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„Wann hast du dir das stechen lassen?", fragte Debby und fuhr mit den Fingern über den orientierungslosen Kompass auf Farins Brust. Sie lagen nackt im Bett, Debby auf dem Bauch und Farin auf dem Rücken. Sie stützte ihren Kopf mit der Hand und schaute ihn an, woraufhin er einen Arm unter seinen Kopf schob, um ihren Blick besser erwidern zu können.

„Ist schon 'ne Weile her. Das war im Winter, nachdem ich bei meiner Mutter ausgezogen war und die ersten Wochen hier hinter mich gebracht hatte."

„Er hat keine Nadel", stellte Debby fest. Sie zog ihren Finger zurück und schob die Hand unter ihren Unterarm.

„Stimmt."

„Wieso nicht?"

„Weil ich keine Ahnung habe, wo ich mal enden werde." Er schaute ihr in die Augen und einen Moment lang schwiegen sie. „Wenn ich meinen Platz irgendwann gefunden habe, kriegt er vielleicht eine."

Debby lächelte. „Das klingt schön", sagte sie, rutschte näher an Farin heran und legte ihren Kopf auf seiner Brust ab, die ein wenig klebte. Sie wünschte ihm, dass er einen Ort finden würde, an dem er sich angekommen fühlte. Vielleicht mit ihr, vielleicht ohne sie. Sie versteifte sich nicht darauf, dass ihre Beziehung ewig halten würde. Aber sie wollte Farin in ihrem Leben, ob als Freund oder Partner, würde die Zukunft zeigen.

Farin zog den Arm wieder unter seinem Kopf hervor und legte ihn stattdessen um ihre Schultern. Sie spürte seine warme Hand auf ihrem nackten Oberarm und genoss das leichte Kribbeln, das sie durchlief.

Das vergangene Jahr war ihr gleichzeitig ewig und viel zu kurz vorgekommen. Jetzt, wo sie zurück war, wirkte es unwirklich. Nach allem, was sie getan und gesehen hatte, lag sie jetzt wieder neben Farin in demselben Bett, in dem sie vor einem Jahr schon gelegen hatte.

Wahnsinn.


Vom Balkon der WG konnte Debby über den Innenhof schauen, den sie bei ihrer Ankunft passiert hatten. Es gab vier Grünflächen, die mit Steinen vom gepflasterten Boden abgegrenzt waren und ein wenig höher lagen. Je ein Baum stand in der Mitte und um die Wiesen herum waren ein paar Bänke in den Boden eingelassen. Auch die Eingänge der Wohnhäuser waren mit Pflanzen bestückt. Die gemütlich eingerichteten Balkone erzählten von gemeinsamen Abenden im Freien und entspannten Nachmittagen. Vögel zwitscherten, irgendwo hörte jemand sanfte Musik und der Duft von Pommes zog für einen Augenblick in Debbys Nase.

Sie saß auf einem Stuhl mit Metallrahmen, in den grauer Stoff gespannt war. Farin hatte es sich schräg gegenüber auf der anderen Seite gemütlich gemacht. Zwischen seinen Fingern brannte eine Zigarette und sein Fuß, der in einer pinken Socke steckte, ruhte knapp oberhalb seines Knies. Er sog den Rauch tief in die Lungen und schnipste etwas Asche in den runden Aschenbecher auf dem Tisch.

„Hast du Hunger?", fragte er. Wahrscheinlich hatte er auch die Pommes gerochen. Debby riss ihren Blick von der Wohnheims-Idylle los und schaute Farin an. Sein Haar war durcheinandergeraten und an seinem Hals hatte sie vor lauter Wiedersehensfreude einen blassen Knutschfleck hinterlassen.

„Und wie", grinste sie.

„Wir können was kochen. Meine Fähigkeiten haben sich immens verbessert, seit ich hier wohne", lachte er.

„Welcher deiner Mitbewohner ist denn dafür verantwortlich?", fragte sie. Wie Farin bisher überlebt hatte, war ihr sowieso ein Rätsel. Seine Mutter hatte nie für ihn gekocht und er selbst hatte eine Paprika nicht von einer Chilischote unterscheiden können.

„Wir kochen häufiger mal zusammen und die Menschen hier sind wagemutiger als Hadrian, der mich nicht mehr an den Herd lässt, nur weil ich einmal einen kleinen Fehler gemacht habe." Einen Fehler, der Paprika und Chili beinhaltete.

„Vielleicht waren deine Fehler hier einfach weniger schmerzhaft", grinste Debby und Farin zeigte ihr den Mittelfinger, ehe er ebenfalls grinsend an seiner Zigarette zog.


Sie kochten meisterhafte Spaghetti mit einer Tomatensoße, bei der Farin durchblicken ließ, dass er wirklich etwas gelernt hatte. Er schwitzte gehackte Zwiebeln in Öl an und löschte sie mit einer Flasche passierte Tomaten ab. Dazu gab er eine Dose gestückelte Tomaten, schnitt eine Paprika rein – keine Chili – und schmeckte das Ganze mit Tomatenmark, verschiedenen Kräutern, Gewürzen und Zucker ab. Sogar eine Knoblauchzehe presste er in die Pfanne und kippte zum guten Schluss noch ein paar Sonnenblumenkerne hinein.

„Ich bin beeindruckt", gab Debby zu, die gesalzenes Wasser aufgesetzt und Nudeln in den Topf gegeben hatte. Viel zu viele Nudeln wahrscheinlich.

Farin grinste stolz und richtete sich dicht vor ihr auf. „Damit hast du nicht gerechnet, was?", fragte er und Debby lächelte. Sie legte eine Hand an seine Hüfte und schaute in seine Augen, dann zog sie ihn an sich und gab ihm einen Kuss.

„Noch hab ich's nicht probiert", meinte sie, und Farin schüttelte grinsend den Kopf. Er drehte sich zur Seite und nahm den Teelöffel, den er zum Abschmecken verwendet hatte, tunkte ihn in die Soße und hielt die Hand drunter, während er ihn zu Debbys Mund bewegte. Sie pustete vorsichtig, ehe sie probierte.

„Ja, doch, kann man essen", sagte sie nickend und lachte, als Farin den Kopf schüttelte. Er beugte sich vor und gab ihr einen Kuss, der jäh von dem überkochenden Nudelwasser unterbrochen wurde. Eilig hob er den Deckel ab.

„Und du machst also die Nudeln, ja?", fragte er und hob die Augenbrauen, was Debby erneut zum Lachen brachte.

Wenig später befüllten sie zwei Teller und machten es sich am Esstisch im offenen Wohnraum gemütlich.

„Die Soße schmeckt wirklich gut, echt jetzt. Ich bin beeindruckt", lächelte Debby, nachdem sie sich an der ersten Gabel den Mund verbrannt hatte.

„Danke", erwiderte Farin, dem ihre Worte wirklich etwas zu bedeuten schienen.

Außer ihren Essgeräuschen war es still in der Wohnung. Die übrigen Mitbewohnerinnen und Mitbewohner schienen ausgeflogen. Dann klopfte es.

Debby hob den Blick und schaute Richtung Tür, ihre Gabel mit den Nudeln schwebte in der Luft. Farin warf ihr einen Blick zu und legte sein eigenes Besteck in seinen Teller, ehe er aufstand und zur Tür ging. Er öffnete sie ein Stück und stand dann so, dass Debby nicht sehen konnte, wer sich auf der anderen Seite befand. Sie schob sich die Nudeln in den Mund und kaute, während sie auf Farins Rücken schaute.

„Was geht?", sagte der gerade und streckte den Arm aus, um – wen auch immer – mit einem Handschlag zu begrüßen.

„Gerade nicht viel, aber das könnten wir ändern", erwiderte eine männliche Stimme, die Debby bekannt vorkam. Sie brauchte exakt so lange, sie zuzuordnen, wie Noah brauchte, um in die Wohnung zu treten. Er hatte sich verändert, seit sie ihn das letzte Mal gesehen hatte, aber es bestand kein Zweifel daran, dass er es war.

Das blonde Haar fiel ihm in leichten Locken ins Gesicht, während es an den Seiten über die Ohren hinweg bis in den Nacken kurz rasiert war. Ein Drei-Tage-Bart ließ sein Gesicht älter erscheinen und der goldene Ring in seinem Nasenflügel passte zu der runden, goldenen Brille auf seiner Nase. Er trug ein lockeres weißes Tanktop, das den Blick auf ein Tattoo an seinem linken Oberarm freigab. Ein schwarzer Traumfänger.

„Debby", sagte er überrascht, als er sie entdeckte, und Debbys Blick huschte zu Farin, während Noah auf sie zukam. Farin schob die Tür zu und vermied den Blickkontakt mit ihr, auf seinem Gesicht konnte sie aber deutlich lesen, dass er diese Situation lieber vermieden hätte.

Sie legte ihr Besteckt in ihren Teller und stand auf, um bei Noah einzuschlagen. Danach zog er einen Stuhl schräg neben ihr vom Tisch ab.

„Lange nicht gesehen", sagte sie.

Farin setzte sich wieder auf seinen Platz gegenüber von Noah.

„Geil, Essen. Ist noch was da?", fragte der und schaute von einem Teller auf den anderen.

„Nicht mehr viel", sagte Farin, aber Noah steuerte schon die Kochnische an.

Debby schaute Farin an.

„Das hab ich dir noch gar nicht erzählt", sagte er, ohne sie anzusehen. „Noah studiert auch hier."

„Ja, das hast du echt nicht erwähnt", erwiderte sie, während Noah sich einen Teller aus dem Schrank nahm, die übrigen Nudeln und Soße hineingab, und sich Gabel und Löffel aus der Schublade holte. Er schien genau zu wissen, wo er suchen musste.

Debby hörte selbst, dass ihre Stimme ein wenig spitz klang, und wusste, dass sie keinen Grund hatte, böse zu sein. Farin musste ihr nichts erzählen und dass er nicht gerne telefonierte, hatte sie akzeptiert. Das war kein Problem für sie.

Aber vielleicht war es ein Problem, dass Noah jetzt hier war. Die beiden hatten sich vor zwei Jahren voneinander verabschiedet. An Noahs Auto, nach einer Ewigkeit im Regen. Nachdem sie Noah aus dem Krankenhaus abgeholt hatten, in dem er gelandet war, weil er eine Überdosis Kokain konsumiert hatte. Sie hatten sich voneinander verabschiedet, weil sie selbst der Meinung gewesen waren, dass es ihnen nicht gut tat, nach all den Jahren wieder Zeit miteinander zu verbringen. Weil es schön war, eine gemeinsame Geschichte zu haben, aber es bei ihnen zu viel davon gab. Jetzt war Noah hier, zurück in der Stadt, und schien regelmäßig Zeit mit Farin zu verbringen.

Noah setzte sich mit seinem Teller an den Tisch. „Du warst im Ausland, oder?", fragte er Debby und rollte ein paar Nudeln auf seine Gabel. Auch sie nahm ihr Besteck wieder auf, Farin ebenso.

„Ja, ich war in Ungarn und hab dort mit Kindern und Jugendlichen aus sozial schwachen Familien gearbeitet", erwiderte sie.

„Hat's dir gefallen?", fragte er weiter, während Farin schweigend aß.

„War ganz cool, aber auch anstrengend", sagte Debby, um einen lockeren Tonfall bemüht. Sie schielte zu Farin rüber. Wieso benahm er sich so komisch? Und wieso passte es ihm nicht, dass sie jetzt von Noahs Rückkehr wusste?

Noah nickte. „Wollt ihr auch ein Bier?", fragte er, ließ sein Besteck in den Teller fallen und war schon wieder im Begriff aufzustehen.

„Ja", sagte Farin und Noah blickte Debby an.

„Ich nehm auch eins", stimmte sie zu und schaute wieder zu Farin, der es vermied, sie anzusehen. Das konnte nichts Gutes bedeuten.

Noah ging zum Kühlschrank und nahm drei Flaschen heraus, die er am Tisch verteilte. Er setzte sich, zog ein Feuerzeug aus seiner Hosentasche und ließ seinen Deckel auf die Tischplatte springen.

„Danke", sagte Debby und auch Farin öffnete seine Flasche, ehe er ihr das Feuerzeug hinhielt. Sie nahm es mit einem Lächeln entgegen und brauchte zwei Anläufe, um ihre Flasche zu entkorken.

„Du fängst auch an, hier zu studieren?", fragte Noah.

„Ja, jetzt im Herbst. Soziale Arbeit", erzählte sie.

„Dann auf das Studentenleben", grinste er, hob seine Flasche und hielt sie in die Tischmitte. Sowohl Debby wie auch Farin stießen mit ihm an.

Ja, auf das Studentenleben. Wie auch immer das für Farin und Noah bisher ausgesehen hatte.


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