Eintrag 87, 28. März 3091

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Das Aufnahmegerät gibt knackende Laute von sich. Dann ertönt eine Stimme:
87. Eintrag, 28. März 3091. Nummer 312, Elijah Dorn. Ich erwarte ein Paket. Mir wurde eine neue Lieferung Handfeuerwaffen und die dazugehörige Munition zugesichert. Im Moment ist noch kein Zeichen eines Boten zu sehen. Auch kein verstecktes Paket gab es nicht.
Ich habe meine Uniform in die Reinigung gebracht, mein Gewehr gereinigt und die Anstecknadeln an meinen Overall geheftet. Jetzt kürze ich meine Haare noch einmal, so wie befohlen. In einer Stunde und dreiundvierzig Minuten mache ich mich auf den Weg in die Trainingshalle. Die neuen Rekruten werden eingeteilt in ihre Zuständigkeitsbereiche. Drei wird es jetzt für die Königsgarde geben. Ich muss sie einweisen, ihnen das Schloss zeigen und ihnen ihre Aufgaben verdeutlichen, damit nichts schief geht. Danach steht heute noch Schießtraining in meinem Tagesablauf. Allerdings ist mir noch nicht ganz klar, wie ich schießen soll, ohne eine funktionierende Schusswaffe.
Die Rasiermaschine springt an und einen Moment schweigt der Soldat. Es klappert, als er die Utensilien wieder in den Schrank stellt und er fährt mit seinem Bericht fort:
Meine Haare sind wieder auf die geforderte Länge gestutzt. Ich werde jetzt noch einmal nachsehen, ob mein Paket bald eintreffen wird.
Schritte auf Holzdielen sind zu hören und eine Tür öffnet sich quietschend.
Ich ziehe meine alte Pistole um im Falle des Ungehorsams den Boten erschießen zu können. Entsichert. Ich habe die Tür jetzt geöffnet und.. Warte! Stopp!
Ich melde: Mein Paket ist angekommen. Erstaunlicherweise hat sich der Bote nicht mehr umgedreht. Sie ist einfach weitergegangen. Das Siegel auf dem Karton ist keineswegs gebrochen. Ich nehme jetzt ein Messer und öffne das Paket.
Es knistert, Karton reibt an Karton. Dann ertönen metallene Geräusche. Es klickt beim Entsichern der Waffe.
Der Inhalt ist wie erwartet unberührt. Ich halte die Waffe in meinen Händen. Das neue Modell in doppelter Ausführung. Die Munition wird ausreichend sein für mehrere hundert Schießübungen. Ich bin erstaunt, dass die Frau, die geliefert hat, sich als erste an ihre Vorgaben gehalten hat. Nicht einmal gezuckt hat sie, als ich ihr hinterhergerufen habe. Ihr Gesicht konnte ich nur flüchtig erkennen, als sie um die Ecke zweihundert Meter weiter gebogen ist. Sie war jung, dunkelblond und schlank. Abgemagert. Trotzdem hat sie nicht interessiert, was sie transportiert hat und ihre Neugier hat sie so gut versteckt, wie kein Soldat es kann. Ich muss hiermit wirklich anmerken, dass ich Respekt und Hochachtung empfinde und mir durchaus vorstellen könnte, dass man auch Frauen in den Dienst ruft. Obwohl ich nicht noch mehr Menschen eine solche Tortur wünsche wie wir alle durchleben mussten. Gerade Frauen würden es vermutlich nicht überstehen. Schon Männer und Jungen haben Probleme damit.
Er räuspert sich. Anscheinend ist ihm bewusst geworden, dass er das nicht hätte sagen dürfen. Das Schweigen zieht sich über mehrere Sekunden.
Ich verstaue die Waffen jetzt in meinem Waffenschrank und mache mein Bett.
Er fährt einfach fort, ohne auf das eben Gesagte einzugehen. Ein weiteres Schweigen folgt.
Sie erinnert mich an meine Schwester. Ich hoffe sie erhält eine gebührende Belohnung für ihren Gehorsam. Alles andere wäre keineswegs angebracht. Auch im Militär wird Gehorsam belohnt, warum also nicht auch als Bote.
Wieder schweigt er.
Entschuldigen Sie meine Abweichung vom normalen Bericht.
Ende.

Bericht, Vernommen: Nummer 312, 31. März 3091

Mit einem Klicken schaltet sich das Gerät ein. Es knistert. Stühle werden verrückt, eine Flüssigkeit wird vergossen.
Wie heißen Sie?
Ich denke, das wissen Sie General. Sie waren es doch persönlich, der mich verhaftet hat.
Das war nicht meine Frage Soldat!
Wenn das Ihre Frage gewesen wäre, hätten Sie wohl kaum einen derartigen Aufstand um meine Antwort gemacht, aber wenn Sie sich tatsächlich nicht mehr erinnern können, sollten Sie einen Arzt aufsuchen.
Werden Sie nicht frech Soldat! Wie lautet Ihr Name?
Elijah Dorn.
Was wirft man Ihnen vor Soldat?
Der Soldat seufzt und trinkt etwas. Genervt klopft jemand mit dem Fingernagel auf den Tisch.
Ungehorsam.
Und warum haben Sie ihre Befehle missachtet?
Ich war geistig nicht bei mir. Sie müssen verstehen. Ich hatte eine sehr unruhige Nacht und wurde dann abgelenkt.
Wovon?
Das kann ich Ihnen nicht beantworten General. Es ist mir bedauerlicherweise entfallen. Vielleicht sollten wir uns beide einmal beim Kompaniearzt melden. Paarbehandlungen sind für unsere Psyche sicherlich sinnvoll. Für unser Selbstbewusstsein sowieso. Ich sehe, wir können nur gewinnen.
Jemand schlägt wütend auf den Tisch. Holz splittert. Ein Glas fällt zu Boden und zerbricht klirrend.
Ich lasse mich nicht von Ihnen zum Narren halten Soldat! Erzählen Sie mir die Wahrheit oder Ihr Prozess ist schneller durch als Sie meinen Namen sagen können!
Der Soldat lacht. Man versteht nicht mehr, was sein Befehlshaber sagt. Herzhaft klingt das Gelächter.
Ich kann mir nicht vorstellen, was an dieser Tatsache so verdammt lustig sein soll, aber wenn Sie mich einweihen wollen, dann nur zu!
Ich denke nur, dass mir dann ja noch ein Weilchen bleibt Maximilian Leonardo Friedrich.
Irgendwo öffnet sich eine Tür. Das Holz kratzt über vermutlich metallenen Boden. Die Luft knistert fast vor Anspannung. Eine Frauenstimme:
Ich soll 312 auf psychische Leiden oder Störungen untersuchen. Wenn Sie den Raum dafür bitte kurz verlassen könnten. Ihre Anwesenheit könnte das Ergebnis verfälschen und das wollen wir natürlich nicht riskieren.
Stühle werden über den Boden gezogen, Schritte entfernen sich und die Tür wird geschlossen. Der Soldat:
Wenn ich gewusst hätte, dass du deine Arbeit als Krankenschwester für derartige Zwecke missbraucht, hätte ich dir den Platz nicht besorgt. Ich hoffe du weißt, dass du dich damit strafbar machst?
Die Frau lacht:
El. Kannst du nicht einmal dankbar dafür sein, dass deine kleine Schwester Luisa dir den Hintern rettet? Du warst schon immer so besorgt um andere, dass du dich niemals freuen konntest. Ich bin erwachsen, auch wenn du gern die kleine Schwester wieder hättest, die sich mit dir um ein Softeis prügelt und nicht um eine Waffe.
Okay. Okay. Danke.
Jemand kramt in einer Tasche und mehrere Tabletten werden auf den Tisch geschüttet.
Wir simulieren hiermit einen Herzstillstand und dann bringe ich dich hier raus.
Sie macht eine kurze Pause.
Aber nur, wenn du mir versprichst, dass du nie wieder so ein Blödsinn anstellst.
War es den Blödsinn, wenn ich eine unschuldige Person leben lasse?
Wenn du dafür sterben musst? Ja.
Die beiden schweigen und es sind nur Schluckgeräusche zu hören, als der Soldat die Tabletten zu sich nimmt. Dann fällt etwas schweres zu Boden. Er scheint das Bewusstsein verloren zu haben.
Hoffen wir, dass mein Plan funktioniert und man die Regeln so genau nimmt, wie man es von dem Militär erwartet.

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