51. Eine Frage des Glaubens

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Frustriert verzog ich das Gesicht als sich neben mir die Tür öffnete. Ich war schon sehr lange hier draußen, hatte mit Sicherheit die ganze Predigt verpasst. Und so leid es mir auch tat, es war mir im Grunde egal.

„Versuchst du irgendwie braun zu werden?"

Ohne es verhindern zu können, wanderten meine Mundwinkel nach oben. Cosmo schaffte es beinahe immer, dass sich meine Laune besserte und meine drüben Gedanken in den Hintergrund gerieten. Er brachte eine eben gewisse Leichtigkeit mit. Gegen die Sonne anblinzelnd sah ich nach oben zu ihm.

„Dafür solltest du aber die Klamotten loswerden", riet er mir mit einem dreckigen Grinsen und leise ließ er sich neben mir an der Wand hinabsinken. „Wobei du wahrscheinlich eher der Typ bist, der Sonnenbrand bekommt. Nicht so sexy."

Ich antwortete nichts darauf. Da er allein war, schien der Gottesdienst noch nicht vorbei.

„Was machst du hier draußen?", fragte mein Bruder und der Schalk war aus seiner Stimme verschwunden. Stattdessen musterte er mich ernst und mit einer Besorgnis, die mich anwiderte.

„Nichts."

„Aha." Unbeeindruckt zog er die Augenbrauen hoch. „Und jetzt die Wahrheit?"

Ich seufzte. Lehnte meinen Kopf wieder gegen die Wand und schloss die Augen. Mein Inneres war sich uneinig. Sollte ich ihn einweihen? Meine Sorge mit ihm teilen und vielleicht unnötig beunruhigen? Cosmo hielt nichts vom Glauben. Zumindest nicht allzu viel.

„Ich mach mich nur selbst verrückt", entgegnete ich.

Cosmo drückte sich etwas näher an mich, wodurch ich seine überflüssige Körperwärme durch die edle Kleidung spürte. „Was meinst du?"

„Egal." Schnell schluckte ich den Kloß hinunter. „Wie stehst du eigentlich zum Glauben, Cosmo?"

Überrascht rückte er von mir ab. Irritiert öffnete ich die Augen und sah meinem Bruder dabei zu, wie er sich mir gegenüber in den Dreck setzte und mich nachdenklich musterte. Ich kannte seine Antwort eigentlich schon. Und es machte mir Angst. Den Glauben konnte und sollte man niemanden aufzwingen. Nur war ich es gewohnt, dass wir immer dieselbe Meinung hatten und wollte nun auch Das mit ihm teilen.

„Was soll die Frage?", wollte er mit Misstrauen in der Stimme wissen. Unsicher biss ich mir auf die Unterlippe. Und das war der Moment, wo es in seinem kleinen Köpfchen Klick machte. „Du glaubst an ihn, oder? An Gott."

Zaghaft nickte ich. Hielt den Augenkontakt. „Mein Leben liegt jetzt in seinen Händen." Freudlos lachte ich auf. „Das hätte ich selbst kaum für möglich gehalten, glaub es mir. Im Gegenteil... ich war sogar sauer auf ihn. Sehr sauer. Weil er uns hat leiden lassen, all die Jahre... Aber dann hab ich verstanden." Lächelnd sah ich wieder mit geschlossenen Augen nach oben und lehnte mich an die Wand. „Ich will nicht so weiterleben wie bisher, Cosmo."

Er sagte nichts. Wir schwiegen uns gegenseitig an und der Druck in meinem Brustkorb wurde mit jeder Sekunde, in der er nichts sagte, mehr.

„Deswegen wolltest du nicht mehr Assassin genannt werden", kam es irgendwann leise von ihm.

Ich nickte und sah ihn vorsichtig an. „Du kannst es vielleicht nicht verstehen, aber seit ich Jesus in mein Leben gelassen hab, herrscht irgendwie Frieden in mir."

„Schön für dich."

Leidend verzog ich das Gesicht. Seine Haltung gefiel mir nicht, ändern konnte ich sie aber auch nicht. „Cosmo-"

„Nein, Ace!", unterbrach er mich plötzlich sauer und stand auf. Seine grünen Augen musterten mich zwiegespalten und ich kämpfte innerlich darum, Ruhe zu bewahren. „Ich weiß, was du sagen willst und ich kann dir gleich versichern, das ist nichts für mich!"

Ich erwiderte nichts. In solch einer Situation sollte man lieber schweigen.

Cosmo wollte gerade erneut ansetzen, da öffnete sich die Tür neben uns erneut. Ein älteres Ehepaar trat heraus, nickte uns überrascht, aber auch freundlich, zu. Ich erwiderte den Blickkontakt kurz, ehe ich wieder zu meinem Bruder sah. Verbarg meinen Schmerz über seine Haltung diesmal nicht. Das hatte zur Folge, dass er sich schnaubend abwandte.

Doch ich wollte es nicht so enden lassen.

Eilig sprang ich auf, holte ihn ein und drehte ihn schwungvoll zu mir um. „Ich kann verstehen, dass du das nicht willst. Aber bitte sag mir eine Sache."

„Und die wäre?"

„Gibt es Gott?"

„Was ist das für eine bescheuerte Frage?!", fauchte er und wollte sich losreißen.

Doch ich ließ ihn nicht los. Sah ihn eisern an. „Beantworte sie mir einfach. Gibt es einen Gott?"

„Wie oft noch, ich glaube nicht an ihn!"

„Das war nicht meine Frage!", knurrte ich zurück. „Nur, weil du keinen Glauben in ihn hast, heißt das noch lange nicht, dass er für dich nicht existiert." Meine Gesichtszüge wurden weicher. „Du hast meine Verletzung damals zuerst gesehen. Sie versorgt. Hast die Infektion gesehen. Die Heilung. Du hast unser Drecksloch von Heimat gesehen. Und jetzt sind wir hier. Haben ein Zuhause... Und nach all dem, sieh mir in die Augen und sag mir, dass es keinen Gott gibt."

Tränen glitzerten in seinen Augen und geschlagen drehte er sein Gesicht zur Seite. „Wir wissen beide, dass es Gott gibt." Gequält stieß er die Luft aus. „Aber du weißt auch, was wir alles durchmachen mussten. Ich kann das nicht einfach vergessen!"

„Ich doch auch nicht", entgegnete ich leise und lehnte meine Stirn an seine. Versuchte ihn zu beruhigen. „Aber ich fokussiere mich lieber auf meine Zukunft, als bei Gott die Fehler wegen unserer Vergangenheit zu suchen."

Ihm entwich ein Lachen. „Das war jetzt bisschen viel Kitsch."

„Klappe", maulte ich beleidigt und grinste ihn an. Dann atmete ich tief durch. Hörte wie bereits die nächsten Leute die Gemeinde verließen. „Versprichst du mir etwas?"

„Was?"

„Lass dich auf ihn ein." Um ihn in die Augen sehen zu können, entfernte ich mich wieder von ihm. „Du kannst nichts erzwingen. Ich genauso wenig, aber versuche wenigstens ihm eine Chance zu geben. Bitte."

Zweifelnd sah er mich an. „Und wenn ich keine Beziehung zu ihm aufbauen kann?"

„Das kommt, versprochen. Ein Schritt nach dem anderen", meinte ich und sofort hatte ich ein leichtes Gefühl in der Brust als er nickte.

Natürlich musste es Cosmo selber wollen. Nur wegen mir würde er wohl nicht zum Glauben kommen. Aber ich konnte ihn begleiten. Schließlich ging ich den Weg gerade selbst. Würde ich in den Genuss eines besseren Lebens kommen, Cosmo dafür aber nicht, das könnte ich mir selbst nie verzeihen. Schon gar nicht, wenn es um eine so wichtige Sache ging.

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