1. Auf der Flucht

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Mein Atem ging schnell und meine Lunge brannte. Zudem hatte ich ständig dieses Stechen in der Seite, was definitiv nicht hilfreich war.

Eigentlich war ich ganz fit und längere Strecken waren für mich kein Problem, doch jetzt hatte ich das Gefühl, gleich umzukippen. Das lag aber nicht an meinem Verfolger, sondern an der stark blutenden Schusswunde. Sie war nicht die erste Verletzung dieser Art, nur normalerweise sorgte das Adrenalin dafür, dass ich wenig Schmerz spürte. Jetzt jedoch nahm ich ihn ganz deutlich wahr und versuchte mit ganzer Kraft ein Humpeln zu vermeiden. Schließlich durfte ich nicht langsamer werden!

Den Job hatte ich schon an die tausend Mal gemacht. Es wäre beschämend und unerträglich, wenn ich es jetzt vergeigen würde. Und ganz nebenbei müsste ich dann ins Gefängnis.

Lieber würde ich sterben, als mich der Freiheit berauben zu lassen!

So trugen mich meine Beine einer kleinen, dunklen Gasse entlang. Mein Kopf war ausgeschaltet und meine Priorität war einzig und allein die Flucht. Das war nichts Neues für mich, mein Körper kannte den Ablauf schon. Töten, abhauen, verstecken, eventuelle Wunden versorgen, Lohn holen und dann zum nächsten Auftrag. Immer das Selbe.

Als ich mir sicher war, dass ich meinen Verfolger losgeworden war, blieb ich stehen. Mit zusammengekniffenen Augen blickte ich zurück in die Richtung, aus der ich gekommen war. Doch niemand war da und keine Schritte waren zu hören.

Erleichtert atmete ich aus und ließ mich an der rauen Wand hinuntergleiten. Meinen Kopf lehnte ich nach hinten und schloss die Augen, während meine Arme auf meinen angewinkelten Knien ruhten. Keine Ahnung wie lang ich den Job nun schon machte, aber so knapp war es noch nie. Ich würde sogar sagen, dass ich ein Profi auf dem Gebiet war, aber heute wäre ich wirklich fast abgekratzt! Oder zumindest erwischt worden.

Kritisch sah ich an mir herunter und schob dann langsam mein blutgetränktes Shirt hoch. Das Blut quoll unaufhaltsam aus der Wunde und ein schmerzliches Zischen musste ich krampfhaft unterdrücken, als ich etwas Alkohol auf die Verletzung gab. Zur Not hatte ich immer Hochprozentigen dabei.

Aber nicht um mögliche Verletzungen zu versorgen, sondern im Falle, dass ich erwischt werden würde, noch schnell Etwas trinken konnte und als unzurechnungsfähig galt. Somit würde die Strafe vielleicht etwas abgemildert werden.

Der Alkohol stank ziemlich und vermischte sich mit meinem Blut. Doch es half alles nichts, ich konnte nicht hierbleiben.

Mit den Armen drückte ich mich an der Wand nach oben und hoffte darauf, dass mich meine Beine noch trugen. Langsam und leise schleppte ich mich aus der Gasse und anschließend über die Straße. Nur wo sollte ich jetzt hin? In meine kleine, schäbige Wohnung?

Kurz überlegte ich, kam aber zu dem Entschluss zu meinem Halbbruder zu gehen. Er war ein besserer Mensch als ich, aber dennoch kein Unschuldslamm! 

Als Dieb war sein Risiko, welches er einging, kleiner. Zudem hatte Cosmo silbergrau gefärbte Haare und seine grünen Augen verdeckte er mit sehr dunkelbraunen Kontaktlinsen, da er die Farbe hasste. Kurz um, er hatte sein komplettes Äußeres geändert damit er in den Spiegel schauen konnte, ohne an seine Vergangenheit denken zu müssen.

Wir wohnten seit kurzem nicht mehr zusammen, aber waren oft bei dem jeweils anderen, da wir einander brauchten. Und egal wie groß die Not war, am Ende hielten wir immer zusammen!

Ich war mehr als froh, als ich die Straße überquert und die Laternen hinter mir gelassen hatte. Lieber lief ich durch den Park. Hier sah mich niemand und der Weg war kürzer, denn die Straßen Mexikos waren nachts nicht sicher. Vor allem hier in Tepito, eines der ärmsten und gefährlichsten Gebiete.

Ich musste es ja wissen...

Nach einer gefühlten Ewigkeit klingelte ich bei meinem Halbbruder Sturm. „Komm ja schon!", schrie jemand von Innen als ich erneut klingelte. „Alter, wer zum- ACE?!", rief er geschockt als er mich sah.

Mit müdem Blick sah ich ihn an. „Hey... Cosmo", brachte ich erschöpft hervor und blinzelte die Sternchen vor meinen Augen weg.

„Was ist denn mit dir passiert?!", verlangte er zu wissen, doch ließ mich erst gar nicht antworten. „Warte! Ist das dein Blut?! Wo bist du verletzt?" Schnell kam er auf mich zu und zog mich ins Haus. Dabei verließen mich jedoch meine Kräfte und ich sackte in mich zusammen. 

Der Wille mich aufrecht zu halten war verschwunden. Ich vertraute Cosmo bedingungslos und die Tatsache, dass ich nun bei ihm war, wog mich in Sicherheit. Cosmo war sofort an meiner Seite und stützte mich, wofür ich ihm echt dankbar war. Ein ungewöhnliches Szenario, denn für gewöhnlich gab ich Schwäche nicht gern zu. Mein Halbbruder war etwas kleiner als ich und schon immer der Schmächtigere. Das lag aber auch am Altersunterschied.

„Claudia, zieh dir etwas an! Ace ist da!", schrie Cosmo plötzlich laut.

„Ich heiße Clarissa!", fauchte eine weibliche mir bekannte Stimme zurück. 

Irritiert und angeekelt sah ich ihn von der Seite aus an. Doch von ihm kam nur ein Schulterzucken. „Als ob ich mir alle Namen merke", erklärte er wie selbstverständlich und grinste leicht. 

Jetzt wurde mir auch klar, wobei ich ihn gestört hatte. Und um ehrlich zu sein, es tat mir nicht leid. Er hatte sich wie so oft eine der billigen Schlampen von Tai geholt. Besonders Clarissa war oft da, sie entsprach genau seinen Vorlieben und hatte es auch schon bei mir versucht, doch da biss sie auf Granit. Dabei waren wir mal gut befreundet.

Keuchend brachte er mich zum Sofa und setzte mich dort ab. Dann verschwand er im Schlafzimmer und sprach laut mit Clarissa. Eigentlich war sie eine hübsche Blondine, hatte nur eben wenig in der Birne. Aber Cosmo war nicht wählerisch und so waren beinahe jeden Abend Frauen hier. Vor allem die Frauen aus Tais Bordell.

Die Tatsache, dass Cosmo mit seinen 17 Jahren noch gar nicht volljährig war, interessierte keinen.

Die kleine Wohnung war dunkel mit etwas rot eingerichtet und hatte große Ähnlichkeit mit einer Müllkippe, was nicht nur an Cosmos Unordnung lag, war aber trotz allem noch besser als meine Schlafstätte. Außerdem gab es sicherlich keine Wohnung, über die ich mich beschweren könnte. Das Leben auf der Straße, welches wir vor kurzem geführt hatten, war einfach prägend. Misstrauisch beäugte ich das Sofa und wollte gar nicht wissen, wann und wie oft er es schon hier drauf getrieben hatte.

„Hallo und Tschüss Ace!", zickte Clarissa, die wütend aus Cosmos Zimmer kam und mir einen bitterbösen Blick zu warf, ehe sie verschwand.

Ich würde ja schadenfroh grinsen, musste aber die Zähne wegen dem Schmerz zusammenbeißen. Für einen Augenblick schloss ich meine Augen, bereute es aber sofort. Der altbekannte Schwindel kam zurück und mir wurde kotzübel. Es erforderte höchste Konzentration mich nicht zu übergeben.

„Ich hoffe für dich, dass wir die Blutung stoppen können, sonst haben wir ein echtes Problem", kam es plötzlich von meinem Bruder und als ich aufsah, sah ich ihn mit Verbandszeug auf mich zueilen. Obwohl das hier nichts Sonderbares war, wirkte er unglaublich gehetzt und sein Blick sprach Bände.

„Hm, wenn nicht... dann ist es halt so", meinte ich erschöpft.

Cosmo kniete sich neben mich und drückte mich bestimmt an den Schultern zurück auf das Sofa. „Red kein Scheiß, du Assassin!", fauchte er aufgebracht in dem Wissen, dass ich diese Bezeichnung nicht sonderlich mochte. „Oder bist du etwa dein nächster Auftrag?"

Meine Antwort hatte ich schon parat, doch er unterbrach mich, indem er mir mein Shirt auszog. Mit besorgtem Blick sah er sich die Wunde an und kümmerte sich anschließend drum. Ich hingegen lehnte meinen Kopf zurück und wollte die Augen schließen.

Allerdings ließ Cosmo das nicht zu. „Na na na, schön wach bleiben und Augen auf!"

Murrend sah ich ihn an und schweifte mit den Gedanken ab. Eigentlich müsste die Wunde genäht werden, doch wir hatten die Mittel dazu nicht. Und Krankenhaus fiel für uns beide aus.

Irgendwann, als er dabei war den Verband anzulegen wurde ich immer müder. Die Kugel musste er zum Glück nicht suchen, der Schuss war glatt durchgegangen. Doch es fiel mir schwer, meine Augen offen zu halten und alles drehte sich. Wahrscheinlich wegen des hohen Blutverlustes.

„Ace, nicht schlafen!", bestimmte Cosmo und als er bemerkte, dass seine Worte nichts brachten, wurde er leicht panisch. „Hey, bleib bei mir Ace! Wehe du verreckst mir hier!"

Ich nahm ihn jedoch nicht mehr richtig wahr, seine Worte und sein Gesicht über mir verschwanden immer mehr und das Letzte, was ich hörte, war mein Name. Dann wurde alles schwarz.

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