Scheibe zwar nicht sprang, aber stark vibrierte.

Kochend vor Wut stand ich auf dem Rasen und starrte die edle Fassade unserer Stadtvilla an. Ich hasste dieses Haus. Es war zu groß, zu imposant, zu kalt. Mum und Sansa liebten es, für sie war es stilvoll und gerade richtig, für mich jedoch nicht. Ein heiseres Lachen riss mich aus meinen wütenden Gedanken und ich wirbelte zu seinem Ursprung herum. Auf der Straße, nahe unserer Einfahrt, stand ein großer dunkelblonder Junge, der mir vage bekannt vorkam. Er trug eine Lederjacke und schwarze Jeans, die nicht gerade in einem guten Zustand waren. Ich glaubte, ihn als einen der Stoner unseres Örtchens einordnen zu können. Jon hatte mir einmal die Stonerecke gezeigt, als wir für Mum Besorgungen im Supermarkt machen sollten. Ein kalter Schauer überrieselte mich. Was machte jemand wie er in einer so noblen Gegend?

"Ärger im Paradies?" Der Junge lachte wieder, und ich musste widerstrebend zugeben, dass er gar nicht so schlecht aussah.

"Halt die Fresse und geh zurück nach Stonercity oder wo auch immer du hergekommen bist.", fauchte ich in seine Richtung. "Hier ist kein Platz für dich."

Obwohl ich mehrere Yards von dem Typen entfernt war, konnte ich sehen wie er eine Augenbraue hob. "Ganz schon abgehoben, die kleine Stark."

"Ganz schön breit, der kleine Vollidiot.", konterte ich und verschränkte die Arme vor der Brust. Was auch immer dieser Typ hier wollte, es hatte definitiv einen sinistren Hintergrund.

Der Stoner schnaubte nur verächtlich. "Verzogene Göre. Du hast keine Ahnung von der echten Welt da draußen, so wohlbehütet, wie du aufgewachsen bist."

"Und du schon?" Inzwischen war ich echt mehr als wütend. Erst der Streit mit meiner Mutter und jetzt auch noch Stoner-Spast. Ich wollte ihm gerade eine Reihe an Flüchen an den Kopf werfen, doch in diesem Augenblick öffnete sich die Haustür und jede weitere Konversation erübrigte sich. Ich war mehr als überrascht, als ich Bran in Begleitung von Sommer im Türrahmen erkannte.

"Jojen!", begrüßte mein kleiner Bruder den Stoner wie einen alten Freund. "Warum brüllst du hier so herum?"

Jojen wies wortlos auf mich.

"Arya?", fragte Bran überrascht. "Was machst du hier?"

"Dasselbe könnte ich dich auch fragen.", erwiderte ich kühl. "Woher kennst du Stoner-Freak hier vorne?"

Bran rollte aus der Haustür hinaus, die kleine Rampe hinunter und blieb direkt vor Jojen stehen. Dieser machte sich sofort daran, den Rollstuhl meines kleinen Bruders über den Vorgarten auf den Bürgersteig zu schieben.

"Jojen ist mein Begleiter." Bran lächelte ihn an, und siehe da, Jojen brachte tatsächlich so etwas wie ein ehrliches Lächeln zustande.

"Begleiter wofür, und warum hilft er dir?" Der Fakt, dass mein Babybruder mit einem irren Stoner befreundet war, bereitete mir leichte Sorgen. Jojen sah jetzt auch nicht wie der typische Krankenpfleger aus.

"Er hilft mir beim Umgang mit meinen Rollstuhl." Sommer schnüffelte an Jojens Hand, bevor er sich neben Brans Rollstuhl niederließ. Offenbar war der Junge durch seine Kontrolle gegangen, was mich etwas erleichterte. Sommer würde nie zulassen, dass meinem Bruder etwas geschah. Andererseits konnten sich auch Hunde irren, oder vielleicht gefiel Sommer der Geruch von Marijuana einfach gut.

"Und warum hilft er dir?"

Jojen verdrehte die Augen und sah mich kalt an. "Ich bin zu ein paar Sozialstunden verknackt worden."

"Aha.", sagte ich, und meine Stimme zitterte vor Wut. "Du machst das also nicht einmal freiwillig?"

Jojen lächelte und klimperte mit seinen Wimpern. "Weißt du was, Stark, leck mich."

Ohne mich noch einmal anzusehen, nahm er Brans Rollstuhl und schob ihn in die entgegengesetzte Richtung. Sommer trottete hinterher.

"Bran!", brüllte ich. "Komm zurück, diesem Freak ist doch nicht zu vertrauen!" Doch Bran ignorierte mich, Jojen lachte nur höhnisch. Also rannte ich ins Haus zurück, wobei ich die Haustür mehr als nur laut ins Schloss knallte.

Auf dem Flur begegnete ich Sansa, die sich mit einem Tee in der einen, mit einem Buch in der anderen Hand an mir vorbeischob.

"Hi", grüßte sie mich müde.

Ich platzte heraus: "Wusstest du, dass unser hilfsbedürftiger Bruder mit einem Stoner abhängt?"

Sansa sah mich verwirrt an. "Du meinst Jojen?"

Ich nickte.

"Er ist okay, Mum hat ihn eigens gecheckt. Sie sagt er hat ein gutes Verhältnis zu Bran, er sorgt dafür, dass er endlich mal wieder aus dem Haus kommt und sich unter Leute mischt." Sansa sah nicht sonderlich besorgt aus.

"Ja, unter Stoner-Leute." Ich zog meine Jacke aus und hing sie an einen Hacken. "Ich werde mit Jon darüber reden. Er wird wissen, was zu tun ist."

Sansa verdrehte die Augen, bevor sie das Thema wechselte. "Du solltest dich bei Mum entschuldigen. Es bringt Jon nichts, wenn du sie so behandelst, im Gegenteil, es hetzt sie nur noch mehr auf." Ich hasste es wenn meine Schwester so diplomatisch war. Wenn ich versuchte richtig mit ihr zu streiten, wich sie mir immer aus und versuchte sogar den Streit zu schlichten. Es nervte.

"Whatever, man.", seufzte ich und schlurfte an ihr vorbei. Mum und Dad saßen in der Küche, ich hörte ihre Stimmen durch die angelehnte Tür dringen. Es war vermutlich nicht so schlau ihnen jetzt unter die Augen zu treten.

Ich bog also links ab, ins Treppenhaus hinein, um in den ersten Stock zu gelangen, in dem mein Zimmer lag. Aus Robbs Raum kam leise Musik, und ich musste lächeln, als ich erkannte, dass er sich Sansas Taylor Swift CD geliehen hatte. Er hatte uns einmal gestanden, dass ihn dieses sanfte Country-Pop beim Lernen sehr beruhigte und seine kognitiven Vorgänge beschleunigte. Neben Robbs Zimmer war das Bad, und dann kam mein Raum, direkt gegenüber von Jons. Meine Zimmertür war schwarz gestrichen, ebenso wie die von Jon. Als ich zehn war, hatten wir beide einhellig entschieden, dass das Schwarz besser zu uns passte, als das langweilige Cremeweiß, in dem die restlichen Türen der Villa gehalten waren.

Mum war natürlich ausgerastet, aber das war es uns wert gewesen.

In meinem abgedunkelten Zimmer wartete Nymeria auf mich, meine Wolfshündin. Jeder von uns Starks hatte einen Hund, allesamt Wolfshunde. Unsere Nachbarn nannten sie wilde Bestien, aber jeder Versuch ihrerseits, unsere Hunde zu verbannen, war gescheitert. Sie waren einfach zu friedlich, solange man sie jeden Tag zwei Stunden ausführte. Meistens ging ich alleine, aber manchmal kam es vor, dass alle sechs Stark-Kinder mit ihren sechs Wolfshunden durch die Siedlungen und Wälder zogen. Es war öfter als nur einmal geschehen, dass ein ängstlicher Anrainer die Polizei gerufen hatte.

"Hey, meine Süße.", murmelte ich, während ich ihren Hals kraulte. Wäre Nym eine Katze, hätte sie bestimmt geschnurrt. Jedoch fiepte sie bloß wohlig. "Mum ist gemein." Ich presste mein Gesicht in ihr dunkles Fell. "Und mein Bruder hängt mit einem Stoner ab."

Nymeria antwortete nicht. Allerdings überraschte mich das nicht sonderlich.

"Ach Nym, wenn doch jeder so unkompliziert wäre wie du." Ich seufzte und fuhr mir müde durch meine kurzen braunen Haare, bevor ich mich rücklings auf mein ungemachtes Bett fallen ließ.

Zu dem Zeitpunkt ahnte ich noch nicht, wie kompliziert mein Leben in nur kürzester Zeit werden würde.

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