Kapitel 03

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Das Schicksal scheint gegen mich zu spielen, als ich in mein Zimmer zurückkehre. Denn all die Gedanken über Mathilda haben mich ausgelaugt, aber ich scheine noch nicht mit meinem Tag fertig zu sein. Vereinzelte Kartons stehen auf neben der Tür und als ich blinzle, verschwinden sie auch nicht, was wohl bedeutet, dass ich nicht damit angefangen habe zu halluzinieren und tatsächlich jemand bei mir einzieht. Als die Badezimmertür sich öffnet, erstarre ich zu einer Salzsäule.

Es ist Mathilda. Das ist ihr kurzer, brauner Bob, ihre schlaksige, kleine Statur. Es ist ihr zartes Gesicht, es sind ihre grünen Augen-...ich halte meinen Atem an, aber die Augenfarbe verändert sich nicht. Grün. Nein, das stimmt nicht, denn Mathilda hatte braune Augen. Aber diese sind grün. Mein Atem stockt, als ich mich wieder besinne und mir endlich auffällt, was das zu bedeuten hat. Dass Mathilda nicht doch plötzlich wieder bei uns ist. Dass das nicht ihre Sachen sind, weil ihre von der Schulleitung beschlagnahmt wurden – angeblich musste man diese einsammeln, um den Fall besser untersuchen zu können, indem man  ihre Unterlagen und persönlichen Gegenstände genau inspiziert hat.

„Ich bin Prudence", stellt sie sich vor. Etwas verdattert sehe ich auf ihre ausgestreckte Hand, als mir auffällt, wie höflich ich sie gerade angesehen habe. „Helena Birkshire", sage ich und ergreife ihre Hand, ziehe sie dann allerdings gleich in eine Umarmung. Es ist vielleicht nicht viel, aber es ist das netteste Willkommensgeschenk, das ich ihr anbieten kann. „Tut mir leid, dass ich schon angefangen habe, meine Sachen hereinzutragen und nicht darauf gewartet habe, dass du hier bist, schließlich ist das ja eigentlich dein Zimmer-...", fängt sie an, doch ich unterbreche sie. „Es ist ab jetzt scheinbar unser Zimmer, Prudence. Mach dir keine Sorgen", heuchle ich, um meine Panik im Zaum zu halten. Ich will nicht unhöflich zu ihr sein, aber ein Teil von mir wünscht sich dennoch, dass das hier alles nur ein weiterer Albtraum ist und ich bald aufwachen kann, weil mir im Moment einfach zu viel geschieht. Es wäre so viel einfacher, wenn sie Mathilda nicht so ähnlichsehen würde. Denn dann wäre sie nicht eine ständige Erinnerung daran, dass sie nur hier ist, um eine Lücke zu füllen.

„Oh, okay. Danke, dass du das so gut aufnimmst. Mir ist mitgeteilt worden, dass du vermutlich noch gar nichts davon weißt, dass ich hier einziehen werde?" Ich nicke knapp und presse die Lippen zusammen. Eine Warnung wäre tatsächlich angenehm gewesen. Zumindest viel angenehmer, als das hier ertragen zu müssen. „Ja, das tut mir leid", sagt sie so, als wäre es ihre Schuld und vergräbt ihre Hände in den Hosentaschen ihrer Jeans-Latzhose. Ich gebe mir die Mühe, mein Gesicht bei ihrer Kleiderwahl nicht zu verziehen, denn sie scheint nicht realisiert zu haben, dass sie hier auf einer Privat-Uni ist und die Leute sich schon ein bisschen mehr Mühe bei ihrer Kleiderwahl geben, wenn sie einmal nicht die Schuluniform tragen müssen. Es sieht zwar nicht schlecht aus, aber damit wäre sie für einen Bauernhof definitiv besser gekleidet.

„Hast du deine Schuluniform noch nicht bekommen?", frage ich sie höflichkeitshalber und deute auf ihre Kleidung. Für gewöhnlich trägt man sie hier nämlich jeden Tag, vor allem, wenn bald die Winter-Kollektion herauskommt. Nicht, dass unsere Uniformen nennenswerte Upgrades hätten, aber man betitelt sie so, damit man sich jedes Halbjahr ein neues Set an Uniformen kaufen muss. Nicht, dass es eine Rolle spielt, welche Kollektion man trägt, solange es eine der Schule ist. Röte überzieht Prudence' Wangen, als sie den Kopf schüttelt. Ich fühle mich ein wenig schlecht, weil sie sich wegen mir unwohl fühlt, aber ich schiebe den Gedanken beiseite. Das hier ist hoffentlich nur eine vorübergehende Konstellation. „Wenn du möchtest, kannst du dir eine von mir ausleihen", biete ich stattdessen an. Prudence sieht mich etwas skeptisch an und ich rolle mit den Augen. „So unterschiedliche Größen haben wir schon nicht, Süße", sage ich und ziehe sie zu meinem kleinen Ankleide-Raum. Er ist mit mehreren Wandschränken eingebaut, in die ungefähr einen drittel meiner Garderobe passt. Ich öffne denjenigen mit den Uniformen und den dazu passenden Absatzschuhen. Prudence fallen beinahe die Augen aus dem Kopf, als sie sieht, dass es die Schuluniform im ganzen Regenbogenspektrum gibt.

„Wieso wählen so viele das langweilige Blau, wenn es so viele Variationen davon gibt?", will sie wissen, worauf ich nur die Schultern zucken kann. „Weil nicht alle einen derartig großen Kleiderschrank haben. Außerdem ist jede Farbe aus einem anderen Jahr und ich habe sie einfach von den übrig gebliebenen Exemplaren der vergangenen Jahrzehnte aufgekauft. Deshalb sind einige auch ein bisschen anders geschnitten als die der jetzigen Saison." Prudence sieht mich überrascht an, während ihr Mund ein O formt.

„Ist das denn nicht unglaublich teuer? Nur schon eine Uniform kostet unglaublich viel Geld." Ich verkneife mir den Kommentar, dass wir vielleicht eine andere Definition von viel Geld haben, weil ich nicht will, dass sie schon nach zehn Minuten denkt, dass ich abgehoben und unsympathisch bin. „Nun, die übrig gebliebenen waren weniger teuer, weil man sie nur noch loswerden wollte. Deshalb habe ich jetzt auch die mit Abstand beste Auswahl an Uniformen, falls du jemals eine andere Farbe als jeden Tag ein langweiliges Blau tragen willst." Ich greife nach einer, die einen Pastell-Gelb und Königsblau karierten Rock, eine Krawatte mit demselben Muster und ein weißes Hemd hat. Es passt zu den blauen Jeans-Latzhosen und dem Crop-Top mit dem Sonnenblumenmuster von Prudence. „Möchtest du sie anprobieren? Ich denke, dass dir so etwas gut stehen würde, wenn du in deinem Farbmuster bleiben möchtest."

Prudence zögert und ein zögerliches Lächeln schleicht auf meine Lippen. „Du möchtest eine andere Farbe ausprobieren, nicht wahr?", frage ich sie. Ihre Wangen werden rot und ich merke, wie sie unruhig wird, indem sie von einem Fuß auf den anderen wippt und mit ihren Fingern spielt. „Es ist keine Schande, sich an neuen Dingen zu versuchen, Prudence. Vor allem, wenn man schon die einmalige Gelegenheit dazu hat. Ich denke ohnehin, dass wir eine bessere Kombination für dich finden." Ich kämme mich durch die Uniformen und studiere sie, bis ich zu einem hellen Rosa gekommen bin. „Magst du die Farbe?", frage ich sie und halte ihr den Rock vor die Nase. Prudence sieht mich zweifelnd an, und ich werfe ihr ein begeistertes Lächeln zu. „Etwas Neues, haben wir gesagt. Ich denke, dass diese Farbe gut zu deiner Karamell-Haut und zu deinen kurzen Haaren passt. Und zu deinen Augen bietet sie einen guten Kontrast. Wenn du die Uniform nicht magst, können wir noch immer eine andere Farbe aussuchen."

Prudence nimmt den Rock, ein perfekt gebügeltes Hemd und die Krawatte entgegen. „Um die Schuhe kümmern wir uns, wenn der Rest stimmt", weise ich sie an, während ich einen Blick auf ihre blauen Converse werfe. Sie sieht süß in ihrem Outfit aus, aber an einem Ort wie diesem wird man dafür gehänselt, dass man süß ist. Hier muss man perfekt aussehen, um in der Masse unterzutauchen. „Ziehst du dir auch eine dieser Uniformen an, Helena? Ich...weiß nicht, wie ich mich fühlen würde, wenn ich die einzige bin, die so aus der Reihe tanzt." Ich hatte es eigentlich nicht vor, aber ich nicke trotzdem. Wenn sie ab jetzt meine Zimmergenossin sein soll, dann werde ich das Beste daraus machen, ihr helfen und mich mit ihr verbünden. Ich denke, dass Prudence ziemlich schnell begreifen wird, wie die Dinge hier zu- und hergehen, aber es schadet nicht, wenn ich sie dabei unterstütze, nicht komplett unterzugehen. Vielleicht wäre das sogar eine gute Ablenkung für mich.

Ich suche mir eine hellbraune Uniform aus, die zu meinen Augen passt und einen ähnlichen Wärme-Ton hat wie die von Prudence. Bis sie sich wieder zu mir gesellt, habe ich meine blonden Wellen schon zu einem Zopf zusammengefasst und mir passende Schuhe angezogen, sodass ich ihr bei ihrer Wahl helfen kann. „Ich denke, dass mir die Farbe gefällt", gibt sie schüchtern zu, während sie sich in meinem Ganzkörperspiegel betrachtet. Ich werfe ihr einen prüfenden Blick zu und meine Lippen verziehen sich zu einem Lächeln. „Und wie sie dir gefallen sollte. Du siehst unglaublich aus." Helle, warme Töne stehen ihr unglaublich gut. Ich mache mir eine geistige Notiz und wende mich dann zu meinem Schuhgestell und suche die passenden Schuhe zu ihrer Uniform heraus. Prudence rundet ihr Outfit mit den Absatzschuhen ab, wobei sie glücklicherweise dieselbe Schuhgröße hat wie ich. Dann kann man nur noch hoffen, dass sie in der Lage ist, darin zu laufen.

„Danke für die Kleidung, Helena", sagt sie zu mir, worauf ich nur abwinke. „Mach dir keine Sorgen. Kommst du mit zum Abendessen? Das Buffet hat vor einer Weile begonnen und je später man kommt, desto kleiner ist die Auswahl." Prudence scheint kurz zu überlegen, ehe sie den Kopf schüttelt. „Ich komme gleich nach, ich muss nämlich noch die restlichen Kisten im Sekretariat abholen." Ich werfe einen Blick über ihre Schulter. Es stehen jetzt schon drei Kartontürme in unserem Zimmer. „Wie viele hast du denn noch? Hast du dein ganzes zuhause eingepackt?"

Sie lacht. „Natürlich nicht, es sind auch nicht mehr viele und wenn ich die Sachen ausgeräumt habe, siehst du das dann auch. Ich habe bloß nicht gewusst, dass es eine Kleiderordnung gibt und daher gefühlt meinen ganzen Kleiderschrank mit eingepackt. Der Rest sind Bücher und sonstiger Kram, den ich gut verstauen kann." Ich brumme zustimmend und seufze dann. „Ich kann dir helfen, dann geht es schneller. Natürlich nur, wenn das für dich in Ordnung ist", füge ich hinzu, damit sie sich nicht fühlt, als würde ich mich aufdrängen. Aber Prudence lacht nur wieder und nickt dann zustimmend. „Das wäre großartig, Helena."

Ich betrete den Essenssaal mit Prudence ungefähr eine Stunde später als gewohnt. Im Raum, der von der Größe her einem Ballsaal ähnelt, aber an beiden länglichen Wänden mit einem Buffet ausgestattet ist, stehen unzählige runde Tische, an denen vermutlich die ganze Bevölkerung der umliegenden Städte Platz hätte. Mittlerweile sitzen nur noch vereinzelte Personen hier, aber wenn man am Anfang herkommt, ist es rammelvoll. Natürlich ist diese Taktik von uns Studenten nicht besonders effektiv, weil es am Anfang immer unendlich viele Menschen hat und alles geht drei Mal länger als es sollte, aber es ist eben ein Buffet und alle wollen freie Auswahl haben, während noch alles zu haben ist. Auf diese müssen wir verzichten, dafür haben wir aber unsere Ruhe.

Zumindest habe ich das immer geglaubt, bis wir bei der Essensausgabe ankommen und plötzlich Ephraim neben mir steht und Prudence in seinen Augenschein nimmt. Natürlich entgeht ihr das nicht und sie errötet ein wenig, nicht ahnend, was für ein primitiver Affe er sein kann. „Neu hier?", will er wissen, als wäre es nicht offensichtlich. Er sieht tatsächlich neugierig aus, auch als sein Blick eine Sekunde lang zu mir schweift. „Ja. Ich bin heute angekommen." Sie presst die Lippen zusammen und sieht mich fragend an, offensichtlich verwirrt, was Ephraim von ihr wollen könnte.

„Seid ihr Zimmergenossinnen?", fragt er an sie gerichtet. Ich bin nicht einmal beleidigt, dass er sich nicht an mich wendet, denn so kann er mir wenigstens nicht so sehr auf die Nerven gehen. „Ja. Und ich denke, dass Helena und ich uns jetzt schon richtig gut verstehen, also kann es nur noch besser werden." Prudence sieht mich so glücklich an, dass sich mein Herz für einige Momente zusammenzieht. Ich hoffe auch darauf, dass wir eine gute Zeit haben werden, aber in den ersten Stunden ist es unmöglich, jemanden kennenzulernen und Prudence wird auf jeden Fall viel Arbeit und Mühe mit mir haben – vor allem nach dem, was mit Mathilda geschehen ist. Ephraim legt den Kopf schief, während sich seine Mundwinkel verziehen. Ich ahne schon, dass er etwas sagen wird, was mir den Rest gibt, denn so ist er nun einmal.

„Ich wäre an deiner Stelle vorsichtig. Man weiß bei Helena nie so recht, was sie mit ihren Zimmergenossinnen anstellt." Mein Herz bleibt stehen. Mein Blut beginnt zu kochen. Prudence wirft mir einen fragenden Blick zu, und ich würde Ephraim am liebsten die Augen auskratzen. Wir beide wissen nämlich, dass ich Mathilda mehr liebe und besser behandelt habe, als er es mit irgendeinem Menschen in seinem Leben jemals gemacht hat. Nur schon, dass er impliziert, ich hätte ihr in irgendeiner Form Schaden zugefügt macht mich so traurig und wütend, dass ich kaum noch atmen kann.

„Jedenfalls wünsche ich einen guten Abend. War eine Freude, dich kennenzulernen, Prudence." Er zwinkert ihr zu, als wäre das ein fortlaufender Witz, während ich Mühe habe, meine Haltung zu bewahren. Er kann froh sein, dass ich zu geschockt war, um auf seine Dreistigkeit zu reagieren. Er kann froh sein, dass ich meine Übermachtstellung nicht missbraucht habe, um ihm eins auszuwischen. Prudence scheint zu merken, dass Ephraim einen wunden Punkt getroffen hat, und versucht, mich davon abzulenken. Aber ich schüttle den Kopf und erzähle ihr stattdessen, wieso Ephraim mir das gesagt hat und was er damit gemeint hat. Ich muss keine Wahrheiten vor ihr verstecken, die hier in der Luft hängen. Außerdem ist es vermutlich besser, wenn sie diese Dinge von mir erfährt, damit Idioten wie Ephraim ihr nicht irgendwelche falschen Bilder von mir geben, um sie zu manipulieren. Denn wie es scheint, sind die Leute auf dieser Schule zu allem fähig.

Was halten wir von Prudence?

Ich hoffe, dass euch das Kapitel gefallen hat und wir lesen und hoffentlich bald wieder 🥰

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