29 - Candlelight Dinner mit Hindernissen

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Das Feuer im Kamin knistert leise. Ich sitze auf der Couch in Chris' Wohnzimmer und lasse mir den Rotwein auf der Zunge zergehen, versuche die Aromen zu schmecken, von denen er behauptet, sie würden hier drin stecken. Der Mann steht in der Küche, so wie er es mir am Telefon versprochen hat, und schnippelt Gemüse.

„Und?", fragt er.

„Ich schmecke da nur Wein", komme ich zum Schluss, selbst nachdem ich die rote Flüssigkeit ein bisschen schmatze. „Rotwein", präzisiere ich mein Geschmackserlebnis, was Chris auflachen lässt.

„Ich bringe dir nachher gleich einen anderen Blauburgunder, dann wirst du den Unterschied besser herausschmecken können. Die Geschmacksknopsen deiner Zunge sind einfach nicht sensibel genug. Die wurden wahrscheinlich von deinem Koffeinkonsum taub gesoffen."

„Darfst dich gerne bei meinem Arbeitskollegen – oder noch besser – bei meiner Chefin beklagen. Die stressen mich alle. Ich trinke nur so viel Kaffee, weil ich bei den Aufgaben immer einen Puls von 180 haben muss, sonst ist das körperlich nicht machbar."

„Das Verkaufen?", hakt er nach.

Ich schüttle den Kopf.

„Nein, ich meinte den Dienst am Telefon. Meinen Traumjob. Das weisst du doch." Der Sarkasmus trieft aus meinen Worten und lässt Chris in seiner Arbeit innehalten.

„Emma", sagt er und seine Stimme klingt irgendwie ernst, sodass ich den Kopf drehe, um ihn anzuschauen.

„Ja?"

„Wenn dir dein Job so sehr an die Substanz geht, dann solltest du ihn an den Nagel hängen."

Der Ausdruck in seinem Gesicht passt zum seriösen Tonfall seiner Worte. Wie oft habe ich das schon gehört. Zwar nicht von Chris, aber von meiner Mutter und von Jonas. Wenn es doch nur so einfach wäre!

„Wenn ich die finanzielle Stabilität hätte, wäre das meine erste und letzte Amtshandlung im Büro, ich schwöre es dir. Aber es geht nicht. Ich stehe auf unsicheren Beinen. Meine Zukunft ist pechschwarz."

Mit Schwung leere ich das edle Villeroy & Boch Weinglas und stelle es auf den Couchtisch. Chris kommt von der Küche zu mir und schenkt mir automatisch nach. Der Kerl will mich wohl abfüllen. Er steht vor mir, die Flasche in der einen Hand und die andere in die Hüfte gestemmt. Sein Kopf ist leicht nach vorne geneigt, sodass ihm einige dunkle Strähnen ins Gesicht hängen.

„Erstens ist deine Zukunft nicht pechschwarz", sagt er und mir entgeht dabei nicht, wie einer seiner Mundwinkel in die Höhe zuckt. Da gibt es eine Randbemerkung, die er hinzufügen wollen würde, aber er beherrscht sich und bleibt beim Thema. „Und zweitens ist dein Argument ungültig."

Ich greife zum Glas, welches Chris mir gefüllt hat und gönne mir noch einen Schluck von dem leckeren Blauburgunder. So allmählich merke ich, wie sich der beerige Geschmack in meinem Gaumen verbreitet. Das soll Kirsche sein anscheinend.

„Ich soll alles hinschmeissen und auf der Strasse leben?"

Er wedelt mit der Flasche vor meinem Gesicht herum, während er sein Argument weiter auslegt.

„Würdest du ja nicht. Die Arbeitslosenversicherung sorgt dafür, dass du nicht auf der Gosse landest."

Den lauten Seufzer, der mir entkommt, kann ich bei dem Schlagwort nicht unterdrücken. Es gehört nicht unbedingt zu meinen Lebenszielen, jemals vom Staat abhängig zu sein. Ich liege niemandem gerne auf der Tasche. Dafür habe ich doch nicht studiert.

Chris spürt meine Verstimmung und stellt die Weinflasche auf dem Couchtisch ab.

„Zudem", fährt er fort und blickt mich dabei eindringlich an, „würde ich das gar nicht erst so weit kommen lassen."

Meine skeptische Augenbraue zuckt in die Höhe. Ich schmunzle.

„Du würdest mir Asyl bieten? In deinen bescheidenen vier Wänden?"

„Ja, würde ich." Er klingt entschlossen.

„Sehr nett von dir", kommentiere ich, was Chris mit einem Grinsen quittiert. Zum Glück befinden wir uns bloss auf hypothetischem Grund, denn ich wüsste nicht, wie ich tatsächlich auf dieses Angebot reagieren würde.

Er geht zurück in die Küche und ich werde vom ernsten Gesprächsthema abgelenkt. Ich muss ihm nachschauen, damit ich einen heimlichen Blick auf seinen Hintern werfen kann, der in dieser engen Jeanshose einfach lecker aussieht. Chris hat einen Knackarsch, der Frauenherzen höher schlagen lässt. Das muss an seinem anstrengenden Feuerwehrtraining liegen. Der ist so prall und fest, dass ich am liebsten reinbeissen würde.

„Nichtsdestotrotz", fügt er an und reisst mich somit aus meiner Sabberei, „kann das wirklich befreiend sein, den Job zu kündigen. Ich habe es auch getan. Aus heiterem Himmel alles einfach fallen gelassen, wie eine heisse Kartoffel. Das ganze Karriere-Gelabere meiner Kollegen ging mir so auf die Nerven. Nie habe ich mir bei der Arbeit was anmerken lassen, aber innerlich hat es mich zerfressen. Es war, als würde ich mich selbst anlügen. Auf Dauer wurde ich nicht glücklich. Ich wollte mich davon überzeugen, dass diese Arbeit alles ist, was ich brauche, um erfüllt zu sein. Aber eigentlich waren mir andere Dinge viel wichtiger."

Er dreht die Hitze am Herd höher und stellt die Pfannen und Töpfe bereit. Es ist wirklich faszinierend, ihm beim Kochen zuzusehen. Jeder Handgriff sitzt. Er muss nicht einmal auf seine Hände blicken, er weiss einfach, was er tut. Als wäre es das Selbstverständlichste auf der Welt, ein Filet Mignon für seine Verabredung zu kochen.

„Welche Dinge waren dir denn wichtiger?", will ich wissen und stütze mein Kinn auf einer Hand ab.

Er hebt den Kopf und starrt mir direkt in die Seele. Ich muss ab dem durchringenden Blick leer schlucken.

„Das Leben, Emma. Das Leben in allen Facetten, die es zu bieten hat. Im Büro verbittert jeder Mensch irgendwann. Niemand kann mir sagen, er sei unglaublich glücklich und erfüllt, während 50 Stunden in der Woche auf einen blöden Bildschirm zu starren und Entscheidungen zu treffen, die nichts zu bedeuten haben."

Bei den Worten muss ich nicken, denn genau so fühle ich mich. Als würde das, was ich tue, absolut nichts bewegen. Weder die Welt noch mein eigenes Leben. Chris fährt währenddessen fort:

„Darum, Emma. Ich kann es dir nur ans Herz legen. Sei mutig und stehe zu dir selbst. Kündige."

„Aber ich weiss wirklich nicht, was ich sonst machen soll, Chris", halte ich dagegen. Ich klinge verzweifelt. Das liegt wahrscheinlich daran, dass der Gedanke, keinen Job mehr zu haben und vor dem Nichts zu stehen, genau das auslöst: Pure Panik!

„Das kannst du herausfinden. Du kannst andere Dinge ausprobieren. Du kannst in eine Richtung gehen, sehen, wie du dich dabei fühlst und wenn es dir nicht passt, dann läufst du halt zurück an die Kreuzung und gehst einen anderen Weg entlang. Es ist nicht so schwierig."

Sein Blick ist milde. Ich seufze und nehme noch einen Schluck von meinem Rotwein. Chris' Lebensweisheiten stossen bei mir auf Resonanz. Es gibt mir Hoffnung, zu hören, dass es nicht immer geradeaus gehen muss, aber gleichzeitig verunsichert mich das auch.

Wie kann man da denn noch wissen, wohin man gehen soll, wenn einem theoretisch alle Wege offen stehen? Ich verliere schnell die Orientierung und bräuchte am besten ein GPS-Gerät, das mir ganz genau sagt, wohin ich zu gehen habe. Vielleicht will ja Chris mein Kompass sein ...?

Ich lehne mich zurück auf die Couch und starre gedankenverloren in die tanzenden Flammen im Kamin. Eigentlich sind mir solche seriösen Gesprächsthemen unangenehm. Aber mit Chris fühlt sich das Erwachsensein nur halb so schlimm an. Er scheint für jedes Problem eine Lösung zu kennen und irgendwie beruhigt mich das.

Hinter mir höre ich, wie Chris das Fleisch in die Pfanne befördert. So langsam nimmt unser Abendessen Form an.

Die Kerzen zwischen uns werfen ein warmes Licht auf den Tisch. Das Filet Mignon mit gegartem Gemüse und Kartoffeln ist ein wahrer Traum auf dem Teller. Chris hat es perfekt angebraten, sodass es wie Butter auf meiner Zunge schmilzt.

Wir nehmen uns Zeit und geniessen das herrliche Mahl, während unser Gespräch in alle Richtungen geht. Es ist, als wollten wir beide noch so viel mehr über den anderen erfahren und als wären die wenigen Stunden, die uns gegeben wurden, nicht genug.

Nach dem Abendessen setzen wir uns auf die Couch. Chris legt ein paar weitere Holzscheite in den Kamin. Das Feuer knistert und die Wärme verbreitet sich angenehm im ganzen Raum. Er öffnet die nächste Weinflasche, die seinen Angaben zufolge Nuancen von Zitrusfrüchten im Geschmackserlebnis enthalten soll.

Chris lässt sich neben mir nieder und reicht mir mein Glas.

„Meinst du das eigentlich vollen Ernstes? Das, was du damals beim Kochkurs gesagt hast. Dass du nicht an Monogamie glaubst?", möchte er wissen.

Diese Frage kommt so unerwartet, dass ich in der Bewegung innehalte und das Glas, das ich mir an die Lippen führen wollte, in der Luft stehen lasse. Ein kleines Schmunzeln kräuselt meine Lippen.

„Das ist dir in Erinnerung geblieben, was?", sage ich grinsend. „Die provokativste Aussage für alle Vollblut-Romantiker."

Er nickt und richtet den Blick auf seine Hände, die den filigranen Stil seines Weinglases halten. Mit einer leichten Bewegung dreht er es zwischen seinen Fingern.

„Ja."

„Hat es dich schockiert?"

Er schüttelt den Kopf, sodass es seine Haare bisschen herumwirbelt. Wie gerne ich meine Finger jetzt gerade in diesen Schopf versenken und seine Frisur komplett ruinieren würde. Aber ich muss mich zusammenreissen, trotz stetig steigendem Alkohol- und Erregungspegel.

„Nein, eigentlich nicht. Aber ich finde es dennoch eine recht triste Sicht auf zwischenmenschliche Beziehungen."

Ich nicke verständnisvoll. Mit meiner Sicht auf die Liebe haben viele Leute zu kämpfen. Bisher hat mir jede Person, mit welcher ich meine pessimistische Meinung über die Liebe und Monogamie geteilt habe, vom Gegenteil zu überzeugen versucht. Alle vergeblich. Bei solchen Dingen greife ich nun mal auf meine eigens gemachten Erfahrungen zurück.

„Ich nenne es nüchterner Realismus", sage ich schulterzuckend.

Chris wendet sich mir zu, das Leder unter ihm quietscht leise. Ich tue es ihm nach, sodass wir uns auf der Couch frontal anblicken.

„Also glaubst du wirklich nicht daran, dass man sich einem Menschen voll und ganz hingeben kann?", fragt er.

Dabei blickt er mich so intensiv an, dass ich mir eine Strähne hinters Ohr streichen muss, denn er hat mich verlegen gemacht. Diese dunklen Augen ergründen jeden Winkel meiner Seele.

Bevor ich ihm antworte, muss ich mich sammeln, denn dieser Mann macht mich mit seinen heissen Blicken verrückt. Immerhin versuche ich ihm hier gerade eine ehrliche und vernünftige Antwort zu geben und ihm nicht an die Lippen zu springen. Wenn seine Kaffeebohnen aber nicht bald was anderes zum Anstarren finden, werde ich für nichts garantieren können.

Ich hole tief Atem, um ihm meinen Standpunkt darzulegen. Chris scheint mich wirklich verstehen zu wollen, also gebe ich ihm eine Chance, meinen verkorksten Gedankengängen zu folgen:

„Um deine Frage zu beantworten. Ich glaube nicht, dass ich das könnte. Das bedeutet allerdings nicht, dass ich mir das nicht selbst sehnlichst wünsche. Natürlich! Ich verfalle diesem Ideal genauso wie jeder andere auch. Bin schliesslich auch nur ein Mensch, der sich nach Zuneigung und Liebe sehnt. Die Vorstellung, dass man alles für jemanden bedeuten kann, ist wunderschön. Wirklich. Aber ich persönlich habe Angst davor, mich ganz jemandem hinzugeben. Aus dem einfachen Grund, weil ich mich fürchte, von einem Tag auf den anderen verlassen zu werden. Man kann für jemanden die Welt bedeuten und am nächsten Tag ist man für ebendiesen Menschen plötzlich so unsichtbar wie die Moleküle in der Luft. Das verstehe ich einfach nicht, wie das gehen soll."

„Du hast recht. Es verlangt einiges an Mut ab, sich jemanden so zu öffnen. Die Kontrolle komplett zu verlieren und sich in den Strudel einer Beziehung fallen zu lassen", stimmt er mir zu.

„Eben. Und da ich ein Schisser bin, behalte ich lieber die Kontrolle selbst." Ich nehme einen weiteren grossen Schluck von meinem Wein.

Chris legt sein Glas auf den Tisch und rutscht näher zu mir heran. Verwirrt blinzle ich ihn an, denn seine Annäherung kam unerwartet. Darauf bin ich nicht vorbereitet.

„Äh ..."

Als er seine Hand auf meinen Oberschenkel legt, strömt mir die Hitze durch meinen ganzen Körper, kriecht bis in die Wangen, die bestimmt schon so hell wie eine rote Ampel leuchten.

„Und mir würdest du das nicht überlassen?", haucht er seine Frage.

„Bitte was?"

Ich kann mich nicht konzentrieren, wenn er mir so nahe ist, wenn sein Geruch meinen Geist vernebelt und seine braunen Augen mich dermassen hypnotisieren, dass ich das Atmen vergesse.

„Die Kontrolle", holt er mich in die Realität zurück. „Würdest du sie für mich aufgeben? Selbst wenn nur für einen kurzen Moment?"

Der Schalk glänzt in seinen Schokodrops, was mich meine Augen misstrauisch zu Schlitzen formen lässt. Was heckt der wieder aus?

„Warum sollte ich das tun?"

Ich gebe mir die grösste Mühe, so skeptisch wie möglich zu klingen, selbst wenn ich weiss, dass er Witze macht. Dass er mich neckt.

Das Gefühl seiner warmen Handfläche auf meinem Schenkel lässt mich wohlig erschaudern. Wenn er diese Hand nicht bald da wegnimmt, werde ich mich auf ihn stürzen. Das weiss ich ganz genau. Selbst mein Womanizer konnte mir gestern kaum Abhilfe verschaffen. Ich bin unglaublich heiss auf Chris und er bringt meine Hormone gerade zum Überkochen.

„Weil sich der freie Fall gut anfühlen kann", meint er und presst seine Finger tiefer in mein Fleisch, sodass ich scharf die Luft einziehe.

„Und was, wenn ich auf dem harten Boden aufpralle?", gebe ich zu Bedenken, sehr darum bemüht, die Kontrolle über meine Libido nicht zu verlieren.

Er nimmt die Hand von meinem Schenkel, lehnt sich weiter zu mir vor und streicht mir mit seinen Fingerspitzen eine Strähne, die mir ins Gesicht hängt, hinters Ohr.

„Du weisst doch, dass ich das nicht zulassen würde. Ich bin da und fange dich auf", flüstert er.

Mir stockt der Atem. Für einen Augenblick erfüllt nur das leise Knistern des Feuers die Stille, die sich zwischen uns gelegt hat. Chris' Augen bohren sich in meine, suchen dort nach der Unsicherheit, die ich ihm mit meinem Standpunkt über die Liebe offenbart habe, damit er diese endgültig und in ihrer Ganzheit zerstören kann.

„Wie kann ich mir bei dir sicher sein?", bringe ich dann endlich hervor.

Zu meinem Leidwesen lehnt er sich zurück und vergrössert den Abstand wieder zwischen uns. Zu gerne wäre ich jetzt Zeugin davon geworden, wie die Distanz geschrumpft wäre. So weit, bis kein Haar mehr zwischen uns gepasst hätte.

„Dafür musst du mir halt einfach vertrauen", meint er schulterzuckend.

Ich nehme einen grosszügigen Schluck aus meinem Weinglas und tue so, als ob ich über seinen Vorschlag nachdenken müsste, als wäre das hier eine Verhandlung, die wir führten. Dabei hat er schon längst gewonnen. Aber so offensichtlich muss ich es ihm ja noch nicht zeigen.

„Vertrauen? Blind vertrauen?", möchte ich wissen.

„Ja."

„Das kann ich nicht."

Ich schüttle meinen Kopf, um die Bedeutsamkeit meiner Aussage zu betonen. Das fällt mir wirklich schwer – das blinde Vertrauen. Das habe ich in meiner Vergangenheit versucht, ist arg schiefgegangen und hat sauweh getan. Sowas will ich eigentlich nicht mehr tun. Chris wirkt aber ziemlich unbeeindruckt von meinem Statement.

„Dann üben wir das jetzt", meint er bloss.

„Was?", stosse ich aus, denn ich glaube, mich verhört zu haben. Er reibt die Hände ineinander, als hätte er einen bösen Plan ausgeheckt und blickt mich erwartungsvoll an.

„Schliess die Augen", sagt er.

„Was?"

„Schliesse deine schönen Augen."

„Äh ... aber was, wenn du mich veräppeln willst?"

„Das will ich nicht."

„Sicher?"

„Ganz sicher, Emma. Jetzt mach die Augen zu. Lass die Zweifel fallen."

Nach einem kurzen Blickduell, in welchem unsere Kackpunkte sich gegenseitig anfunkeln, gehorche ich und schliesse meine Lider. Sein zufriedenes Lachen lässt meine Mundwinkel ebenfalls in die Höhe zucken. Der Schlingel hat diesen kleinen Machtkampf zwar für den Moment gewonnen, aber ich werde es ihm zurückzahlen. Wird er schon sehen!

Ein sanfter Zug an meinem Glas zeigt mir, dass er mir das Weinglas aus der Hand nehmen will. Ich lasse es los und lege meine Hände in den Schoss, denn sonst wüsste ich nicht wohin damit.

Was er jetzt wohl vorhat?

„Zufrieden?", murmle ich und öffne ganz unauffällig ein Lid, um zu Chris zu schielen. Ich will doch wissen, was der tut. Allerdings ertappt er mich dabei und hebt mahnend den Zeigefinger.

„Du schummelst!", ruft er aus und legt seine Hand auf meine Augen, sodass mir jegliche Sicht genommen wird.

„Ich hab dir doch gesagt, ich kann nicht blind vertrauen."

Chris lacht auf.

„Wart's ab, du", sagt er und erhebt sich von der Couch.

Ich blinzle schon wieder durch meine halbgeschlossenen Lider, denn mir entgeht wirklich nichts. Aus zusammengekniffenen Augen erkenne ich, wie er ein frisches Tuch aus der Küche holt und es auf seinem Oberschenkel zusammenrollt.

Ehe ich mich versehe, bindet er mir das Tuch um die Augen.

„Das ist jetzt nicht dein Ernst", kommentiere ich meine neugewonnene Blindheit. Ich kann wirklich nichts durch das Küchentuch erkennen, selbst wenn ich meine Lider zu öffnen versuche.

Chris muss sich mit solchen Spielchen auskennen, denke ich mir. Dieser Gedanke jagt mir schon wieder die Hitze ins Gesicht.

Ich bleibe regungslos sitzen und horche, versuche über die Bewegungen, die ich höre, herauszufinden, was er tut. Der Kühlschrank wird geöffnet und das Scheppern von Tellern ertönt. Glaube ich zumindest.

„Und jetzt lässt du mich hier sitzen, während du dir das Dessert alleine gönnst, oder wie muss ich mir das vorstellen?", frage ich in den Raum.

Meinen Kopf recke ich in die Höhe und ich tue so, als blickte ich in seine Richtung, aber wahrscheinlich gucke ich nur blöde aus der Wäsche, denn ich habe keine Ahnung, ob mein Gesicht in seine Richtung zeigt.

„Das Dessert essen wir zusammen. Aber du musst erraten, was es ist", höre ich seine Stimme urplötzlich neben mir.

Der ist so lautlos durch das Wohnzimmer geschlichen, dass es meinen offenbar tauben Ohren entgangen ist. Ich schrecke leicht zusammen. Durch Chris' zusätzliches Gewicht auf dem Sofa wird das Polster neben mir eingedrückt und ich rutsche leicht in seine Richtung. Er sitzt mir so nahe, dass sich unsere Oberschenkel berühren. Ich drehe den Kopf zu ihm.

„Und jetzt?"

„Mund auf", befiehlt er. „Hier kommt das Erste, was du erraten sollst."

„Dir gefällt es, mir Dinge in den Mund zu schieben, was?", sage ich und als die Worte ausgesprochen sind, realisiere ich erst deren Zweideutigkeit.

Chris schweigt eisern. Ich hätte jetzt liebend gerne seinen Gesichtsausdruck gesehen. Nur blöd, dass dieses verdammte Küchentuch meine Sicht versperrt.

„Du bist schlimmer als Teo", kommt seine Antwort etwas verspätet. Musste der sich erst überlegen, ob er mir mit Worten etwas kontern wollte, oder hat ihn das tatsächlich etwas aus dem Konzept gebracht?

„Jetzt mach deinen Mund auf", kommandiert er abermals und ich gehorche.

Grinsend öffne ich meine Luke, da spüre ich etwas Kaltes an meinen Lippen. Vorsichtig schiebt er mir das unbekannte Dessert in den Mund. Ein rundliches Lebensmittel rollt über meine Zunge und ich zerdrücke es an meinem Gaumen.

„Das ist doch kinderleicht", rufe ich aus. „Himbeere!"

Der fruchtige Geschmack verbreitet sich in meinem Rachen. Alles, was süss ist, kenne ich in- und auswendig. Ich bin schliesslich eine Zuckersüchtige. Dieses Spiel werde ich locker gewinnen!

„Gut geraten. Hier kommt das Nächste", meint Chris und schon fühle ich die Wärme seiner Hand an meinem Gesicht. „Achtung, das ist etwas grösser", sagt er und ich muss aufprusten.

„Ich hoffe du bist dir bewusst, dass das alles bisschen unanständig klingt", necke ich ihn, aber da schiebt er mir die nächste Frucht in den Mund.

Eine gut gesonnte Erdbeere kriege ich zum Kosten und ich staune. Die ist so unglaublich süss, dass ich die Augen nach innen rollen muss. Das sieht Chris natürlich nicht, also kommentiere ich dieses phänomenale Geschmackserlebnis mit Worten.

„Wow, diese Erdbeere", sage ich, während ich noch kaue, „ist göttlich! Wo hast du die gekauft?"

„Die ist nicht gekauft. Die ist aus meinem Garten."

„Du kriegst solche Erdbeeren hin?", frage ich begeistert. „Das ist mit Abstand die leckerste Erdbeere, die ich je in meinem Leben essen durfte."

Er lacht bloss als Antwort auf mein Kompliment.

„Bisher hast du zwei Beeren richtig erraten. Mal sehen, ob du die auch kennst", fährt er in unserem Spiel fort und hebt mir die nächste Beere an den Mund.

Allerdings merke ich zu spät, dass er mir das nächste süsse Früchtchen zwischen die Lippen stecken wollte. Die mysteriöse Beere fällt aus meinem Mund direkt in mein Dekolleté zwischen Tina und Nina.

„Ups!", rufe ich, als ich die kalte Beere zwischen meinen Brüsten spüre.

Ich zucke allerdings ein zweites Mal zusammen, als ich Chris' warme Finger an meiner zarten Haut spüre. Er hat mir einfach zwischen die Titten gegriffen!

„Oh, entschuldige. Ich wollte nur ...", stammelt er und zieht seine Hand augenblicklich zurück. Er muss wohl realisiert haben, was er gerade getan hat.

Ich kann mir ein Lachen nicht verkneifen und pule die Beere aus meinem Ausschnitt. Der Schlingel wollte sie wohl selber da rausfischen.

„Deine Reaktionsgeschwindigkeit ist beeindruckend", witzle ich und schiebe mir die Beere dann selbst in den Mund.

„Tut mir leid ... ich wollte nicht ..." Seine Stimme klingt verlegen und ich würde jetzt so gerne das Tuch von meinen Augen schieben, denn ich kann mir schon vorstellen, wie er sich schüchtern am Hinterkopf kratzt und diese süssen Falten auf seiner Stirn wirft.

„Macht doch nichts", winke ich ab, während ich das Tittenobst koste.

Ein aromatischer Beerengeschmack empfängt mich und lässt mich stutzen. Ich habe keine Ahnung, was für eine Beere das sein könnte. Die habe ich wahrlich noch nie probiert!

„Und?"

Ich überlege fieberhaft. Soll ich jetzt wild raten oder einfach zugeben, dass ich keinen blassen Schimmer habe? Hier hört mein Wissen über das Beerenobst dieser Welt auf.

„Eine besondere Form der Brombeere?", rate ich vorsichtig, obwohl ich weiss, dass das wahrscheinlich nicht stimmt.

„Nein. Das ist eine Maulbeere. Warst aber nahe dran. Und jetzt kommt die Letzte, dann nehme ich dir das Küchentuch wieder ab. Versprochen."

Ich mag dieses Spiel, denn ich finde Gefallen daran, mich nur auf einen Sinn konzentrieren zu müssen. Das macht man im Alltag viel zu selten. Beim Essen die Augen zu schliessen und sich nur auf das zu konzentrieren, was man im Mund schmeckt. Ich habe mein Leben lang Beeren gegessen. Als Kind, als Jugendliche und selbstverständlich als Erwachsene. Noch nie habe ich aber so intensiv den Unterschied dieser einfachen Früchte herausgeschmeckt wie jetzt.

Von der Bewegung vor mir spüre ich, wie mir Chris die letzte Beerensorte an die Lippen hält. Dieses Mal werde ich ihm aber dazwischenfunken. Tease ist gut, aber ich will viel mehr als nur diese süssen Früchte kosten.

Ich habe sein Spiel mitgespielt, aber jetzt ändere ich die Regeln.

Entschlossen greife ich nach seiner Hand und kriege die sogar blind zwischen die Finger. Mit einem festen Griff packe ich sein Handgelenk.

„Hey", protestiert er, aber da führe ich seine Hand bereits an meine Lippen und finde die Beere, die er zwischen Zeigefinger und Daumen hält.

So sanft, wie es mir möglich ist, lege ich meine Lippen um die unbekannte Beere, stelle aber sicher, dass ich Chris' Fingerspitzen ebenfalls mit meinem Mund streife. Die Frucht ziehe ich mit der spitzen Zunge in den Mund. Und dann drücke ich meine Lippen sachte zusammen, umschliesse dabei seinen Daumen und sauge daran. Nur einen kurzen Augenblick, als ob ich den zurückgebliebenen Saft der Beere von seinem Finger lutschen wollen würde.

Ein provokatives „Hmmmm" entkommt mir, als ich die Heidelbeere runterschlucke und seine Hand loslasse.

Womit ich nicht gerechnet habe, ist seine Reaktion auf meine reizvolle Darbietung. Plötzlich spüre ich beide seiner Hände an meinem Gesicht und wie er mich zu sich heranzieht. Es ist keine Beere mehr, die er mir zum Kosten gibt, sondern seinen Mund.

Chris küsst mich.

Ich öffne meine Lippen, um seinen Kuss mit der Leidenschaft zu empfangen, die den ganzen Abend schon in mir gebrodelt und nur danach geschrien hat, endlich rausgelassen zu werden. Ich sehe noch immer nichts, sondern fühle nur seine Lust an meinen Lippen. Wie er mich erforscht, wie er mich mit seiner Zunge liebkost.

Meine Lider flattern, als er mir das Tuch vom Kopf löst und ich ihm wieder in die dunklen Augen blicken kann. Ein lüsterner Schatten hängt über seinen Gesichtszügen und ich muss verschmitzt lächeln. Chris sieht so heiss aus, wenn seine Begierde zu Tage tritt. Er legt seine warme Hand an meinen Nacken und zieht mein Gesicht abermals zu sich heran. Offensichtlich bin ich jetzt die süsse Beere, die er kosten möchte.

Unsere Lippen umschliessen sich, während unsere Zungen aufeinander prallen und sich im hartnäckigen Liebeskampf duellieren. Mit sanftem Druck lehne ich mich in den Kuss, sodass Chris' Oberkörper zurück aufs Sofa gedrückt wird. Ich weiss, dass er sich stets zurückgenommen hat und das Ganze vorsichtig angegangen ist. Ich aber brenne so sehr für ihn, dass ich kurzerhand beschlossen habe, die Steuerung zu übernehmen.

Jetzt wird nach meinen Regeln gespielt.

Mit einer geschickten Bewegung rutsche ich zu ihm heran und setze mich auf seinen Schoss. Meine Knie vergraben sich im Leder der Couch, während mein Becken nun auf seinen Lenden ruht. Mit den Fingern fahre ich ihm durch die Haare, kraule ihm seinen Nacken. Überrascht löst er sich von meinen Lippen, aber ich gebe ihm keine Zeit, irgendeine scherzhafte Frage zu stellen. Mir ist nämlich nicht mehr zum Spassen zumute. Ich will ihn.

Sämtliche Hemmungen werden sofort über Bord geworfen!

Er legt seinen Kopf in den Nacken, sodass ich mich weiter nach vorne lehnen muss, um seinen Mund nicht zu verlieren. Seine Hände platziert er an meiner Taille und ich spüre, wie sie sachte weiter nach unten rutschen, zu meiner Hüfte. Wie er den Druck seiner Finger erhöht und mein Becken näher zu seinem zieht, während wir uns in einem innigen Kuss verlieren.

Chris dirigiert meine Hüfte, verwandelt die Bewegung meines Beckens in ein langsames, sinnliches Wippen. Ich stöhne leise auf. Wenn wir nicht noch voll bekleidet wären, würde ich ihn jetzt gerade hier auf der Couch reiten. Je fester ich mich an ihm reibe, desto mehr wünsche ich mir, dass es verdammt nochmal Realität wird. Dass wir uns ausziehen und uns mehr als nur trockenficken.

Die Reibung erzeugt eine Hitze in meinem Unterleib, die immer unerträglicher wird. Insbesondere jetzt, wo ich seine Erektion zwischen meinen Schenkeln spüre. Auch ihm muss von unserer Knutscherei heiss geworden sein. Der ganze Raum scheint zu glühen.

Chris' Hände wandern unter mein Top, bahnen sich ihren Weg zu Tina und Nina. Ich erschaudere, als seine Finger meine Haut direkt unter meinen Brüsten ertasten, mich zärtlich streicheln. Mein Gott, selbst die Berührung seiner Fingerspitzen gleicht dem hauchzarten Schwung einer Feder. Ich stöhne vor Erregung leise auf, was ein freches Grinsen auf seinen Lippen auslöst. Er mag es wohl, mich heiss zu machen.

Na warte, denke ich mir.

Meine Finger heben sein graues T-Shirt leicht an, sodass ich den zarten Haaransatz an seinem Bauchnabel zu Gesicht bekomme. Dann hake ich meine Zeigefinger in seinen Hosenbund und streiche den Lauf des Saumes nach. Er keucht leise auf. Das muss ihm also gefallen.

Gerade als ich meine Hände unter sein T-Shirt verschwinden lassen will, unterbricht ein markerschütternder Pfiff unser Gefummel.

Ich zucke so stark zusammen, dass ich Chris loslasse und seitlich neben ihm auf das Leder rutsche. Verwirrt blicke ich in die Richtung, aus welcher das scharfe Geräusch kam. Chris' Körper ist zu Stein erstarrt, in seinem Gesicht hängt ein fassungsloser Ausdruck.

Das ultralaute Pfeifen ertönt ein zweites Mal. Ich verziehe bei dem Ton das Gesicht und halte mir die Ohren zu. Hier will uns etwas taub schreien, wie es aussieht.

„Was ist das?", frage ich ihn, denn er scheint den Ton besser zu kennen als ich.

Das klingt wie eine Sirene. Aber woher kommt das bloss? Sein Kiefer mahlt genervt, ehe er mir die Antwort auf meine Frage gibt.

„Feueralarm."

Meine Augen jagen zwischen seinen hin und her. Wie Feueralarm? Es ist 23:00 Uhr. Er hat mir nichts von Spätdienst gesagt!

„Eine Übung?", erkundige ich mich, was er allerdings mit einem geschlagenen Kopfschütteln beantwortet.

Ein drittes Mal ertönt der ohrenbetäubende Pfiff. Es schmerzt in den Ohren. Damit kann man die ganze Nachbarschaft wecken! Chris erhebt sich von der Couch. Etwas umständlich zupft er seine eng gewordene Hose zurecht. Ich bleibe sitzen, während sich mein Unterleib protestierend zusammenzieht.

Er läuft zum Küchentresen, worauf sein Handy ruht. Der schrille Ton muss also von seinem Telefon kommen. Ich verfolge ihn mit meinen Augen, sehe, wie er den Kopf senkt und seinen Blick über den Bildschirm huschen lässt. Mit der einen Hand greift er sich in die Haare.

„Scheisse", flucht er. „Es brennt am Hauptbahnhof. Ich muss ... Ich muss ausrücken. Diesen Alarm kriegen wir nur bei Grosseinsätzen."

Er blickt mich entschuldigend an und da dämmert es mir. Unser Abend ist gelaufen. Genau als es spannend wurde. Genau dann, als der heisse Funke zwischen uns den Flächenbrand unserer Leidenschaft ausgelöst hätte.

„Oh", bringe ich hervor und ich kann nicht vermeiden, mir meine Enttäuschung ansehen zu lassen. „Dann sollte ich besser gehen."

Ich mache Anstalten, mich zu erheben, aber Chris läuft kopfschüttelnd auf mich zu. Sein Blick hat etwas Inständiges.

„Nein, bitte. Bleib. Ich ...", er kratzt sich am Kopf und blickt zu Boden. „Wenn ich Glück habe, dauert der Einsatz nicht zu lange und ich bin bald wieder da. Es würde mich wirklich sehr freuen, wenn du heute ... wenn du heute hier übernachten würdest."

Mein Herz geht auf, während Chris verlegen vor mir steht und auf meine Antwort bangt. Damit hat er mir soeben kommuniziert, dass er die Nacht mit mir verbringen möchte – wie auch immer sie enden wird, aber er will, dass ich bei ihm bleibe.

Diesen Wunsch werde ich ihm nicht verwehren können. Niemals. Ich greife zum Weinglas, lehne mich zurück in die Couch und nicke.

„Okay", flüstere ich. „Dann werde ich hier auf dich warten."


✵✵✵


Hellouh

Sorry, das Kapitel wurde etwas lang.

Ich hoffe dennoch, dass es euch gefallen hat.

Ahja und noch was betreffend des nächsten Kapitels:

🔥ES WIRD EXPLIZIT! 🔥

Meine Geschichte ist als Erwachseneninhalt markiert. Wem das zu viel ist, überspringt das nächste Kapitel bitte einfach. Ich übernehme keine Haftung für das, was das Kapitel in euch auslösen könnte. ;)

hihihi

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