Hoffnungslos?

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Bens p.o.v.

Ich merkte kaum, wie Alessandro mich von dieser Tür wegzog.
Merkte kaum, wie er mich die Treppe hinunterführte und zur Terrassentür hinaus.
Meine Beine liefen automatisch mit, während mein Herz an Ort und Stelle liegen zu bleiben schien.

Ich konnte quasi sehen, wie es blutend und einsam vor dieser Tür aus Titan pochte, in einem unregelmäßigen Rhythmus.
Wüsste ich es nicht besser, würde ich sagen, es starb.
Aber musste dann nicht auch ich sterben?
Konnte man mit einem herausgerissenen Herzen leben?
Ich wusste es nicht. Aber ich fürchtete, ich würde es bald erfahren.

Alessandro führte mich zum Waldrand, wo wir stehen blieben.

"Ben.", sagte er bestimmt.
Ich blickte ihn an. Keine Wut lag in meinem Blick, keine Aggression.

Lilly wollte mich nicht sehen. Wollte mir nicht einmal die Gelegenheit geben, alles zu erklären.
Das war mehr als ein Stoß gegen die Brust. Es war unerträglich.

"Ben.", wiederholte Alessandro sich.
"Hör mir zu. Lilly geht es gerade schlecht. Das wird sich aber wieder legen. Also..."

Ich unterbrach ihn mit einem bitteren Lachen.

"Du hast ja keine Ahnung, Alesssandro.", meine Stimme klang so viel anders als sonst. So verbittert.
"Das wird sich nicht einfach so legen. Sie wird nicht irgendwann zu mir kommen und mir ihre ewige Liebe gestehen." Bei den letzten Worten drohte mir die Stimme zu versagen. Ich räusperte mich und fuhr fort:
"So ist Lilly nicht. Und so wird sie auch nie sein."

Lilly war verschlossen. Ich hatte nichts dagegen. Na ja, hätte nichts dagegen, wenn es nicht unsere Beziehung zerstören würde.
Ich hatte ihr Zeit gegeben, um aufzutauen. War ihr immer eine Stütze gewesen.
Aber was hatte es mir gebracht ? Nichts. Rein gar nichts.

Ich wusste nicht mehr, was ich tun sollte. Nicht, wenn sie mich nicht einmal mit ihr reden ließ.
Ich war komplett ratlos, was sie anbelangte. Ratlos und hoffnungslos.

Alessandro biss sichtbar die Zähne zusammen.
"Sie wird es vielleicht nicht sagen.", meinte er langsam.
"Aber sie wird es spüren. Sie weiß, dass ihr zusammengehört und merda, sie liebt dich, das hast du genauso gut gehört wie ich. Sie braucht nur ein wenig Zeit, um über ihren ganzen Mist hinwegzukommen. Zeit und Hilfe. Und die wird sie bekommen. Also bitte, hab noch ein bisschen Geduld. Ich weiß, dass zwischen euch schon noch alles gut werden wird."

Skeptisch blickte ich ihn an. Er hatte ja keine Ahnung. Ich hatte Lilly bereits Zeit gegeben. War für sie da gewesen, hatte ihr Hilfe versprochen.
Sie hatte sie nie angenommen. Hatte alles verdrängt.
Und nun waren wir hier.
Wo würden wir in fünf Jahren sein?
Ich wagte nicht einmal, daran zu denken.
Wagte nicht, mir eine Zukunft ohne Lilly vorzustellen.

Lillys p.o.v.

Ich blieb den ganzen restlichen Tag in meinem Zimmer. Olivia war bei mir, holte mir auch das Abendessen hoch und brachte es wieder hinunter.
Sie wollte mich dazu überreden, morgen wieder zu Hause zu bleiben.
Aber ich protestierte.

Ein Teil meiner eiskalten Maske war wieder aufgetaucht und ich nutzte sie schamlos aus, kapselte mich von allem und jedem ab.
Ich erkannte die Sorge in Olivias Augen und sah auch die Enttäuschung kurz aufblitzen.

Sie hatte wohl gedacht, jetzt, wo ich ihr so viel erzählt hatte, so viel anvertraut hatte, waren wir beste Freundinnen und ich würde ihr gegenüber nicht mehr meine Maske aufsetzen.

Ich wusste nicht mehr, was das Wort Freundschaft bedeutete.
Es war zu einem fremden Begriff für mich geworden.
Vor Damien und meiner Isolation, zu der er mich gezwungen hatte, hatte ich Freunde gehabt.
Oder?
Was waren denn schon Freunde?
Ich hatte Leute gehabt, die mit mir gesprochen hatten. Über das Wetter, über die Schule, über Jungs.
Aber offen geredet? Das hatte ich nie. Nicht in der Schule mit den Menschen und schon gar nicht mit den Leuten aus meinem Rudel.

Ich war nicht dazu gemacht, eine Freundin zu sein. Alles, was ich kannte, war Scharade. Eine Maske aufzusetzen, eine Schein-Freundin zu sein.
Ich könnte mir Vermutungen darüber aufstellen, wie es war, wirklich mit jemandem befreundet zu sein.

Wahrscheinlich sollte ich weiterhin offen mit Olivia sein, meine Maske ablegen.
Aber ich konnte nicht. Meine Maske war vertraut, schenkte mir Sicherheit.
Ohne sie fühlte ich mich beinahe nackt.
Musste wohl ein ähnliches Gefühl sein, wie es Victoria hatte, wenn sie mal kein Make-up trug.

Also hielt ich die Stücke meiner Maske fest umklammert.
Sah Olivia mit eisernem Blick an, während ich entschlossen sagte:

"Ich gehe morgen zur Schule.", Meine Stimme war hart wie Stahl und duldete keinen Widerspruch.
Fest sah ich Olivia in die Augen. Sie sah zurück. Ich wandte nicht den Blick ab. Sie genauso wenig.
Nach einer schieren Ewigkeit, in der wir uns so angestarrt hatten, schürzte sie schließlich die Lippen.

"Na schön!", fauchte sie schon fast.
"Aber wenn irgendwas ist, rufst du mich und wir gehen nach Hause, verstanden?"

"Verstanden.", erwiderte ich. Aber es würde nichts sein. Und selbst wenn, würde ich einen Teufel tun, und mich dazu bringen lassen, wie ein getretener Welpe nach Hause zu humpeln.

Olivia sah nicht so aus, als würde sie mir glauben. Nun, auf den Kopf schien sie nicht gefallen zu sein.
Aber dennoch, sie würde nichts daran ändern können.

"Ich bin müde.", verkündete ich schließlich.
Und das war ich tatsächlich. All die heutigen Ereignisse lasteten schwer auf meinen Schultern. Schlaf erschien mir wie eine tröstliche Umarmung, die mich für einige Stunden alles vergessen lassen würde.
"Ich gehe duschen und schlafe dann. Du kannst heute gerne wieder bei Alessandro schlafen. Ich glaube, ich kriege es gerade noch selber hin, selbst einzuschlafen.", mein Ton war scharf. So sollte man wohl nicht zu einer Freundin sprechen, oder?
Aber es war mir egal. Ich war zu kraftlos, um mich darum zu kümmern.

In Olivias Augen konnte ich ablesen, wie sie mit sich haderte. Sollte sie bei Alesssandro schlafen? Oder bei mir?
Ich wusste, wie sie sich entscheiden würde.
Sie hatte Alessandro den ganzen Tag lang nicht gesehen, wenn man heute Morgen und die kurzen Momente, als sie mein Essen geholt hatte, nicht mitzählte.
Sie vermisste ihn bestimmt. Sie würde bei ihm schlafen.
Und ich verurteilte sie deswegen nicht. Er war ihr Mate, ich an ihrer Stelle hätte genauso gehandelt.

Ich ersparte es ihr, mir ihre Entscheidung mitzuteilen, nahm meinen Schlafanzug und ging aus dem Zimmer ins Bad.
Meine Bewegungen waren mechanisch, als ich mich auszog und unter die Dusche stellte.
Warmes Wasser prasselte auf mich nieder. Doch entgegen meiner Hoffnung konnte es nicht all die negativen Gefühlen von mir wegwaschen, die sich zu einer schwarzen Wolke in mir aufzutürmen schienen.

Nach der Dusche trocknete ich mich ab, zog mich an und erfüllte meine Abendroutine, mit Zähneputzen und Gesicht reinigen.

Als ich wieder in mein Zimmer kam, war Olivia weg.
Ich hatte es erwartet und doch gab es mir einen Stich.
Dabei war das dumm. Wir waren nicht einmal richtige Freundinnen. Hatten uns vielleicht heute ganz gut verstanden, aber was war das schon?
Olivia hatte einen Mate. Sie würde ihn einer Freundin immer vorziehen. Und wer könnte sie deswegen schon verurteilen?

Ich biss die Zähne zusammen, verscheuchte das negative Gefühl aus mir.
Dann schlüpfte ich unter meine Bettdecke und schloss die Augen.

Es war dunkel. Tröstende Dunkelheit. Und doch konnte ich einfach nicht einschlafen.
Ich musste an morgen denken. An meinen Deal mit Damien.
Nicht nur Schule musste ich überstehen, sondern auch Damien.
Yippie.
Aber was blieb mir schon anderes übrig?
Und so konnte ich wenigstens Ben ausweichen.
Wenn man irgendwas Positives daran sehen wollte....

Die Gedanken schwirrten mir im Kopf herum und wollten einfach nicht schwinden, hinderten mich am Einschlafen.
Ich biss die Zähne zusammen.
Keine Ahnung, wie viel Zeit verging, aber irgendwann hörte ich leise Geräusche. Schritte.
Dann wurde die Türklinke nach unten gedrückt. Und jemand huschte ins Zimmer.
Für einen Moment spannte ich mich an.
Aber der Geruch, der ins Zimmer wallte, gehörte nicht zu Ben.
Nein, er gehörte zu Olivia. Unwillkürlich entspannte ich mich wieder.
Als hätte ich mich bereits an ihre Anwesenheit gewöhnt.

Sie kam zum Bett, als meine leise Stimme die Stille um uns durchbrach:

"Was willst du hier?", ich hörte mich schneidend an, unfreundlich.
Aber immer noch besser als bedürftig. Ich wollte nicht, dass sie wusste, dass Hoffnung in mir aufwallte. Dumme, kleine Hoffnung. Ich meine, wie alt war ich? Vier?
Ich brauchte niemanden, der in einem Bett mit mir schlief.

Olivia zuckte zusammen.
"Hab ich dich geweckt?", fragte sie schuldbewusst.

Ich könnte weiterhin garstig sein, aber dazu fehlte mir die Kraft. Und außerdem war Olivia heute so freundlich zu mir gewesen ...
Es wäre nicht fair, meine schlechte Stimmung an ihr auszulassen.

Also erwiderte ich einfach:
"Nein, ich war noch wach."

"Darf ich heute bei dir schlafen?", fragte sie vorsichtig, beinahe schüchtern.
Ich wusste nicht, ob sie das absichtlich so machte.
Hätte sie bestimmt gesagt, dass sie heute bei mir schlafen würde, hätte ich protestiert. Ich hatte praktisch eine Allergie gegen einen bestimmten Tonfall.
Aber so...sie gab mir die Macht mit dieser Frage, stellte sich selbst als die Bedürftige dar, wo wir beide doch wussten, dass es genau andersherum war.

Ich nickte.
"Von mir aus.", erwiderte ich, als wäre es mir gleichgültig.
Dabei schoss Erleichterung durch mich. Ich wollte keinen Alptraum haben und dann alleine aufwachen müssen.
Schwach, ich weiß. Aber daran ließ sich wohl einfach nichts ändern.

Olivia antwortete nichts, sondern krabbelte über mich, schlüpfte unter die Decke und legte sich neben mich.

"Gute Nacht.", murmelte sie.
"Nacht.", erwiderte ich.

Es dauerte nicht lange, und Olivias Atem ging gleichmäßiger.
Sie war eingeschlafen. Währenddessen drehten meine Gedanken noch immer wild in meinem Kopf umher.
Doch nicht über den morgigen Tag, sondern über Olivia.

Sie war tatsächlich zurückgekommen.
Schlief lieber neben mir als neben ihrem Mate.
Ein weiteres Mal staunte ich. Ich war so etwas nicht gewohnt, dass sich jemand um mich kümmerte.
Dass jemand so selbstlos war.
In meinem ehemaligen Rudel war jeder nur auf sich bedacht gewesen.
Noch immer war es so ungewohnt, wenn jemand gegenteilig handelte.
Würde ich mich wohl jemals daran gewöhnen?

Ich wusste es nicht.
Aber ich wusste, dass Olivia eine wahre Luna abgeben würde.
Ich hatte nicht gelogen, als ich Alessandro vor nicht allzu langer Zeit ebendiese Worte gesagt hatte.
Olivia war selbstlos und mutig, empathievoll und voller Licht.
Sie war eine perfekte Luna.

Und doch schlich sich ein böser kleiner Gedanke in meinen Kopf....
Würde ich ihr Licht durch meine Dunkelheit vernichten?

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