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Leiser noch als das Surren von STEVES Flügeln schleiche ich die Treppe wieder hinunter und schiebe mich zwischen einen verbeulten Getränkeautomaten und einen ausgenommenen Kühlschrank ohne Tür. STEVE schießt noch ein paar Streams bevor er heransummt und sich auf meine Schulter setzt.

„Na, alter Junge, was haste denn schönes für mich?"

Seine Alarmeinheit ist noch immer aktiv, ich sehe es an seinem orange glimmenden Leib. Ich muss auf der Hut bleiben!

Die Bilder sind verwackelt, Pixel springen hin und her, führen einen wilden Tanz auf, dann jedoch stabilisiert sich der Stream. Ich erkenne die Treppe, einen zerschnittenen Gang, dann eine Gestalt, dunkle, schweißige Haut, kryptische Körperbemalung, einen kantigen Schädel, tote Augen. Die Aufnahme wackelt, jetzt ein Schwenk nach unten. Mir stockt der Atem und ich muss mir die Hand auf den Mund pressen, um nicht zu schreien.
Es ist einer der Seemänner von Deck, und er ist es auch nicht. Ihm fehlen die Beine, ein Arm. An ihrer Stelle wachsen ihm unförmige Metallkonstruktionen aus dem Leib, etwas zum Zwicken, zum Sägen und Zerlegen, da drehen sich messerscharfe Bauteile, schlängeln sich wild verknotete Kabeleinheiten.
Nun ist mir endgültig klar, wer auf diesem Schiff das Sagen hat, wer der Herr und wer der Hund ist, und mir wird auch klar, dass wir noch schneller hier heraus müssen, wenn uns unser Leben irgendetwas wert sein sollte!

„STEVE, such uns einen freien Weg zu Charly. Checke alle Ausstiegsmöglichkeiten! Zeitvorgabe 300 Sekunden. Und los!"

STEVE löst sich von meiner Schulter, verlässt unser Versteck und entschwindet aus meinem Blick. 300 Sekunden. Ich hoffe inständig, dass der Menschencrawler sich nicht zu mir verirrt!

Hinter der blau verschmierten Eisenwand höre ich ein Kratzen und Schaben, als schleife jemand einen scheunengroßen Sack Metallteile hinter sich her. Dann ein Schlag. Gewebe auf Metall oder Metall auf lebendes Gewebe, so genau kann ich das nicht sagen. Ein Zischen, ein Knall, hinter dieser Wand ballert jemand mit einer Laserwaffe herum. Ich hoffe, dass es Charly ist und nicht dieser realexistierende Alptraum-Hybrid aus Mensch und Maschine!

Plötzlich ein Kreischen, nein, ein Schrei, oder etwas dazwischen. Eine schreiende Maschine, verkabelte, elektrifizierte Menschenteile, schießt es mir durch den Kopf. In Gedanken zähle ich die Sekunden.

201, 202, 203.

Möglichst unauffällig schleiche ich zum Ende des schmalen Gangs. Dort hinten flackern die Lichteinheiten wie irre, irgendein Defekt, und dahinter: überhaupt kein Licht mehr, alles zappenduster. Da traue ich mich nicht hin, sorry Ada, sorry Charly, aber mein kleines mickriges Leben ist mir einfach zu kostbar! Ich bleibe wo ich bin, zähle die verdammten Sekunden runter und warte auf STEVE.

224, 225, 226.

Plitsch. Plitsch. Rostiges Wasser fällt vor meine Füße, dann auf meine Stirn, läuft mir über den Nasenrücken. Ich schließe den Mund. Im Deck über mir regt sich was. Schwere Schritte. Menschliche Schritte. Hört sich an als wären sie zu mehreren gekommen. Mächtige tätowierte Kerle, wie sie mir kein STEVE jemals auf die Linse gestreamt hat. Ist ja auch klar, STEVE kann mir nur zeigen, was ich ihm gefüttert habe und die Bibliotheken von Blackdune hergeben. Das alles hier ist auch für ihn neu, nur dass er all die neuen Bilder, Töne, Sprachen, Geräusche und Gerüche schneller als jeder menschliche Geist zu einem Gesamtbild verbasteln kann.

245, 246, 247

Was mir am meisten Angst macht ist die Tatsache, dass ich mir ein terrestrisches Kreufahrtschiff so ganz anders vorgestellt habe. Menschen, Lachen, Prunk, Lichter, Wohlfühlatmosphäre, Essen, Trinken, Gläserklingen. Von all dem existiert hier nichts mehr. Ich bin auf einem Geisterschiff gefangen, einem schwimmenden Alptraum, bevölkert von fiesberechnenden Crawlern, die auseinanderpflücken, was ihnen zwischen die Greifer gerät und zusammenflicken, was ihnen ihre kranken Schaltkreise in Auftrag geben.

Angst habe ich auch vor mir selbst, meinen naiven Träumen einer heilen Erde. Erst hier in dieser finsteren Nässe wird mir bewusst, wie alt und längst vergangen jene Filme sind, die ich aus den Smartphones extrahiert und STEVE eingespeist habe. Die Erde, wie sie mir die Streams vorgaukeln, existiert nicht mehr, kann nicht mehr existieren. Nicht nach diesem verheerenden Krieg.

251, 252, 253

Die unheimlichen Geräusche um mich herum werden lauter. Ein Poltern und Schlagen, Hämmern und Klirren. Schlachtgeräusche. Immer wieder knallt etwas gegen die Wände, fällt über mir etwas zu Boden, kratzt etwas von unten am Laufgitter. Mir ist als ziehe sich der Gang zusammen, presse mir die Brust zusammen und nehme mir die Atemluft.

„STEVE! Verdammt nochmal, mach hin!"

257, 258, 259

Am Ende des Ganges öffnet sich eine Leuchtspur. STEVE ist wieder da, und es sieht ganz so aus, als hätte er einen Weg nach draußen gefunden.

Ich renne los, wobei ich höllisch aufpassen muss, mir nicht den Kopf zu stoßen, nicht auszurutschen, nicht in irgendeine herausstehende Metallspitze zu laufen. Die Orientierung habe ich längst verloren. Wie tief im Bauch des Schiffes, wie weit oben, wie nah an frischer Luft, wie nah am Leben spendenden Licht bin ich? Ich habe nur STEVES Spur im Blick, darf sie nicht verlieren. Treppen hoch, Treppen runter, durch schmale Gänge voller Schrottgranulat, das mir bis zu den Knien reicht, über tote Fleischberge, deren Tätowierungen mir entgegenspringen, über Haufen zerlegter, noch vor sich hin rauchender Crawler. Charly hat ganze Arbeit geleistet.

Plötzlich eine Vertiefung im Chaos, ein Loch, etwas Dunkles springt daraus hervor und fällt mir um den Hals. Ich schreie, doch das Etwas beruhigt mich.

„Sch, sch, sch, ganz ruhig!"

Es ist Charly und er sieht zerrupft aus, ist aber am Leben. Seine Freude ist groß. Auch ich fühle mich erleichtert.

„Du lebst! Oh Mann! Du lebst! Und dein Tech-Ding zeigt uns den Weg! Wir werden leben, wir werden leben!"

Es fehlte nicht viel und er hätte mir auf die Stirn geküsst. Ich greife Charly bei den Schultern, gröber als ich es beabsichtigt habe.

„Weißt du wo Ada ist? Weißt du wo die Crawler sie hingebracht haben?"

Charly deutet mit dem Finger nach oben, was zweierlei bedeutet. Wir müssen zum Deck und wir müssen uns beeilen, denn der Lärm unter uns wird lauter. Charlys Stimme ist nur ein Flüstern.

„Ich verstehe nichts von ihrer Sprache, ich weiß nicht welchen Sinn ihre Arbeit hat, ich weiß nur, es gab Streit."

„Streit?"

Charly sieht mir fest in die Augen.

„Die Libelle. Die tätowierten Seebären da oben hätten sie gern als Ganzes behalten. Doch auf diesem Schiff haben die Crawler das Sagen. Und du weißt, was sie mit der Libelle angestellt haben! Jetzt haben sie sich das Schiff vorgenommen ..!"

Charly hat seinen Satz noch nicht beendet, als ich bemerke, wie die Wände kippen, sich der Boden schief legt und alles zu rutschen beginnt. Von unten ein Knall, dann noch einer, ein ohrenbetäubendes Knirschen und Singen von Metall, vermischt mit einem apokalyptischen Rauschen.

Meerwasser.

Ich rutsche zur Seite, schlage mir den Schädel an, schmecke Blut. Charly klammert sich an mir fest. Vor uns schwebt STEVE und legt eine weitere Spur. Maigrün leuchtet sie. Sie muss uns den Ausgang zeigen, sie muss.

Plötzlich beginnt Charly zu brüllen. Seine Augen sind weit aufgerissen.

„Ich muss hier raus! Muss hier raus!"

Und bevor ich ihn zurückhalten kann, hat er sich schon von mir losgerissen und stürmt die glitschige Treppe vor uns hinauf.

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