16 | Die Cosmopolitan als wissenschaftliche Zeitschrift

Màu nền
Font chữ
Font size
Chiều cao dòng

„Wie viel Stoff kann eine durchschnittliche Person denn brauchen?", fragte Johnny, als ich ihm die bereits dritte Stoffrolle auf den Arm lud. Ich konnte mich noch nicht ganz zwischen zwei Blautönen entscheiden und meine dritte Wahl war ein Stoff mit Polka-Punkten. Ich wusste, dass Grandma ein großer Fan davon war und vielleicht war es gar nicht so schlecht, wenn ich dieses Jahr etwas früher mit dem Planen meiner Weihnachtsgeschenke begann. Oder wohl eher Weihnachtsgeschenk, Singular.

„Wie viele Wörter kann ein Mensch denn brauchen, um sich zu beklagen?"

Johnny sah so aus, als wollte er die Rollen auf den Boden stellen, aber ich warf ihm einen warnenden Blick zu. „Das kannst du nicht ernst meinen, Wheeler!"

„Fehlt es dir etwa an Muskeln, Johnathan?", fragte ich in einem zuckersüßen Ton. Wir waren hier nicht schneller fertig, wenn er weiterhin so trödelte und mich vom Wesentlichen ablenkte.

„Es fehlt mir an Nerven. Außerdem habe ich nie gesagt, dass ich von dir ausgenutzt werden möchte. War das die Übung, von der du gesprochen hast?"

„Nein, aber es ist gut, dass du mich daran erinnerst. Ich hätte sie beinahe vergessen."

Ich legte einen gelben Stoff auf den Stapel.

„Du willst aussehen wie Mayonnaise?"

Ich seufzte nur. „Vielleicht. Ich versuche gerade herauszufinden, als was ich mich für Halloween verkleiden möchte."

„Du könntest zur Abwechslung versuchen, eine nette Person zu sein", schlug Johnny mit einem selbstgefälligen Grinsen vor, das ich vielleicht ignoriert hätte, wenn er keine Grübchen gehabt hätte.

„Ich habe dich auf einen Shopping-Trip eingeladen, Johnny. Netter kann ich gar nicht werden." Ich ging innerlich meine Skizze durch. Eigentlich hatte ich vorgehabt, Rüschen zu verwenden, um ein langweiliges Kleid zu vermeiden. Aber vielleicht war es gar nicht so eine schlechte Idee, wenn ich ein wenig extrem wurde. Polka-Punkte waren extrem, aber vor allem extrem...unpassend für Ärmel. Ich brauchte etwas Sanftes, aber Unerwartetes.

„Ist das deine Art, mir zu sagen, dass du mich für komplett unfähig betrachtest, was das Shoppen angeht?"

Ich rollte halbherzig mit den Augen. „Das ist meine Art zu sagen, dass die meisten männlichen Wesen in unserem Alter nicht selbst shoppen gehen, weil das ihre Mütter für sie erledigen. Nicht, dass diese per se schlechte Ideen haben oder ihre Kinder nicht passend verpflegen, aber es ist dennoch unkreativ und schlecht für ihre kognitiven Fähigkeiten."

„Steht das in einer deiner Zeitschriften?"

„Das steht in unserer Gesellschaft, Townsend. Dafür braucht es keine hochqualifizierten Menschen oder Wissenschaftler, denn die suchen sich ihre Kleidung ebenfalls nicht selbst aus." Ich griff nach einem beige-weißen gestickten Stoff. Das würde sich doch perfekt für mich eignen. Dann musste ich nur noch herausfinden, wie ich mein Schnittmuster zu einem asymmetrischen Muster umfunktionieren konnte, denn mein ursprünglicher Plan hatte sich nun komplett verändert.

„Ich hätte die Cosmopolitan kaum als eine wissenschaftliche Zeitschrift bezeichnet."

„Ich habe dich kaum nach deiner Meinung gefragt", murmelte ich etwas abwesend. Vielleicht brauchte ich noch einen grünen Stoff für mein Halloween-Kostüm. Nicht, dass ich vorhatte, auf eine Party zu gehen. Aber es konnte nie schaden, vorbereitet zu sein. Himmel, ich konnte meine eigene Party veranstalten. Es war nicht so, als konnten meine Eltern mich davon abhalten. Himmel, Mom würde mir vielleicht sogar die Füße küssen, wenn ich endlich in ihre Party-, Glanz- und Glamour-Welt abstürzte.

„Wieso bin ich dann hier?"

„Weil du nichts Besseres zu tun hast?"

Johnny seufzte und er wollte die Stoffe schon wieder abstellen, aber ich hielt ihn wieder davon ab. „Ist dir bewusst, dass auf diesem Boden Staub ist? Oder dass vermutlich eine Million Menschen mit ihren Straßenschuhen über diesen Boden gegangen sind? Da legt man keine Stoffe hin, die ich dann irgendwann tragen werde."

„Ich bin mir ziemlich sicher, dass du die Einzige Person bist, die jemals in diesem Geschäft ist."

„Meine Schuhe sind doch auch dreckig, nicht wahr?"

„Trägst du nicht jeden Tag ein neues Paar?"

Ich warf Johnny einen bösen Blick zu. „Ich trage meistens die Chucks mit den Herzchen. Ist dir das noch nicht aufgefallen?"

Johnny seufzte nur und zuckte mit den Schultern. „Sind wir endlich fertig hier, Wheeler?"

Ich rollte mit den Augen „In diesem Laden, ja. Im Einkaufszentrum, nein."

---

„Was üben wir hier gerade?"

„Andere Menschen zu beobachten."

„Wir spionieren deinen Freunden hinterher, Wheeler", seufzte Johnny müde und deutete bedeutungsvoll auf die kleine Palme, hinter der ich mich versteckte, damit mich Kiki und Willa nicht sehen konnten.

„Das ist auf sehr vielen Stufen inkorrekt", protestierte ich schwach.

„Also habe ich recht."

Ich nahm mir Johnnys Erdbeermilchshake und schlürfte extra lange und extra laut daran, bis sich etwas davon in meiner Luftröhre verfing und ich beinahe starb, während ich hustete. Johnny klopfte mir halbherzig auf den Rücken, war grundsätzlich aber zu beschäftigt damit, mich auszulachen.

„Ich hätte sterben können", murmelte ich beleidigt und hauptsächlich beschämt, denn meine Wangen fühlten sich an, als hätten sie Feuer gefangen.

„Du hättest dich anständig benehmen können." Johnny schenkte mir einen bedeutungsvollen Blick und wandte sich von mir ab, aber nicht, bevor ich das traurige Lächeln auf seinem Gesicht gesehen hatte. Schließlich seufzte er. „Ich möchte deinen Freunden wirklich nicht hinterherlaufen, Liz."

„Sie sind theoretisch nicht mehr meine Freunde."

„Noch ein Grund mehr, wieso du sie in Ruhe lassen solltest."

Ich warf Johnny einen scharfen Blick zu. Hatte ihm jemand jemals erzählt, dass man andere Menschen nicht sonderlich gut nachstellen konnte, wenn man von seinem Gerede abgelenkt wurde? „Du verstehst das nicht", hielt ich dagegen.

„Nein, das tue ich tatsächlich nicht. Erinnerst du dich noch an die Klippe, Liz? Du stehst wieder dort? Du siehst anderen Menschen beim Leben zu, nur um selbst niemals leben zu müssen. Das ist dasselbe wie all die Versprechen, die wir uns gemacht haben und nie wirklich ausgefüllt haben. Wie willst du Zeit zum Leben haben, wenn du dich nie mit dir selbst beschäftigst?"

Ich verschränkte die Arme vor der Brust und schlürfte weiterhin an seinem Erdbeermilchshake, obwohl er nicht einmal annähernd so gut schmeckte wie noch vor wenigen Minuten. „Vielleicht beschäftige ich mich nicht gerne mit mir selbst."

„Vielleicht hast du einfach nur Angst", entgegnete Johnny sanft. Und ich hasste es, dass die Worte so stark einfuhren, wie sie es eben taten. Ich hasste es, dass er meine Mauern jedes Mal mit einem einzigen Satz niederreißen konnte, dass er mich sehen konnte, obwohl ich mich auch vor mir selbst versteckte.

„Das kannst du nicht wissen."

„Natürlich kann ich das. Du bist nicht die Einzige, die sich fürchtet."

Ich war mir nicht sicher, ob ich noch atmete, während er mich mit seinen braunen Augen anstarrte, als wäre ich die einzige Person in diesem Einkaufszentrum. „Wovor hast du Angst?", fragte ich mit zittriger Stimme.

Schon wieder trat derselbe traurige Ausdruck in seine Augen und er lehnte sich ein wenig zurück, als spürte er diese...Verbindung zwischen uns, das uns ständig aneinander brachte, obwohl wir vermutlich am liebsten auf einem anderen Planeten gewesen wären. „Vor mehr Dingen, als du glaubst."

„Das ist keine Antwort."

„Für mich schon." Johnny schluckte tief. „Du wolltest, dass ich dir etwas abschlage...ich kann dir diesen kleinen Trip abschlagen, Wheeler. Ich möchte nicht ein Teil von deinem Nachmittag sein, wenn du nicht einmal weißt, was du mit mir anfangen könntest. Meine...ich habe nicht sonderlich viele Geheimnisse, Liz, aber manchmal habe ich das Gefühl, dass du Angst vor Dingen hast, die aus mehr bestehen als nur einer Oberfläche. Und ich kann heute nicht die Person sein, die dir das Gegenteil beweist."

Johnny sah mich an, als erwartete er, dass ich eine Antwort auf all das hätte. Als könnte ich protestieren, doch ich schaffte nicht mehr, als einem Getränk zu schlürfen und mir einzureden, dass es so am besten war. Dass niemand mit mir oder meinen unbegründeten Problemen umgehen konnte und dass er uns beiden einen Gefallen tat.

Die ganze Heimfahrt fühlte sich an wie ein Streit und ich wollte die Stille brechen, aber ich brachte kein Wort über meine Lippen, weil der Schmerz in meiner Brust mich daran erinnerte, dass ich vielleicht doch nicht vollkommen verloren war und dass ich doch noch Emotionen empfinden konnte.

„Danke für deine Hilfe, Johnny", brachte ich leise hervor, während ich ausstieg. Er nickte nur und mied meinen Blick. Und obwohl ich geglaubt hatte, dass dieser Shopping-Trip alles besser machen würde, war irgendwie alles nur noch schlimmer geworden.

Ja...das war nicht so ideal 🥲

Was halten wir von Johnny und Liz in diesem Kapitel?

Hat euch das Kapitel gefallen?

Genießt das schöne Wetter und bis bald 💛

Bạn đang đọc truyện trên: Truyen2U.Pro