3

Màu nền
Font chữ
Font size
Chiều cao dòng

„Habt ihr noch was geplant?", fragte Noah nach dem Essen. Sie saßen auf dem Balkon um den Tisch herum, Farin und Noah mit einer Zigarette in der Hand. Leise Stimmen vermischten sich mit dem Sausen der fernen Hauptstraße und dem Vogelgezwitscher.

Zigarettenrauch stieg Debby in die Nase, als sie zu Farin schaute und seinem Blick begegnete. Er wirkte verschlossen, ein wenig unsicher. Schien ihr die Entscheidung überlassen zu wollen, ob sie etwas mit Noah unternahmen oder nicht.

Eigentlich hätte sie Farin gern ein bisschen für sich allein gehabt, nachdem sie einander so lange nicht gesehen hatten. Aber sie brannte darauf herauszufinden, wie er seine Zeit mit Noah gestaltete. Ihr Bauchgefühl hatte sie bisher nie getäuscht, aber sie hoffte trotzdem, dass sie sich umsonst Sorgen machte.

„Noch nicht, nee", antwortete sie, was Noah ein zufriedenes Grinsen auf die Lippen zauberte.

„Geil. Ich hatte schon Angst, mit meinen Mitbewohnern chillen zu müssen", lachte er. „Nichts gegen euch, Brücke Sechs!" Die letzten Worte brüllte er und Debby zuckte überrascht zusammen. Noah lachte und sofort wuchs ihre Sympathie für ihn. Dieses Lachen war ihr damals schon unter die Haut gegangen. Es war so ehrlich.

Farin zog einen Mundwinkel zu einem Lächeln hoch, als sie zu ihm schaute, und sie erwiderte es. Vielleicht benahm er sich gar nicht so komisch, weil es Grund zur Sorge um ihn gab, sondern weil er Angst hatte, dass sie sich nicht mit Noah verstehen würde.

„Hast du schon 'ne Idee?", wandte Farin sich an Noah.

„Skatepark? Saufen?", schlug der vor und nahm einen Zug von seiner Zigarette.

Erneut überließ Farin Debby das Antworten und sie stimmte zu.

Noah drückte seine Zigarette aus. „Ich hol mein Board, dann treffen wir uns unten", verabschiedete er sich und verschwand in die Wohnung.

Auch Farin drückte seine Zigarette in den Aschenbecher und blieb mit Debby auf dem Balkon zurück. Als Noah die Tür hinter sich ins Schloss gedrückt hatte, suchte er ihren Blick. Sah fast aus, als erwarte er, dass sie sich aufregte. Er fühlte sich schuldig, das spiegelte sich in dem dunklen Blau seiner Augen wider, die sie im hellen Tageslicht an eine unruhige See erinnerten. Aufgewühlt von einem Sturm namens Noah, den er ihr verschwiegen hatte. Nur warum?

„Ich bin noch nicht dazu gekommen, dir von ihm zu erzählen", sagte er, als sie nichts sagte.

„Ist okay", erwiderte sie und er suchte in ihrem Blick nach Antworten. „Wirklich", lachte sie und fragte sich, ob er die Sorge darin erkennen konnte, die sie vor ihm zu verbergen versuchte. Vielleicht hatten sie es im Griff. Nur weil sie damals auf dem Schiff von Bier zu Gras zu Wein zu Koks gekommen waren, hieß das nicht, dass es wieder so lief. Sie streckte die Hand aus und legte sie an Farins Wange. Lächelte ihn sanft an, während sie ihre Finger über seine rauen Bartstoppeln bewegte.

„Wirklich?", fragte Farin erneut, und die Beharrlichkeit, mit der er ihre Absolution wollte, verstärkte ihre Zweifel.

„Ja, wirklich", lächelte sie trotzdem, weil sie sich erstmal ein Bild machen wollte. Sie rückte ihren Stuhl an ihn heran und gab ihm einen sanften Kuss. Farin legte seine warme Hand an ihre Seite, während ihre Lippen einander berührten. Sein Kuss schmeckte nach Zigarettenrauch und ein bisschen nach dem Knoblauch aus der Tomatensoße.

„Mach dir nicht so viele Sorgen", sagte Debby sanft, als sie sich wieder lösten. Sorgen hatte er mehr als genug.


Bevor sie zum Skateplatz aufbrachen, gingen sie ins Einkaufscenter gegenüber dem Campus, das sie auf dem Hinweg passiert hatten. Unzählige Stimmen hallten von den hohen Decken der offenen Etagen wider und vermischten sich mit der Musik aus den Shops, den Schritten und dem Rattern und Surren der Rolltreppen. Sie reihten sich ein und fuhren nach unten, vor und hinter ihnen waren überall Menschen, während der Geruch von Fett, Fleisch und Salz in ihre Nasen stieg. Einkaufstüten raschelten, irgendwo zerriss ein laut klingelndes Handy den Lärm.

Sie kamen direkt vor einem weitläufigen Supermarkt raus und liefen an der Frischetheke vorbei zur Getränkeabteilung. Noah ließ sein Skateboard auf den Boden gleiten und griff sich einen Kasten Bier, den er sich auf die Schulter wuchtete.

„Nimm mal noch Pfeffi mit", sagte er zu Farin und stellte einen Fuß auf sein Board.

Debby blieb erst bei Noah zurück, ging dann aber doch die Regale entlang und nahm sich eine Glasflasche mit Pfirsich-Eistee heraus. In Ungarn hatte sie so viel mit Plastikverpackungen arbeiten müssen, so viel Plastik in den Müll geworfen, dass sie zurück in Deutschland darauf verzichten wollte, so gut es ging.

Noah rollte auf seinem Skateboard zur Kasse. Die Rollen glitten leise über den hellbeigen Boden und Debby erwartete, jeden Moment von einem Mitarbeitenden Ärger zu bekommen. Aber sie ernteten nur ein paar Blicke von anderen Einkaufenden.

Noah bremste direkt an der ersten der vier offenen Kassen, denn die anderen Schlangen waren genauso lang. Er wuchtete den Kasten aufs Band, als sie an der Reihe waren. Farin stellte den Pfeffi dazu und als Debby gerade nach einem Warentrenner greifen wollte, streckte Noah die Hand aus. „Lass, ich zahl das mit", meinte er.

„Danke", erwiderte sie.

Sie rückten weiter vor, Noah rollte sein Board mit einem Fuß über den Boden, und musste seinen Ausweis zeigen, ehe er zahlen und sie das vollgestopfte Einkaufszentrum, in dem die Luft nach Schweiß und Parfum schmeckte, verlassen konnten. Den Kasten wieder auf der Schulter, fuhr Noah Slalom zwischen den Passanten hindurch über die Fußgängerampel. Farin und Debby folgten ihm langsamer zur Bushaltestelle am Campus. Der Bus traf kurz nach ihnen dort ein.

„Wo ist überhaupt der Skateplatz? Ich wohn schon mein ganzes Leben hier, aber einen Skateplatz hab ich noch nicht gesehen", überlegte Debby, während sie in den hinteren Teil des Busses gingen. Noah wandte sich nach links, legte sein Skateboard auf den Boden und wuchtete dann den Kasten daneben. Er schwang sich obendrüber und ließ sich auf den Sitz sinken, sicherte mit dem einen Bein den Kasten und dem anderen Fuß sein Board. Farin ließ sich ihm gegenüber nieder und Debby besetzte den Platz neben ihm in der Dreier-Reihe. In der letzten Reihe saß ein Typ mit In-Ears in den Ohren, den Fuß an der Haltestange abgestützt und den Blick auf sein Handy gesenkt.

„Wart's ab", grinste Noah. Er zog sein Smartphone aus der Hosentasche und warf einen Blick darauf, während der Bus die löchrige Straße entlangholperte.

Debby wandte sich Farin zu und sein Lächeln sorgte dafür, dass ihr warm ums Herz wurde. Es war schön, ihn neben sich zu spüren. Sie hatte ihn vermisst. Hatte sich in so vielen Nächten gewünscht, er würde neben ihr liegen. Sie lächelte noch ein bisschen breiter und lehnte sich gegen ihn, woraufhin er den Arm um sie legte. Seine Finger streichelten in sanften Kreisen ihre Schulter und dank der rasanten Fahrt auf der kaputten Straße stieß ihr Kopf immer wieder gegen die Knochen in seiner, aber das war es wert.

„Die nächste steigen wir aus", sagte Noah nach gut zwanzig Minuten, die er an seinem Handy verbracht hatte. Der Bus hielt nahe dem Parkeingang und Noah fuhr mit dem Kasten auf der Schulter voraus durch die Umlaufgitter in den Park hinein.

Farin zog sein Zigarettenpäckchen aus der Hosentasche und schob sich eine Zigarette zwischen die Lippen. Er wurde langsamer, um sie anzustecken, und Debby wartete auf ihn. Am Straßenrand reihte sich Auto an Auto, vom Park her übertönten Vögel den Straßenlärm.

„Schön, dass du wieder da bist", lächelte Farin, während er zu ihr aufschloss. Er griff nach ihrer Hand und verschränkte seine warmen Finger mit ihren.

„Find ich auch", lächelte sie, beugte sich zu ihm und gab ihm einen Kuss auf die Wange, ehe sie in den Park abbogen, den eine hohe Hecke vom Lärm der Straße abschirmte.

Rechts von ihnen saßen Menschen in kleinen Grüppchen auf einer sattgrünen Wiese, die einige große Bäume schmückten, deren Blätter sich im seichten Wind bewegten. Links von ihnen lag ein abgezäunter Sportplatz, dessen roter Kies sich von dem Grün der Umgebung unangenehm abhob. Sie passierten lachende Kinder auf einem Spielplatz und erreichten den Skatepark, der sich hinter ein paar Büschen auftat. Der Duft von Sommerblumen erfüllte Debbys Nase und der Klang vieler gutgelaunter Menschen und Skateboardrollen ihre Ohren.

Der Skatepark war eine glatte Steinfläche mit Rampen, Rails und Steinklötzen mit verstärkten Kanten. Am Rand waren ein paar Bänke in den Boden eingelassen, dahinter erstreckte sich die Wiese.

„Na, endlich", rief Noah ihnen zu. Der Kasten stand auf der Wiese neben einer kleinen Gruppe junger Menschen und ein Bier hatte den Weg in Noahs Hand gefunden. Im Pool waren zwei Skater unterwegs – ein Mädel in Baggy-Jeans und weitem Shirt, das eine Cappy auf dem Kopf trug, und ein Kerl in Jogginghose und weißem T-Shirt, das im Wind flatterte.

„Geiler Scheiß, Milly", brüllte Noah im Gehen, als das Mädel eine Rampe hinauffuhr, in der Luft an die Nase ihres Boards tippte und dann entspannt wieder auf dem Boden landete. „Das sind Milly und Frank", erklärte er Debby und nahm einen tiefen Schluck aus der Bierflasche, während Farin die Zigarette an seiner Schuhsohle ausdrückte. Noah drehte sich und deutete auf die jungen Frauen und Männer neben dem Bierkasten. „Und das ist der Rest der coolsten Skatecrew diesseits des Mondes."

„Diesseits des Mondes?", fragte Farin mit einem Grinsen.

„Wer weiß, was sich hinter dem Mond versteckt."

„Ich glaube, nur Idioten", meinte Farin und machte einen Schritt zum Mülleimer, in den er seinen Kippenstummel warf.

„Glauben ist nicht Wissen und das klingt mir nach einem Vorurteil", erwiderte Noah und setzte die Flasche an die Lippen, ehe er mit ihnen zu der coolsten Skatecrew diesseits des Mondes schlenderte.

„Ich dreh mal 'ne Runde", sagte er und hob sein Board aus der Wiese, während die am Boden sitzenden Menschen Farin begrüßten. Noah stellte sein Bier am Rand der Wiese ab und schwang sich auf sein Board, während Debby sich der Gruppe vorstellte und mit gut gelauntem Hallo empfangen wurde.

„Komm, wir setzen uns da rüber. Du musst dir Noahs Skills anschauen", grinste Farin und nahm eine Flasche aus dem Kasten. „Du auch?"

Debby nickte und Farin griff sich eine weitere Flasche, ehe sie auf der Bank Platz nahmen. Er löste die Deckel mit seinem Feuerzeug und reichte Debby ihre Flasche, stieß dann mit ihr an und trank genüsslich den ersten Schluck, während auch Debby das herbe Bier ihre Kehle hinablaufen ließ. Die Sonne stand hoch am Himmel, aber die Bäume hielten die drückende Wärme ab, die sich in der Innenstadt zwischen den hohen Häusern sammelte. Ihre Kronen schützten sie vor den Strahlen und tauchten die Bank und Teile des Skateparks in Schatten. Noahs Haar leuchtete golden, wann immer er einen Lichtstreif durchquerte und leicht wie eine Feder auf seinem Skateboard dahinglitt.

„Ich wohn schon mein ganzes Leben in dieser Stadt, aber hier war ich noch nie. Komisch, oder?", lachte Debby.

„Ich war früher oft hier", erwiderte Farin.

Bei Noah sah Skaten so leicht aus. Wie entspannt er die Hindernisse nutzte, um zu fliegen. Egal, wie hoch er in die Luft segelte, seine Füße fanden immer wieder auf das Board und mieden den Boden.

„Damals mit Noah?", fragte Debby.

Farin nickte und trank einen Schluck. „Ich bin auch mal geskatet", grinste er.

„Echt?", lachte sie überrascht. „Kannst du Tricks?"

„Nicht wirklich. Ich kann, oder besser konnte, einen Ollie und die Rampe rauf und runter fahren", erzählte er.

„Das will ich sehen", grinste Debby.

„Lass mal. Noah konnte mich auch nicht überreden, der hat's auch versucht."

„Aber Noah ist nicht ich", sagte Debby mit einem vielsagenden Grinsen. Sie zuckte mit den Augenbrauen und Farin lachte, schüttelte dann erneut den Kopf.

„Vergiss es", lachte er und trank aus seiner Bierflasche.

Debby lachte mit ihm und beobachtete, wie Noah eine Rampe hochfuhr und das Board in der Luft flippte, sodass es sich um die eigene Achse drehte. Skater und Board beschrieben eine Kurve in der Luft, dann landeten sie gemeinsam auf dem harten Boden, als sei er eine gefederte Matratze.

„Ich stand noch nie auf einem Skateboard."

„Dann solltest du es auf jeden Fall mal versuchen", meinte Farin.

„Nur wenn du dich auch noch mal draufstellst und einen Ollie versuchst", grinste sie, aber Farin schüttelte wieder den Kopf. „Dann nicht", lachte sie.

„Du verpasst was, nicht ich", erwiderte er amüsiert.

„Wie geht's eigentlich Hadrian und Lasko? Was machen die?", fragte sie, während sie Noah mit ihrem Blick verfolgte.

„Denen geht's gut. Hadrian hat eine Erzieher-Ausbildung angefangen."

„Das passt perfekt!" Debby drehte sich zu Farin und stützte den Arm auf der Lehne ab. Auch er wandte sich ihr zu.

„Ja, nicht? Er wohnt mit Lasko in einer WG. Lasko studiert auch hier an der Uni, Literaturwissenschaften."

„Das passt auch perfekt. Was studiert Noah?"

„Chemie."

„Physik, Chemie, Mathe. Das würde ich nicht mal studieren, wenn ich dafür bezahlt werden würde", lachte sie.

„Statistik musst du auch machen", erinnerte er sie ein wenig schadenfroh.

„Ja, ich weiß." Sie seufzte tief. „Das werde ich schon hinkriegen. Aber das ist halt nicht der gesamte Inhalt meines Studiums."

„Stimmt", grinste Farin.

„Ich freu mich jedenfalls schon auf die beiden." Auch an Hadrian und Lasko hatte sie in Ungarn öfter gedacht. Sie waren ihr ans Herz gewachsen und zu ihren eigenen Freunden geworden, in der Zeit des Abiturs und den Tagen Freiheit danach.

„Wir können am Wochenende mit ihnen in die Kneipe, wenn ich nicht arbeiten muss. Ich weiß gerade gar nicht, wie mein Schichtplan aussieht", erwiderte Farin. Der Klang der rollenden Skateboards vermischte sich mit dem Lachen der Kinder und dem Zwitschern der Vögel, die Straße rauschte im Hintergrund.

„Klingt gut", stimmte Debby zu.

„Was klingt gut?", fragte Noah und hielt ruckartig vor ihnen an, indem er sein Board querstellte. Er flippte es, sodass das Deck in der Wiese landete, und schnappte sich sein Bier vom Boden, ehe er sich hinter Farin niederließ.

„Kneipe am Wochenende", wiederholte der und lehnte sich mit dem Rücken gegen die Lehne.

„Bin dabei", sagte Noah. Er trank ein paar durstige Schlucke und ließ ein Rülpsen hören.

„War mir klar. Ich hatte nicht vor, dich zu fragen", grinste Farin und fügte auf Noahs vorwurfsvollen Blick hinzu: „Weil du eh immer dabei bist. Ich brauch dich gar nicht fragen."

„Ich wollt schon sagen", sagte Noah und schaute noch mal böse, ehe er den restlichen Flascheninhalt in seinen Magen überführte.

Klang, als hätten Farin und Noah im vergangenen Jahr viel Zeit zusammen verbracht, und Farin wirkte trotzdem, als ginge es ihm gut. Sehr viel besser als vor Debbys Abreise. Vielleicht waren ihre Sorgen wirklich unbegründet.


Bạn đang đọc truyện trên: Truyen2U.Pro