12 | Gießkannen-Spionage

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„Liz?", fragte eine Stimme, die ganz bestimmt nicht auf unseren Teil des Rasens zwischen dem Haus von Johnnys Eltern und dem meiner Grandma gehörte. Ich hatte mir meinen Platz hinter der Mülltonne strategisch ausgesucht, damit mich hier niemand entdeckte, während ich meine Kakteen goss. Was offensichtlich längst wieder überfällig geworden war.

Ich stellte die Gießkanne auf den Rasen und richtete mich ein wenig auf, denn das war schließlich, was jede andere unauffällige Person ebenfalls getan hätte. „Robin?", brachte ich überrascht hervor. Ich hatte mitbekommen, dass Johnny einen Filmeabend veranstaltete und dass er Gäste haben würde, aber dass Robin eingeladen war und ich nicht?

„Wieso klingst du so überrascht, mich zu sehen? Du bist diejenige, die sich hinter einer Mülltonne versteckt." Robin strich sich ihre kurzen Haare hinters Ohr und verschränkte die Arme vor der Brust.

„Ich gieße hier meine Pflanzen", erklärte ich. Ich klang dabei gereizter als beabsichtigt, aber diese Situation war nicht, was ich erwartet hatte. Ich hatte geglaubt, dass Johnny den Filmeabend verstecken würde, weil er gerne Dokumentationen oder sonstige Filme sah, die man in der Öffentlichkeit lieber nicht zeigte, aber vielleicht hatte er mir nur keine Details erzählen wollen, weil ich die Gäste alle kannte.

Deine Pflanzen?" Robin zog eine Augenbraue in die Höhe und wenn ich an ihrer Stelle gewesen wäre, hätte ich mich womöglich auch so überheblich gemustert, denn ich konnte mir vorstellen, dass es womöglich ein wenig erbärmlich aussah, wenn jemand an einem Freitagabend im Pyjama Kakteen goss, aber das war nun einmal mein Lebensstil. Außerdem war das noch immer besser, als wenn ich effektiv jemandem nachstellen oder mich nur hier befinden würde, um herauszufinden, wieso Johnny nicht ehrlich zu mir gewesen war. Denn das tat ich definitiv nicht. Dafür war ich emotional viel zu reif und das wussten wir beide.

„Ich-Meine Grandma wohnt hier." Ich deutete mit dem Daumen auf das Haus hinter mir. Es war vielleicht ein wenig schäbig, dass ich nicht zugab, dass ich ebenfalls dort wohnte, aber ich war eben kein perfekter Mensch und es war ohnehin nicht Robins Problem.

„Ah." Sie glaubte mir offensichtlich nicht.

Ich nickte langsam und räusperte mich. „Was machst du auf dem Rasen meiner Grandma?"

Robin rollte mit den Augen. „Ich bin nicht auf dem Rasen deiner Grandma. Johnny hat uns zu einem Filmeabend eingeladen."

Ich stellte mich dumm und weitete meine Augen ein wenig, während ich mir theatralisch eine Hand vor den Mund schlug. „Johnny wohnt hier? Das wusste ich gar nicht."

Robin rollte wieder mit den Augen. „Hör mal, Liz, ich weiß nicht, was dein Problem ist, aber du wärst nicht hier, wenn du nicht auch eingeladen wärst, also ist es nicht nötig, mir etwas vorzuspielen. Ich habe keine Ahnung, was für einen Streit du genau mit Johnny hast, aber ich bin mir sicher, dass es nur ein Missverständnis war."

Diesmal war es nicht so schwierig, meine Entrüstung vorzuspielen. Nicht einmal das bisschen Scham, das in mir aufkam, weil Robin die Situation so offensichtlich fehlinterpretierte. „Nun, ich weiß leider nicht, wovon du genau sprichst, denn ich bin nirgends eingeladen und wenn ich eingeladen gewesen wäre, hätte ich mich bestimmt nicht in einem Pyjama blicken lassen. Außerdem bist du noch immer auf dem Grundstück meiner Grandma und ich bin mir ziemlich sicher, dass sie es nicht so toll finden wird, wenn du ihren Rasen zertrampelst."

Zum ersten Mal mischte sich Unsicherheit in Robins Blick. „Du bist auch auf diesem Rasen, Liz. Du kannst mir nicht sagen, dass du ihn weniger zertrampelst als ich."

Ich zuckte mit den Schultern. „Das sind meine Rechte als Familienmitglied. Und nur damit du es weißt, ich habe definitiv keinen Streit mit Johnny."

Ich schnappte mir die Gießkanne vom Boden und kippte im Prozess die Hälfte der Flüssigkeit über meine Pyjama-Hosen, aber das war mir egal, denn einmal mehr wallte ein exzessiver Fluchtdrang in mir auf. Ich konnte nicht nachvollziehen, wieso ich mich so schrecklich gegenüber Robin verhalten hatte, obwohl Johnny offensichtlich das Problem war. Ich atmete tief durch und rieb mir über das Gesicht.

Dann blieb ich stehen, drehte mich um und lief zu Robin zurück. Ich wusste nicht einmal, wieso ich mich bei ihr entschuldigen wollte, denn ich hatte definitiv kein Bedürfnis, eine neue Freundschaft zu knüpfen oder auf irgendeine Art die Wogen zwischen uns zu glätten. Das hier war lediglich eine komplizierte Mischung aus Selbstmitleid und Hass auf die ganze Welt.

Sie hatte sich nicht vom Fleck gerührt, was gut war, denn ich war definitiv nicht sportlich genug, um jemandem hinterherzurennen. Neugier mischte sich in ihren Blick, während sie mich musterte, aber sie überließ es mir, das Wort zu übernehmen und etwas zu sagen. Was sich aus diesem Gespräch entwickelte, war einzig und allein meine Entscheidung, was womöglich der Grund war, wieso es sich so beängstigend anfühlte.

„Viel Spaß heute", brachte ich allerdings nur hervor. Es war nicht so, als hätte ich mich tatsächlich für etwas entschuldigt, das nur zu fünfzig Prozent mein Fehler war. Und damit meine ich meine schlechte Laune.

„Danke, Liz."

Ich nickte. Ich musste nichts mehr sagen, oder? Das war alles, was man aus einem Gespräch mitnehmen konnte. Ich wollte mich gerade wieder umdrehen und zu Grandmas Haus zurückmarschieren, als Robin mich aufhielt.

„Bist du wirklich nicht eingeladen?"

Ich zuckte mit den Schultern. „Macht es einen Unterschied?"

„Der Rest von uns ist eingeladen", sagte sie nur. Ich brauchte einen Moment, bis ich realisierte, wen das alles beinhaltete. Wen sie als eine wir-Einheit betrachtete. Dann sah ich Leo, der Johnnys Einfahrt betrat und meine Entrüstung wurde noch ein wenig grösser. Ich hatte es zwar geahnt, aber die Bestätigung traf mich dann doch härter als geahnt.

Es war nicht einmal so, als hätte ich einen expliziten Grund dazu gehabt. Ich war schließlich kein fixer Teil dieser Freundesgruppe. Johnny leitete einen Feuerwehrkurs, er war nicht dazu verpflichtet, sich mit allen von uns anzufreunden. Himmel, es ging sogar so weit, dass ich mich selbst ausgeschlossen hatte. Ich wollte kein Teil von einer weiteren Freundesgruppe sein, wenn man bedachte, wie angespannt die Situation mit Kiki und Willa momentan war. Ich hatte keine Zeit für Freunde. Sobald ich meinen Abschluss und ein Stipendium hatte, würde ich nach New York verschwinden und nie wieder zurückkommen, so viel war klar.

„Dann wünsche ich dem Rest von euch viel Spaß", brachte ich nur hervor. Ich wollte nicht wissen, wie das alles zustande gekommen war. Hatten sie das während einer Wanderung verabredet? Es wirkte, als wären das regelmäßige Filmabende.

„Liz! Ich wusste gar nicht, dass du auch kommen würdest!" Leo, der eigentlich nichts mit mir zu tun hatte, schenkte mir ein breites Lächeln, das ich auf keinen Fall verdient hatte.

Ich presste die Lippen zu einer Linie zusammen. „Ich wohne hier."

„Du wohnst mit Johnny zusammen? Ich meine, ich habe schon von Anfang an vermutet, dass da etwas läuft zwischen euch, aber dass es so schnell-..."

„Ihre Großmutter ist Johnnys Nachbarin", korrigierte Robin, bevor die Situation noch unangenehmer werden konnte. Falls das überhaupt möglich war.

„Außerdem läuft nichts zwischen Johnny und mir."

Leos Augen weiteten sich und er kratzte sich im Nacken. „Oh", kommentierte er nur.

Ich seufzte. „Ihr solltet euch auf jeden Fall auf den Weg machen-..."

„Wieso kommst du nicht auch vorbei, wenn du schon hier bist?", unterbrach mich Leo. Ich hätte ihm gerne einen Vortrag darüber gehalten, dass es nicht höflich war, jemandem zu einer anderen Person nach Hause einzuladen, aber ich war zu gerührt, dass er in erster Linie daran gedacht hatte.

„Weil ich schon andere Pläne habe", log ich.

Robins Augenbrauen wanderten in die Höhe, weil sie meine Lügen schneller durchschaute als Leo. „Was für Pläne? Ist das nicht dein Pyjama?"

„Ich-..." Ich hatte vorgehabt, einiges im Haushalt zu erledigen, aber ich schämte mich zu sehr, als dass ich das zugeben konnte. Ich hatte kein Problem damit, die Aufgaben zu machen oder anderen Leuten davon zu erzählen. Es wurde erst unangenehm, als andere Leute mir nicht glauben wollten, dass ich tatsächlich in der Lage war, einen Besen oder Staubsauger zu halten, ohne eine Existenzkrise zu bekommen. Kiki und Willa hatten mir nie geglaubt und irgendwann war ich es satt geworden, mich dafür zu rechtfertigen, dass ich normale Dinge tun konnte.

„Du...?", hakte Leo nach und lehnte sich ein wenig nach vorne, als wäre meine Antwort ein Geheimnis.

„Ich habe keine Zeit", sagte ich nur mit einem Schulterzucken. Theoretisch musste ich mich nämlich für nichts rechtfertigen. Ich versuchte mich daran zu erinnern, dass diese Menschen nicht meine Freunde waren und dass ich niemandem eine Erklärung oder eine Entschuldigung schuldig war. Robin und Leo sahen nicht aus, als würden sie mir glauben, aber ich tat den Fakt nur mit einem Lächeln ab, das mich beinahe in den Wahnsinn brachte, wenn ich es anwendete, aber ich konnte mich dennoch nicht davon abhalten, es zu tun.

Ich musste dringend wieder zu meinen alten Werten zurückkehren, denn was auch immer das hier war, es war höchst irritierend und den Aufwand nicht wert. Diesmal trabte ich davon, ohne zurückzuschauen. Was auch immer ich zu erreichen gehofft hatte, hatte wohl nicht funktioniert, denn ich konnte nicht von mir behaupten, mich besser zu fühlen. Ich war nur verwirrt, was um einiges schlimmer war.

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Als Grandma sich mit ihren Freundinnen für ihren Buchklub verabredet hatte, hatte ich geglaubt, dass ich meine Ruhe haben würde. Ich verließ meinen kleinen Nähtisch entnervt, als es schon wieder klingelte. Seit ich Robin und Leo auf dem Rasen getroffen hatte, war kaum eine halbe Stunde vergangen und ich hatte sie an meiner Nähmaschine verbracht, statt das kleine Haus zu reinigen, weil ich mich scheinbar zuerst beruhigen musste.

Ich atmete tief durch, als ich die Tür öffnete und Johnny in die Augen blicken musste. „Hast du schon einmal etwas von Nachtruhe gehört?", fragte ich mit einem Lächeln, das genauso gut aus Plastik hätte bestehen können.

Johnnys Lippen verzogen sich zu einem Lächeln, als wäre das ein Witz gewesen. Als hätte ich nicht gesehen, wie Robin, Leo, Elias und Amara sein Haus betreten hatten. Als wären wir Freunde. „Ich habe schon davon gehört, nur ist es erst sieben Uhr. Es sollte also noch in Ordnung sein, dass ich geklingelt habe."

„Ist es aber nicht", entgegnete ich, während ich die Arme vor der Brust verschränkte. Ich trug mittlerweile ein Pyjama, dass mit gelben Quietschentchen bedruckt war, weil ich mir das vorherige mit der Gießkanne bespritzt hatte.

„Wilde Pläne für heute?", überging Johnny meine Wut. Er richtete sich ein wenig auf, um einen Blick in das Innere des Hauses werfen zu können und ich verringerte den Spalt, den ich für ihn geöffnet hatte.

„Offensichtlich."

„Willst du-..."

„Nein, danke", unterbrach ich ihn.

„Ich habe die Frage noch gar nicht gestellt."

„Was genau der Grund ist, wieso ich mich nicht zu deinem kleinen Filmeabend gesellen möchte, Johnathan. Ich werde dir nicht hinterherrennen. Du hättest mich einladen können, als du mir heute nichts von diesem geheimnisvollen Abend erzählen wolltest. Oder als wir in der Bibliothek gelernt haben, damit ich deine Gäste zuhause nicht antreffe. Hast du nicht getan. Botschaft angekommen, auf Wiedersehen."

Ich wollte ihm die Tür vor der Nase zuschlagen, aber Johnny war schneller, als er sie so weit zurückschob, um mir noch immer ins Gesicht sehen zu können. „Es tut mir leid."

„Du solltest dich nicht so oft entschuldigen. Das verringert die Wirksamkeit und Glaubwürdigkeit der Aussage."

Einmal mehr mischte sich Frustration in seinen Blick. „Ich weiß nicht, wieso ich dich nicht eingeladen habe."

„Und ich erwarte keine Erklärung von dir, sondern nur, dass du mich in Ruhe lässt. Ich habe besseres zu tun, als mich mit deinem schlechten Gewissen zu beschäftigen."

„Wheeler", seufzte Johnny kraftlos. Er rieb sich über das Gesicht, ehe er sich auf die Stufen vor der Haustür setzte. Er hatte mir seinen Rücken zugewandt und stützte sich mit denn Ellbogen auf die Knie. Am liebsten hätte ich ihn da allein sitzen gelassen, denn das war es, was er eigentlich verdient hatte, aber aus mir unbekannten Gründen überwallte mich eine Rolle von Mitleid. Ich war es mir nicht gewohnt, Johnny so zu sehen und irgendwie dimmte das meine Wut ein wenig. Oder zumindest wusste ich, dass ich nicht wollen würde, dass mir jemand mich ausschließen würde, wenn ich ihn so einer verletzlichen Position wäre.

„Du hättest es nicht vor mir verstecken müssen", sagte ich, als ich mich schließlich zu ihm setzte. Dass ich Mitleid mit ihm hatte, bedeutete nämlich noch lange nicht, dass ich vergessen hatte, wie wir überhaupt in diese Situation gekommen waren.

„Ich weiß. Ich-...ich schätze, dass ich mich geschämt habe."

Meine Augenbrauen schossen in die Höhe. Er hatte sich geschämt? „Wie meinst du das?"

„Ich hätte einen freien Abend haben sollen. Es ist eigentlich auch gar nicht wichtig, auf jeden Fall ist die Situation anders gekommen, als ich es mir gewünscht hätte und der Abend wurde zu mir verschoben, weil niemand von den anderen Sturmfrei hat."

Ich blinzelte. „Du wolltest gar keinen Filmeabend veranstalten?", fragte ich etwas überrumpelt. Von allen möglichen Entwicklungen der Situation war das wohl diejenige, die ich niemals erahnt hätte.

„Es ist nicht so, dass ich nicht wollte, aber ich..." Johnny zuckte mit den Schultern. „Ich schätze, dass ich niemandem den Abend verderben wollte."

„Du konntest nicht nein sagen", korrigierte ich. Johnnys Kiefer zuckte, aber er äußerte sich nicht weiter dazu. Ich hatte schon lange erahnt, dass ihn die anderen vergötterten und dass er als die freundlichste Person des Planeten angesehen wurde – was ich noch immer nicht nachvollziehen konnte – aber ich hatte diese Seite nie kommen sehen. Ich hatte nie diesen Schmerz in seinen Augen erwartet oder dass er so frustriert aussehen würde.

„Ich hätte dich trotzdem einladen sollen, Liz. Ich wollte einfach nicht, dass du dich über mich lustig machst."

„Ich bin mir sicher, dass der Filmeabend nicht so schlimm ist."

„Nein, ist er nicht. Aber du wärst in der Lage gewesen, Nein zu sagen."

Ich rollte mit den Augen. „Meistens schon. Aber das bedeutet nicht, dass das immer vorbildlich ist."

Johnnys Mundwinkel zuckten. „Willst du damit vielleicht andeuten, dass nicht alles, was du tust, vergöttert werden sollte?"

„Vergöttert schon, aber nicht idolisiert. Da besteht ein Unterschied."

Johnny gluckste und ich konnte mir selbst auch kein Lächeln verkneifen. „Willst du jetzt mitkommen?", fragte er nach einer Weile.

Ich seufzte nur und richtete mich langsam wieder auf, ehe ich mir unsichtbaren Staub von den Hosen klopfte. „Ich denke nicht, dass das eine gute Idee ist, Johnny."

„Wieso nicht?"

Ich zuckte mit den Schultern. Vielleicht war es kindisch von mir, vielleicht zickig, aber ich war ein wenig zu stolz, als dass ich auf einer Party auftauchen würde, zu der ich nicht von Anfang an eingeladen war. Selbst wenn es vielleicht nicht vollends an mir lag oder die Absichten nicht so schwarz-weiß gewesen waren, wie ich vermutet hatte, änderte es die Tatsache nicht, dass es sich wie eine Mitleids-Einladung anfühlte.

„Ich werde noch auf genug Partys gehen, Johnny. Und vielleicht wird man mich dort sogar von Anfang an dabeihaben wollen."

Habt ihr diesen Filmeabend erwartet?

Bzw. habt ihr Johnnys Reaktion erwartet?

Lieblingsfilm?

Ich wünsche euch noch ein schönes restliches Osterwochenende und bis bald 🐣

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