Immer wenn es Zeit wird zu gehn, verpass ich den Moment und bleibe stehn

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Berlin, Neukölln
November 2009

Nur zehn Minuten, nachdem ich Maya aus der Wohnung geschmissen hatte, klingelte es an der Tür.
„Bleib liegen, Luke", flüsterte Ina und zog mich noch enger in ihre Umarmung.
„Was will sie denn jetzt bloß noch?", fragte ich sie verzweifelt, während es erneut klingelte. Da es für die Klingel unten an der Straße und die Klingel oben an der Wohnungstür in unserem Haus zwei verschiedene Töne gibt, war zu erkennen, dass Maya sich noch immer oben vor der Tür befinden musste. Physisch gesehen trennte mich nur eine Wand von ihr, aber auf allen anderen Ebenen lagen jetzt plötzlich Welten zwischen uns.
„Ich war so dumm. Verdammt, dabei hab ich doch schon länger gemerkt, dass sie mich verarscht. In den ersten Tagen nicht, aber dann ja schon. Es hat sich trotzdem so unglaublich gut angefühlt und dabei bedeute ich ihr offenbar gar nichts." Mittlerweile klingelte es schon zum vierten Mal.
„Lukas, die Gefühle machen schon manchmal komische Sachen mit einem. Mach dir keine Vorwürfe", sagte Ina und streichelte mir zärtlich durch die Haare. „Wenn die Nutte nicht bald aufhört, zu klingeln, raste ich aus."
„Nutte ist jetzt aber hart gesagt", protestierte ich leise.
„Es gibt gar kein Wort, das hart genug ist für sie. Außerdem ist sie doch eine Nutte. Du hast ihr Geld gegeben oder für sie bezahlt und dafür hast du von ihr ein bisschen Action im Schlafzimmer bekommen. So war es doch, oder nicht?"
„Mh, so besonders viel ist da gar nicht gelaufen. Es war nur Küssen und heiß machen, ohne wirklich mal zur Sache zu kommen. Sie meinte dann irgendwie, dass sie bisher erst mit einem einzigen Mann im Bett war. Eines verstehe ich nicht so ganz, sie hat ja in der Bahn gesagt, dass sie mit irgendeinem Typen nach Hamburg gezogen ist, von dem sie glaubte, er sei der ultimative Mann für sie. Da geht man doch dann davon aus, dass er der eine war, der sie gebumst hat. Aber den hat sie erst kennengelernt, nachdem sie damals fast mit mir Sex hatte. Das würde ja bedeuten, sie war da noch Jungfrau gewesen, oder hab ich jetzt einen Denkfehler drin? Es hat sich nicht so angefühlt, als ob ihr das fremd wäre, eher so als wüsste sie genau, was sie tut. Außerdem ist das doch seltsam, dass so eine heiße Frau erst mit Mitte zwanzig zum ersten Mal gefickt wird."
„Entweder sie hat gelogen, was mich nicht im Geringsten wundern würde, oder aber sie hatte schon damals nicht wirklich vor, mit dir zu schlafen. Wobei ich mir keinen Reim darauf machen kann, was ihr die Lüge in beiden Fällen bringen sollte. Ja, sie wollte halt jetzt, dass du sie finanzierst. Aber mal ehrlich, bei dir ist ja jetzt nicht wirklich so viel zu holen, dass sich der ganze Aufstand gelohnt hätte."
„Ich bin so verdammt enttäuscht. Ich hab mir so lange eingeredet, dass sie ernsthaft was von mir will, bis ich es mir selbst geglaubt habe."
„Einigen wir uns einfach drauf, dass sie eine geisteskranke Schlampe ist, die wahrscheinlich selbst nicht weiß, warum sie was macht."

Als es zum zehnten Mal klingelte, wurde Tania, die die ganze Zeit über tief und fest hinter mir geschlafen hatte, auch wach.
„Seid ihr blöd oder was? Will vielleicht endlich mal jemand die scheiß Tür aufmachen?", sagte sie erbost und strich sich verschlafen ihr langes, dunkelrotes Haar aus dem Gesicht.
„Nee, wir wollen nicht aufmachen, Schatz. Kurz zusammengefasst hat sich herausgestellt, dass die Bitch Lukas die ganze Zeit über verarscht hat, er hat es vorhin geschnallt und sie rausgeschmissen und jetzt nervt sie an der Tür und keiner weiß, warum."
„Oh nein", sagte Tania mit ehrlichem Mitleid in der Stimme und nahm mich von hinten in die Arme, so dass ich jetzt zwischen den beiden Mädels eingequetscht war.
„Manche Männer würden viel Geld bezahlen, um das hier erleben zu dürfen. Eine Frau rausschmeißen und innerhalb von ein paar Minuten zwischen zwei anderen landen", stellte ich amüsiert fest und grinste.
„Solange du noch scherzen kannst, geht es ja", murmelte Tania in meine Haare.
„Ich bin echt froh, dass ich euch hab."

Als Maya zum zwölften Mal klingelte, platzte Tania der Kragen und sie ging zur Tür. Da das Zimmer von Ina direkt gegenüber von der Haustür liegt, konnten wir jedes Wort mithören.
„Was ist denn?", schnauzte Tania Maya in harschem Ton an.
„Oh. Ich...ich.. kann ich bitte nochmal kurz zu Lukas? Das war nicht schön gerade, ich glaube, er hat mich falsch verstanden."
„Ich glaube, wir verstehen dich alle falsch, weil wir kein Fotze sprechen."
„Warum beleidigst du mich so? Du kennst mich doch gar nicht. Wer bist du überhaupt?", sagte Maya mit zitteriger Stimme.
„Ich bin dein Ende, wenn du Lukas noch einmal weh tust."

Ich konnte mich mittlerweile doch noch aus Inas Armen befreien und ging langsam auf die Wohnungstür zu. Dort angekommen, legte ich eine Hand auf Tanias Schulter und sagte: „Schon gut, Tania. Ich komm schon klar. Geh ins Bett. Danke."
Tania seufzte und ging widerwillig zurück in Inas Zimmer, nicht ohne Maya noch einen warnenden Blick zuzuwerfen.
„Ist doch schon alles gesagt. Was willst du?", fragte ich so kühl, wie möglich.
„Nein, Lukas. Ich habe mich falsch ausgedrückt, glaube ich. Kann ich reinkommen? Das müssen wir doch nicht im Treppenhaus besprechen, oder?"
„Na dann komm halt", sagte ich und ging einen Schritt zur Seite, so dass sie durch die Tür gehen konnte. Ich warf einen kurzen Blick auf Tania und Ina, die mich vom Bett aus entgeistert anstarrten und ging dann in Richtung meines Zimmers.
Dort angekommen, setzten wir uns nebeneinander auf die Bettkante.
„Ich wollte damit vorhin nicht sagen, dass du nicht gut genug bist, oder so was in der Art. Du bist wirklich ein wahnsinnig toller Mensch. Aber ich habe jetzt eben diesen Job am Broadway in New York bekommen. Von so etwas habe ich immer schon geträumt. So eine Chance bekommt man nur einmal im Leben, ich kann gar nicht fassen, dass es geklappt hat."
„Schön für dich..."
„Ich mag dich sehr, Lukas. Vielleicht liebe ich dich ja sogar. Aber es ist eben jetzt noch nicht der richtige Zeitpunkt für uns."
Dieser Satz weckte wieder Hoffnungen in mir. Ich versuchte, sie mit aller Kraft wieder nach unten zu drücken, aber es gelang mir nicht. Es war jetzt noch nicht der richtige Zeitpunkt. Noch nicht. Das hieß im Umkehrschluss, der richtige Zeitpunkt würde noch kommen.
Fuck. Ihr Parfüm erfüllte wieder die Luft in meinem Zimmer. Ihre Nähe machte mich wieder schwach. Ich wollte sie wieder küssen. Sie wieder im Arm halten. Mich wieder selbst erniedrigen.
Noch ehe ich mich versah, lagen meine Lippen auf ihren und meine Hände erforschten vorsichtig ihren wunderschönen Körper.
Als wir den Kuss nach einigen Momenten lösten, strich sie mir sanft durch mein Haar, lächelte mich an und sagte: „Lukas, ich komme wieder. Ich gehe nicht wegen dir weg, kann aber auch nicht wegen dir bleiben. Jetzt in diesem Moment funktioniert das nicht. Ich muss die Chance nutzen. Und wenn du mich wirklich liebst, dann musst du mir das gönnen, auch wenn das bedeutet, dass du mich jetzt eine Weile nicht sehen wirst. Und alles, was du mir in den letzten Wochen gegeben hast, bekommst du wieder. Ich wollte dich wirklich nicht ausnehmen. Tut mir leid, wenn das so gewirkt hat."

Sie drückte meinen Oberkörper nach hinten aufs Bett und setzte sich auf mich drauf.
„Du hast echt nur mit einem Kerl geschlafen? Warum?"
„Es war ein ziemlich schlimmer Typ. Ich will da nicht so ausführlich werden. Ich will das einfach nur vergessen."
Sie begann, mir sehr heiße Zungenküsse zu geben und fuhr mit beiden Händen unter mein T Shirt. Obwohl mein Schwanz immer härter wurde und mein Hirn seine Funktionen einzustellen schien, stieß ich sie von mir runter.
„Geh jetzt."
„Willst du nicht?"
„Nein."
„Lukas..."
„Hau ab. Brauchst du noch Geld für dein Flugticket, oder was soll das jetzt?"
Ich hätte sie so gern weitermachen lassen. Mein Verstand, der mir nur noch leise sagte, dass ich nichts von dem glauben soll, was sie da gerade gesagt hatte, kämpfte schwer mit meinem Körper, von dem jeder Zentimeter vor Sehnsucht brannte. Ich stand auf, zerrte Maya von meinem Bett runter und schob sie wieder aus meinem Zimmer, in Richtung Wohnungstür.
„Gehst du freiwillig oder muss ich nachhelfen?", fragte ich sie bestimmt.
„Es sieht nicht so aus, als ob du wirklich willst, dass ich gehe", flüsterte sie, warf einen Blick auf meine beachtlich ausgebeulten Shorts und leckte sich über die Lippen.
Mein Verstand verabschiedete sich in die Pause. Ich drückte Maya an die Wand, presste ihr jeden Zentimeter von mir da hin, wo ich ihn unbedingt haben wollte, krallte meine Hand in ihre Haare und küsste sie gierig. Sie schlang ihre Beine um meine Hüften, ich packte sie mit beiden Händen an ihrem Hintern und ging, sie immer weiter küssend, mit ihr in Richtung der Kommode, die im Flur steht. Mit einer Hand fegte ich alles herunter, was darauf stand und setzte Maya dort ab.
„Ich will dich.. jetzt... sofort", keuchte sie atemlos in mein Ohr.
„Warte hier, ich hol was."

Während ich im Chaos meines Zimmers nach einem Kondom suchte, kam ich etwas zur Ruhe und mir wurde wieder bewusst, was ich da gerade tat. Ich stellte meine Suche sofort ein und ging wieder in den Flur.
„Geh."
„Lukas, bitte fick mich."
„Scheiße. Verdammte Scheiße. Verpiss dich!", schrie ich und zog sie von der Kommode runter. „Geh!"
Da sie sich nicht bewegte, öffnete ich die Tür und sah ihr noch einmal in die Augen. Ich gab ihr einen Schubs aus der Wohnung und schlug ihr zum zweiten Mal die Tür vor der Nase zu, mit dem festen Vorhaben, diese jetzt endgültig für sie geschlossen zu halten.

Ich seufzte tief, ging in Inas Zimmer und ließ mich wieder zu den Mädels ins Bett fallen.
Tania guckte mit hochgezogener Augenbraue auf meine Hose. „Na hallo, ihr zwei."
„Ignorieren. Einfach ignorieren", knurrte ich und rollte mich auf den Bauch.
„Was war das denn bitte?"
„Frag nicht."

Vielleicht liebe ich dich ja sogar. Aber es ist eben jetzt noch nicht der richtige Zeitpunkt für uns. Diese Worte brannten sich in mein Herz ein und pflanzten dort Hoffnung, die sechs lange Jahre überdauern sollte.


Berlin, Neukölln
18. Dezember 2015

Nach einem lauten und heftigen Orgasmus, den ich mir während der Erinnerung an die erotischen Momente mit Maya verschafft hatte, stand ich am Fenster und starrte in die Nacht hinaus. Sie war hier in Berlin. Jetzt in diesem Moment. Sie befand sich mitten unter den anderen 3,5 Millionen Menschen hier und es war nur eine Frage der Zeit, bis sie wieder hier aufkreuzen würde. Ich fürchtete mich davor und konnte es gleichzeitig kaum erwarten.



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