9. Türchen

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Als ich dann später als gedacht in meiner Wohnung ankam, war Vika schon längst da. Sie war diejenige, der ich meinen Zweitschlüssel für Notfälle anvertraut hatte, den sie aber nutzte, als wäre er zur freien Verfügung. Wenn ihr zuhause mal der Zucker ausgegangen war und sie nicht mehr einkaufen gehen wollte, kam sie einfach bei mir vorbei und nahm meinen Zucker mit, wenn ihr zuhause die Decke auf den Kopf fiel, kam sie in meine Wohnung, wenn ihr Netflix zuhause nicht mehr ausreichte, kam sie zu mir und nutzte mein Amazon Prime auf meinem Fernseher und aß dabei meine Snacks.

Manchmal kam sie auch einfach nur so vorbei und wenn ich dann nach der Arbeit nach Hause kam, stand schon warmes, selbst gekochtes Essen auf dem Tisch, worüber ich jedes Mal dankbar war.

Auch heute standen zwei dampfende Tassen heiße Schokolade auf meinem Tisch zusammen mit einem Teller selbst gebackener Plätzchen von Vika. Sie hatte den Radio eingeschaltet, wodurch besinnliche Weihnachtsmusik lief und die Lichterketten, die ich letztes Wochenende an die Fenster gehangen hatte, angeknipst. Auch die eine Kerze an meinem Adventskranz brannte und ließ alles nochmal weihnachtlicher aussehen.

„Wird aber auch mal Zeit, dass du kommst", schimpfte meine beste Freundin aus Kindheitstagen und schälte sich aus der Decke, in die sie sich am Sofa eingerollt hatte. „Ich dachte schon, du hast dich– Oha, was grinst du denn so?"
Der Ärger über mein spätes nach Hause kommen war direkt verflogen und stattdessen sah sie mir aus neugierigen, großen Augen entgegen. „Hast du jemanden kennengelernt? Du musst jemanden kennengelernt haben", schlussfolgerte sie auch ohne, dass ich etwas gesagt hatte. „Du grinst immer so happy, wenn du jemanden kennengelernt hast."

„Was heißt denn bitte immer?", fragte ich irritiert und schlüpfte aus meiner Jacke. Das hörte sich fast so an, als würde ich jeden zweiten Tag jemanden kennenlernen.

„Bei Marc hast du damals so gegrinst und bei Torsten auch. Also erzähl. Wen hast du kennengelernt? Ich will alle Details."

Ich konnte nur amüsiert den Kopf schütteln. „Lass mich erstmal nach Hause kommen, Vika. Kann ich noch kurz in die Dusche hüpfen?"

„Ja, wenn du dich beeilst." Sie rollte mit den Augen. „Andernfalls sind deine Marshmallows geschmolzen."

Das war Ansporn genug, um in Windeseile meine Körperhygiene zu vollziehen und dann in frische, kuschlige Klamotten gekleidet nur zehn Minuten später wieder in meinem Wohnbereich zu stehen.

„Und jetzt erzähl", begrüßte mich Vika gleich wieder, die es sich längst wieder mit der Decke an meinem Esstisch bequem gemacht hatte.

„Wir trinken jetzt die Tasse und machen uns dann an die Arbeit", klärte ich vorneweg gleich ab. Ich sah es nämlich schon kommen, dass wir vor lauter Ratschen zu gar keiner Arbeit kommen würden und das durfte ehrlich nicht passieren. Ich wollte morgen nicht mit leeren Getränkekochern die Bude öffnen.

„Jaja", murmelte meine beste Freundin und nippte an ihrer heißen Schokolade. Auch ich nahm einen großen Schluck von der jetzt trinkbar warmen Schokolade und seufzte leise auf, als die Wärme mich erfüllte. Die heiße Dusche hatte schon verdammt gut getan, aber jetzt noch das Heißgetränk... Das weckte in mir die Lust, mich einfach aufs Sofa zu kuscheln und nie wieder aufzustehen.

„Andreas", erinnerte mich Vika mit einem strengen Blick daran, dass ich ja etwas zu erzählen hatte.

„Naja, viel zu erzählen gibt es nicht", begann ich zögerlich. Viel gab es tatsächlich nicht. Er war ein Schauspieler dort, wo ich meine Glühweinbude stehen hatte und er hatte jetzt schon mehrmals bei mir Glühmost und -wein gekauft, wobei wir uns jedes Mal unterhalten hatten und heute hatte ich ihn und sein Pferd auf die Koppel begleitet.
Das erzählte ich Vika alles.

„Laaaangweilig", murmelte meine beste Freundin daraufhin und schüttelte grinsend den Kopf. „Er gefällt dir also. Dann musst du etwas Initiative zeigen, Andi. Du kannst nicht immer nur warten, bis jemand auf dich zukommt."

Das hatte bei meinen zwei Exfreunden auch gut funktioniert. Sie waren beide auf mich zugekommen und mit beiden hatte ich mehrjährige Beziehungen. Also hatte ich ja doch irgendwie etwas richtig gemacht.

Zudem hatte ich Cornel ja vor Kurzem erst kennengelernt. War es dann überhaupt schon Zeit, um eine Initiative zu zeigen?

Wobei Vika trotzdem irgendwo Recht hatte.
Cornel hatte heute schon seine Hand auf meinen Rücken gelegt. Das konnte ich eindeutig als Annäherungsversuch abstempeln, was wiederum bedeuten musste, dass er zumindest ein wenig Interesse an mir hatte.
Oder an Männern generell.

„Er hat seine Hand vorhin auf meinen Rücken gelegt, als er mich wieder zu meinem Auto zurück begleitet hat", erzählte ich Vika und nahm einen weiteren Schluck von meiner heißen Schokolade. Das brachte meine beste Freundin gleich zum Staunen und auch mein Bauch kribbelte warm bei der Erinnerung daran.

„Das ist doch gut!", grinste sie. „Dann musst du jetzt den nächsten Schritt machen."

„Der da wäre? Ich habe ihm schon seine Getränke spendiert."

Vika zuckte mit den Schultern. „Frag ihn halt mal, ob ihr zusammen eine Bratwurst essen wollt."
Sie zwinkerte mir anzüglich zu.

Ich konnte aber nur den Kopf schütteln. Vika hatte immer die völlig falschen Gedanken im Kopf. Nur weil er ein Mal seine Hand auf meinen Rücken gelegt hatte, bedeutete das noch lange nicht, dass da gleich mehr daraus werden würde.

Wobei ich ehrlich gesagt zugeben musste, dass ich mir auch schon Gedanken darüber gemacht hatte, wie Cornel wohl unter seinem Odin-Kostüm aussah. Den Gedanken hatte ich dann aber auch gleich wieder verworfen, immerhin war ich zu dem Zeitpunkt in der Glühweinbude gestanden und musste Kunden bedienen. Da konnte ich mir nicht über sowas den Kopf zerbrechen.

„Du denkst aber darüber nach", grinste meine beste Freundin und erhob sich von ihrem Stuhl. „Frag ihn einfach, ob ihr zusammen was essen wollt." Damit stellte sie ihre Tasse in die Spülmaschine und deutete mir auch an aufzustehen. „Jetzt machen wir deinen blöden Glühwein, damit wir ins Bett kommen. Ich bleibe heute übrigens hier. Ach und der Wein steht im Kühlschrank. Ich habe mir nur gedacht, dass du vielleicht was Warmes trinken möchtest, wenn du heimkommst."

„Dann mach den mal auf", murmelte ich unbegeistert und kämpfte mich in die Senkrechte. Meine Küchenuhr, die mich in diesem Moment daran erinnerte, dass es schon nach Mitternacht war, half meiner Motivation auch nicht sonderlich. Lediglich die Weihnachtsmusik und Michael Bublé, der gerade die ersten Töne seines Liedes anstimmte, ließen mich lächeln und gaben mir wieder etwas mehr Spaß an meiner Arbeit.

„Schau mal", rief Vika plötzlich aus und deutete aus dem Fenster hinaus. „Es schneit!"

Tatsächlich fielen dicke Schneeflocken langsam vom Himmel und hoben sich dabei deutlich von dem schwarzen Nachthimmel ab. Langsam und sachte rieselten sie herunter und bedeckten alles unter einer recht bald dicker werdenden Schicht Neuschnee.

Ein Glück, dass ich eine Garage hatte, dachte ich mir in dem Moment und nahm mir einen Augenblick Zeit, um mich mit Vika und unseren Weingläsern ans Fenster zu stellen und stillschweigend den Schnee zu beobachten.
Die Lichterketten spiegelten sich ein wenig im Fensterglas, wodurch das Geschehen außerhalb noch magischer wirkte als es die Weihnachtsmusik ohnehin schon machte.


Mein Wecker klingelte am nächsten Morgen schlussendlich viel zu früh, wobei ich gleich beim ersten Augen öffnen spürte, dass ich viel zu viel Wein getrunken hatte. Das machte das frühe Aufstehen noch schlimmer.
Vika lag wie ausgeschaltet neben mir im Bett, eingewickelt in eine Bettdecke und so eingekuschelt, dass ich nur noch ihre fast schwarzen Haare sehen konnte, während sie sich von meinem Wecker nicht im geringsten stören ließ.

Ich würde auch gerne einfach liegen bleiben, aber da die Pflicht nunmal rief, quälte ich mich mit Kopfschmerzen unter der warmen Decke hervor und direkt unter die Dusche, um wacher zu werden und in der Hoffnung, dass meine Kopfschmerzen dann vielleicht vergehen würden.

Heute war ich wieder ohne Stefan in der Bude, was bedeutete, dass ich nicht nur pünktlich da sein musste, um die Hütte zu öffnen, sondern die ganzen Kisten mit Getränken alleine zur Hütte tragen durfte. Zwar konnte man sich beim Marktbüro extra so kleine Bollerwagen ausleihen, aber selbst damit müsste ich mehrmals gehen.

Dafür hatte sich mein Bruder aber zum Glück bereiterklärt mir nächstes Wochenende das ganze Wochenende über unter die Arme zu greifen, da das dritte Adventswochenende erfahrungsgemäß das anstrengendste war.
Auch wenn ich mir kaum vorstellen konnte, dass es nochmal mehr als gestern sein konnte.

Nicht einmal der Sonnenschein, der frische Neuschnee und die Weihnachtsmusik am Markt konnten mich an diesem Morgen aufheitern. Es tat mir fast leid, dass ich die freundlichen Begrüßungen meiner Standnachbarn nicht genauso freundlich erwidern konnte, aber gleichzeitig war ich auch froh, dass überhaupt ein Ton über meine Lippen kam.

Am Marktbüro musste ich ein paar Minuten in der Kälte warten, bis wieder ein Bollerwagen frei wurde, ehe ich den ersten gleich maximal belud und mich dann auf den Weg zu meiner Bude machte.

Das Vorhängeschloss, das mich sowieso jedesmal beim Aufsperren ärgerte, nervte mich heute noch mehr, sodass ich es am liebsten ins nächste Eck gepfeffert hätte, wenn ich nicht darauf angewiesen wäre. Auch die Holztür ärgerte mich heute, da sie sich durch den nächtlichen Temperatursturz etwas verzogen hatte, wodurch sie nur mit Kraft und etwas Gewalt aufging.

Erst ein unscheinbarer Zettel am Boden hob meine Laune überraschenderweise etwas an.

Ich bringe dir mittags eine Bratwurst vorbei, dann können wir gemeinsam Mittagessen -Cornel

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