10. Türchen

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Cornel kam seiner schriftlichen Ankündigung nach und stand pünktlich um halb eins vor meiner Bude. In den Händen hielt er zwei dampfende Bratwurstsemmeln und auf seinen sinnlichen Lippen lag ein breites Lächeln, das mich auch gleich lächeln ließ.

„Hallo Mister Glühweinbudenbesitzer", begrüßte er mich überschwänglich und lehnte sich auf die Ellenbogen gestützt ein wenig über den Tresen, ehe er beide Bratwurstsemmeln nach oben hielt. „Ich wusste nicht, was du magst, deswegen habe ich ein Mal mit Ketchup und ein Mal mit Senf. Nimm, was dir besser schmeckt."

„Vielen Dank, Mister Odin", lächelte ich mit spürbar warmen Wangen und griff nach der mit dem Ketchup. Senf zu Bratwürsten aß ich nur im Zusammenhang mit Sauerkraut. In eine Bratwurstsemmel gehörte für mich Ketchup. Cornel sah das offenbar anders und war mit meiner Entscheidung auch mehr als zufrieden, denn er biss gleich herzhaft in seine mit Senf.

„Mister Odin?", schmunzelte er dann mit vollen Wangen, schluckte und leckte sich über die rosigen Lippen, die trotz der Kälte verführerisch weich aussahen. Mein Blick verfing sich sofort an seiner roten Zungenspitze, ehe mich sein Grinsen, das sich langsam auf seinen Lippen bildete, aus meinem Bann riss.
Mein Starren war ihm natürlich nicht entgangen und seinem nun etwas selbstgefälligen Grinsen nach zu urteilen, hatte er kein Problem damit.

Das ließ meine Wangen nur noch roter werden, auch wenn mir seine sichtbare Überheblichkeit etwas gegen den Strich ging.

Zum Glück trat in dem Moment ein Gast heran, der eine Tasse Glühwein bestellte, die ich ihm fix einfüllte und überreichte. Das gab meinem Körper Zeit, um sich von der Sichtung von Cornels Zunge zu erholen, die sich natürlich direkt in mein Hirn gebrannt hatte und gerade in Dauerschleife abgespielt wurde.

„Ich hätte bitte auch gerne einen Glühwein", lächelte mein Lunchpartner, kaum dass der andere wieder weg war, und stützte sich mit einem Arm auf den Tresen, während er seinen Blick über die anderen Buden wandern ließ.

„Heute bist du noch gar nicht umgezogen", begann ich etwas Konversation und stellte ihm eine dampfende Tasse hin, ehe ich mir selber auch eine runter ließ. Durch die Sonne, die heute kräftig herunter schien, war es nicht ganz so kalt, aber immer noch so kalt, dass ich schon den ganzen Tag über den Heizstrahler laufen ließ, damit meine Füße warm blieben.
Wenn man einmal kalte Füße hatte, bekam man die leider Gottes so schnell nicht wieder warm.

Cornel trug so ziemlich das selbe wie gestern Abend. Lockere Jeans, Winterboots, einen schwarzen Mantel und diesmal eine Kappe anstatt einer Mütze. Handschuhe hatte er heute auch keine an, wodurch seine Fingerknöcheln schon wieder sehr rot waren und auch seine Ohrmuscheln wie eingefroren wirkten.

„Sonntags gibt es keine Parade." Dabei bildete sich wieder ein fast spöttisches Grinsen auf seinen Lippen. „Das müsstest du doch wissen. Letzten Sonntag gab es auch keine."

Das stimmte tatsächlich und eigentlich wusste ich auch, dass es sonntags nur wenige Showprogrammpunkte gab. Dafür waren freitags und samstags umso mehr geboten.
Deswegen ärgerte es mich auch, dass mir das nicht früher aufgefallen war. Dann wäre mir die Blamage erspart geblieben. Der Scham breitete sich rasant in meinem Körper aus und ließ mich unbehaglich von einem Fuß auf den anderen treten.

Wie schaffte ich es eigentlich immer vor Cornel so blöd dazustehen? So als hätte ich nichts in der Birne?
Dass er dann auch noch jedesmal so erfreut reagierte, wenn ich Unrecht hatte oder eine sinnlose Frage stellte, machte das nicht unbedingt besser. Es würde mich nicht wundern, wenn Cornel sich mittlerweile deutlich klüger als ich fühlen würde.
Sonderlich schlau stellte ich mich in unseren Gesprächen auch irgendwie nicht an.

„Ich bin aber auch über jede Minute froh, in der ich das Kostüm nicht tragen muss. Die Rüstung ist sau unbequem." Dabei schüttelte er deutlich den Kopf. „Später muss ich mich aber wieder darein quälen, um Präsenz zu zeigen." Das Präsenz betonte er dabei hörbar genervt und rollte sogar mit den Augen.

Mit Präsenz zeigen meinte er wahrscheinlich, wenn er oder die anderen Schauspieler auf dem Markt unterwegs waren, damit die Gäste mit ihnen Fotos machen konnten.

„Es macht dir doch Spaß unter Menschen zu sein, oder nicht?"

„Ja auf jeden Fall", antwortete Cornel gleich und richtete seinen Oberkörper dabei sogar etwas auf. „Wenn nur das Kostüm nicht so umbequem wäre..."

Dabei musste ich unweigerlich daran denken, dass er erst am Freitag fast eine Stunde mit mir geratscht hatte, während er sein Kostüm getragen hatte. So umbequem konnte es also gar nicht sein.
Oder hatte er es in Kauf genommen, das unbequeme Kostüm länger anzuhaben, nur damit er unser Gespräch nicht vorzeitig beenden musste?

Der Gedanke war zwar verführerisch, aber vorstellen konnte ich mir das irgendwie nicht.
Cornel genoß die Aufmerksamkeit, die er als Odin bekam, schon sehr. Das hatte er eben sogar bestätigt. Vielleicht war es ihm deswegen wert gewesen, noch im Kostüm an meinem Stand zu stehen, damit er von möglichst vielen angehimmelt werden konnte. Das würde für mich zumindest mehr Sinn machen.

Im nächsten Moment bildete sich wieder ein breites Grinsen auf seinen Lippen.
„Wenn du mal etwas Luft hast, kannst du mit in die Umkleide kommen. Dann kannst du es anprobieren."

Ich hatte eigentlich gar kein Interesse daran, das unbequeme Kostüm anzuziehen, aber dass Cornel mit einfach so in seine Umkleide einlud, trieb mir wieder einen Rotschimmer auf die Wangen und ließ mich fast automatisch nicken.

Wie seine Umkleide wohl aussah? Wie sah so eine Umkleide generell überhaupt aus? Ich kannte nur die Umkleiden vom Theater, aber war das mit denen hier zu vergleichen? Oder ähnelten sie eher Schwimmbadumkleiden, wo jeder sein eigenes Schließfach hatte?
Hoffentlich war es bei diesen Temperaturen beheizt, andernfalls wäre das Umziehen dort sicherlich nicht spaßig.

„Dann kannst du dich selber davon überzeugen, dass es unbequem ist."

„Das glaube ich dir auch ohne sie anprobiert zu haben", bestätigte ich ihm gleich. Ich hatte ihm auch nie widersprochen. Vor allem die Rüstung sah furchtbar störend aus, gerade weil sie bei diesen Temperaturen aus Metal war und sich sicherlich kaum aufheizte. Dazu kam das auch das restliche Kostüm nicht sehr warm und wetterfest wirkte. Lediglich der dicke Umhang, den er letztens getragen hatte, war für dieses Wetter geeignet.

Er biss in seine Bratwurst und summte dabei zustimmend. „Das ist einfach nur köstlich. Ich kann ehrlich gesagt gar nicht verstehen, wie du das mit Ketchup kaputt machen kannst. Bei Bratwurst wäre Senf immer meine erste Wahl."

„Dann sei froh, dass es nicht auch meine erste Wahl war, sonst hättest du jetzt eine mit Ketchup essen müssen", konterte ich augenblicklich. Sein spöttischer Ton ließ mich irgendwie automatisch in eine gewisse Abwehrhaltung verfallen, die ihm aber nicht zu stören schien.

Erst zuckte er mit den Schultern. „Ich bin froh", antwortete er dann schlicht und biss erneut hinein.

„Wie kommt es eigentlich, dass du immer alleine hier bist? Was machst du, wenn du mal auf die Toilette musst?"

„Gehen wenn gerade keine Kundschaft da ist." Etwas anderes blieb mir ja auch nicht übrig. Ich konnte schlecht davonlaufen, wenn gerade eine lange Schlange draußen stand. Wobei ich das auch nicht machen würde, wenn Stefan mit hier wäre, um ihn nicht unnötig mit dem Stress alleine zu lassen.

Meine Antwort brachte Cornel jedoch zum Lachen, während er amüsiert den Kopf schüttelte. Er sagte nicht, aber seine Reaktion ließ mich meine Worte nochmals überdenken. Hatte ich etwas falsches gesagt? So lustig war das eigentlich gar nicht, oder?

„Wer war der Kerl, der letztens mit dir hier war? Der hat dich ganz schön in die Seite geboxt?" Er sah mir neugierig entgegen. Es sah ehrlich neugierig aus und während ich irgendwie hoffte, dass er vielleicht eifersüchtig war, konnte ich nichts in die Richtung in seinem Ausdruck finden.

„Mein kleiner Bruder", antwortete ich also und zuckte dabei mit den Schultern. Dass es unter Geschwistern mal etwas rabiater zuging, war ganz normal. Vor allem bei Stefan und mir, die sich als Kinder, ja sogar noch im Jugendalter, fast täglich Schlägereien geliefert hatten.

Daraufhin atmete Cornel hörbar aus.

War das ein erleichtertes Ausatmen? War er vielleicht doch ein wenig eifersüchtig und konnte es nach Außenhin nur gut überspielen?

Ich musterte sein Gesicht noch einmal ganz genau, aber auch diesmal fiel mir nichts dahingehendes auf. Und das ärgerte mich irgendwie. Er könnte mir zumindest den kleinen Finger reichen, indem er mir wenigstens zeigte, ob er jetzt eifersüchtig war oder nicht.

„Die kleinen Geschwister immer", grinste Cornel und schüttelte leicht den Kopf. „Ich habe auch zwei kleinere Brüder. Claudius und Julius. Obwohl sie jetzt auch schon Mitte Zwanzig sind, sind sie noch super nervig."

„Claudius, Julius und Cornel? Das passt für mich irgendwie nicht", murmelte ich eigentlich eher zu mir als wirklich zu Cornel. Dieser begann daraufhin aber laut zu lachen und warf sogar für einen Moment den Kopf in den Nacken.
Ich fand es eigentlich gar nicht lustig, aber lachen musste ich dennoch. Dafür war sein Lachen zu ansteckend.

„Du hast ein Faible mit Namen, kann das sein?", schmunzelte mein Gegenüber, als er sich langsam beruhigt hatte. „Jetzt sag bloß, dass du an meinem auch etwas auszusetzen hast. Erst an Buddys und jetzt an meinem." Er schüttelte, weiterhin mit einem Lächeln auf den Lippen, den Kopf.

„Nein...", begann ich zögerlich. Jetzt hatte ich Angst, dumm zu klingen. „Claudius und Julius klingen nur so ähnlich. Da passt Cornel irgendwie nicht mit rein." Das war auch gar nicht negativ gemeint. Ich fand nur, dass Claudius und Julius mit ihren ius-Endungen gut zusammenpassten.

Meine Erklärung lockte Cornel jedoch ein noch breiteres Lächeln auf die Lippen, was mich nach anhaltender Stille richtig nervös machte. Ich hatte gerade das Gefühl, als würde ich mich um Hals und Kragen reden, während ich mich einfach nur dumm anhörte.

„Du hast schon Recht", löste Cornel dann meine Anspannung und trug dabei ein seliges Lächeln auf den Lippen. „Claudius und Julius passen wirklich gut zueinander. Ein Glück, dass ich eigentlich Cornelius heiße. Andernfalls wäre ich echt ausgeschlossen worden."

Darauf folgte ein Zwinkern.

„Ah, übrigens." Cornel begann in seiner Hosentasche zu wühlen und legte dann zwei Euro auf den Tresen. „Für deine Trinkgeldkasse. Hast du dir jetzt schon eine angeschafft?"

Diesmal war es an mir zu lachen und als ich selbstbewusst nach dem Pappbecher griff, der ursprünglich die Servietten für die Plätzchenteller beinhaltet hatte, musste auch Cornel lachen.

Ich hatte lediglich mit einem Edding „Trinkgeldkasse" auf den weißen Becher gekritzelt. Einfach und effektiv. Und anscheinend sehr lustig, denn Cornel bekam sich im ersten Moment gar nicht mehr ein.

„Das ist fast noch einen Euro wert", gluckste er und begann schon in seiner Hosentasche zu kramen, ehe ich gleich den Kopf schüttelte.

„Du hast mir schon die Bratwurst gezahlt. Du musst mir nicht noch mehr Trinkgeld geben."

„Jaja", grinste Cornel daraufhin nur. „Dann gib mir nochmal einen Glühwein, dann passt das schon." Und damit legte er eine weitere zwei Euro Münze auf den Tresen und grinste mir breit entgegen. 

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